VwGH 2009/10/0214

VwGH2009/10/021411.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der K Bau GmbH & Co KG in J, vertreten durch Mag. Richard Strobl, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 31, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. August 2009, Zl. U- 14.154/19, betreffend naturschutzbehördlichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Tir 2005 §17 Abs1;
NatSchG Tir 2005 §3 Abs8;
NatSchG Tir 2005 §9;
VVG §4;
VVG §5;
NatSchG Tir 2005 §17 Abs1;
NatSchG Tir 2005 §3 Abs8;
NatSchG Tir 2005 §9;
VVG §4;
VVG §5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde der beschwerdeführenden Partei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. August 2009 zur Wiederherstellung des früheren Zustandes im Zusammenhang mit einem auf Grundstück Nr. 1134/1 KG A. errichteten Wegteilstück gemäß § 17 Abs. 1 lit. b Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (Tir NatSchG) aufgetragen,

das gesamte zugeführte Material bis auf das Niveau des freigelegten Mineralbodenhorizonts zu entfernen,

das im Wesentlichen aus Niedermoortorf bestehende, seitlich abgelagerte Aushubmaterial anstelle der Schüttung mit "Straßenunterbau" und Drainageschicht wiederum einzubringen,

die Verrohrung der Gewässer zu entfernen und die Gewässer als offene Wiesengerinne mit Erdböschung auszugestalten und

sämtliche Arbeiten so durchzuführen, dass keine noch nicht von der Ausbaggerung und Ablagerung von Material berührten Teile des Feuchtgebietes (gesamte Umgebung der derzeit errichteten Straßentrasse) beansprucht oder durch Baumaschinen beeinträchtigt werden.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführende Partei habe auf dem erwähnten Grundstück einen Fahrweg mit einer Länge von 140 m ohne naturschutzrechtliche Bewilligung errichtet. Die Weganlage, zu deren Errichtung der deutlich ausgeprägte Torfhorizont mit einer Mächtigkeit von 60 cm bis 70 cm ausgehoben und seitlich abgelagert und auf dem freigelegten Mineralbodenhorizont Material für den Straßenunterboden geschüttet worden sei, liege innerhalb des in der Biotopkartierung mit der Bezeichnung "Feuchtflächen nahe Untermoosberg" eingetragenen Feuchtgebietes - mit Ausnahme weniger Meter bei der Abzweigung vom bestehenden Fahrweg zum Bauernhof Untermoosberg. Die vom Wegbau berührten Gewässer seien zumeist 30 cm breit und etwa 30 cm tief. Die Weganlage befinde sich außerhalb einer geschlossenen Ortschaft iSd § 3 Abs. 2 Tir NatSchG. Die Errichtung des Fahrweges sei gemäß den §§ 7 und 9 Tir NatSchG naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig, eine naturschutzrechtliche Bewilligung liege jedoch nicht vor. Der nachträglich eingebrachte Bewilligungsantrag für die Errichtung des Zufahrtsweges und die Neuerrichtung des Wohnhauses und eines Pferdestalls samt Nebengebäuden sei nach Abweisung durch die Erstbehörde bei der Berufungsbehörde noch anhängig. Dies ändere nichts an der bewilligungslosen Ausführung des bewilligungspflichtigen Vorhabens durch die beschwerdeführende Partei. Es sei ihr daher die Wiederherstellung des früheren Zustandes aufzutragen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 17 Abs. 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (Tir NatSchG) hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn ein nach diesem Gesetz, einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt wird, demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid

a) die weitere Ausführung des Vorhabens oder die Verwendung einer Anlage zu untersagen und

b) die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.

Gemäß § 9 Tir NatSchG bedürfen in Feuchtgebieten (das sind gemäß § 3 Abs. 8 Tir NatSchG vom Wasser geprägte, in sich geschlossene und vom Nachbargebiet abgrenzbare Lebensräume mit den für diese charakteristischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften; dazu gehören insbesondere Röhrichte und Großseggensümpfe, Quellfluren und Quellsümpfe, Flach- und Zwischenmoore, Hochmoore, Moor- und Bruchwälder) außerhalb geschlossener Ortschaften folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:

  1. a) das Einbringen von Material;
  2. b) das Ausbaggern;
  3. c) die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden;

    d) jede über die bisher übliche Art und den bisher üblichen Umfang hinausgehende Nutzung;

    e) Geländeabtragungen oder Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche;

  1. f) Entwässerungen;
  2. g) die Verwendung von Kraftfahrzeugen.

    Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die beschwerdeführende Partei habe, indem sie den erwähnten Weg in einem Feuchtgebiet außerhalb geschlossener Ortschaften wie dargelegt errichtet habe, ein naturschutzrechtlich bewilligungspflichtiges Vorhaben ausgeführt, ohne über die erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung zu verfügen. Die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen seien daher spruchgemäß vorzuschreiben gewesen.

    Die beschwerdeführende Partei wendet dagegen ein, die Erteilung des Wiederherstellungsauftrages hätte nicht von der Entscheidung über den Bewilligungsantrag getrennt werden dürfen. Aus § 17 Abs. 1 Tir NatSchG ergäbe sich nämlich, dass ein Auftrag zur Wiederherstellung des früheren Zustandes nur insoweit zulässig sei, als auch die weitere Ausführung des Vorhabens oder die Verwendung der Anlage untersagt werde. Sei aber über ein Verbot der "weiteren Ausführung des Vorhabens" zu entscheiden, so liege darin eine Entscheidung über das Vorhaben. Voraussetzung für einen Wiederherstellungsauftrag sei daher die Entscheidung über den Bewilligungsantrag. Im Übrigen handle es sich bei dem Feuchtgebiet um ein "weitgehend künstliches" Biotop, weil es aus Regulierungsmaßnahmen und aus der Einstellung landwirtschaftlicher Bewirtschaftung entstanden sei, und es hätte die belangte Behörde auch feststellen müssen, dass der Fahrweg lediglich als Ersatz für einen zuvor bestehenden alten Weg errichtet worden sei. Schließlich habe die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei den Wiederherstellungsauftrag erteilt, obwohl diese im Auftrag ihres Kommanditisten, Herrn Kaspar N., ausführend tätig geworden sei. Wenn überhaupt, dann hätte der Wiederherstellungsauftrag Herrn Kaspar N. erteilt werden müssen, der wegen der Wegerrichtung auch persönlich bestraft worden sei. Letztlich sei es der beschwerdeführenden Partei aus näher dargelegten Gründen gar nicht möglich, dem Wiederherstellungsauftrag zu entsprechen.

    Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

    Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das - zum Tiroler Naturschutzgesetz 1997 ergangene - hg. Erkenntnis vom 27. März 2000, Zl. 99/10/0261, und die dort zitierte Vorjudikatur), steht ein Antrag auf Erteilung der nachträglichen Bewilligung der Erteilung eines Auftrages zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht im Wege. Erst die nachträgliche Bewilligung bildet ein Hindernis für die Vollstreckung des Auftrages.

    Der Hinweis der beschwerdeführenden Partei auf § 17 Abs. 1 Tir NatSchG, wonach die Behörde bei Erfüllung der dargelegten Voraussetzungen ermächtigt ist, die weitere Ausführung des Vorhabens bzw. die Verwendung einer Anlage zu untersagen und die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die beschwerdeführende Partei übersieht nämlich zum Einen, dass mit der Untersagung der weiteren Ausführung eines rechtswidrigen Vorhabens über einen anderen Verfahrensgegenstand abgesprochen wird, als mit der Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens. Zum anderen verkennt sie den normativen Inhalt des § 17 Abs. 1 Tir. NatSchG, wenn sie meint, die Behörde sei gehalten, von sämtlichen ihr hier eingeräumten Ermächtigungen jedenfalls Gebrauch zu machen.

    Im Grunde des § 3 Abs. 8 Tir NatSchG ist es weiters für das Vorliegen eines "Feuchtgebietes" ohne Bedeutung, ob es "natürlich" gewachsen ist oder das Ergebnis menschlicher Eingriffe darstellt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 2007, Zl. 2006/10/0095, und die dort zitierte Vorjudikatur). Mit dem Hinweis auf die Entstehungsgrundlagen des vom Wegebau betroffenen Feuchtgebietes (Regulierungen, Unterbleiben landwirtschaftlicher Bewirtschaftung) wird daher kein Umstand aufgezeigt, der die Annahme der belangten Behörde, die Maßnahmen seien in einem "Feuchtgebiet" iSd § 3 Abs. 8 Tir NatSchG gesetzt worden, als unzutreffend erscheinen ließe.

    Das Vorbringen, der Weg sei als Ersatz für einen zuvor bereits bestehenden alten Weg errichtet worden, ist schon deshalb nicht zielführend, weil - selbst wenn diese Behauptung zuträfe - das Gesetz keinen Anhaltspunkt dafür bietet, dass die Neuerrichtung diesfalls bewilligungsfrei wäre.

    Soweit die beschwerdeführende Partei jedoch vorbringt, sie sei lediglich im Auftrag ihres Kommanditisten tätig geworden und komme daher nicht als "Veranlasser in Betracht", übersieht sie, dass das "Veranlassen" iSd § 17 Abs. 1 Tir NatSchG eine Form der Ausführung des Vorhabens darstellt, die von jedem verwirklicht wird, der aktiv (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 2008, Zl. 2005/10/0189) zur Ausführung des Vorhabens beigetragen hat; die Gesetzesmaterialien sprechen in diesem Zusammenhang vom "Verursacher", der zur Wiederherstellung des früheren Zustandes heranzuziehen sei.

    Nicht nur der "primäre" Auftraggeber ist daher ein möglicher Adressat eines Auftrages gemäß § 17 Abs. 1 Tir NatSchG, sondern jeder, der in diesem Sinne einen Anlass zur Ausführung des Vorhabens gegeben hat. Dass der beschwerdeführenden Partei - wie sie behauptet - der Auftrag zur Wegerrichtung von ihrem Kommanditisten erteilt worden sei, steht daher ihrer Heranziehung als "Veranlasser" der weiteren, zur Ausführung des Vorhabens erforderlichen Maßnahmen nicht entgegen.

    Auch mit den weiteren Vorwürfen, es sei der beschwerdeführenden Partei tatsächlich nicht möglich, dem Wiederherstellungsauftrag spruchgemäß zu entsprechen, weil die Umgebung der Wegtrasse jedenfalls durch Baumaschinen beeinträchtigt würde und weil das von den Rückbaumaßnahmen betroffene Grundstück nicht im Eigentum der beschwerdeführenden Partei stehe, sodass sie von der Eigentümerin an der Ausführung der vorgeschriebenen Maßnahmen gehindert werden könnte, wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt: Ob es der beschwerdeführenden Partei unmöglich ist, die aufgetragene Leistung zu erbringen, wäre nämlich selbst dann, wenn es sich dabei um eine unvertretbare Leistung handelte, erst im Vollstreckungsverfahren von Bedeutung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zl. 98/05/0081). Da der beschwerdeführenden Partei jedoch eine vertretbare Leistung aufgetragen wurde, wäre der Umstand der für sie bestehenden Unmöglichkeit, die Leistung zu erbringen, sogar im Vollstreckungsverfahren irrelevant (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 1993, Zl. 92/05/0307).

    Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Wien, am 11. Dezember 2009

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