Normen
BauO NÖ 1996 §20 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §29;
BauRallg;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §29;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 30. April 2008 wurde den Beschwerdeführern auf Grund ihres Ansuchens vom 24. Jänner 2008 die Baubewilligung für "die Erweiterung des Gastraumes, eines Abstellraumes und den Ausbau des Dachgeschosses" auf ihrem Grundstück Nr. 852/14, KG X, gemäß § 14 Abs. 1 iVm § 23 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 erteilt.
Auf Grund einer Anzeige der Nachbarin K.K.-A. wurde von der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde an Ort und Stelle am 13. November 2008 eine "Feststellungsverhandlung" durchgeführt, in welcher in Anwesenheit des bautechnischen Amtssachverständigen festgestellt wurde:
"...
Die bestehende Brandwand an der östlichen Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück mit der Nr. 812 besteht augenscheinlich aus einem Mischmauerwerk und einer angebrachten stehenden Holzverschalung. Diese Holzverschalung ist offensichtlich durch einen bestehenden unebenen Untergrund in der Mitte des Gebäudeabschnittes bombiert ausgeführt. Die im Projekt dargestellte Ergänzung dieser Brandwand wurde in der Flucht des bestehenden Mauerwerks jedoch geradlinig hochgeführt. Entgegen der planlichen Darstellung wurde die Ortgangausbildung mit einer Blechverkleidung so ausgebildet, dass diese soweit augenscheinlich erkennbar ca. 15 cm über die bestehende Gebäudeflucht im Bereich des Bestandes hinausragt. Ein solcher Dachvorsprung ist jedoch nicht zulässig und darf die Grundgrenze durch eine solche Konstruktion nur max. um 3 cm überragt werden. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass die Brandwand nicht wie im § 50 der NÖ Bautechnikverordnung 15 cm über Dach hochgeführt wurde und soweit augenscheinlich erkennbar, auch nicht die auf der Brandwand aufliegende Dacheindeckung hohlraumfrei in Mörtel verlegt wurde. Es konnte auch nicht im Zuge der Feststellungsverhandlung die tatsächliche Grundgrenze eruiert werden, wobei überwiegend davon ausgegangen wird, dass die bestehende Holzverkleidung als gemeinsame Grundgrenze anerkannt wird. Diese Grundgrenze ist daher bei der nachfolgenden Sanierung zu berücksichtigen und planlich festzulegen.
Mit dem Planverfasser und den Bauwerbern sowie der Nachbarin wurde daher vereinbart, dass ein entsprechendes Sanierungskonzept in dieser Hinsicht ausgearbeitet wird, dem sämtliche betroffenen Parteien zustimmen. Dieses Sanierungsprojekt ist inklusive der Zustimmungserklärungen der Behörde zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen. Bis zur Genehmigung dieses Sanierungskonzeptes dürfen an dieser Brandwand keinerlei Bauarbeiten weitergeführt werden.
Im Zuge der örtlichen Begehung wurde auch die Bauausführung an der Westseite des Gebäudes besichtigt. Der betroffene Anrainer auf dieser Grundstücksseite mit der Grundstück Nr. 763, war jedoch bei dieser Begehung nicht anwesend. Bei einer Nachmessung der Gebäudehöhe konnte jedoch festgestellt werden, dass die im Plan einkotierte maximale Gebäudehöhe von 5 m um ca. 75 cm in der Natur überschritten wird. Weiters konnte festgestellt werden, dass augenscheinlich die bestehende Brandwand im Bereich des Dachgeschossausbaues nicht wie ursprünglich vorgesehen im Giebelbereich, sondern zur Gänze abgebrochen wurde und durch eine neue Brandwand ersetzt worden ist. Weiters konnte festgestellt werden, dass im nördlichen Bereich das vorhandene Pultdach erneuert wurde und in diesem Zusammenhang etwas steiler ausgeführt wurde.
