VwGH 2009/07/0149

VwGH2009/07/014926.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde

1. der RD, 2. der Dr. VH, beide in K, beide vertreten durch Dr. Helmut Binder, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 8/1, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 10. August 2009, Zl. -11-FLG-273/3-2009, betreffend Bestand und Umfang agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte (mitbeteiligte Parteien: 1. Agrargemeinschaft "K" vertreten durch den Obmann NW in K, 2. SR in K, 3. Mag. MU in K,

  1. 4. JW in M, 5. MK in K, 6. DW in K, 7. EP in K, 8. ML in K,
    1. 9. JD in K, 10. EP in R, 11. RM in K, 12. MR in K, 13. RD in K,
    2. 14. GE in K, 15. NW in K, 16. RW in K, 17. BE in E, 18. RI in K,
    3. 19. HM in K, 20. HT in K, 21. HT in K, 22. RS in K, 23. KA in K,
    4. 24. HT in K, 25. AP in K, 26. MM in K, 27. JT in K, 28. Dr. FP in W, 29. PB in K, 30. FW in K, 31. AO in K, 32. AP in K,

      33. Dr. WE in K, 34. HD in K, 35. Röm.-kath. Pfarrpründe zu K in K), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §552;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs3;
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ABGB §552;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs3;
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Partei wurde mit Generalakt (nunmehr: Regelungsplan) des K.K. Landeskommissärs für agrarische Operationen vom 21. Oktober 1903, Zl. 19, körperschaftlich eingerichtet.

Nach dem aktuellen Grundbuchsstand ist die Stammsitzliegenschaft EZ 164, KG K. (im derzeitigen Miteigentum der Beschwerdeführerinnen) mit insgesamt 12/70 Anteilsrechten, die Stammsitzliegenschaft EZ 47, KG K. (im Eigentum von Stefan F.) mit 4/70 Anteilsrechten und die Stammsitzliegenschaft EZ 654 (im derzeitigen Eigentum von Markus U.) mit 6/70 Anteilsrechten an der erstmitbeteiligten Partei beteiligt.

Mit Schreiben vom 14. Februar 1949 teilte die X-Bank K. als damalige Eigentümerin der (mittlerweile gelöschten) EZ 3 der erstmitbeteiligten Partei mit, dass sie auf die (mit dieser Liegenschaft verbundenen gewesenen und mittlerweile der EZ 164 KG K. grundbücherlich zugeschriebenen) 6 Anteile an der erstmitbeteiligten Partei verzichte, weshalb sie die erstmitbeteiligte Partei ersuchte, bei der "vorgesetzten" (zuständigen) Agrarbehörde die Streichung vornehmen zu lassen.

Nach der vorliegenden Protokollausfertigung wurde anlässlich der Vollversammlung der erstmitbeteiligten Partei am 6. Jänner 1950 über den Antrag der X-Bank K. zwecks Schenkung der besagten Anteile zugunsten der erstmitbeteiligten Partei abgestimmt und der Antrag mehrheitlich angenommen. Dazu wurde festgehalten, dass die Kosten der Übertragung die Bank zu bezahlen habe.

Mit Schreiben vom 4. März 1950 teilte der (damalige) Eigentümer der (vormaligen) Liegenschaft EZ 508, Kärntner Landtafel, nunmehr EZ 654 KG K., Gerhard U., der erstmitbeteiligten Partei im Wesentlichen mit, dass er auf 4 seiner 6 Anteile an der erstmitbeteiligten Partei verzichte. Dazu stellte er das Ersuchen, die Streichung von 4 Anteilen bei der Agrarbehörde vornehmen zu lassen.

Mit Schreiben vom 8. März 1950 teilte Hildegard G. als (damalige) Eigentümerin der EZ 47 der erstmitbeteiligten Partei im Wesentlichen mit, dass sie auf 3 ihrer 4 Anteile an der erstmitbeteiligten Partei verzichte. Dazu stellte sie das Ersuchen, die Streichung im Grundbuch bzw. bei der Agrarbehörde vornehmen zu lassen.

Mit an die Agrarbezirksbehörde V (im Folgenden: ABB) gerichteten Schreiben vom 3. April 1950 teilte die erstmitbeteiligte Partei mit, dass in der Vollversammlung vom 6. Jänner 1950 nachstehender einstimmiger Beschluss zur Löschung von Alpen-Anteilen gefasst worden sei:

"Es steht jedem frei bis 31.3.50 der Alpengemeinschaft die vollkommene oder eine teilweise Löschung seiner Anteile kundzutun. Die Kosten der Löschung trägt der Anteilinhaber. Die Anteile verfallen zugunsten der Agrargemeinschaft."

