VwGH 2009/05/0057

VwGH2009/05/005730.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der L F in Jennersdorf, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG, in 8020 Graz, Brückenkopfgasse 1/8, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 5. Februar 2009, Zl. 5-BB-100-577/1-9, betreffend Antrag auf Feststellung der Parteistellung in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: Ö, 8380 Jennersdorf,), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs6;
BauRallg;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs6;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 2. März 1998 wurde der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung zur Errichtung eines Vereinshauses auf dem Grundstück Nr. 1861, KG Jennersdorf. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit weiterem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 28. Mai 2001 wurden Zubauten zum bestehenden Vereinshaus auf diesem Grundstück sowie die Errichtung von Containern und Hundezwingern auf den Grundstücken Nr. 1860 und 1861 bewilligt. Dieser Bescheid erwuchs ebenfalls in Rechtskraft.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 2076/2, KG Jennersdorf. Dieses Grundstück liegt gegenüber den Baugrundstücken Nrn. 1860 und 1861 und ist von diesen nur durch eine Landstraße und eine Bahnlinie getrennt.

Die Beschwerdeführerin wurde den mit obgenannten Baubewilligungsbescheiden abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren nicht beigezogen. Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2007 beantragte sie die bescheidmäßige Zuerkennung ihrer Parteistellung in diesen Verfahren.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 20. September 2007, wurde dieser Feststellungsantrag als unzulässig zurückgewiesen. die beantragte Feststellung setze ein laufendes Verfahren voraus; die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Baubewilligungsverfahren seien bereits rechtskräftig abgeschlossen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei "nach damaliger Rechtslage" nicht Partei iSd § 21 Abs. 1 Z. 2 des Bgld. BauG 1997 gewesen. Die Eigentümer der an das Grundstück angrenzenden Grundstücke seien der damaligen Rechtslage entsprechend ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden und hätten keine Einwendungen erhoben, sodass der Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei. Darüber hinaus habe die nunmehrige Beschwerdeführerin innerhalb von zwei Wochen ab Baubeginn keine Einwendungen erhoben. § 21 Abs. 6 des Bgld. BauG 1997 enthalte eine von § 42 Abs. 3 AVG abweichende Sonderregelung für "übergangene Parteien". Im Bauverfahren übergangene Parteien könnten der zitierten Bestimmung nach im Bauverfahren ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn geltend machen; als Baubeginn käme nur der tatsächliche Baubeginn in Frage. Dadurch solle im Sinn der Rechtssicherheit verhindert werden, dass übergangene Parteien Jahre später Baubewilligungen bekämpfen. Rechtzeitige Einwendungen seien von der Beschwerdeführerin nicht erhoben worden. Darüber hinaus sei die Stellung der Beschwerdeführerin als übergangene Partei ohnehin fragwürdig, da ihr nach der im Zeitpunkt der Baubewilligung geltenden Rechtslage keine Parteistellung zugekommen sei.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Sie erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren "subjektiven Rechten auf Wahrung ihrer Rechte als Nachbarin im Bauverfahren gemäß § 21 Abs. 1 Z. 3 Burgenländisches Baugesetz 1997 sowie in der Wahrung ihrer Rechte als übergangene Partei verletzt".

Sie bringt vor, im Zeitpunkt der Erlassung der Baubewilligung sei noch die Urfassung des § 21 Bgld. BauG 1997 in Geltung gestanden, dessen Absätze 1 - 5 seien jedoch vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. September 2003, Zl. G 222/01, als verfassungswidrig aufgehoben worden. Die Neuregelung des § 21 Bgld. BauG 1997 sei mit 19. Februar 2005 in Kraft getreten. Im Zeitpunkt des von der Beschwerdeführerin eingebrachten Antrages auf Feststellung der Parteistellung sei somit bereits die neue Regelung in Kraft gewesen, dieser Antrag sei daher nach dieser Rechtslage zu behandeln. Wäre die Rechtsansicht der belangten Behörde zutreffend, käme ein vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehobenes Gesetz weiter zur Anwendung. Es sei ausschließlich darauf abzustellen, "ob der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Feststellung der Parteistellung, bzw. der Entscheidung der Behörde über diesen Antrag Parteistellung in den Bauverfahren zugekommen wäre oder nicht". Da die Beschwerdeführerin sohin - auch von den Behörden erster und zweiter Instanz unbestritten - Nachbarin iSd § 21 Abs. 1 Z. 3 Bgl. BauG 1997 in der nunmehr geltenden Fassung sei, hätte ihrem Antrag auf Feststellung der Parteistellung daher Folge gegeben werden müssen.