Im Zuge der Verhandlung wurde daher mit dem Bauführer und den Bauwerbern vereinbart, dass auch für diese Brandwand an der Westseite des Grundstückes ein Sanierungskonzept zu erstellen ist, bei dem nachzuweisen ist, dass die mittlere Gebäudehöhe von 5 m nicht überschritten wird und die Grundgrenze einvernehmlich mit dem betroffenen Nachbarn nicht in unzulässiger Weise überbaut wird. (Saumrinne mit Tropfblech und brandbeständiger Anschluss der Brandwand an die nicht brennbare Dacheindeckung.) Das Sanierungskonzept ist jedenfalls mit den betroffenen Anrainern einvernehmlich zu erstellen und eine entsprechende Zustimmungserklärung dem Projekt anzuschließen und der Behörde zur Genehmigung vorzulegen. Auch an dieser Grundstücksgrenze sind weitere Baumaßnahmen bis zur Genehmigung des Sanierungsprojektes unzulässig.
Als angemessene Frist für die Vorlage des Sanierungskonzeptes wird aus bautechnischer Sicht ein Monat ab heutigem Datum vorgeschlagen."
Mit Bescheid der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. November 2008 wurde den Beschwerdeführern "gemäß § 29 Z. 1 und 2 NÖ Bauordnung 1996 die Ausführung von Baumaßnahmen an den Grundstücksgrenzen (Brandwänden) zu den Nachbarn" untersagt. Begründet wurde dies wörtlich mit der in der Niederschrift vom 13. November 2008 festgehaltenen Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen.
In einem Aktenvermerk vom 19. Dezember 2008 wurde vom
bautechnischen Amtssachverständigen festgehalten:
"...
Am 15.12.2008 wurde nunmehr ein Auswechslungsplan mit Datum vom 5.12.2008 vorgelegt. Diesem Plan ist kein Ansuchen um baubehördliche Bewilligung und keine Baubeschreibung beigefügt. Weiters ist auf Grund der farblichen Darstellung nicht ersichtlich, welche Abänderungen gegenüber dem genehmigten Einreichplan vorgesehen bzw. durchgeführt worden sind. Eine Zustimmungserklärung von den Nachbarn, für die im Detail eingezeichnete Anbringung einer Wärmedämmung beim Neubau, welche augenscheinlich die Grundgrenze überbauen würde, liegt ebenfalls nicht vor. Die dargestellte Gebäudehöhenermittlung ist nicht nachvollziehbar dokumentiert. Für diesen Nachweis ist eine Naturaufnahme des Geländes, sowohl auf dem Eigengrund als auch auf den Nachbargrundstücken erforderlich. Nach dieser Naturaufnahme ist dann die Gebäudehöhenermittlung vorzunehmen und nachvollziehbar zu dokumentieren. Betreffend den bewilligten Baubestand wird auf die Darstellung im genehmigten Einreichplan vom 24.1.2008 verwiesen. Aus bautechnischer Sicht wird jedoch auf Grund der vorgesehenen Überbauungen der Grundgrenzen für die linke Grundgrenze eine Naturaufnahme durch einen hiezu befugten Zivilingenieur für das Vermessungswesen empfohlen. Die rechte Grundstücksgrenze ist nach den Aufzeichnungen der NÖ Landesregierung, entnommen aus dem Imap am 18.12.2008 bereits vermessen.
Auf Grund der oben angeführten Feststellungen wird aus bautechnischer Sicht der Behörde empfohlen, ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten und zur Schadensbegrenzung die Weiterführung des gesamten Bauvorhabens einzustellen. Insbesondere deshalb, weil Gebäudeteile ohne Baubewilligung oder Anzeige ausgeführt wurden und auf Grund der derzeit vorliegenden Unterlagen mit einer nachträglichen Bewilligung nicht gerechnet werden kann. In weiterer Folge wäre für die nachträglich nicht bewilligungsfähigen Abänderungen des Gebäudes ein Abbruchauftrag zu erteilen.
Aus bautechnischer Sicht wird jedoch vorgeschlagen, eine neuerliche Frist für die Vorlage der geforderten Unterlagen bis 31.01.2009 festzusetzen."
