VwGH 2009/12/0095

VwGH2009/12/009512.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde der G T in O, vertreten durch Dr. Walter Riedl, dieser vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, beide Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 13. März 2009, Zl. BMJ-6000323/0009-StV/2008, betreffend Rückersatz von Übergenuss nach § 13a GehG (Überstundenvergütung nach § 16 iVm § 15 neben einer Funktionszulage nach § 30 Abs. 4 GehG), zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §13a Abs1;
GehG 1956 §15 Abs2;
GehG 1956 §15 Abs6 idF 1972/214;
GehG 1956 §16 Abs1;
GehG 1956 §30 Abs4 idF 1994/550;
GehG 1956 §30 Abs4;
GehG 1956 §30 Abs4a;
GehG 1956 §30a Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
GehG 1956 §13a Abs1;
GehG 1956 §15 Abs2;
GehG 1956 §15 Abs6 idF 1972/214;
GehG 1956 §16 Abs1;
GehG 1956 §30 Abs4 idF 1994/550;
GehG 1956 §30 Abs4;
GehG 1956 §30 Abs4a;
GehG 1956 §30a Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Darstellung des Verwaltungsgeschehens wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, Zl. 2008/12/0235, verwiesen.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2008 sprach die Vollzugsdirektion gegenüber der Beschwerdeführerin wie folgt ab:

"Die Ihnen seit 01. Jänner 2007 gem. § 15 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm. § 16 GehG 1956 gewährten Nebengebühren (pauschalierte bzw. Einzelüberstundenvergütung) in der Höhe von insgesamt EUR 29.213,64 werden gemäß § 13a GehG 1956, nach Rechtskraft dieses Bescheides, in angemessenen Raten in Abzug gebracht."

Begründend führte die Dienstbehörde erster Instanz aus, wie bereits mit (ihrem) Bescheid vom 29. Februar 2008 festgestellt, gebühre der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre Versetzung gemäß § 38 BDG 1979 und ihre Betrauung mit der Leitung der Abteilung für Personalwesen in der Vollzugsdirektion mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2007 ab diesem Zeitpunkt das Gehalt der Verwendungsgruppe A2 in der Gehaltsstufe 13 mit nächster Vorrückung am 1. Juli 2008. Darüber hinaus werde ihr neben einer Verwendungszulage die Funktionszulage nach § 30 GehG in der Verwendungsgruppe A1 in der Funktionsgruppe 5 (Funktionsstufe 2) ausbezahlt. Mit Schreiben vom 16. April 2008 sei sie vom Leiter der Vollzugsdirektion davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ihr im Hinblick auf die ihr gewährte Funktionszulage und dem Fehlen einer Erklärung nach § 30 Abs. 4a GehG eine Abgeltung der von ihr geleisteten Überstunden (von Jänner 2007 bis April 2008) nicht zustünde, und sie dahingehend zu einer Stellungnahme zum Rückforderungsanspruch aufgefordert worden. In ihrer Stellungnahme vom 14. Mai 2008 halte sie an ihrer in ihrer am 25. April d.J. abgegebenen Selbstanzeige vertretenen Rechtsansicht fest und ersuche um Ausfertigung eines Bescheides über die Feststellung des Rückforderungsanspruches.

