VwGH 2009/08/0292

VwGH2009/08/029221.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des O H in K, vertreten durch Mag. Florian Mitterbacher, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Wiener Gasse 10, 1. Stock, Top 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 12. November 2009, Zl. BMASK-422339/0001- II/A/3/2009, betreffend Versicherungspflicht in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §2 Abs3;
GSVG 1978 §2;
GSVG 1978 §25;
GSVG 1978 §25a;
VwRallg;
EStG 1988 §2 Abs3;
GSVG 1978 §2;
GSVG 1978 §25;
GSVG 1978 §25a;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 3. April bis 31. Dezember 2007 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG unterlegen sei.

In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges aus, dass der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 3. April 2007 den Wiederbetrieb der Gewerbeberechtigung "Versicherungsagent" am Standort K angezeigt habe. Auf Grund seines an demselben Tag gestellten Antrags auf Ausnahme von der Pflichtversicherung in der GSVG gemäß § 4 Abs. 1 Z. 7 GSVG sei der Beschwerdeführer von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt mit Schreiben vom 4. April 2007 informiert worden, dass er vorläufig von der Pflichtversicherung in der GSVG-Pensions- und Krankenversicherung ausgenommen sei. Weiters sei ausgeführt worden, dass die Ausnahme nachträglich an Hand von Steuerbescheiden oder sonstigen Einkommens- oder Umsatznachweisen überprüft und gegebenenfalls die Ausnahme rückwirkend wegfallen werde sowie Beiträge nachträglich vorzuschreiben seien. Laut Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 11. Juni 2008 habe der Beschwerdeführer im Jahr 2007 Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 36.006,28 und aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 8.146,57 erzielt. In diesen Einkünften seien Folgeprovisionen für Vertragsabschlüsse aus vorangegangenen Jahren enthalten gewesen.

Zur rechtlichen Beurteilung setzte die belangte Behörde im Wesentlichen fort, dass der Beschwerdeführer als Inhaber einer Gewerbeberechtigung unbestritten Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft sei und keiner Berufsgruppe angehöre, die nach § 5 GSVG von der Pflichtversicherung ausgenommen sei. Die von ihm in Anspruch genommene Ausnahme von der Pflichtversicherung der Kranken- und Pensionsversicherungsanstalt gemäß § 4 Abs. 1 Z. 7 GSVG setze unter anderem voraus, dass die Umsätze die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z. 27 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. 663, (von EUR 30.000,--) und seine Einkünfte aus dieser Tätigkeit jährlich das 12fache des Betrages nach § 25 Abs. 4 Z. 2 lit. b GSVG nicht übersteigen (im Jahre 2007 liege dieser Grenzbetrag bei EUR 4.093,92).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei hinsichtlich der Höhe der festgestellten Einkünfte als auch hinsichtlich der Zuordnung zu den einzelnen Einkunftsarten auf die rechtskräftigen Bescheide des zuständigen Finanzamtes abzustellen. Der belangten Behörde sei eine eigenständige Beurteilung nicht möglich und ihr schon deshalb die (vom Beschwerdeführer) geforderte Herausrechnung der sogenannten "Folgeprovisionen" aus den von der zuständigen Finanzbehörde rechtskräftig festgestellten Einkünften aus Gewerbebetrieb verwehrt. Dem Argument, wonach der Anspruch auf diese Folgeprovisionen bereits mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages erworben werde, komme keine Bedeutung zu, weil es nach dem sogenannten "Alttantiemen-Erkenntnis" des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 2009, Zl. 2008/08/0269, bei aufrechter Pflichtversicherung auf das Zufließen der Einkünfte ankomme.

