Normen
AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. November 2009 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als Arbeitgeberin im Haus C in R eine näher bezeichnete rumänische Staatsangehörige vom 10. Oktober 2007 bis 7. Mai 2008, eine weitere näher bezeichnete rumänische Staatsangehörige vom 5. Mai 2008 bis 7. Mai 2008 und eine näher bezeichnete Staatsangehörige der Dominikanischen Republik vom 10. Dezember 2007 bis 7. Mai 2008 beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Die Beschwerdeführerin habe dadurch drei Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und § 3 Abs. 1 AuslBG begangen. Es wurden drei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 72 Stunden) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe der Berufung und der Aussage der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2009 Folgendes aus:
"Zum Sachverhalt ist also festzuhalten, dass die besagten Personen unbestrittenermaßen während der angeführten Zeiten im Haus C, das die (Beschwerdeführerin) betreibt, der Prostitution nachgegangen sind und arbeitsmarktrechtliche Erlaubnisse hiefür nicht vorgelegen sind.
Wie die Erstinstanz zutreffend in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt hat, ist eine solche Tätigkeit in einem Nachtclub oder ähnlichem Lokal als jedenfalls arbeitnehmerähnlich anzusehen (siehe zB VwGH 26.02.2009, 2007/09/0359).
Die Damen waren planmäßig in den Betrieb eingegliedert, zumal die Tätigkeit von Prostituierten für ein Bordell essentiell ist. Daher sind auch die Preise zumindest für die Zimmerbenützung von der Betreiberin vorgegeben und erfolgen auch die Finanzamtszahlungen der Prostituierten sowie die Meldungen bei der Gemeinde über (die Beschwerdeführerin) bzw ihren Gatten.
Damit liegt ein zumindest arbeitnehmerähnliches Verhältnis zwischen den Damen und der (Beschwerdeführerin) als Betreiberin des Bordells vor; der Schuldspruch erging daher in allen Fällen zurecht."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, sie betreibe kein Bordell im üblichen Sinne und es seien diese atypischen Umstände in ihrer Vernehmung dargelegt worden. Die belangte Behörde sei darüber ohne nähere Untersuchung hinweggegangen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).
Für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (§ 2 Abs. 2 lit. a AuslBG) ist entscheidend, dass die persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber vorliegt, die sich in der Eingliederung in und die Unterwerfung unter die betriebliche Organisation des Arbeitgebers manifestiert. Daraus resultiert dann auch die wirtschaftliche Abhängigkeit. Wesentlich sind dabei die persönliche Dienstpflicht (Ausschluss einer Vertretung), die Weisungsunterworfenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Arbeitsdurchführung und die damit verbundene Ausschaltung jeglicher Bestimmungsfreiheit, ferner die Kontrolle durch den Dienstgeber. Für die selbständige Tätigkeit spricht hingegen die Tragung des unternehmerischen Risikos oder die Arbeit mit eigenen Betriebsmitteln.
Die Arbeitnehmerähnlichkeit (§ 2 Abs. 2 lit. b AuslBG) wird dann anzunehmen sein, wenn zwar die für ein "echtes" Arbeitsverhältnis charakteristische persönliche Abhängigkeit fehlt, die Rechtsbeziehung zum Auftraggeber einem solchen aber wegen der wirtschaftlichen Unselbständigkeit ähnlich ist, weil die Kriterien fremdbestimmter Arbeit in einem gewissen Umfang gegeben sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0012). Auch diesbezüglich kommt es - wie oben erwähnt -
nicht darauf an, wie die Beziehung zum Auftraggeber zivilrechtlich zu qualifizieren ist (Werkvertrag oder freier Dienstvertrag; vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2000, Zl. 99/09/0011). Auch ein freier Dienstvertrag begründet nicht automatisch eine arbeitnehmerähnliche Stellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2003, Zl. 2000/09/0208). Entscheidende Bedeutung hat der Umstand, dass die betreffende Person in ihrer Entschlussfähigkeit bezüglich ihrer Tätigkeit auf ein Minimum beschränkt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0012).