Dazu wurde ausgeführt, dass von diesem Recht nachstehende Anteilsinhaber wie folgt Gebrauch gemacht hätten:

X-Bank K. habe auf alle ihre sechs Anteile verzichtet.

Gerhard U. habe von sechs Anteilen auf vier verzichtet und behalte zwei Anteile.

Hildegard G. besitze vier Anteile. Von den vier Anteilen stelle sie drei Anteile zur Löschung zur Verfügung und behalte einen Anteil.

Die X-Bank K. besitze die Anteile, die vormals zu W, Haus Nr. 3, gehört hätten. Diese sechs Anteile seien nunmehr zur Löschung eingegeben.

Schließlich wurde die ABB ersucht, die Löschung auf Kosten der obenerwähnten Anteilsinhaber durchzuführen.

Mit Bescheid der ABB vom 13. April 1950 erfolgte auf Grund des Beschlusses der erstmitbeteiligten Partei vom 6. Jänner 1950 und der abgegebenen Erklärungen der betreffenden Eigentümer gemäß § 85 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1936, LGBl. Nr. 7 (FLG 1936) eine Abänderung des Generalaktes der erstmitbeteiligten Partei vom 21. Oktober 1903 in Form des V. Anhanges dahin, dass die X-Bank K., EZ 3 auf 6/71 Anteilsrechte, Gerhard U., EZ 508, Kärntner Landtafel, auf 4 von 6/71 Anteilen und Hildegard G., EZ 47 auf 3 von den 4/71 Anteilen an der erstmitbeteiligten Partei, EZ 119, verzichtet hätten, sodass sich die Summe der Anteile (Anteilrechtsnenner) in EZ 119 von 71 auf 58 verringere.

Nach der Zustellverfügung wurde dieser Bescheid unter anderem der erstmitbeteiligten Partei sowie der X-Bank K., Gerhard U., Hildegard G. und den zuständigen Gerichten zugestellt.

Nach der vorliegenden Ausfertigung des handgeschriebenen Grundbuches der EZ 508, Kärntner Landtafel, ist unter der Eintragung A2-LNr. 56 vom 22. April 1950 unter Tagebuchzahl 2012 folgende Eintragung zu finden:

"Die Verringerung des Anteilsnenners bei den 6/71 Anteilen der … (erstmitbeteiligte Partei) … A Postzahl 17c - 4 zu EZ 119 KG. K. auf 6/58tel Anteile ersichtlich gemacht."

Mit Bescheid der ABB vom 6. Februar 2007 wurde gemäß § 49 Abs. 4 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 (FLG 1979) eine zwischen der X-Bank K. und den Beschwerdeführerinnen abgeschlossene Eigentumsanerkenntnisurkunde vom 11. Dezember 2006 bzw. 28. Dezember 2006 agrarbehördlich genehmigt. In dieser stellen die Parteien einvernehmlich fest, dass alle Rechte und Pflichten aus den mit der Liegenschaft EZ 3 realrechtlich verbundenen Miteigentumsanteilen an der erstmitbeteiligten Partei seit dem Jahre 1960 von den Eigentümern der Liegenschaft EZ 164 ununterbrochen ausgeübt bzw. erfüllt worden seien.

Die X-Bank K. anerkenne daher, dass die vorgenannten Nachbarschaftsanteile von den Eigentümern EZ 164 redlich und echt besessen worden seien und daher in ihrem außerbücherlichen Eigentum stünden.

Mit an die ABB gerichtetem Schreiben vom 21. Februar 2007 wurde seitens des Obmanns der erstmitbeteiligten Partei nach Bemerkungen zu Belangen im Zusammenhang mit dem Transfer der verfahrensgegenständlichen Anteilsrechte der Antrag gestellt, die gesamte Anteilsfrage der EZ 119 grundlegend und umfassend aufzuklären und eine entsprechende Richtigstellung der Grundbuchsdaten, nötigenfalls mittels Bescheides, durchzuführen.

Mit Bescheid der ABB vom 27. August 2008 wurde auf der Grundlage der §§ 49 und 99 des FLG 1979 in Spruchpunkt I. folgende Entscheidung getroffen:

"I.