Auch wenn die Beschwerdeführerin kein Beamter der Verwendungsgruppe A1 sei, sondern lediglich als Beamter der Verwendungsgruppe A2 eine Verwendungszulage auf A1 beziehe, wäre ihr die sinngemäße Anwendung des § 30 Abs. 4a GehG offen gestanden. Da sie nunmehr trotz des Bezuges einer Funktionszulage der Verwendungsgruppe A1 in der Funktionsgruppe 5 (Funktionsstufe 2) seit 1. Jänner 2007 entgegen der Bestimmung des § 30 Abs. 4 GehG auch zeitliche Mehrleistungen in Form einer Überstundenpauschale bzw. in Form von Einzelüberstunden in der Höhe von insgesamt EUR 29.213,64 bezogen habe, ohne eine Erklärung gemäß § 30 Abs. 4a GehG abgegeben zu haben, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Im Folgenden schlüsselte die Dienstbehörde erster Instanz den Gesamtbetrag an Übergenuss in "Überstundenpauschale" für die Monate Jänner bis Dezember 2007 und Jänner bis April 2008, "50%ige-Überstunden, nicht steuerlich begünstigt", "50%ige-Überstunden, steuerlich begünstigt" und "100%ige-Überstunden, steuerlich begünstigt", jeweils gegliedert nach einzelnen Monaten, auf.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin zusammengefasst den Standpunkt, die objektive Erkennbarkeit des Irrtums der (die Überstundenvergütung) auszahlenden Stelle sei nicht gegeben gewesen. Der vorliegende Sachverhalt sei ein "Paradebeispiel für das Nichtvorliegen einer klaren, der Auslegung nicht bedürfenden Vorschrift". Die Dienstbehörde erster Instanz gehe irrigerweise von der Rechtsansicht aus, dass Beamte der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 7, welche auf einem der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 zugeordneten Arbeitsplatz verwendet würden, von jeglicher Honorierung von Überstunden ausgeschlossen seien, hingegen Beamte der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppen 5 und 6, sowie der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 8, die Möglichkeit des § 30 Abs. 4a GehG in Anspruch nehmen könnten. Der Bezug einer Funktionszulage der Verwendungsgruppe A1 in der Funktionsgruppe 5 schließe beim vorliegenden Sachverhalt nicht den Bezug einer Mehrleistungszulage nach § 18 leg. cit. aus. Im Übrigen liege bei richtiger Würdigung des Sachverhaltes überhaupt kein Übergenuss vor. Schließlich stehe die Anzahl und die Berechtigung der geleisteten Überstunden außer Streit.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte den Bescheid vom 29. Mai 2008 dahin ab, dass die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 1. Jänner 2007 bis 30. April 2008 Überstundenvergütungen im Gesamtbetrag von EUR 28.913,34 (brutto) zu Unrecht empfangen und diesen Betrag gemäß § 13a GehG dem Bund zu ersetzen habe. Im Übrigen gab sie der Berufung keine Folge.

Begründend führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der objektiven Erkennbarkeit eines Übergenusses aus, was die (fehlende) Rechtsgrundlage für die empfangene Abgeltung zeitlicher Mehrleistungen betreffe, sei zwischen den pauschaliert und den einzeln abgerechneten Überstunden zu unterscheiden. Hinsichtlich der mit Bescheid vom 8. Jänner 2002 bemessenen pauschalierten Überstundenvergütung sei bereits mit rechtskräftigen Bescheid der Vollzugsdirektion vom 29. Februar 2008 festgestellt worden, dass sie der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die gewährte Funktionszulage ab 1. Jänner 2007 nicht mehr zustehe. Schon damit sei die Rechtsgrundlage für den Bezug dieser pauschalierten Vergütung vernichtet und bedürfe es insoweit keiner (weiteren) Begründung in diesem Verfahren.

Des Weiteren bestimme, worauf im Erstbescheid bereits hingewiesen worden sei, § 30 Abs. 4 GehG, dass durch die für die Funktionsgruppen 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 und der Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A2 vorgesehene Funktionszulage alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten gälten, wobei 30,89 % dieser Funktionszulage als Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen gelten. Habe die Beschwerdeführerin für den fraglichen Zeitraum die für die Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 vorgesehene Funktionszulage bezogen, bestehe für eine Abgeltung zeitlicher Mehrleistungen daneben - und zwar unabhängig von der Verwendungsgruppe des Zulagenempfängers - kein Raum, soweit nicht von der im § 30 Abs. 4a GehG genannten Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht worden sei (hier unstrittig nicht), auf den auf zeitliche Mehrleistungen entfallenden Teil der Funktionszulage zu verzichten. Soweit nun in der Berufung Unklarheiten im subjektiven Anwendungsbereich dieser Wahlmöglichkeit des nachträglich eingefügten Abs. 4a releviert würden, vermögen diese die Eindeutigkeit der Regelung des § 30 Abs. 4 GehG nicht zu berühren, die Auslegung dieser Norm bereite keine Schwierigkeiten. Es fehle daher an der objektiven Voraussetzung für einen gutgläubigen Empfang von Abgeltungen für zeitliche Mehrleistungen.

