VwGH 2009/13/0018

VwGH2009/13/001819.12.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der C-Gesellschaft mbH & Co KG in K, vertreten durch Prof. Dr. Thomas Keppert Wirtschaftsprüfung GmbH & Co KG, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 1060 Wien, Theobaldgasse 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 29. Dezember 2008, Zl. RV/0375-K/06, betreffend u. a. Umsatzsteuer 1994 bis 2001 und Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 1994 bis 1998, beschlossen und zu Recht erkannt:

Normen

BAO §188;
UStG 1972 §11;
UStG 1972 §12;
UStG 1994 §11;
UStG 1994 §12;
VwGG §41 Abs1;
BAO §188;
UStG 1972 §11;
UStG 1972 §12;
UStG 1994 §11;
UStG 1994 §12;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

1. Die Beschwerde wird insoweit, als sie sich gegen die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 1994 bis 1998 (Spruchpunkte 3., 5., 7., 9. und 11.) richtet, zurückgewiesen.

2. Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten 2. und 8. (Umsatzsteuer 1994 und 1997) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, siebzehn Spruchpunkte umfassenden Bescheid entschied die belangte Behörde u.a. - in den von den Beschwerdepunkten umfassten Spruchpunkten - über die Berufungen der - in den Bereichen Werbung, Marketing und Kommunikation tätigen - beschwerdeführenden GmbH & Co KG gegen erstinstanzliche Bescheide betreffend Umsatzsteuer 1994 bis 2001 (Spruchpunkte 2., 4., 6., 8., 10., 12., 14. und 15.) und die Feststellung von Einkünften für die Jahre 1994 bis 1998 (Spruchpunkte 3., 5., 7., 9. und 11.).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer von der beschwerdeführenden Partei mit einer Replik beantworteten, durch weitere Schriftsätze der belangten Behörde ergänzten Gegenschrift erwogen hat:

1. Zur Feststellung von Einkünften:

Ihren Erklärungen der Einkünfte von Personengesellschaften für die Jahre 1994 bis 1998 hatte die beschwerdeführende Partei jeweils Beilagen angeschlossen, in denen einer jeweils größeren Zahl von - nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei als Mitunternehmer anzusehenden - stillen Gesellschaftern Anteile an den Einkünften zugewiesen waren, was in den vorläufigen Feststellungsbescheiden vom 7. Dezember 1995 (für 1994), 12. Dezember 1996 (für 1995), 1. Dezember 1997 (für 1996) und 20. Juli 1999 (für 1997 und 1998) auch berücksichtigt worden war. In den als endgültige Feststellungsbescheide intendierten Erledigungen des Finanzamts vom 22. Dezember 2005 (für 1994 und 1995) und 14. April 2006 (für 1996, 1997 und 1998) kamen diese Gesellschafter nicht mehr vor, wogegen sich die Berufungen der beschwerdeführenden Partei u.a. richteten.

Mit dem angefochtenen Bescheid erledigte die belangte Behörde die Berufungen in diesem Punkt meritorisch, wobei sie die erstinstanzlichen Erledigungen hinsichtlich der Höhe der Einkünfte zum Teil abänderte, das Vorliegen atypisch stiller Beteiligungen aber im Einklang mit dem Finanzamt verneinte, die in den Erklärungen diesbezüglich angeführten Gesellschafter unerwähnt ließ und sich zur Frage der richtigen Bescheidgestaltung bei teilweiser Nichtanerkennung einer Mitunternehmerschaft nicht ausdrücklich äußerte. Den Hinweis gemäß § 101 Abs. 3 BAO formulierte siehe dahingehend, dass die Zustellung an den Vertreter gegenüber allen Gesellschaftern wirke, "die in diesem Bescheid genannt sind".

Die beschwerdeführende Partei verweist dazu auf die von ihr eingereichten Steuererklärungen, die vorläufigen Bescheide über die auch die atypisch stillen Gesellschafter umfassende Mitunternehmerschaft und das Fehlen von Nichtfeststellungsbescheiden.

In der Gegenschrift (deren Punkt 24) und in ergänzenden Schriftsätzen vom 14. Mai 2010 sowie vom 7. Juli 2011 vertritt die belangte Behörde die Ansicht, dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Feststellung könne in einem solchen Fall sowohl durch die Erlassung je eines Feststellungs- und eines davon getrennten Nichtfeststellungsbescheides als auch durch Erlassung eines kombinierten Feststellungs- und Nichtfeststellungsbescheides entsprochen werden. Letzteres erscheine auch der belangten Behörde zweckmäßiger, sie halte aber beides für zulässig.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Ansicht nicht. Soweit eine Personengesellschaft unter Benennung ihrer Gesellschafter dem Finanzamt gegenüber mit dem Begehren auf bescheidmäßige Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO auftritt (insbesondere durch Einreichung einer entsprechenden Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften), muss die bescheidmäßige Erledigung gegenüber diesen Rechtssubjekten einheitlich ergehen. Ein nicht an alle diese Rechtssubjekte gerichteter Bescheid solchen Inhaltes bleibt wirkungslos (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 5. September 2012, 2011/15/0024). Dies gilt sowohl für gesonderte Bescheide gegenüber den nicht als solchen anerkannten Mitunternehmern (wie im Fall des zitierten Erkenntnisses) als auch für den Feststellungsbescheid nur hinsichtlich der verbleibenden, als solche anerkannten Mitunternehmer (wie im Fall des auf das zitierte Erkenntnis verweisenden Erkenntnisses vom selben Tag, 2012/15/0031).

Aus den Gründen des Erkenntnisses vom 5. September 2012, 2011/15/0024, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, blieb die meritorische Erledigung der Berufungen gegen die als endgültige Feststellungsbescheide intendierten, nach dem Gesagten aber wirkungslosen Erledigungen ebenfalls wirkungslos. Die Beschwerde war daher insoweit, als sie diese Berufungserledigungen betrifft, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

2. Zur Umsatzsteuer:

Zu erörtern bleibt demnach - gemessen an den Beschwerdepunkten und der Begründung der Beschwerde - noch die teilweise, in zwei Fällen gänzliche Abweisung der Berufungen gegen die erstinstanzlichen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 2001.

In der Mehrzahl dieser Fälle waren zunächst vorläufige Bescheide ergangen, wozu die beschwerdeführende Partei in der Beschwerde den Standpunkt vertritt, nach einem trotz fehlender Ungewissheit im Sinne des § 200 BAO erlassenen vorläufigen (und unangefochten gebliebenen) Bescheid dürfe kein endgültiger Bescheid mehr ergehen. Zu dieser Ansicht ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige gegenteilige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (vgl. im Anschluss an das in der Beschwerde erwähnte Erkenntnis vom 28. März 2001, 98/13/0032, auch die Erkenntnisse vom 29. November 2006, 2004/13/0075, vom 12. Dezember 2007, 2006/15/0075, vom 22. April 2009, 2007/15/0017, vom 28. Mai 2009, 2007/15/0299, 0300, vom 20. Mai 2010, 2008/15/0328, vom 25. November 2010, 2007/15/0061, vom 6. Juli 2011, 2007/13/0118, vom 28. Februar 2012, 2010/15/0164, und vom 29. März 2012, 2009/15/0178).

Nichts anderes gilt für den alternativ vertretenen Beschwerdestandpunkt, der Beginn der Verjährungsfrist sei in einem solchen Fall nicht nach § 208 Abs. 1 lit. d BAO zu bestimmen (vgl. dazu die zitierten Erkenntnisse vom 20. Mai 2010, vom 25. November 2010 und vom 29. März 2012).

In Bezug auf die Umsatzsteuer für das Jahr 1994 ist die Verjährung aber auch nach dem Standpunkt der belangten Behörde nur insoweit nicht eingetreten, als die Abgabe hinterzogen worden war und sich die Verjährungsfrist dadurch gemäß § 207 Abs. 2 BAO von fünf auf sieben Jahre verlängert hatte. Dass eine solche Hinterziehung in Bezug auf die nach Ansicht der belangten Behörde jeweils zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuern vorlag, hat die belangte Behörde hinsichtlich der Rechnung vom 21. Juli 1994 damit begründet, dass es die in Rechnung gestellte Leistung "nicht gegeben" und die beschwerdeführende Partei das "von Anfang an gewusst" habe (Seite 31 des angefochtenen Bescheides). Bei der Behandlung derselben Frage in Bezug auf elf der weiteren zwölf Rechnungen dieses Jahres, hinsichtlich derer der Berufung nicht stattgegeben wurde, hat sich die belangte Behörde jeweils damit begnügt, auf diese Ausführungen zur Rechnung vom 21. Juli 1994 zu verweisen. Im Fall der Rechnung vom 5. Dezember 1994 unterblieb eine solche Verweisung, wobei die belangte Behörde aber auch zu dieser Rechnung die Meinung vertrat, die beschwerdeführende Partei habe "diese angebliche Lieferung an sie von Anfang an nur bewusst und gewollt vorgetäuscht".

