VwGH 2008/22/0588

VwGH2008/22/058824.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des J, vertreten durch Mag. Ingrid Juliane Gaismayer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5/11, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft New Delhi vom 15. März 2006, Zl. R-8573, betreffend Visum, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §21 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §21 Abs5 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §21 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §21 Abs5 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte bei der Österreichischen Botschaft New Delhi den formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines "Schengenvisums" zu "Tourismuszwecken". Der Aufenthalt sei in einer Dauer von zehn Tagen geplant; einladende Person sei seine Schwägerin, eine österreichische Staatsbürgerin.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung des begehrten Visums unter Verwendung eines formularmäßigen Vordrucks ab. Dabei wurde durch Ankreuzen der dafür vorgesehenen Felder zum Ausdruck gebracht, dass die belangte Behörde die Erteilungsvoraussetzung nach § 21 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (die Wiederausreise des Fremden erscheine gesichert) als nicht erfüllt erachte. Auch stünden öffentliche Interessen der Erteilung eines Visums entgegen, weil der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergebe sich aus der Erfüllung eines vor der Einreise bestehenden gesetzlichen Anspruchs (§ 21 Abs. 5 Z 3 FPG).

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten samt einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

Vorerst ist auf einen entsprechenden Beschwerdeeinwand zu antworten, dass der formularmäßigen Erledigung - über eine "dunkle Mutmaßung" hinaus - entnommen werden kann, auf Grund welcher Bestimmung der Antrag abgewiesen werde; nämlich deswegen, weil die im Formular angekreuzte Voraussetzung nicht vorliege bzw. der angesprochene Versagungsgrund gegeben sei. Diese knappe Begründung stellt vor dem Hintergrund der besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden noch keinen Begründungsmangel dar, genügt es demnach doch, dass der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt zumindest im Akt nachvollziehbar ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, 2007/21/0143).

Die von der belangten Behörde für die Antragsabweisung herangezogenen Gründe lassen sich jedoch aus dem Akteninhalt nicht ableiten.

Zum einen hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im bereits zitierten Erkenntnis vom 19. Juni 2008 ausgesprochen, es darf nicht generell unterstellt werden, dass Fremde - mag es auch einzelne Gesichtspunkte geben, die auf ein Naheverhältnis zu Österreich oder auf eine bloß "lockere" Verbindung zum Herkunftsland hinweisen - unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin in Österreich (unrechtmäßig) aufhältig bleiben werden. Es bedarf vielmehr konkreter Anhaltspunkte in dieser Richtung; andernfalls werde davon auszugehen sein, dass die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheine. In der Gegenschrift macht die belangte Behörde geltend, dass die Wiederausreise des Beschwerdeführers deshalb nicht gesichert erscheine, weil es sich bei der Einladerin um die Ehefrau eines bereits im Bundesgebiet niedergelassenen nahen Verwandten des Visumwerbers handle. Weiters könne der Nachweis, dass er "selbständiger Partner" eines Teleshop sei, nicht als wirtschaftliche Verwurzelung im Heimatland gewertet werden.

Dem ist zu entgegnen, dass ein Verwandtenbesuch für sich allein nicht das Indiz eines Verbleibs bei diesen Verwandten begründen kann; weiters hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auch nicht abgesprochen, in seinem Heimatland berufstätig zu sein. Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass die Wiederausreise des Beschwerdeführers nicht gesichert scheine, ist somit durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Auch die geltend gemachte "unübliche Verwechslung der Abflugszeiten" deutet ohne nähere Begründung nicht auf die Annahme eines Verbleibs im Bundesgebiet.

Zum weiters herangezogenen Versagungsgrund führt die belangte Behörde in der Gegenschrift aus, dass die Schwägerin des Beschwerdeführers einen Monatsbezug von EUR 1.037,96 nachweisen habe können, wobei es sich aber dabei um einen "variablen Verdienst" handle. Weiters sei die Kopie einer Kontoauskunft über einen verfügbaren Betrag von EUR 5.300,-- vorgelegt worden.

Aus diesen Feststellungen lässt sich entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht ableiten, warum der - für lediglich zehn Tage geplante - Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Bemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass die Visumversagung nicht auf das Fehlen eines alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes (§ 21 Abs. 5 Z 1 FPG) und auch nicht auf das Fehlen ausreichender eigener Mittel für den Unterhalt und für die Wiederausreise (§ 21 Abs. 5 Z 2 FPG) gestützt wurde. Aus welchen besonderen Gründen eine Gebietskörperschaft finanziell belastet werden könnte, ist - wie dargelegt - nicht zu sehen. Sollten damit die Kosten einer Außerlandesschaffung gemeint sein, ist diesem Argument im Blick auf die Ausführungen zur gesicherten Wiederausreise des Fremden der Boden entzogen.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Februar 2009

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