Zu den unter dem Titel der Vergütung zeitlicher Mehrleistungen ausgezahlten Beträgen seien im Erstbescheid sowohl hinsichtlich der betroffenen Abrechnungszeiträumen als auch hinsichtlich der einzelnen Lohnarten, wie sie in den Bezugszetteln aufgeschienen seien, detaillierte Feststellungen getroffen worden. Insoweit zeige auch die Berufung keinen konkreten Fehler auf. Der Berufung sei allerdings zuzugeben, dass sich aus diesen konkret festgestellten Einzelbeträgen rechnerisch nicht der dort genannte Gesamtbetrag von EUR 29.213,64, sondern lediglich ein Betrag von EUR 28.913,34 ergebe. Insoweit komme der Berufung Berechtigung zu. Abschließend erörterte die belangte Behörde die geltend gemachte Verletzung von Verfahrensgrundsätzen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "Recht auf Überstundenvergütung nach §§ 16 ff GehG durch unrichtige Anwendung des § 30 Abs. 4 GehG, sowie in eventu in (ihrem) Recht darauf, dass (ihr) zugekommene und von (ihr) gutgläubig in Empfang genommene Zahlungen dieser Art nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 13a GehG als Übergenuss wieder abverlangt werden", verletzt.

Die Beschwerdeführerin vertritt - wie schon im Verwaltungsverfahren - den Standpunkt, ihr sei während des beschwerdegegenständlichen Zeitraumes der Anspruch auf Überstundenvergütung sehr wohl - anhand einer näher dargelegten Auslegung des § 30 Abs. 4 und 4a GehG - zugestanden, in eventu sei ihr "mindestens gutgläubiger Empfang zuzubilligen" gewesen, weshalb nicht die Rückerstattung nach § 13a GehG hätte verfügt werden dürfen.

Die Beschwerde ist mit ihrem Eventualstandpunkt im Ergebnis im Recht.

Zur Darstellung der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage wird wiederum gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das bereits zitierte Erkenntnis vom 16. Dezember 2009 verwiesen.

In der nun vorliegenden Beschwerdefallkonstellation hatte die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 8. Jänner 2002 der Beschwerdeführerin ab 1. d.M. nach § 16 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 2 GehG eine pauschalierte Mehrleistungszulage "für die Dauer der tatsächlichen Erbringung der angeordneten Leistung von durchschnittlich monatlich 15 Überstunden" in der Höhe von 11,91 v.H. des Gehaltes und der zur Bemessungsgrundlage gehörenden Zulagen bemessen. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin auch nach dem 1. Jänner 2007, seit ihrer Betrauung mit der Leitung der Abteilung für Personalwesen in der Vollzugsdirektion, einem mit der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 bewerteten Arbeitsplatz, im Genuss dieser pauschalierten Überstundenvergütung verblieb und in den Genuss weiterer, der Höhe nach im Beschwerdeverfahren nicht mehr strittiger Überstundenvergütungen gelangte.

Mit Spruchpunkt 2. des - in Rechtskraft erwachsenen - Bescheides vom 29. Februar 2008 sprach die Dienstbehörde erster Instanz aus, dass der Beschwerdeführerin die mit Bescheid vom 8. Jänner 2002 bemessene pauschalierte Überstundenvergütung gemäß § 30 Abs. 4 GehG ab 1. Jänner 2007 nicht mehr zustehe.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid verpflichtet die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zum Ersatz von - der Höhe nach unstrittigen - Überstundenvergütungen im Gesamtbetrag von EUR 28.913,34 (brutto), die sich einerseits auf das Überstundenpauschale von EUR 436,46 pro Monat im Jahr 2007 und EUR 448,24 pro Monat im Jahr 2008 (Jänner bis April) aufgliedert, andererseits in betraglich näher aufgegliederte Einzelvergütungen von Überstunden ab dem 1. Jänner 2007.

Den Titel für den Bezug der pauschalierten Überstundenvergütung in den Monaten Jänner 2007 bis einschließlich April 2008 bildete zunächst der Bescheid vom 8. Jänner 2002. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin seit 1. Jänner 2007 u.a. Anspruch auf eine Funktionszulage der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 hatte, tat der Geltung dieses Bescheides über die pauschalierte Überstundenvergütung und damit dem Vorliegen eines Titels zum Empfang dieser Nebengebühr keinen Abbruch. Wohl wäre die Dienstbehörde auf Grund der Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes, nämlich der geänderten dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung der Beschwerdeführerin seit 1. Jänner 2007, nämlich des Bezuges der Funktionszulage der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 seit damals, berechtigt - und gehalten - gewesen, gemäß § 15 Abs. 6 GehG die mit Bescheid vom 8. Jänner 2002 bemessene pauschalierte Überstundenvergütung mit dem auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monatsersten bescheidförmig einzustellen (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 16. Dezember 2009 zur bescheidförmig pauschalierten Mehrleistungszulage nach § 18 GehG); von der Möglichkeit der Einstellung machte die Dienstbehörde erst mit ihrem Bescheid vom 29. Februar 2008 Gebrauch, dies allerdings rückwirkend ab 1. Jänner 2007. Auf diese Rechtswidrigkeit - eine konstitutiv wirkende Einstellung der pauschalierten Überstundenvergütung hätte rechtens erst mit dem auf die Zustellung des Bescheides vom 29. Februar 2008 folgenden Monatsersten erfolgen dürfen - ist wegen der Rechtskraft dieses Bescheides nicht weiter einzugehen.