Ob diese im angefochtenen Bescheid der Sache nach zu allen noch strittigen Rechnungen des Jahres 1994 vertretene Ansicht in allen diesen Fällen ausreichend begründet ist, scheint unter dem Blickwinkel der in der Beschwerde daran geübten Kritik zumindest fraglich. Es bedarf aber keiner Klärung, weil die Entscheidung der belangten Behörde über die Umsatzsteuer für das Jahr 1994 schon aus anderen Gründen nicht Bestand haben kann. Die belangte Behörde hat nämlich in Bezug auf die Rechnungen vom 4. Juli 1994 und vom 15. August 1994 ein in der Beschwerde erwähntes und der Annahme, die Leistungen seien nicht erbracht worden, entgegengehaltenes Beweismittel (Bestätigung mit Angabe der Empfänger der verrechneten Gebinde) mit Stillschweigen übergangen und dem Beschwerdevorbringen dazu in ihrer Gegenschrift nur die - später zurückgenommene - Behauptung entgegengestellt, das Beweismittel sei nicht, wie in der Beschwerde vorgebracht, aktenkundig gewesen. In Bezug auf eine Rechnung vom 9. November 1994 zeigt die Beschwerde eine Unschlüssigkeit im angefochtenen Bescheid auf, indem sie darauf verweist, dass die Annahme einer Scheinrechnung in diesem Fall mit den Ausführungen der belangten Behörde über die dahinter stehende Geschäftsbeziehung nicht im Einklang steht (vgl. Seite 57 des angefochtenen Bescheides zur Rechnung über S 955.000 vom 9. Dezember 1994, hinsichtlich derer der Berufung stattgegeben wurde, und in diesem Zusammenhang auch die Bezugnahme auf die Ausstellerin der Rechnung vom 9. November 1994 auf Seite 29 des angefochtenen Bescheides). Die belangte Behörde tritt dem in Punkt 45 der Gegenschrift nicht argumentativ, sondern nur mit Verweisen entgegen, die nicht geeignet sind, die Kritik der beschwerdeführenden Partei zu entkräften.

In Bezug auf die Umsatzsteuer für 1997 macht die Beschwerde u. a. geltend, die beiden Eingangsrechnungen vom 30. November 1997 hätten entgegen der Annahme der belangten Behörde keine Umsatzsteuer ausgewiesen, weshalb die beschwerdeführende Partei auch keine Vorsteuer aus diesen Rechnungen geltend gemacht habe und eine Kürzung geltend gemachter Vorsteuer in Bezug auf diese Rechnungen zu Unrecht erfolgt sei. Dem begegnet die belangte Behörde in Punkt 67 der Gegenschrift nur mit dem Hinweis, "dieses Vorbringen" sei "erstmals in der Beschwerde erhoben" worden. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid aber ausgeführt, "der Vorsteuerabzug" im Zusammenhang mit diesen beiden Rechnungen sei "zu Unrecht geltend gemacht" worden und die "Vorsteuerminderung durch Finanzamt" erfahre daher jeweils "keine Änderung durch UFS". Gab es den Vorsteuerabzug nicht, was die belangte Behörde in der Gegenschrift nicht bestreitet, so belastet dies den angefochtenen Bescheid in Bezug auf die Umsatzsteuer 1997 mit Rechtswidrigkeit.

In Bezug auf die noch bekämpften Aussprüche betreffend Umsatzsteuer 1995, 1996 und 1998 bis 2001 zeigt die Beschwerde keine vergleichbaren Mängel auf. Die dazu vorgebrachten Kritikpunkte betreffen zum Teil Rechnungen, hinsichtlich derer der Berufung stattgegeben wurde, und sind im Übrigen, soweit die beschwerdeführende Partei durch die bekämpfte Würdigung der Rechnungen beschwert ist, zu allgemein gehalten, um das Vorliegen und die Relevanz der jeweils behaupteten Verfahrensmängel darzutun. Unter dem Gesichtspunkt der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden Schlüssigkeitsprüfung ist der beschwerdeführenden Partei nicht beizupflichten, wenn sie davon ausgeht, schon der Umstand, dass Leistungen einer bestimmten Art - etwa im Zusammenhang mit der Anwerbung stiller Gesellschafter, mit einer Übersiedlung oder mit der Herstellung von Jahresabschlüssen - notwendig gewesen seien, reiche aus, um das Fehlen konkreter Einzelheiten hinsichtlich der jeweils strittigen Rechnungen über solche Leistungen auszugleichen. Das Fehlen eines ausreichenden Vorbringens über die strittigen Leistungsbeziehungen und damit zur Relevanz des gerügten Verfahrensmangels lässt die Beschwerde - in Bezug auf die zuletzt genannten Jahre - auch erfolglos bleiben, soweit sie sich dagegen wendet, dass die belangte Behörde in ihrer Ende 2008 gefällten Entscheidung meint, die Aufnahme im November 2005 als Antwort auf einen Vorhalt vom Juni 2005 beantragter Beweise wegen offenbarer Verschleppungsabsicht ablehnen zu können, weil es schon Ende 2003 einen Vorhalt gegeben habe.

Soweit die Beschwerde schließlich noch geltend macht, es liege ein Ermessensmissbrauch und eine unterlassene Begründung des ausgeübten Ermessens vor, weil die belangte Behörde in der Sache entschieden habe, statt die Berufung kassatorisch zu erledigen, ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2010, 2007/15/0016, zu verweisen.

Der angefochtene Bescheid war daher in seinen Aussprüchen über die Umsatzsteuer 1994 und 1997 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde, soweit sie nicht zurückzuweisen war, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 19. Dezember 2012

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