Als typisch für eine arbeitnehmerähnliche Stellung werden etwa die Tätigkeit im Betrieb des Auftraggebers, Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit, persönliche Leistungspflicht, Beschränkung der Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit, Berichterstattungspflicht, Arbeit mit Arbeitsmitteln des Auftraggebers, Arbeit nur für einen oder nur eine geringe Zahl von Auftraggebern, Unternehmensbindung, Entgeltlichkeit oder direkter Nutzen der Arbeitsleistung für den Auftraggeber genannt.
Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).
Die Beschwerdeführerin hatte - wie im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegeben - in der mündlichen Verhandlung Folgendes ausgesagt (Schreibfehler im Original):
"Es war zum damaligen Zeitpunkt und ist es auch heute noch so, dass mein Mann und ich den Betrieb im Haus C führen. Wir führen außerdem noch das Haus R, auch in S. Es ist so, dass es in dem Haus auch eine kleine Bar mit einem Kühlschrank gibt. Wenn ein Gast das Lokal betritt, dann hat er EUR 22 zu zahlen. Das ist quasi das Eintrittsgeld, ich bezeichne das als 'Einkommensbeitrag'. Damit erwirbt der Gast das Recht, während seines Aufenthaltes im Lokal Getränke zu konsumieren. Er muss also für die Getränke dann nichts mehr extra zahlen. Die EUR 22 werden von demjenigen Mädchen einkassiert, dass gerade die Tür aufmacht und werden in einen gemeinsamen Topf geworfen. Aus diesem Topf entnehmen die Mädchen dann auch Geld, wenn sie z.B. Getränke nachkaufen müssen. Speisen gibt es im Lokal nicht. Es wird weder über die Gästeanzahl bzgl. des Eintrittsgeldes noch bzgl. der konsumierten Getränke eine Aufzeichnung geführt. Es ist so, dass es im Gebäude sowohl Zimmer für den privaten Aufenthalt der Mädchen gibt, als auch Zimmer, in denen sie die Prostitution ausüben können. Für die Privatzimmerbenützung bezahlt ein Mädchen EUR 10 pro Tag, wenn es ein Zimmer mit einem Gast benützen will, dann zahlt es dafür pro Gast EUR 30 an uns. Diese Preise sind von uns vorgegeben. Was das Mädchen dann vom Gast in Summe verlangt, ist Sache des Mädchens. Es gibt im Betrieb auch keine Öffnungszeiten, man kann also quasi jederzeit anläuten und das Mädchen, das gerade da ist, öffnet dann die Tür. Irgendwelche Angestellte oder so gibt es nicht. Mein Mann, WE, hat quasi auch die Funktion des Hausmeisters und erledigt alle anfallenden Reparaturen etc. Wenn also z.B. etwas zu reparieren ist, dann ruft ein Mädchen meistens mich an, da ja nicht alle gut Deutsch können. Mein Mann und ich fahren dann zum Haus und erledigen die Sache. Wir selbst, also mein Mann und ich, sind nicht jeden Tag beim Haus, manchmal mehrmals die Woche, manchmal auch seltener, wenn ich z.B. nach Hause nach Moldawien fahre. Wenn ein Mädchen bei uns zu Arbeiten beginnen will, dann führen wir, also mein Mann und ich ein Gespräch mit dem Mädchen und zeigen ihm die Räumlichkeiten und führen sie quasi in den Betrieb ein. Wir erhalten von den Mädchen dann einmal pro Monat das Geld für die Privatzimmerbenützung und den Anteil bzgl. der Gäste. Diese Form der Abrechnung habe ich jetzt auf das Privatzimmer bezogen. Die Abrechnung bzgl. des Gästeanteils erfolgt schon täglich. Es ist dann so, dass uns ein Mädchen mitteilt, wie viel Betrieb z.B. in der vergangen Nacht war und wie viel eingenommen worden ist und übergibt uns dann z.B. auch für die Mädchen, die gerade nicht anwesend sind, den uns zustehenden Anteil. Die Mädchen bleiben manchmal zwei bis drei Wochen und fahren dann nach Hause und kommen dann nach einigen Wochen wieder, manche kommen aber nicht mehr wieder. Wir verlieren manchmal auch dadurch Geld. Das Haus selbst gehört Herrn H. Wir bezahlen Miete an Herrn H, ich weiß aber nicht wie viel. Ich glaube, das sind ungefähr EUR 1000 pro Monat, das weiß ich aber nicht sicher. Ich habe schon gesagt, dass die Mädchen für die Miete eines Privatzimmers EUR 10 pro Tag zahlen müssen, dazu kommen noch anteilsmäßig die Kosten für Strom, Wasser usw. Wenn ich jetzt konfrontiert werde mit der Aussage eines der Mädchen bei der Kontrolle am 7.5.2008 des Inhalts, dass das Mädchen einen gewissen Anteil pro verkauftem Getränk bekommt, dann stimmt das nicht. Es ist aber so, dass die Mädchen von den Gästen z.B. auf ein Getränk eingeladen werden in dem Sinn, dass es dann beim Gast bleibt. Die Mädchen informieren mich zwar, wenn sie z.B. ins Fitnessstudio gehen und nicht im Betrieb sind, ich zwinge aber kein Mädchen, zu einer bestimmten Zeit im Betrieb anwesend zu sein. Richtig ist, dass wir beide, also mein Mann und ich, die Einkommenssteuersachen für die Mädchen beim Finanzamt erledigen. Meistens bin das ich, die die entsprechenden Erklärungen für die Mädchen beim Finanzamt einreicht.
Es ist so, dass wir pro Mädchen und pro Monat EUR 250 an das Finanzamt abliefern. Es ist auch so, dass die Mädchen zum Amtsarzt gehen. Entweder fahr ich sie hin oder sie fahren selbst hin, auch mehrere zusammen. Wir sagen den Mädchen am Arbeitsbeginn, dass sie zum Amtsarzt gehen müssen. Beim Arzt läuft es so, dass ein Mädchen, das halbwegs deutsch kann, z.B. auch die Übersetzungstätigkeit für ein anderes übernimmt. Die Anmeldung bei der Gemeinde mache ich. Ich habe schon erwähnt, dass das Mädchen pro Gast EUR 30 an mich abzuliefern hat. Ich muss insofern auf die Angaben der Mädchen vertrauen, die kontrollieren sich sozusagen untereinander. Ich selbst kann das wie gesagt nicht im Einzelnen nachkontrollieren und glaube aber, dass sie die richtigen Angaben machen."
Diese Aussage hat die belangte Behörde nicht als unglaubwürdig abgetan. Geht man deshalb von der Richtigkeit der Angaben aus (Anmerkung: die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes steht dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu), lassen sich mehrere Elemente zur Abgrenzung zwischen unselbständiger und selbständiger Tätigkeit der Ausländerinnen entnehmen.
Elemente, die für eine unselbständige Beschäftigung sprechen:
a) Das von der Prostituierten, welche die Tür aufmacht, kassierte "Eintrittsgeld" und die Organisation der Abrechnung zeigt eine gewisse Einordnung in die Betriebsorganisation und einen Nutzen für die Beschwerdeführerin nicht nur aus der Vermietung von Zimmern, sondern darüber hinaus indirekt aus der Tätigkeit der Ausübung der Prostitution.
b) Die Weisung zu Antritt der Prostitutionstätigkeit, zum Amtsarzt zu gehen, ist eine persönliche Weisung.
c) Die Beschwerdeführerin führte die Anmeldung bei der Gemeinde, die Einreichung der Einkommensteuererklärungen und die Zahlungen an das Finanzamt durch.