Auf Grund des Antrages der … (erstmitbeteiligte Partei) … vom 21.2.2007 auf Regelung der Anteilsfrage hinsichtlich Agrargemeinschaft werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Anteilsnenner der … (erstmitbeteiligte Partei) …, EZ 119, … beträgt 57tel und ist die

EZ 164, KG K., Eigentümer … (Beschwerdeführerinnen) … mit insgesamt 6/57 Anteilen, die

EZ 47, KG K., Eigentümer Stefan F., mit 1/57 Anteilen und die

EZ 654, KG K., Eigentümer Mag. Markus U., mit 2/57 Anteilen

an der … (erstmitbeteiligte Partei) … beanteilt."

In Spruchpunkt II. wurden Grundbuchshandlungen angeordnet.

Begründend verwies die ABB nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Zitierung der §§ 49 Abs. 4 und 99 FLG 1979 im hier relevanten Umfang auf die entsprechenden Verzichtserklärungen für die streitgegenständlichen Anteilsrechte sowie auf die Annahme der Schenkung durch die erstmitbeteiligte Partei in der Vollversammlung vom 6. Jänner 1950.

Hinsichtlich der Rechtsnatur der Anteilsrechte wurde darauf verwiesen, dass es sich hiebei um öffentliche Rechte handle und somit einzig rechtlich relevanter Akt "zur Absonderung" dieser Rechte im Einvernehmen der Parteien die Bewilligung der Agrarbehörde sei. Diese Bewilligung sei auch mit Bescheid vom 13. April 1950 "entsprechend erteilt" worden.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, wonach auf Grund der Tatsache der mehr als 50-jährigen Nutzung der Anteilsrechte, vor allem im Hinblick auf den geltenden Grundbuchstand, ein Anerkenntnis dieser Rechte stattgefunden hätte, sei entgegenzuhalten, dass die Institute des Privatrechtes, wie Verjährung oder Ersitzung, nicht gelten und über solche Rechte nur mit Genehmigung der Agrarbehörde verfügt werden könne.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführerinnen Berufung an die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen.

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der maßgeblichen Vorschriften des FLG 1979 führte die belangte Behörde begründend aus, dass "nach einhelliger Lehre bzw. Literatur und Rechtsprechung (vorzugsweise) des Verwaltungsgerichtshofes" agrargemeinschaftliche Anteilsrechte trotz privatrechtlicher Implikationen zu den öffentlichen Rechten zählten, was zur Folge habe, dass deren rechtliche Behandlung in verschiedenen - zum Teil wesentlichen - Aspekten von zivilrechtlichen Grundsätzen abweiche. So bedürfe es zu jeder privatrechtlichen Vereinbarung über die Anteils- bzw. Nutzungsrechte einer Genehmigung der Agrarbehörde in Form eines (rechtskräftigen) Bescheides. Des Weiteren sei der Bestand dieser Rechte vom Grundbuchsstand unabhängig. Der grundbuchsrechtliche Publizitäts- und Eintragungsgrundsatz gelte hier nicht. Die Grundbuchseintragung sei zwar ein mitunter entscheidendes Beweismittel, habe aber nur deklarativen Charakter und werde nicht konstitutiv wirksam. Auch sei nur die Agrarbehörde zur Entscheidung über Anteilsrechte berufen.

Von ausschlaggebender Relevanz sei, dass auch die weiteren Rechtsinstitute des Privatrechtes wie Verjährung oder Ersitzung im Zusammenhang mit den Anteilsrechten an einer Agrargemeinschaft nicht gälten. Über solche Rechte könne nur mit Genehmigung der Agrarbehörde verfügt werden. Anteilsrechte könnten weder durch Nichtausübung erlöschen noch durch Ausübung erworben werden.

Das "rechtliche Schicksal" der fraglichen bzw. von den Beschwerdeführerinnen reklamierten Anteilsrechte ließe sich anhand der vorliegenden Aktenunterlagen "rückblickend dahin nachzeichnen", dass die seinerzeitigen Eigentümer der bezughabenden Liegenschaften mit Schreiben vom 14. Februar 1949 (bezüglich der damaligen Liegenschaft EZ 3 bzw. der nunmehrigen Liegenschaft EZ 164) sowie vom 8. März 1950 (bezüglich der Liegenschaft EZ 47) die in Betracht kommenden Anteile (sechs Anteile von der vormaligen Liegenschaft EZ 3 bzw. nunmehrigen Liegenschaft EZ. 164 sowie drei Anteile von der EZ 47) der mitbeteiligten Partei zum unentgeltlichen Erwerb - damit im Ergebnis im Schenkungswege - angeboten hätten.