Mit Bescheid der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. Dezember 2008 wurde den Beschwerdeführern "gemäß § 29 Z. 1 NÖ Bauordnung 1996 die Fortsetzung der gesamten Bautätigkeiten auf dem Grundstück Nr. 852/14, Hauptstraße 141, X" untersagt und ausgesprochen: "Sofern sie nicht bis spätestens 31.01.2009 die in der Begründung geforderten Unterlagen der Baubehörde vorlegen, wird die Wiederherstellung des früheren Zustandes verfügt."
In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, dass nach Vorschreibung der Ausarbeitung eines Sanierungskonzeptes nunmehr von den Beschwerdeführern am 15. Dezember 2008 ein Auswechslungsplan datiert mit 5. Dezember 2008 vorgelegt worden sei, diesem jedoch kein entsprechendes Bauansuchen und keine Baubeschreibung beigefügt worden seien. Auf Grund der farblichen Darstellung sei auch nicht ersichtlich, welche Abänderungen gegenüber dem genehmigten Einreichplan vorgesehen bzw. bereits durchgeführt worden seien. Eine Zustimmungserklärung der Nachbarn für die im Detail eingezeichnete Anbringung einer Wärmedämmung beim Neubau, welche augenscheinlich die Grundgrenze überbauen würde, liege ebenfalls nicht vor. Die dargestellte Gebäudehöhenermittlung sei nicht nachvollziehbar dokumentiert. Für diesen Nachweis sei eine Naturaufnahme des Geländes sowohl auf dem Eigengrund als auch auf den Nachbargrundstücken erforderlich. Anhand dieser Naturaufnahme sei sodann die Gebäudehöhenermittlung vorzunehmen und nachvollziehbar zu dokumentieren. Betreffend den bewilligten Baubestand sei auf die Darstellung im genehmigten Einreichplan vom 24. Jänner 2008 zu verweisen. Auf Grund der vorgesehenen Überbauungen der Grundgrenzen an der linken Grundgrenze (Grenze zur Fam. N.) werde eine Naturaufnahme durch einen hiezu befugten Zivilingenieur für das Vermessungswesen empfohlen. Es sei daher die Baueinstellung und die Weiterbenützung des bereits errichteten Gebäudes bis zur Erlangung einer rechtskräftigen Baubewilligung zu untersagen gewesen.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 28. Jänner 2009 wurde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer teilweise Folge gegeben und "die Frist für die Vorlage der angeforderten Unterlagen (Sanierungskonzept) bis zum 31. März 2009 verlängert. Über den weiteren Berufungsantrag - den Bescheid der Baubehörde I. Instanz vom 22. 12. 2008 ... ersatzlos aufzuheben - ergeht nach Ablauf der gesetzten Frist eine gesonderte Berufungsentscheidung." Dieser Bescheid wurde mit Erledigung vom 2. Februar 2009 berichtigt.
Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer wurde dieser Berufungsbescheid mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. März 2009 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Marktgemeinde X zurückverwiesen, weil der den Berufungsbescheid berichtigende Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 2. Februar 2009 ohne Beschlussfassung des Gemeindevorstandes erlassen worden sei. Im Übrigen wurde ausgeführt, dass die Berufungsbehörde im Verfahren der Baueinstellung festzustellen habe, ob die Voraussetzungen für eine Baueinstellung vorlägen und diese Baueinstellung zu Recht erfolgt sei, unabhängig davon, ob die vorgeschriebene Frist erfüllt worden sei. Verfehlt sei die Vorgangsweise der Berufungsbehörde, nur die Erfüllungsfrist zu verlängern und die Entscheidung in der Sache selbst mit der Erfüllung dieser Frist zu verbinden. Der Gemeindevorstand werde in der Folge über die anhängige Berufung gegen den Baueinstellungsbescheid neuerlich zu entscheiden haben, wobei im Spruch der Inhalt der vorzulegenden Auswechslungspläne detaillierter zu definieren sein werde.
Mit Bauansuchen vom 5. März 2009, bei der Baubehörde eingelangt am 19. März 2009, wurden von den Beschwerdeführern Auswechslungspläne und ergänzende Baubeschreibungen vorgelegt.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Mai 2009 wurde über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Baueinstellungsbescheid vom 22. Dezember 2008 wie folgt entschieden:
"Der Berufung hinsichtlich des Ausspruches über die Untersagung der Fortsetzung der gesamten Bautätigkeit auf dem Grundstück Nr. 852/14, H-Straße 141, X, wird keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid in diesem Punkte daher bestätigt.