Durch den in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 29. Februar 2008 wurde jedenfalls der bescheidförmige Titel zum Bezug der pauschalierten Überstundenvergütung für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum vom 1. Jänner 2007 bis April 2008 rückwirkend vernichtet, sodass für den Empfang der pauschalierten Überstundenvergütung kein Titel mehr vorhanden ist und damit ein Übergenuss an pauschalierter Überstundenvergütung gegeben ist.

Für die Beurteilung der Frage, ob dem Empfänger eines Betrages (eines Übergenusses), dessen Zahlung auf einen Irrtum der auszahlenden Stelle zurückgeht, Gutgläubigkeit zuzubilligen ist, kommt es - wie der Verwaltungsgerichtshof seit einem (noch zur Rechtslage vor der Einfügung des § 13a in das Gehaltsgesetz 1956 durch die 15. Gehaltsgesetz-Novelle) von einem verstärkten Senat beschlossenen Erkenntnis vom 30. Juni 1965, Zl. 1278/63 = Slg. 6736/A, in ständiger Rechtsprechung erkennt - nicht auf das subjektive Wissen des Leistungsempfängers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses (des Irrtums der auszahlenden Stelle) an. Demnach ist die Gutgläubigkeit beim Empfang von Übergenüssen schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen auch nur hätte Zweifel haben müssen. Erfolgt die Leistung deshalb, weil die Anwendung der Norm, auf Grund derer die Leistung erfolgt, auf einem Irrtum der auszahlenden Stelle beruht, den der Leistungsempfänger weder erkennt noch veranlasst hat, so ist dieser Irrtum nur dann im genannten Sinn objektiv erkennbar (und damit eine Rückersatzverpflichtung schon deshalb zu bejahen), wenn der Irrtum in der offensichtlich falschen Anwendung einer Norm, deren Auslegung keine Schwierigkeiten bereitet, besteht. Andernfalls, also bei einer zwar unrichtigen, aber nicht offensichtlich falschen Auslegung der Norm, ist die objektive Erkennbarkeit zu verneinen, sofern sie nicht durch andere Umstände indiziert wird (vgl. in diesem Sinn etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2008, Zl. 2007/12/0013, mwN).

Für die Frage, ob die empfangenen Übergenüsse rückgefordert werden können, ist die Situation im Zeitpunkt des erstmaligen Mehrbezuges von Bedeutung, nämlich, ob für den Beamten der erstmalige Irrtum der Behörde bei der Anweisung der Bezüge objektiv erkennbar war oder ob er damals bei der Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von ihm fortlaufend bezogenen überhöhten Bezüge hätte haben müssen. Um die Frage der Gutgläubigkeit des Beamten nachvollziehbar beurteilen zu können, ist die Behörde verpflichtet, die im Zeitpunkt ihres Irrtums bzw. der daraufhin erfolgten Auszahlungen gegebene Sachlage (und Rechtslage) in der Begründung des Bescheides darzustellen und daran anknüpfend die für den Beamten nach ihrer Auffassung gegebene objektive Erkennbarkeit darzulegen (vgl. etwa das zitierte Erkenntnis vom 23. Jänner 2008).

Da im Zeitpunkt des (erstmaligen) Mehrbezuges an pauschalierter Überstundenvergütung der Bescheid vom 8. Jänner 2002 noch in Geltung stand und somit ein Titel vorlag, konnte zum damaligen Zeitpunkt von einem erkennbaren Irrtum der Behörde bei der Anweisung der pauschalierten Überstundenvergütung noch keine Rede sein. Die Möglichkeit, dass die Dienstbehörde dereinst - rechtswidrig (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 16. Dezember 2009) - rückwirkend den Titel für den Empfang der pauschalierten Überstundenvergütung beseitigen könnte, musste die Beschwerdeführerin noch nicht in Betracht ziehen und damit in Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von ihr bezogenen pauschalierten Überstundenvergütung stützen, weil sie in Ansehung des § 15 Abs. 6 letzter Satz GehG im Zeitpunkt der Empfangnahme der pauschalierten Überstundenvergütung davon ausgehen konnte und durfte, dass eine Neubemessung bzw. Einstellung dieser Nebengebühr erst mit dem auf die Zustellung eines solchen Bescheides folgenden Monatsersten wirksam werden würde.