Bezüglich der rechtzeitigen Geltendmachung ihrer Rechte iSd Abs. 6 leg. cit führt die Beschwerdeführerin aus, im vorliegenden Fall sei nur zu klären, "ob der Beschwerdeführerin als Nachbarin überhaupt und dem Grunde nach Parteirechte zustehen oder nicht", ob sie diese auch rechtzeitig geltend gemacht habe, sei "nicht verfahrensgegenständlich". Die Beschwerdeführerin regte die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich Abs. 6 leg. cit. beim Verfassungsgerichtshof an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Zeitpunkt der Baubewilligungserteilung lautete die relevante Bestimmung des Burgenländischen Baugesetztes 1997, LGBl. Nr. 10/1998, (in der Folge BauG):

"Parteien

§ 21.

(1) Parteien im Bauverfahren sind:

  1. 1. ...
  2. 2. die Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke (Anrainer).

(2) Ein Anrainer kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

...

(6) Im Bauverfahren übergangene Parteien können ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen".

Der Verfassungsgerichtshofes hat mit Erkenntnis vom 27. September 2003, G 222/01-11, die Absätze 1 bis 5 dieses Paragraphen als verfassungswidrig aufgehoben.

Die mit LGBl. Nr. 18/2005 in Kraft getretene, neu gefasste

Bestimmung des § 21 BauG lautet:

"Parteien

§ 21.

(1) Parteien im Bauverfahren sind

...

3. die Eigentümer jener Grundstücke, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind (Nachbarn).

(2) Ein Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

...

(6) Im Bauverfahren übergangene Parteien können ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen".

Gegenstand der Beschwerde ist der Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung ihrer Parteistellung in einem mit rechtskräftigem Baubewilligungsbescheid abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren nach der nunmehr geltenden Rechtslage.

Unter den allgemeinen Voraussetzungen ist auch die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Parteistellung in einem bestimmten Verwaltungsverfahren zulässig, um im Zweifel zu klären, ob einer bestimmten Person in dem betreffenden Verfahren Parteistellung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2007, Zl. 2006/05/0071, m.w.N.). Das für die Erlassung eines Feststellungsbescheides in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geforderte rechtliche Interesse ist aber nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragestellers zu beseitigen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. April 1991, Zl. 90/12/0329, VwSlg 13.425/A, und vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/05/0221).

Im vorliegenden Fall liegt das für die begehrte Feststellung zu fordernde rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin nicht vor, weil das Baubewilligungsverfahren, in dem die Beschwerdeführerin ihre Parteistellung festgestellt haben möchte, im Jahre 2001 rechtskräftig abgeschlossen worden ist. Diese rechtskräftige Erledigung steht einer neuerlichen Entscheidung in derselben Sache entgegen (siehe § 68 Abs. 1 AVG).

Sofern die Beschwerdeführerin vermeint, nach der nunmehr geltenden Rechtslage Partei in diesem mit rechtskräftigem Bescheid abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren zu sein und beantragt, dass ihre Parteistellung nach dem nunmehr geltenden § 21 Abs. 1 Z 3 BauG festgestellt werden solle, ist darauf hinzuweisen, dass für die Beurteilung der Parteistellung diejenige Rechtslage maßgeblich ist, die in jenem Verfahren galt, in dem die Parteistellung gewünscht wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. September 1998, Zl. 97/05/0157); das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung bestimmt sich nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/05/0173).

Im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung war die Beschwerdeführerin nach der damals anzuwendenden Rechtslage nicht Partei iSd § 21 Abs. 1 BauG, weil sie nicht Anrainerin (Eigentümerin eines an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes) war; dies wird von ihr auch nicht bestritten. Daran ändert auch die Aufhebung der Absätze 1 - 4 des § 21 BauG durch den Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom 27. September 2003, G 222/01) nichts, da die aufgehobene Bestimmung auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anwendbar bleibt, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht (Art. 140 Abs. 7 B- VG). Ein derartiger Ausspruch erfolgte nicht.

Wenn die Beschwerdeführerin nunmehr geltend macht, sie sei als "übergangene Partei" iSd § 21 Abs. 6 BauG zu qualifizieren, so ist sie diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass die Anwendung dieser Bestimmung das Vorhandensein der "Parteistellung" voraussetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2008, Zl. 2007/05/0177). Da die Beschwerdeführerin im Baubewilligungsverfahren nicht Partei war, fehlt es im Beschwerdefall an einer entscheidenden Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 21 Abs. 6 BauG. Die Einhaltung der in dieser Bestimmung normierten Zwei-Wochen-Frist war daher nicht entscheidungsrelevant.

Da sich schon aus dem Vorbringen in der Beschwerde ergibt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 30. April 2009

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