Normen
FSG 1997 §24 Abs1 Z2;
FSG 1997 §3 Abs1 Z3;
FSG 1997 §24 Abs1 Z2;
FSG 1997 §3 Abs1 Z3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 30. Oktober 2008, mit dem gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 FSG die Lenkberechtigung der Beschwerdeführerin bis 29. Oktober 2009 befristet worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG nicht Folge.
Begründend führte die belangte Behörde nach einer Wiedergabe des Spruchs des erstinstanzlichen Bescheides Folgendes aus:
Die amtsärztliche Sachverständige im erstinstanzlichen Verfahren habe in ihrem Gutachten vom 29. Oktober 2008 die Beschwerdeführerin auf Grund einer bestehenden emotional instabilen Persönlichkeitsstörung von impulsivem Typ sowie der kurzen symptomfreien Intervalle als zum Lenken eines Kraftfahrzeuges bedingt geeignet erachtet und eine Nachuntersuchung in einem Jahr als notwendig angesehen.
Die Beschwerdeführerin habe in der Berufung das dem Erstbescheid zu Grunde liegende amtsärztliche Gutachten bekämpft und die Einholung eines ärztlichen Gutachtens, das auf dem bereits von ihr erbrachten psychiatrischen Gutachten basiere, beantragt.
In Berücksichtigung dieses Beweisantrags sei die Beschwerdeführerin zur amtsärztlichen Untersuchung bei der MA 15 geladen worden. Sie sei aber trotz Ladung zum Termin am 11. Dezember 2008 nicht erschienen, weshalb kein abschließendes amtsärztliches Gutachten habe erstellt werden können.
Die Beschwerdeführerin habe also seit Dezember 2008 der Ladung zu der für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens notwendigen Untersuchung nicht Folge geleistet und auch nicht zu erkennen gegeben, dass sie dies in nächster Zeit tun werde. Sie sei somit ihrer Mitwirkungspflicht bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts nicht nachgekommen. Mit der bloßen Beantragung der Einholung eines ärztlichen Gutachtens, ohne sich einer neuen eingehenden amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, habe sie die Feststellungen der ärztlichen Sachverständigen des erstinstanzlichen Verfahrens nicht zu widerlegen vermocht. Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten sei "schlüssig, nachvollziehbar und nach dem neuesten Stand der medizinischen Erkenntnisse erstellt", weshalb die belangte Behörde keine Veranlassung sehe, es nicht heranzuziehen. Zudem sei die Beschwerdeführerin diesem Gutachten nicht mit einem auf gleicher wissenschaftlicher Ebene stehenden Gegengutachten entgegengetreten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens nur teilweise vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG) von Bedeutung:
"§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
...
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
- 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
- 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. ..."
2. Um eine bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung, und zwar in ausreichendem Maß, für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 2008, Zl. 2008/11/0091, mwN).
3. Die Beschwerdeführerin macht u.a. als Verfahrensmangel geltend, die Ladung zur ärztlichen Untersuchung am 11. Dezember 2008 sei ihr nicht ordnungsgemäß zugestellt worden.
Schon dieses Vorbringen ist zielführend.
4. Die belangte Behörde selbst räumt (in der Gegenschrift) ein, es sei diesbezüglich ein Zustellfehler vorgelegen.
Vor dem Hintergrund, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung die Ausführungen der im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen amtsärztlichen Sachverständigen, wonach bei der Beschwerdeführerin eine "emotional instabile Persönlichkeitsstörung von impulsivem Typ" vorliege und "nur kurze symptomfreie Intervalle" bestünden, zu Grunde gelegt hat, und davon ausgegangen ist, wegen des Fehlens der Mitwirkung der Beschwerdeführerin habe ein "abschließendes ärztliches Gutachten" nicht erstellt werden können, liegt die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels auf der Hand.
5. Dazu kommt, dass sich aus den von der belangten Behörde übernommenen Ausführungen der Sachverständigen keine konkrete Begründung ergibt, warum nach Ablauf der von der belangten Behörde festgesetzten Zeit mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin, die sie am Lenken von Kraftfahrzeugen hindert, gerechnet werden müsse.
6. Der Vollständigkeit halber ist noch auszuführen, dass ausgehend von den Behauptungen der Beschwerdeführerin (§ 38 Abs. 2 VwGG) eine Entscheidung über den von der Beschwerdeführerin gestellten Wiederaufnahmeantrag bislang unterblieben ist. Davon geht offenbar auch die belangte Behörde aus, die in der Gegenschrift ankündigt, eine "schriftliche Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens" werde mit der abschließenden Entscheidung in der Sache selbst ergehen, und den Antrag stellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der angefochtene Bescheid auf Grund einer Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens außer Kraft getreten wäre.
7. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 15. September 2009
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