Andere Elemente sind für die Differenzierung zwischen unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit neutral anzusehen:
a) Die Zurverfügungstellung einer privaten Wohnmöglichkeit deutet an sich auf eine unselbständige Tätigkeit. Dies wird aber kompensiert dadurch, dass die Ausländerin dafür EUR 10,--/Tag an Miete, also einen durchaus nicht unerheblichen Monatsbetrag und die Betriebskosten zu zahlen hatte.
b) Der Ehemann der Beschwerdeführerin fungierte als Hausmeister, er erledigte kleine Reparaturen; sonst gab es keine Hausangestellten.
c) Die Veranlagung zur Einkommensteuer ist grundsätzlich ohne Aussagekraft.
d) Dass die Beschwerdeführerin die Mädchen teils zum Amtsarzt hinführte, ist angesichts des Vorbringens, dass die Ausländerinnen teils auch selbständig zum Amtsarzt fuhren und es keine diesbezüglichen Anordnungen bzw. eine Organisation gab, im Sinne einer Hilfestellung anzusehen.
Elemente, die auf Selbständigkeit der Prostituierten und damit reine Zimmermiete (in der Form eines sogenannten "Stundenhotels") deuten:
a) Es gab keine von der Beschwerdeführerin bestimmte Öffnungszeiten im Haus C und keine Anwesenheitspflicht der Prostituierten.
- b) Die Dauer der Tätigkeit war nicht vorbestimmt.
- c) Es existierte keine Aufzeichnungspflicht über Gäste, Eintrittsgeld und Getränkenachkauf; die Beschwerdeführerin verließ sich auf die Angaben der Mädchen.
d) Der Liebeslohn wurde durch die Prostituierten eigenständig bestimmt. Die fix an die Beschwerdeführerin abzuliefernden EUR 30,-
- sind als Miete für das Zimmer anzusehen.
e) Es gab keine regelmäßigen (Kontroll‑)Besuche der Beschwerdeführerin im Haus.
f) Es gab keinen Barbetrieb noch Tanzdarbietungen in einem Klubraum oder dergleichen.
Nach den Regeln des beweglichen Systems sprechen somit gewichtige Argumente für eine selbständige Tätigkeit der Prostituierten. Mit den gegen eine Unselbständigkeit sprechenden Umständen hat sich die belangte Behörde aber in Verkennung der Rechtslage in dem Sinne, als zur Abgrenzung zwischen selb- und unselbständiger Tätigkeit eine Gesamtbetrachtung anzustellen ist, nicht ausreichend auseinandergesetzt.
Das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2009, Zl. 2007/09/0359, betraf einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.
Deshalb belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit (prävalierender) Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Im Hinblick darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grundlage des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen hat (§ 41 Abs. 1 VwGG), ist nicht ersichtlich, welchen Beitrag zur Feststellung des Sachverhaltes die vom Beschwerdeführer begehrte öffentliche mündliche Verhandlung hätte leisten können. Zudem wurde der Beschwerde im Ergebnis ohnedies stattgegeben, womit im fortgesetzten Verfahren weitere Ermittlungen anzustellen sind und der Beschwerdeführer die Möglichkeit hat, seinen Standpunkt im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens darzulegen. Angesichts der in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Rechte sowie nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise war somit im vorliegenden Fall die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ausnahmsweise nicht geboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2008, Zl. 2005/12/0183).
Dem steht auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen: Der EGMR sieht den Entfall der nach dieser Bestimmung grundsätzlich gebotenen öffentlichen Verhandlung dann als zulässig an, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Ausnahme davon rechtfertigen (vgl. etwa die Urteile des EGMR in den Fällen Jussila gegen Finnland, 23. November 2006, Nr. 73053/01; Bösch gegen Österreich, 3. Mai 2007, Nr. 17912/05; Hofbauer gegen Österreich2, 10. Mai 2007, Nr. 7401/04). Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände etwa dann angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder hochtechnische Fragen betrifft, der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang aber auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2009, Zl. 2008/09/0273).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 25. März 2010
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