Nach Ausweis der Akten seien diese rechtsgeschäftlich disponierten Anteilsabsonderungen mit Bescheid der ABB vom 13. April 1950 "im Ergebnis mit der bescheidförmlich verfügten Abänderung des Generalaktes (Regulierungsplanes)" der erstmitbeteiligten Partei in Form einer entsprechenden Berücksichtigung der "Anteilstransfers" bewilligt worden. Dieser Bescheid sei gegenüber den in Betracht kommenden Verfahrensparteien auch in Rechtskraft erwachsen.

Mit Eintritt der Rechtswirksamkeit der erfolgten Anteilsübertragungen an die erstmitbeteiligte Partei sei ein Untergang dieser Anteilsrechte eingetreten, sodass diese über die betreffenden sechs Anteilsrechte nicht (mehr) rechtswirksam dahin habe verfügen können, dass deren "Streichung abgelehnt" werde.

Schließlich wies die belangte Behörde zu der von den Beschwerdeführerinnen ins Treffen geführten agrarbehördlichen Bewilligung der Eigentumsanerkenntnisurkunde vom 11. Dezember 2006 bzw. 28. Dezember 2006 darauf hin, dass die X-Bank K. über die nämlichen Anteilsrechte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr rechtswirksam verfügen habe können. Durch die rechtswirksam erfolgte Anteilsübertragung an die erstmitbeteiligte Partei habe sich die X-Bank K. jeglicher Dispositionsbefugnis darüber begeben. Niemand sei im Stande, mehr Rechte (wirksam) zu übertragen, als er selbst besitze. Somit sei auch "mit dem versuchten Eigentumsanerkenntnis" für das rechtliche Schicksal der Anteilsrechte "letzten Endes" nichts zu gewinnen gewesen. Dieser Rechtsstandpunkt gelte auch für die - offensichtlich irrtümlich bzw. rechtsirrig - erfolgte "Bewilligung" der mit dieser Eigentumsanerkenntnisurkunde versuchten Anteilsübertragung. Mangels entsprechenden (rechtsgeschäftlichen) Substrats habe sohin mit der agrarbehördlichen Bewilligung letztlich nichts bewirkt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die erstmitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift.

Zu dieser Gegenschrift der erstmitbeteiligten Partei erstatteten die Beschwerdeführerinnen eine Replik mit Urkundenvorlage.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 3 FLG 1979 kann ein an das Eigentum einer Liegenschaft gebundenes Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Behörde abgesondert werden.

Nach § 49 Abs. 4 FLG 1979 kann die Absonderung auf Antrag des Eigentümers der Stammsitzliegenschaft oder des Erwerbers des Anteilsrechtes bewilligt werden, wenn und insoweit die aus dem Anteilsrecht fließenden Nutzungen den ordentlichen Bedarf der Stammsitzliegenschaft übersteigen und ferner, wenn das abzusondernde Anteilsrecht

a) mit dem Anteilsrecht eines anderen Gemeinschaftsmitgliedes vereinigt oder

  1. b) von der Agrargemeinschaft selbst erworben oder
  2. c) mit einer an der Gemeinschaft bisher nicht beteiligten Liegenschaft verbunden werden soll und wenn ein zustimmender Beschluss der Vollversammlung vorliegt. Für die Gültigkeit eines solchen Beschlusses ist die Zustimmung der Mehrheit der Gemeinschaftsmitglieder erforderlich, welche mehr als die Hälfte der Anteile vertritt.

    Gemäß § 95 Abs. 1 FLG 1979 können Regelungspläne, die auf Grund dieses Gesetzes oder einer hierdurch aufgehobenen älteren Vorschrift aufgestellt worden sind, und deren Bestandteile nur von der Behörde abgeändert werden. Die Abänderung kann von Amts wegen oder auf Antrag vorgenommen werden. Der Antrag kann, wenn die Agrargemeinschaft körperschaftlich eingerichtet ist, nur vom Vorstand auf Grund eines den Verwaltungssatzungen entsprechenden Beschlusses der Vollversammlung, sonst von jedem Anteilsberechtigten gestellt werden. Bestehen gegen einen Antrag keine Bedenken, so ist er zu genehmigen.

    Nach § 99 FLG 1979 steht den Agrarbehörden auch außerhalb eines gemäß § 98 Abs. 1 bis 3 durchzuführenden Verfahrens die Entscheidung über die Frage zu, ob in einem gegebenen Fall eine Agrargemeinschaft im Sinne dieses Gesetzes vorhanden ist, auf welches Gebiet sie sich erstreckt, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist, ferner die Entscheidung über den Bestand oder Nichtbestand sowie den Umfang von Anteilsrechten an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken und über die Frage, ob Gemeindegut oder Gemeindevermögen vorliegt.

    Die belangte Behörde gelangt zu dem Ergebnis, dass nach Ausweis der Akten die dargestellten "rechtsgeschäftlich disponierten Anteilsabsonderungen" mit Bescheid der ABB vom 13. April 1950 im Ergebnis "mit der bescheidförmlich verfügten Abänderung des Generalaktes (Regelungsplanes)" der AG in Form einer entsprechenden Berücksichtigung des "vorangesprochenen Anteilstransfers" bewilligt worden seien. Auf diesen Umstand stützt die belangte Behörde ihre agrarrechtliche Argumentation, wonach die zivilrechtlich in entsprechender Form bewirkten Anteilsübertragungen "mit deren Bewilligung durch die zuständige Agrarbehörde auch entsprechende Wirksamkeit" erlangt hätten.

    Diese Ausführungen der belangten Behörde stehen nicht in Übereinstimmung mit der Rechtslage.

    Unter Absonderung sind alle wie immer gearteten rechtlichen Lösungen der bisherigen Bindung der Anteilsrechte von einer Stammsitzliegenschaft zu verstehen. Darunter fallen sowohl Rechtsgeschäfte unter Lebenden als auch letztwillige Verfügungen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1994, Zl. 93/07/0166, vom 15. November 1994, Zl. 94/07/0067, und vom 8. Juli 2004, Zl. 2004/07/0057).

    Diese umfassende Bedeutung des Begriffes "Absonderung" beinhaltet auch die verfahrensgegenständlichen Verzichtserklärungen zugunsten der erstmitbeteiligten Partei, welche die im Bescheid der ABB vom 27. August 2008 verfügte Herabsetzung des Anteilsnenners der erstmitbeteiligten Partei zur Folge hatte.

    Eine solche Absonderung bedarf und bedurfte der Bewilligung durch die Agrarbehörde, derzeit nach § 49 Abs. 3 FLG 1979.

    Mit Bescheid der ABB vom 13. April 1950 erfolgte auf Grund des Beschlusses der erstmitbeteiligten Partei vom 6. Jänner 1950 und der abgegebenen Erklärungen der betreffenden Eigentümer eine Abänderung des Generalaktes der erstmitbeteiligten Partei vom 21. Oktober 1903 in Form des V. Anhanges. Gestützt war dieser Bescheid auf den zum damaligen Zeitpunkt geltenden § 85 FLG 1936.

    § 85 Abs. 1 FLG 1936 ist wortident mit dem nunmehr geltenden § 95 Abs. 1 FLG 1979. Eine Bewilligung nach § 38 Abs. 3 FLG 1936, welche Bestimmung wortgleich jener des nunmehr geltenden § 49 Abs. 3 FLG 1979 entspricht, erfolgte nicht.

    Die in dieser Form vorgenommene Änderung des Regelungsplanes nach § 85 FLG 1936 vermochte aber die nach § 38 Abs. 3 FLG 1936 (nunmehr: § 49 Abs. 3 FLG 1979) erforderliche agrarbehördliche Bewilligung für diese Absonderung - um eine solche handelte es sich nach den der erforderlichen Bewilligung zugrunde liegenden Verzichtserklärungen - nicht zu ersetzen; denn eine solche Bewilligung konnte jedenfalls nicht allein durch die im V. Anhang des Regulierungsplanes der erstmitbeteiligten Partei aufgenommene bescheidförmige Anordnung nach § 85 FLG 1936, wonach sich durch die dort erwähnten Verzichtserklärungen die Summe der Anteile (Anteilrechtsnenner) "von 71 auf 58" verringert hätte, als für die Absonderung dieser Anteilsrechte von den jeweiligen Stammsitzliegenschaften erteilt angesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1992, Zl. 89/07/0103).

    Den für die - in den Worten der belangten Behörde - "im Ergebnis im Schenkungswege" erfolgten "Anteilstransfers" von den bezughabenden Liegenschaften auf die erstmitbeteiligte Partei fehlt es daher an der erforderlichen agrarbehördlichen Bewilligung. Die von der belangten Behörde angenommenen rechtlichen Konsequenzen sind daher nicht eingetreten.

    Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

    Wien, am 26. Jänner 2012

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