VwGH 2008/22/0900

VwGH2008/22/090024.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des P, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 27. Oktober 2008, Zl. Fr-159/8/06, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §61 Z2;
FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §61 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot, welches sie auf "§ 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 9 - unter Berücksichtigung der §§ 86 Abs. 1 und 87" Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) stützte. Dieser Bescheid erging im zweiten Rechtsgang, nachdem der erste Berufungsbescheid mit hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2008, 2007/18/0060, aufgehoben worden war.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Seine Ehefrau habe das ihr zustehende Recht auf Freizügigkeit "definitiv" nicht in Anspruch genommen. Dem Beschwerdeführer komme daher der fremdenpolizeiliche Status eines begünstigten Drittstaatsangehörigen nicht zu. Jedoch seien bei der Beurteilung die Bestimmungen der §§ 86 und 87 FPG anzuwenden. Es sei davon auszugehen, dass die vom Beschwerdeführer mit der österreichischen Staatsbürgerin A am 5. April 2005 eingegangene Ehe als "Scheinehe" anzusehen sei. Bei der Beurteilung der Frage, ob gemäß den §§ 86, 87 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden könne, sei auf den Katalog des § 60 Abs. 2 FPG als "Orientierungsmaßstab" zurückzugreifen. Für die Beantwortung der Frage, ob die in § 86 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, sei zu prüfen, ob sich aus dem gesamten Fehlverhalten des Fremden ableiten lasse, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde. Die Berufung auf eine Ehe trotz nicht vorliegenden Familienlebens stelle ein erhebliches, die öffentliche Ordnung beeinträchtigendes Verhalten dar. "Im Ergebnis bzw. als Gesamtbild" sei die Annahme gerechtfertigt, dass durch den "massiven Verstoß gegen das FPG" die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet sei.

Auch die Abwägung nach § 66 FPG sei zu Lasten des Beschwerdeführers vorzunehmen gewesen, weil seit April 2008 keine "gemeinsame Wohnadresse" mit Frau A bestehe und auch zuvor ein gemeinsames Wohnen nicht stattgefunden habe. Entgegen seinem Versprechen leiste der Beschwerdeführer gegenüber seiner Ehefrau auch keine Unterhaltszahlungen. Die minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers lebten bei seiner früheren Ehefrau in Serbien. Der Beschwerdeführer sei erst relativ kurz (etwa 3 1/2 Jahre) im Bundesgebiet aufhältig. Auf Grund "gröblichster Missachtung" der österreichischen Rechtsordnung könne für ihn keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Aus "sicherheits- wie auch aus kriminalpolizeilicher Sicht" sei der Einhaltung der fremdenpolizeilichen Normen in Österreich oberste Priorität einzuräumen. Ein Gesinnungswandel könne im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich der österreichischen Rechtsordnung zu unterwerfen und darauf beharre, dass er Frau A aus Liebe geheiratet habe, nicht vor Ablauf von zehn Jahren erwartet werden, weshalb das Aufenthaltsverbot für diese Zeit zu befristen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen:

In der Beschwerde wird - u.a. - gerügt, dass die belangte Behörde das aufenthaltsbeendigende Verfahren fortgesetzt habe, obwohl sie gewusst habe bzw. hätte wissen müssen, dass dem Beschwerdeführer zwischenzeitlich die "Niederlassungsbewilligung vom Magistrat Salzburg verlängert worden" sei. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Gemäß § 61 Z 2 FPG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 FPG wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre. § 54 Abs. 1 FPG sieht vor, dass Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhalten, dann mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre (Z 1) oder der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht (Z 2).

Aus einem im Verwaltungsakt erliegenden Auszug aus der Fremdeninformationsdatei ist der Eintrag ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer am 12. September 2008 vom "Magistrat Salzburg" ein Aufenthaltstitel für den Zweck "Familienangehöriger" mit Gültigkeit vom 12. September 2008 bis 11. September 2009 im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens ausgestellt worden ist. Darüber hinaus enthält der Berufungsakt die Kopie eines vom Beschwerdeführer an den Magistrat der Landeshauptstadt Salzburg gerichteten Schreibens aus dem Jahr 2006, wonach dieser zu der Mitteilung der Niederlassungsbehörde, es sei beabsichtigt, gegen ihn aufenthaltsbeendende Maßnahmen einzuleiten, Stellung nahm und sich dabei ausdrücklich auf den gegen ihn gerichteten Verdacht des Eingehens einer Scheinehe bezog.

Zu diesen im Verwaltungsakt aufscheinenden Vorgängen hat die Behörde allerdings keine Feststellungen getroffen. Dieser Verfahrensmangel ist jedoch wesentlich, weil ein Aufenthaltsverbot dann nicht erlassen werden darf, wenn in Kenntnis der Sachlage ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2008, 2008/22/0567, mwH).

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Februar 2009

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