Da die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zu Unrecht den guten Glauben im Sinn des § 13a GehG hinsichtlich der pauschalierten Überstundenvergütung absprach, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Wegen Untrennbarkeit - im angefochtenen Bescheid wurde im Spruch eine Gesamtsumme des rückforderbaren Übergenusses, der sich aus pauschalierter bzw. Einzelüberstundenvergütung ergibt, festgesetzt - war der angefochtene Bescheid schon deshalb zur Gänze aufzuheben.

Anders ist jedoch - für das fortzusetzende Verfahren - die Rückforderung von Einzelvergütungen von Überstunden zu beurteilen:

Nach § 30 Abs. 4 erster Satz GehG gelten durch die für die Funktionsgruppen 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 und die Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A2 vorgesehene Funktionszulage alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten.

Damit stellt der eindeutige Wortlaut des § 30 Abs. 4 GehG auf die Gebührlichkeit der Funktionszulage, nicht aber, wie die Beschwerdeführerin meint, auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Verwendungsgruppe ab. Für eine davon abweichende Auslegung, wie sie die Beschwerdeführerin vertritt, eröffnet der mögliche Wortsinn des § 30 Abs. 4 GehG als Grenze jeglicher Auslegung keinen Raum.

Zu keinem anderen Auslegungsergebnis führt die Einbeziehung des § 30 Abs. 4a erster Satz GehG (in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2005), wonach Beamte der Funktionsgruppen 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 und der Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A2 durch schriftliche Erklärung die Anwendbarkeit des Abs. 4 für ein Kalenderjahr ausschließen können. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes könnte sich in Ansehung dieser Anordnung nur die Frage erheben, ob die Beschwerdeführerin, die nicht in die Verwendungsgruppe A1 überstellt wurde, die vorgesehene Wahlmöglichkeit hat oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage kann aber im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil die Beschwerdeführerin weder nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides noch nach ihrem Vorbringen oder dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten zufolge eine solche schriftliche Erklärung abgegeben hat. Aus § 30 Abs. 4a GehG ergibt sich somit keine Rückwirkung auf die Auslegung des § 30 Abs. 4 GehG. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist daher § 30 Abs. 4 GehG weder in dem von ihr vertretenen Sinn auszulegen noch liegt eine Auslegungsbedürftigkeit dieser Norm im Sinne der eingangs wiedergegebenen Grundsätze der Theorie der objektiven Erkennbarkeit eines Irrtums der auszahlenden Stelle vor, der eine Gutgläubigkeit der Beschwerdeführerin auf Grund einer vertretbaren, wenn auch verfehlten Rechtsauffassung begründen könnte.

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die der Beschwerdeführerin ausbezahlten Einzelvergütungen für Überstunden eine bescheidförmige Grundlage gehabt hätten. Damit ist aber in Ansehung des § 30 Abs. 4 GehG - einer Norm, deren Auslegung keine Schwierigkeiten bereitet - davon auszugehen, dass - abgesehen von dem vorerst im Rechtsbestand bleibenden Bescheid vom 8. Jänner 2002 - bereits mit der der Beschwerdeführerin ausbezahlten Funktionszulage grundsätzlich alle auch zeitlichen Mehrleistungen als abgegolten galten (vgl. die im zitierten Erkenntnis vom 16. Dezember 2009 enthaltenen Hinweise). Gerade die in § 30 Abs. 4 GehG normierte Fiktion der Abgeltung aller Mehrleistungen in zeitlicher (wie auch mengenmäßiger) Hinsicht lässt keinen Raum für eine Auslegung dahingehend, dass allfällige zeitliche Mehrleistungen trotz Abgeltung durch die Funktionszulage (beschwerdefallbezogen der Funktionsgruppe 5) "ein weiteres Mal" einzeln abgegolten werden.

Der Beschwerdeführerin ist daher weder ein Titel für den Empfang der Einzelabgeltung von Überstunden noch guter Glaube beim Empfang dieser Nebengebühren zuzubilligen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 12. Mai 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte