Normen
NAG 2005 §11 Abs2 Z2;
NAG 2005 §11 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Erstantrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom 7. März 2006 auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 11 Abs. 2 Z. 2 und Z. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. März 2006 sei als Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger eines österreichischen Staatsbürgers zu werten, weil diese noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung für die Republik Österreich verfügt habe. Zweck des Antrages sei die Familiengemeinschaft mit ihrer in Österreich niedergelassenen (und die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden) Mutter, die sich zur Unterhaltsleistung an die Beschwerdeführerin verpflichtet habe. Auf Grund der Aktenlage sei jedoch nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin - wie gemäß § 47 Abs. 3 Z. 3 lit. a und b NAG erforderlich - von der Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen oder mit dieser bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt und Unterhalt bezogen hätte. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 NAG seien daher nicht erfüllt.
Dem Antrag der Beschwerdeführerin sei eine schriftliche "Unterhaltserklärung" beigeschlossen, wonach ihre Mutter sie in der Vergangenheit monatlich mit einem Betrag von EUR 200,-- unterstützt habe und auch in Zukunft die erforderlichen Geldmittel bereitstellen werde, ohne dass diese Behauptung mit entsprechenden Beweisen (z.B. Kontobewegungen) belegt worden wäre.
Da die formalen Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 47 Abs. 3 NAG nicht gegeben seien, sei der Antrag "konsequenterweise von Amts wegen" dahingehend geprüft worden, ob die Voraussetzungen zur Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" vorlägen. Im Rahmen dieser Prüfung stellte die belangte Behörde fest, dass die Mutter der Beschwerdeführerin über ein monatliches Einkommen in der Höhe von EUR 918,11 verfüge und im Rahmen des Berufungsverfahrens ein Sparbuch mit einem Guthaben in der Höhe von EUR 104.742,94 vorgelegt worden sei. Diesbezüglich stellte die belangte Behörde fest, es sei nicht ersichtlich, ob die Beschwerdeführerin über das Sparguthaben verfügungsberechtigt sei bzw. ob dieses tatsächlich für ihre Person zur Verfügung stehe. Außerdem handle es sich dabei nicht um feste und regelmäßige Einkünfte.
Im Übrigen sei kein Nachweis eines Rechtsanspruches über eine für Inländer ortsübliche Unterkunft erfolgt, weil eine Erklärung, womit die Zusammenführende der Beschwerdeführerin unentgeltlich das Wohnrecht in ihrer Wohnung einräume, in keiner Weise einen Nachweis eines Rechtsanspruches auf eine Unterkunft darstelle. Mit einer prekaristischen Mitbenützung einer Wohnung könne das gesetzliche Erfordernis einer ortsüblichen Unterkunft für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht erfüllt werden, weil ein Prekarium jederzeit willkürlich widerrufbar sei. Daher stehe im vorliegenden Fall § 11 Abs. 2 Z. 2 NAG ebenfalls der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid an ihn erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 9. April 2008, B 1288/07-10, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten. Dieser hat über die ergänzte Beschwerde nach Aktenvorlage und Abgabe einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde weist darauf hin, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" und nicht einen solchen auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" gestellt habe. Indem die belangte Behörde - ohne dass eine Belehrung gemäß § 23 Abs. 1 NAG erfolgt wäre - den gegenständlichen Antrag auf einen solchen auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" geändert habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Bereits dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde zum Erfolg. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, kommt ein amtswegiges Umdeuten eines Antrages im Anwendungsbereiches des NAG grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2010, 2008/22/0281, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).
Wenn die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 47 Abs. 3 Z. 3 lit. a und b NAG bereits deshalb verneint, weil die Zusammenführende zwar eine schriftliche "Unterhaltserklärung" abgegeben habe, wonach sie die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit monatlich mit einem Betrag von EUR 200,-- unterstützt habe, dies jedoch nicht mit entsprechenden Beweisen (z.B. Kontobewegungen) unterlegt habe, verkennt sie, dass das Unterbleiben der - gar nicht abverlangten - Vorlage von Kontoauszügen allein den Schluss der belangten Behörde, es liege entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin kein Unterhaltsbezug von ihrer Mutter vor, nicht in gesetzeskonformer Weise zu tragen vermag (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2010, 2008/22/0445, mwN).
Weiters kommt - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung - bei Anwendung des § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG (in der Fassung BGBl. I Nr. 157/2005) der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel auch durch Spareinlagen in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2010, 2008/22/0173, mwN).
Die belangte Behörde begründet die Abweisung des gegenständlichen Antrages auch damit, dass die Beschwerdeführerin keinen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachgewiesen habe. Dabei verkennt sie, dass generelle Mitbenützungsrechte auf Grund familienrechtlicher Titel als ausreichend anzusehen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2010, 2008/22/0396, mwN). Im Übrigen bringt die Beschwerde in diesem Zusammenhang zu Recht vor, dass die belangte Behörde diesbezüglich kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und der Beschwerdeführerin auch kein Parteiengehör - im Rahmen dessen die Vorlage eines zusätzlichen Untermietvertrages möglich gewesen wäre - eingeräumt habe. Das Fehlen des Erfordernisses einer ortsüblichen Unterkunft durfte die belangte Behörde daher für ihre Entscheidung auch nicht heranziehen.
Da die belangte Behörde somit in mehrfacher Hinsicht die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf die im hg. Beschluss vom heutigen Tag, 2011/22/0023 u.a., aufgeworfenen Fragen hätte Bedacht genommen werden müssen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 5. Mai 2011
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)