Hingegen wird hinsichtlich der mit 31.1.2009 festgesetzten Frist für die Vorlage der von der Baubehörde geforderten Unterlagen der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Frist bis zum 31. Juli 2009 gewährt wird und sind der Baubehörde folgende Unterlagen vorzulegen, ansonsten die Wiederherstellung des früheren Zustandes verfügt wird:
a. Vorlage von Auswechslungsplänen samt Bauansuchen und Baubeschreibung hinsichtlich sämtlicher Abweichungen zum baubewilligten Einreichplan vom 24.1.2008;
b. Hinsichtlich der in der Feststellungsverhandlung vom 13.11.2008 festgestellten Überbauungen - Vorlage von schriftlichen Zustimmungserklärungen der betroffenen Grundstücksnachbarn K.K.-A. und F. und G.N.;
c. Nachweis durch Vorlage einer Naturaufnahme sowohl des Grundstückes auf dem das Bauprojekt bewilligt wurde, wie auch auf den betroffenen Nachbargrundstücken durch einen hiezu befugten Zivilingenieur für das Vermessungswesen und zwar
aa. sowohl was die Grundstücksgrenzen betrifft, insbesondere der noch nicht vermessenen Grundstücksgrenzen und
bb. Ermittlung der Gebäudehöhe und nachvollziehbarer Dokumentation derselben."
Begründend führte die Berufungsbehörde unter Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, die Voraussetzungen für die Baueinstellung durch die Bürgermeisterin als Baubehörde erster Instanz seien vorgelegen, da Baumängel durch den Amtssachverständigen im Rahmen der Feststellungsverhandlung vom 13. November 2008 festgestellt worden seien, die entweder einer neuen Baubewilligung bedürften oder überhaupt nicht bewilligungsfähig seien. Bei diesen Mängeln handle es sich um Überbauungen von Grundstücksgrenzen durch das ausgebildete Saumblech (etwa 15 cm), durch eine Wärmedämmfassade auf einer teils bestehenden, teils neu errichteten Außenwand an der Grundgrenze; weiters um Abweichungen vom Einreichplan vom 24. Jänner 2008 dahingehend, dass eine im Plan eingezeichnete und kotierte Brandwand nicht wie vorgesehen mit einer maximalen Höhe von 5 m, sondern mit 5,70 m ausgeführt worden sei. Die nunmehr angeführten Urkunden seien für die Überprüfung der Genehmigungsfähigkeit erforderlich. Der Amtssachverständige habe in einem Aktenvermerk vom 19. Dezember 2008 die aufgezeigten Baumängel zusammenfassend noch einmal dargestellt und darauf hingewiesen, dass der am 15. Dezember 2008 vorgelegte Einreichplan nicht bewilligungsfähig sei, da kein Ansuchen um behördliche Baubewilligung und Baubeschreibung vorgelegen sei und darüber hinaus weder eine Zustimmungserklärung der Nachbarn noch die Naturaufnahme, aus der sich die Einhaltung der Grundstücksgrenzen ergeben hätte, durch einen hiefür befugten Zivilingenieur für das Vermessungswesen vorgelegt worden sei. Die Baubehörde erster Instanz sei daher nicht nur berechtigt sondern verpflichtet gewesen, die sofortige Baueinstellung vorzunehmen. Es läge nunmehr an den Bewilligungswerbern, die im Spruch des Bescheides angeforderten Plan- bzw. Projektsunterlagen, Zustimmungserklärungen und den Nachweis eines Geometers vorzulegen bzw. fristgerecht nachzureichen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, auf Grund der Ausführungen des bautechnischen Sachverständigen in der Feststellungsverhandlung vom 13. November 2008 sei für die belangte Behörde offensichtlich, dass bewilligungspflichtige Abweichungen des mit Bescheid vom 30. April 2008 genehmigten Bauvorhabens vorgenommen worden seien, weshalb die Baubehörde erster Instanz zulässigerweise im Sinne des § 29 NÖ Bauordnung 1996 vorgegangen sei. Da der Verlauf der Grenze nicht habe eruiert werden können, sei vorgeschlagen worden, die Grundstücksgrenze im Einvernehmen mit den Nachbarn festzulegen und planlich darzustellen. Ebenso