VwGH 2009/01/0035

VwGH2009/01/003517.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des T F in W, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 7. April 2009, Zl. Ia 370-143/2008, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z2 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1a;
StbG 1985 §12 Z1 lita;
TilgG 1972 §6 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
TilgG 1972 §6 Abs2 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z2 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1a;
StbG 1985 §12 Z1 lita;
TilgG 1972 §6 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
TilgG 1972 §6 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 30. April 2008 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß §§ 10, 11, 11a, 12, 13 und 14 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 - StbG, BGBl. Nr. 311/1985, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2006", ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei 1971 in der Türkei geboren worden und ein türkischer Staatsangehöriger; er sei seit 7. August 1976 rechtmäßig und ununterbrochen in Österreich aufhältig und niedergelassen. Der Beschwerdeführer sei unverheiratet. Er habe von 1982 bis 1986 die Hauptschule in L und von 1986 bis 1987 die Polytechnische Schule in B besucht.

Der Beschwerdeführer sei von Strafgerichten wie folgt verurteilt worden:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG darf einem Fremden die Staatsbürgerschaft nur verliehen werden, wenn er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist.

Gemäß § 10 Abs. 1a StbG liegt eine gemäß Abs. 1 Z. 2 oder 3 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie in Strafregisterauskünfte an die Behörde nicht aufgenommen werden darf.

Nach dem klaren Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG steht jede wegen einer Vorsatztat erfolgte rechtskräftige gerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe der Verleihung der Staatsbürgerschaft entgegen. Auf das Ausmaß der Freiheitsstrafe kommt es dabei - im Gegensatz zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 - nicht an (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. November 2009, Zl. 2009/01/0057, und vom 23. April 2009, Zl. 2006/01/0694).

Der Beschwerdeführer wurde - nach den getroffenen Feststellungen - wegen des Vorsatzdeliktes der Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 198 Abs. 1 StGB) zweimal rechtskräftig zu (bedingten) Freiheitsstrafen in der Dauer von vier Wochen bzw. einem Monat verurteilt. Dass diese Verurteilungen getilgt wären, behauptet die Beschwerde nicht.

Die Beschwerde argumentiert dahin, dass die Verurteilungen des Beschwerdeführers der beschränkten Auskunft unterliegen würden und damit im Staatsbürgerschaftsverfahren nicht berücksichtigt werden dürften. Gemäß § 6 Abs. 2 des Tilgungsgesetzes 1972 trete eine Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister bei höchstens dreimonatiger Freiheitsstrafe ein. Da die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten lediglich Vergehen darstellen würden, die über ihn verhängten Strafen bedingt nachgesehen bzw. nur Geldstrafen verhängt worden seien und der Auskunftsbeschränkung nach dem Tilgungsgesetz unterlägen, liege kein Erteilungshindernis vor.

Damit ist die Beschwerde nicht im Recht.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 7 des Tilgungsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 68/1972, in der hier maßgeblichen Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, darf vor der Tilgung über Verurteilungen aus dem Strafregister bei Vorliegen der in den Abs. 2 und 3 genannten Voraussetzungen lediglich Auskunft erteilt werden unter anderem den Staatsbürgerschaftsbehörden zur Durchführung von Verfahren nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985. Gemäß § 6 Abs. 2 Z. 1 Tilgungsgesetz 1972 tritt die Beschränkung nach Abs. 1 sofort mit Rechtskraft des Urteils ein, wenn keine strengere Strafe als eine höchstens dreimonatige Freiheitsstrafe verhängt worden ist.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen durften die Verurteilungen des Beschwerdeführers in Strafregisterauskünfte an die Staatsbürgerschaftsbehörde aufgenommen werden, sodass es sich dabei um maßgebliche Verurteilungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG handelte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl. 2008/01/0449).

Der angefochtene Bescheid begegnet somit insofern keinen Bedenken, als im Zeitpunkt seiner Erlassung das in § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG normierte Verleihungshindernis vorlag (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2009, Zl. 2006/01/0694, vom 25. November 2009, Zl. 2009/01/0057, und vom 15. März 2010, Zl. 2008/01/0623).

Vor dem Hintergrund des im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhalts vermag der Spruch des angefochtenen Bescheides die Abweisung des Verleihungsantrages schon auf Grund des Verleihungshindernisses gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG zu tragen (rechtfertigen).

Die Beschwerde bringt unter anderem ausdrücklich vor, die belangte Behörde sei von diesem Verleihungshindernis (§ 10 Abs. 1 Z. 2 StbG) "ausgegangen". Dass die belangte Behörde in der Bescheidbegründung auf § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG nicht konkret einging, stellt einen Begründungsmangel dar, belastet den angefochtenen Bescheid aber nicht mit Rechtswidrigkeit, weil die belangte Behörde auch bei Beachtung ihrer Begründungspflicht in dieser Hinsicht zu keinem anderen Ergebnis hätte kommen können. Der Beschwerdeführer, der gegen das Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG Vorbringen erstattete, wurde dadurch - wie oben dargestellt - nicht gehindert, entsprechende Gegenargumente in seiner Beschwerde vorzubringen.

Insoweit der Beschwerdeführer vermeint, er habe im Hinblick auf seine in Österreich zurückgelegte Aufenthaltsdauer gemäß § 12 Z. 1 lit. a StbG einen Rechtsanspruch auf die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, verkennt er, dass er dafür schon die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 StbG nicht erfüllt.

Da die Beschwerde sich schon im Hinblick auf das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG als unbegründet erweist, war sie - ohne dass auf weitere von der belangten Behörde ins Treffen geführte Versagungsgründe, insbesondere nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG eingegangen werden muss - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. November 2011

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