VwGH 2009/13/0052

VwGH2009/13/005231.7.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des L P in W, vertreten durch Mag. Dr. Friedrich J. Reif-Breitwieser, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Hegergasse 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 27. Februar 2009, Zl. RV/0884-W/06, RV/1986-W/08, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2004, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184;
BAO §184;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden vom 12. April 2006 setzte das Finanzamt die Umsatz- und Einkommensteuer 2004 (abweichend von den vom Beschwerdeführer eingereichten Abgabenerklärungen) mit -55,17 EUR (Umsatzsteuer) und 0 EUR (Einkommensteuer) fest, wogegen der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21. April 2006 Berufung erhob.

Die belangte Behörde entschied mit dem hier angefochtenen Bescheid über die Berufung und änderte die Bescheide des Finanzamtes dahingehend ab, dass die Umsatzsteuer 1.096 EUR und die Einkommensteuer 1.445,93 EUR zu betragen habe. Sie wies zunächst auf die den Beschwerdeführer betreffenden Berufungsentscheidungen zur Umsatz- und Einkommensteuer 2000 und 2001 (angefochten zur hg Zl. 2004/13/0124), Umsatzsteuer 2002 (angefochten zu den hg. Zlen. 2006/13/0102 und 2009/13/0150), Einkommensteuer 2002 (angefochten zur hg. Zl. 2006/13/0172), Umsatzsteuer 2003 (angefochten zur hg. Zahl 2008/13/0019) und Einkommensteuer 2003 (angefochten zur hg. Zahl 2008/13/0017) hin und stellte fest, dass im Jahr 2004 in rechtserheblicher Hinsicht von denselben verwirklichten Sachverhalten auszugehen sei. Im Hinblick darauf wertete sie die vom Beschwerdeführer für das Jahr 2004 erklärten Geschäfte im Zusammenhang mit der Übertragung von Rechten als absolute Scheingeschäfte und stufte ein Bestandsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und Erika K (die sie als Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ansah) als nicht fremdüblich ein, was zur Folge hatte, dass die im Zusammenhang mit den Scheingeschäften sowie dem Bestandsverhältnis erklärten Umsätze und Vorsteuern bzw. Erlöse und Aufwendungen bei der Ermittlung der Umsatz- und Einkommensteuerbemessungsgrundlagen außer Ansatz blieben.

Hinsichtlich der Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit (Pensionseinkünfte) verneinte die belangte Behörde die Hilfsbedürftigkeit des Beschwerdeführers und unterzog - wie in den Jahren zuvor - eine zuzüglich zur Pension gewährte Ausgleichszulage in Höhe von 1.338,26 EUR der Einkommensteuer.

Bezüglich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ging die belangte Behörde - wie in den Vorjahren - davon aus, dass der Beschwerdeführer für Hobbyautoren Bücher in Kleinstauflagen herstelle. Den Gewinn bzw. die Umsatzsteuerzahllast aus dieser Tätigkeit setzte sie im Wege der Schätzung wie folgt fest:

Betriebseinnahmen/Umsätze

12.000,00

  

Davon Privatanteil AfA Drucker (60% von 2.768,85)

-1.660,00

20% USt

332,00

Betriebseinnahmen aus Geschäftstätigkeit

10.340,00

10% USt

1.034,00

Summe

10.340,00

 

1.366,00

Betriebsausgaben mit Vorsteuer

-1.200,00

20% USt

240,00

AfA lt. Erklärung

- 2.768,85

  

Betriebsausgaben ohne Vorsteuer

- 100,00

  

Summe Betriebsausgaben

-4.168,85

  