sei bei der westlichen Brandwand eine Überschreitung der Bauhöhe festgestellt worden. Der Baueinstellungsbescheid vom 14. November 2008 habe sich daher nur auf Baumaßnahmen an zwei Brandwänden zu den Nachbarn bezogen. Der gegenständliche Baueinstellungsbescheid vom 22. Dezember 2008 ordne die Einstellung der gesamten Bautätigkeit auf dem Grundstück der Beschwerdeführer an. Diesbezüglich sei vom bautechnischen Amtssachverständigen ausgeführt worden, dass die Gebäudehöhenermittlung im Auswechslungsplan vom 5. Dezember 2008 nicht nachvollziehbar dokumentiert sei. Es sei als Nachweis eine Naturaufnahme des Geländes sowohl auf Eigengrund als auch auf den Nachbargrundstücken erforderlich. Auf Grund der vorgesehenen Überbauungen der linken Grundgrenze werde auch eine Naturaufnahme durch einen hiezu befugten Zivilingenieur empfohlen. Zur angeblichen Überschreitung der Gebäudehöhe um 75 cm sei festzuhalten, dass der Sachverhalt zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblich sei. Auch wenn nun mittlerweile im weiteren Verfahren ein entsprechender Auswechslungsplan vom Bauwerber vorgelegt worden sei, aus welchem hervorgehe, dass die mittlere Gebäudehöhe von 5 m eingehalten sei, bedeute dies nicht, dass zum damaligen Zeitpunkt die Baubehörde auf Grund der nicht nachvollziehbaren Berechnung der Gebäudehöhe keinen Einstellungsbescheid hätte erlassen dürfen. Wenn die Beschwerdeführer nunmehr behaupteten, dass auf Grund der Meinungsverschiedenheiten mit den Anrainern auf die Anbringung einer Wärmedämmung verzichtet werde und daher auch keine Überbauung der Grenzen mehr gegeben sei und weiters geplant sei, das Saumblech so zurückzustutzen, dass ebenfalls keine Überbauung mehr vorhanden sei, sei darauf hinzuweisen, dass diese Planänderungen, welche im Auswechslungsplan vom 5. März 2009 dargestellt worden seien, bezüglich der Frage, ob im Dezember 2008 eine Baueinstellung zu Recht erlassen worden sei, nicht von Relevanz seien. Bei Beurteilung der erstinstanzlichen Baueinstellung sei es unerheblich, ob sich der Sachverhalt während des Berufungsverfahrens geändert habe. Im Übrigen habe der Amtssachverständige in einem Amtsvermerk vom 3. Juni 2009 festgehalten, dass weiterhin eine statische Untersuchung sowie eine Dokumentation der gesicherten Grundgrenzen erforderlich seien. Im Auswechslungsplan vom 5. Dezember 2008 sei noch die geplante Wärmedämmfassade enthalten gewesen. Auf Grund der nicht genauen Zuordnung der Lage des Gebäudes in Bezug auf die Grundstücksgrenzen habe daher die Baubehörde zutreffend einen Baustopp bezüglich des gesamten Gebäudes verfügt. Einem Antrag um Baubewilligung seien die in den §§ 18 und 19 NÖ Bauordnung 1996 geforderten Planunterlagen anzuschließen. Im Rahmen der Vorprüfung könnten nach § 19 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1996 von der Baubehörde auch Unterlagen, wie statische Berechnungen, Darstellungen der Ermittlungen der Gebäudehöhe sowie eine Naturaufnahme der Grenzen verlangt werden. Es sei daher der Baubehörde zweiter Instanz kein Verfahrensfehler unterlaufen, wenn sie im Rahmen der nachträglichen Baubewilligung spezielle Unterlagen forderte. Würden keine Grundstücksgrenzen mehr überbaut, erübrige sich die Vorlage von Zustimmungserklärungen der Nachbarn. Dies sei aber erst nach dem noch abzuführenden Bauverfahren zu beurteilen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 29
NÖ Bauordnung 1996 hat folgenden Wortlaut:
"Baueinstellung
Die Baubehörde hat die Fortsetzung der Ausführung eines Bauvorhabens zu untersagen, wenn
1. die hiefür notwendige Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) nicht vorliegt oder
2. bei einem bewilligten Vorhaben kein Bauführer bestellt ist.