Da die im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 23 EStG in Höhe von EUR 8.146,57 den Grenzbetrag von EUR 4.093,92 überschreiten, sei die vorläufig festgestellte Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG im gegenständlichen Umfang zum Wegfall zu bringen und mangels Vorliegens weiterer Ausnahmegründe die Pflichtversicherung festzustellen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift seitens der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG sind die Mitglieder der Kammer der gewerblichen Wirtschaft in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach dem GSVG pflichtversichert. Dies gilt auch nach § 2 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. für selbständig erwerbstätige (natürliche) Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 7 GSVG sind auf Antrag von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung ausgenommen Personen, die glaubhaft machen, dass ihre Umsätze die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, und ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit jährlich das 12fache des Betrages nach § 25 Abs. 4 Z. 2 lit. b nicht übersteigen. Treffen diese Voraussetzungen nach Ablauf des Kalenderjahres, für das sie glaubhaft gemacht wurden, tatsächlich nicht zu, ist der Wegfall der Ausnahme von der Pflichtversicherung im Nachhinein festzustellen.

Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 GSVG, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 und 6, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988.

In der Beschwerde wird die Bindungswirkung der Behörden im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren an den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2007 bestritten und dazu im Wesentlichen vorgebracht, dass Folgeprovisionen in der Höhe von EUR 11.381,94 für die bis 30. September 2002 für eine näher bezeichnete Versicherung aus unselbständiger Tätigkeit erbrachten Leistungen des Beschwerdeführers aus den finanzbehördlich festgestellten Einkünften des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb herauszurechnen wären, wodurch es bei der festgestellten Ausnahme des Beschwerdeführers von der Pflichtversicherung nach dem GSVG als "Kleinstunternehmer" bleiben würde.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Feststellung der Beitragsgrundlagen nach § 25 GSVG eine Bindung an das Einkommensteuerrecht in der Weise normiert, dass die für die Bemessung der Einkommensteuer maßgeblichen Einkünfte des Pflichtversicherten heranzuziehen sind. Daher ist für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte nach § 25 Abs. 1 GSVG bilden, das Einkommensteuerrecht maßgebend. Die mit einem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 bindet auch die Sozialversicherungsanstalt (vgl. dazu ua. die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 2011, Zl. 2010/08/0219, und vom 14. September 2005, Zl. 2003/08/0146, mwN).

In den Erkenntnissen vom 16. März 1993, Zl. 92/08/0115, und vom 25. September 1990, Zl. 88/08/0296, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass für die Einbeziehung von im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünften in die Beitragsgrundlage maßgeblich ist, ob diese Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung nach dem GSVG begründenden Erwerbstätigkeit resultieren. Dabei handelt es sich nicht um eine neuerliche Entscheidung über Umstände, über die mit dem Einkommensteuerbescheid rechtskräftig abgesprochen wurde, sondern um die nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen vorzunehmende Beurteilung, ob eine bestimmte Erwerbstätigkeit, aus der durch den Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Einkünfte im Sinne des EStG resultieren, die Pflichtversicherung begründet. Mit dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid steht für die Behörde, die über die Beitragsgrundlage nach § 25 bzw. § 25a GSVG zu entscheiden hat, bindend fest, dass der Beschwerdeführer die in diesem Bescheid ausgewiesenen Einkünfte erzielt hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. September 2005, Zl. 2003/08/0169).

Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer selbst in seiner Einkommensteuererklärung die betreffenden Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb bezeichnet, erweist sich daher der angefochtene Bescheid als frei von Rechtsirrtum, wenn darin die Möglichkeit der (vom Beschwerdeführer begehrten) neuerlichen Prüfung der Zuordnung der Einkünfte des Beschwerdeführers im beschwerdegegenständlichen Zeitraum verneint und ausgehend von den in diesem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 ausgewiesenen Einkünften aus Gewerbebetrieb das Bestehen der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG bejaht wird.

Auch das weitere Argument, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht über die Berufung der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten entscheiden hätte dürfen, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen: Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über das Bestehen einer Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der GSVG ergibt sich aus § 194 GSVG iVm § 415 Abs.1 ASVG.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 21. Dezember 2011

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte