VwGH 2008/22/0545

VwGH2008/22/054514.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des TL in G, geboren am 16. Mai 1958, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 19. September 2005, Zl. Fr 636/2002, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Demokratischen Republik Kongo, gemäß den §§ 31, 33 Abs. 1 und 37 Abs. 1 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG aus dem Bundesgebiet aus.

Zur Begründung dieser Maßnahme verwies die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführer am 30. Juni 1996 illegal eingereist sei und um die Gewährung des Asylrechtes angesucht habe. Der Antrag sei rechtskräftig abgewiesen worden; der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 21. März 2002 (zu 99/20/0382) die Behandlung der Beschwerde gegen den letztinstanzlichen Asylbescheid abgelehnt. Die Beschwerde im Feststellungsverfahren gemäß § 54 Abs. 1 FrG (Fremdengesetz aus 1992) sei als unbegründet abgewiesen worden.

Nach Zitierung des § 33 Abs. 1 FrG führte die belangte Behörde aus, bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften stelle einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar; der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei noch zusätzlich dadurch verletzt worden, dass sich der Beschwerdeführer bei der Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient habe.

Der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet weder wirtschaftlich noch sozial integriert, seine Frau und seine fünf Kinder lebten im Heimatstaat. Er gehe im Bundesgebiet auch keiner legalen Beschäftigung nach. Das Vorhandensein entfernter Verwandter (Cousin) bzw. Bekannter werde nicht von den nach § 37 Abs. 1 FrG geschützten familiären Bindungen erfasst. Allfällige konkrete Naheverhältnisse zu in Österreich lebenden Personen habe der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.

Die Ermessensentscheidung nach § 33 Abs. 1 FrG könne nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausschlagen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten seitens der belangten Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er sich (jedenfalls) nach Abschluss des Asylverfahrens unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte und wendet sich nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei.

Sein Asylantrag wurde mit zweitinstanzlichem Bescheid vom 2. August 1996 abgewiesen; seine Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 44 Abs. 2 Asylgesetz 1997 mit Beschluss vom 23. September 1998, 96/01/0792, zurückgewiesen. Nach Beendigung des zweiten Rechtsganges durch neuerliche Abweisung des Asylantrags lehnte der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der dagegen gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 21. März 2002, 99/20/0382, ab.

Mit hg. Beschluss bzw. Erkenntnis vom 1. August 2000, 96/21/1015, wurde die Beschwerde gegen das zweitinstanzlich mit Bescheid vom 1. August 1996 verhängte Aufenthaltsverbot als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt sowie die Beschwerde gegen die Feststellung, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland gemäß § 37 Fremdengesetz 1992 bedroht sei, als unbegründet abgewiesen. Sein weiterer Antrag gemäß § 75 FrG vom 13. Mai 2002 wurde mit erstinstanzlichem Bescheid vom 31. Juli 2002 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Bereits mit 23. Juli 2002 hatte die Behörde erster Instanz den Beschwerdeführer mit dem dem nunmehr gegenständlichen Berufungsbescheid zugrunde liegenden Bescheid gemäß § 33 Abs. 1 FrG ausgewiesen.

Zur Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe keinerlei Feststellungen zu seiner Person sowie zu seiner beruflichen oder privaten Situation getroffen. Bei entsprechenden Feststellungen wäre die belangte Behörde zum Schluss gekommen, dass eine nunmehrige Ausweisung nach einem nahezu zehn Jahre andauernden Aufenthalt im Bundesgebiet in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingreifen würde.

Gemäß § 37 Abs. 1 FrG ist, würde u.a. durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, diese Maßnahme nur zulässig, wenn sie zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten ist.

Soweit der Beschwerdeführer auf seine Erkrankung an Sarkoideose und darauf verweist, dass eine Therapierung dieser Krankheit in seinem Heimatstaat nicht möglich sei, ist dieses Vorbringen schon deswegen nicht zielführend, weil es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).

Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass er sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über neun Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Grundsätzlich besteht ein großes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2005, 2004/21/0323). Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren. Ausschlaggebend für den Ausgleich zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft ist die jeweilige Situation des Betroffenen. Diesbezüglich sind das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat sowie allfällige unüberwindbare Hindernisse für ein Familienleben im Heimatstaat von Bedeutung. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status der betroffenen Person oder Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern auch bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. (Vgl. zum Ganzen etwa jüngst das Urteil des EGMR vom 31. Juli 2008, "Omoregie u.a. gg. Norwegen", NL 2008, 229.)

In der Beschwerde wird nur der jahrelange Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich releviert, der jedoch lediglich auf einem als unbegründet abgewiesenen Asylantrag beruhte. Sonstige integrationsbegründende Umstände wurden auch im Verwaltungsverfahren, etwa in der Berufung, nicht geltend gemacht. Nach den unbestrittenen behördlichen Feststellungen lebt die Kernfamilie des Beschwerdeführers nicht in Österreich.

Wegen des Fehlens einer entsprechenden Integration in Österreich können somit seine persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet nicht so hoch veranschlagt werden, dass sie das von der belangten Behörde bereits zutreffend angesprochene maßgebliche öffentliche Interesse überwiegen würden.

Letztlich bringt der Beschwerdeführer vor, es sei gegen den erstinstanzlichen - bereits zitierten - Bescheid vom 31. Juli 2002 betreffend Zurückweisung seines Antrages nach § 75 FrG Berufung erhoben worden. Diese - durch den Akteninhalt nicht verifizierbare - Behauptung hindert keinesfalls die Erlassung einer Ausweisung, ist doch im Rahmen des Ausweisungsverfahrens nicht auf eine behauptete Gefährdung oder Bedrohung im Heimatland Bedacht zu nehmen. Im Übrigen wurde eine Unzulässigkeit der Abschiebung aus Gründen des § 57 FrG bereits rechtskräftig verneint.

Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die beantragte Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unterbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht - im begehrten Ausmaß - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 14. Oktober 2008

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