Im ersten Fall hat die Baubehörde die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen, wenn nicht innerhalb einer von der Baubehörde bestimmten Frist um nachträgliche Baubewilligung angesucht oder die Anzeige vorgelegt wird.
Darf eine Baubewilligung nicht erteilt werden (§ 23 Abs. 1) oder ist das Bauvorhaben zu untersagen (§ 15 Abs. 3) hat diese Verfügung nach der Baueinstellung zu erfolgen.
Im zweiten Fall darf die Ausführung erst nach Meldung eines Bauführers fortgesetzt werden."
Die Baubehörde erster Instanz hat mit 22. Dezember 2008 die "Fortsetzung der gesamten Bautätigkeiten" auf dem Baugrundstück untersagt.
Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, dass die Untersagung der Fortführung der gesamten Bautätigkeiten auf ihrem Grundstück nicht zulässig gewesen sei. Die Beanstandungen hätten sich auf Bauführungen an den Grundstücksgrenzen zu den Nachbarn bezogen, welche bereits mit rechtskräftigem Baueinstellungsbescheid vom 14. November 2008 untersagt worden seien. Gegenüber dem entscheidungsrelevanten Sachverhalt habe sich seit dem ersten Baueinstellungsbescheid nichts geändert. Im Übrigen sei der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht ausreichend erhoben worden. Die Überschreitung der Gebäudehöhe sei zu keinem Zeitpunkt objektiv festgestellt worden. Auch bezüglich der angeblichen Überbauung von Grundstücksgrenzen hätte es der Feststellung der Grenzen bedurft.
Nach dem hier relevanten ersten Fall des § 29 NÖ Bauordnung 1996 hat die Baubehörde die Fortsetzung der Ausführung von konsensbedürftigen Bauvorhaben zu untersagen, für die der erforderliche Konsens nicht erwirkt wurde. Diese Bestimmung setzt demnach voraus, dass die Ausführung noch nicht abgeschlossen ist, wie auch, dass die Vorhaben überhaupt konsensbedürftig sind. Diese Voraussetzungen sind sachverhaltsmäßig in einem Baueinstellungsbescheid näher darzulegen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zl. 2004/05/0186). Nach § 29 Abs. 2 dritter Satz NÖ Bauordnung 1996 hat die Baubehörde bei Feststellung von Konsenswidrigkeiten neben der Untersagung der Fortsetzung der Ausführung des Bauvorhabens (Baueinstellung) dem Bauführer - bevor ein Auftrag zur Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, ergeht - zur Antragstellung auf nachträgliche baubehördliche Bewilligung innerhalb einer von der Baubehörde zu bestimmenden Frist oder zur Wiederherstellung aufzufordern. Die Aufforderung zur Antragstellung auf nachträgliche baubehördliche Bewilligung hat u.a. dann zu unterbleiben, wenn eine Bewilligung nicht erteilt werden darf. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn das Bauvorhaben offenkundig im Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 NÖ Bauordnung 1996 angeführten Bestimmungen steht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2007, Zl. 2005/05/0009).
Die Baubehörde erster Instanz hat in ihrem Baueinstellungsbescheid vom 14. November 2008 die Voraussetzungen für eine Baueinstellung gemäß § 29 Z. 1 NÖ Bauordnung 1996 als gegeben angesehen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Grundlage für den (weiteren) Baueinstellungsbescheid der Baubehörde erster Instanz vom 22. Dezember 2008 war die Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen (festgehalten in einem Aktenvermerk vom 19. Dezember 2008) auf Grund der Vorlage von Auswechslungsplänen der Beschwerdeführer. Feststellungen dahingehend, dass die Beschwerdeführer andere bauliche Tätigkeiten entgegen der Baubewilligung vom 30. April 2008 durchgeführt hätten, die nicht bereits im Baueinstellungsbescheid vom 14. November 2008 berücksichtigt worden wären, sind im Baueinstellungsbescheid vom 22. Dezember 2008 nicht angeführt. Dieser Bescheid enthält auch keine Begründungsdarlegungen, warum es eines weiteren Baueinstellungsbescheides bedurfte. Zutreffend haben die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass diesbezüglich das Argument der belangten Behörde, es sei "im Auswechslungsplan von 5. Dezember 2008 noch die geplante Wärmedämmfassade hinzugekommen" nicht die Zulässigkeit eines weiteren Baueinstellungsbescheides begründen kann, weil sich einerseits die geplante Wärmedämmfassade ebenfalls auf eine Baumaßnahme an den Grundstücksgrenzen zu den Nachbarn bezieht (auf solche Maßnahmen stellte bereits der Baueinstellungsbescheid vom 14. November 2008 ab) und andererseits es sich hierbei nur um eine projektierte, nicht jedoch um eine tatsächlich vorgenommene, weitere Bauausführung handelt, die nicht schon mit dem Baueinstellungsbescheid vom 14. November 2008 untersagt worden wäre.
Die Rechtskraft eines Bescheides bewirkt bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache. Ist ein Bescheid unanfechtbar und unwiderrufbar geworden, so entfaltet er die Wirkung, dass die mit ihm erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1991, Zl. 90/09/0196). Ergeht in derselben Sache, die unanfechtbar und unwiderrufbar entschieden wurde, eine neue Entscheidung, so ist diese rechtswidrig (vgl. hiezu Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 7. Auflage, Seite 198, Rz 463; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Anm. 12 zu § 68 AVG, Seite 63; sowie die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1998, Zl. 95/06/0254, VwSlg. 15.053/A, und vom 31. Juli 2006, Zl. 2005/05/0020).
Im Beschwerdefall durfte daher die Baubehörde erster Instanz mangels Änderung der Sach- und Rechtslage zum Baueinstellungsbescheid vom 14. November 2008 den Baueinstellungsbescheid vom 22. Dezember 2008 nicht mehr erlassen. Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde hätte dies bei der Erlassung des Berufungsbescheides vom 18. Mai 2009 berücksichtigen müssen.
Da die belangte Behörde diese Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides nicht wahrgenommen hat, belastete sie schon aus diesem Grund ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Im Bescheid vom 22. Dezember 2008 hat die Baubehörde erster Instanz den Beschwerdeführern aufgetragen, bis zum 31. Jänner 2009 die in der Begründung dieses Bescheides geforderten Unterlagen der Baubehörde vorzulegen, widrigenfalls die Wiederherstellung des früheren Zustandes verfügt wird. Insoweit war dieser Bescheid gemäß § 29 zweiter Satz NÖ Bauordnung 1996 zulässig, da eine diesbezügliche Anordnung im Baueinstellungsbescheid vom 14. November 2008 nicht enthalten war.
Da die Beschwerdeführer in der Folge vor Erlassung des Berufungsbescheides der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Mai 2009 unter Vorlage von Plänen und Baubeschreibungen ein Bauansuchen (vom 5. März 2009) eingebracht haben, hätte aber die Berufungsbehörde den erstinstanzlichen Baueinstellungsbescheid nicht dahingehend abändern (ergänzen) dürfen, dass sie die Vorlage bestimmter Unterlagen anordnet.
Ob diese nachträglich beantragten baulichen Maßnahmen bewilligungsfähig sind, ist jedoch von der Baubehörde erster Instanz zu prüfen. Ist dies nicht der Fall, hat die Baubehörde erster Instanz einen Auftrag zur Herstellung des bewilligten Zustandes, welcher in der bloßen Rückführung zum bewilligten Zustand zu verstehen ist, zu erlassen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. November 2006, Zl. 2004/05/0181) zu erteilen.
Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich daher der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 16. November 2010
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