Gewinn/Zahllast

6.271,00

-

1.096,00

Zur Begründung der Schätzung wies die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides zunächst auf die geringen Behebungen des Beschwerdeführers von seinen Bankkonten hin und vertrat die Auffassung, dass die behobenen Beträge zur Deckung der Lebenshaltungskosten des Beschwerdeführers nicht ausreichten. In weiterer Folge setzte sie sich mit den vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Einwendungen und mit der "Geschäftsgestaltung" des Beschwerdeführers auseinander und sah bei der gegebenen Sachlage eine Globalschätzung, "die sich daran orientiert, was beim (Beschwerdeführer) im Hinblick auf sein Alter und dem Zeitverlust infolge überdurchschnittlich ausgeprägten Rechtschutzbedürfnissen an Einnahmenerzielung möglich ist", als einzig vertretbare Schätzungsvariante an. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei es möglich - so die belangte Behörde weiter -, "insbesondere mit der Unterstützung der (Erika K), im Jahr einen Umsatz von EUR 10.000,- bis EUR 12.000.- zu machen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - nach Vorlage der Verwaltungsakten, Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und einer Entgegnung des Beschwerdeführers auf die Gegenschrift - erwogen hat:

Soweit sich die Beschwerde dagegen wendet, dass die belangte Behörde die Geschäfte im Zusammenhang mit der Übertragung von Rechten als absolute Scheingeschäfte eingestuft, das zwischen dem Beschwerdeführer und Erika K. geschlossene Bestandsverhältnis nicht anerkannt, die Ausgleichszulage, die der Beschwerdeführer zuzüglich zur Pension bezogen hat, der Einkommensteuer unterworfen und die Schätzungsberechtigung in Bezug auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für gegeben erachtet hat, genügt es gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die den Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnisse vom 4. Juni 2008, 2004/13/0124 (Umsatzsteuer 2000 und 2001), vom 30. Mai 2012, 2009/13/0150 (Umsatzsteuer 2002), vom 4. Juni 2008, 2006/13/0172 (Einkommensteuer 2002), und vom 26. Jänner 2011, 2008/13/0017 bis 0019 (u.a. Umsatz- und Einkommensteuer 2003) zu verweisen. Aus den dort angeführten Gründen wird mit den angeführten Einwendungen - infolge der diesbezüglich unveränderten Sach- und Rechtslage - auch für das Jahr 2004 keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Eine solche könnte allenfalls in Bezug auf die Höhe der in Ansatz gebrachten Ausgleichszulage vorliegen, die im fortgesetzten Verfahren zu überprüfen sein wird.

Berechtigung kommt der Beschwerde aber insoweit zu, als sie sich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Schätzung der Bemessungsgrundlagen für die Umsatz- und Einkommensteuer wendet.

Die von der belangten Behörde vorgenommene Schätzung weist - wie auch in der Gegenschrift eingeräumt wird - Rechenfehler auf, die sich teils zu Gunsten (Einkommensteuer) und teils zu Lasten (Umsatzsteuer) des Beschwerdeführers auswirken. Entscheidend aber ist, dass der angefochtene Bescheid letztlich keine nachvollziehbare Begründung für die in Ansatz gebrachten Einnahmen enthält. Diese wurden in den Vorjahren ausgehend von den Zuflüssen auf den Bankkonten des Beschwerdeführers oder von der Anzahl der vom Beschwerdeführer hergestellten bzw. von seinem Buchlager entnommenen Bücher ermittelt/geschätzt, was (wie aus den oben angeführten Erkenntnissen hervorgeht) auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken stieß. Abweichend dazu wird für das Jahr 2004 eine Schätzung, "die sich daran orientiert, was beim (Beschwerdeführer) im Hinblick auf sein Alter und dem Zeitverlust infolge überdurchschnittlich ausgeprägten Rechtschutzbedürfnissen an Einnahmenerzielung möglich ist", als einzig vertretbare Schätzungsvariante angesehen, und dargelegt, dass es unter Berücksichtigung aller Umständen möglich sei, "insbesondere mit der Unterstützung der (Erika K), im Jahr einen Umsatz von EUR 10.000,- bis EUR 12.000.- zu machen." Eine nachvollziehbare Begründung dafür, aufgrund welcher konkreten Überlegungen die belangte Behörde zu einem Umsatz von "EUR 10.000,-

- bis EUR 12.000,--" gelangte bleibt der angefochtene Bescheid schuldig. Schätzungsergebnisse unterliegen aber auch der Pflicht zur Begründung (vgl. Ritz, BAO4, § 184 Tz 21).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 31. Juli 2012

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