VwGH 2008/22/0106

VwGH2008/22/010622.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. September 2007, Zl. 316.442/2- III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;
StGB §105 Abs1;
StGB §142 Abs1;
StGB §143;
StGB §278 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;
StGB §105 Abs1;
StGB §142 Abs1;
StGB §143;
StGB §278 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer, einem mazedonischen Staatsangehörigen, am 28. Oktober 2005 eingebrachten Antrag auf Erteilung eines "Niederlassungsnachweises für den Aufenthaltszweck 'Familiengemeinschaft, § 20 Abs. 1 FrG 1997' " gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Antrag des Beschwerdeführers sei als solcher auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "Angehöriger" zu werten gewesen, weil der Beschwerdeführer die Familiengemeinschaft mit seinem österreichischen Vater anstrebe. Beim Antrag des Beschwerdeführers handle es sich um einen Erstantrag, der im Inland gestellt worden und dessen Erledigung im Inland abgewartet worden sei. "Auf Grund des angeführten Sachverhaltes" hätte der Beschwerdeführer die Entscheidung über seinen Antrag im Ausland abwarten müssen. Die gemäß §§ 72 und 74 NAG durchgeführte Überprüfung habe ergeben, dass "keinerlei humanitäre Gründe im Sinne des § 72 NAG erkannt werden" hätten können. Die Inlandsantragstellung sei daher nicht gemäß § 74 NAG zuzulassen gewesen. Vielmehr sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 3. Februar 2006 wegen §§ 142 Abs. 1, 143, 15, 278 Abs. 1 und 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei, rechtskräftig verurteilt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Vorweg ist anzumerken, dass im gegenständlichen Fall mit Blick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Beurteilung nach der Rechtslage des NAG vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 vorzunehmen ist.

Der Beschwerdeführer richtet sich nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, es liege ein Erstantrag vor. Dafür dass es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Erstantrag gehandelt hätte, bestehen auch nach der Aktenlage keine Hinweise.

Der - im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde bereits über 21 Jahre alte - Beschwerdeführer bringt nicht vor, dass ihm von seinem österreichischen Vater Unterhalt gewährt werde, sodass der gegenständliche Fall auch nicht von den bereits vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten gleichheitsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Stellung Angehöriger von Österreichern und Angehöriger sonstiger EWR-Bürger berührt ist. Dass eine Unterhaltsgewährung durch den österreichischen Vater nicht stattfinden soll, ergibt sich im Übrigen auch aus dessen Angaben vor der Behörde erster Instanz, wonach sein Sohn - der Beschwerdeführer - nach Österreich kommen wolle, um bei seinen Eltern zu leben und hier zu arbeiten. Daraus geht hervor, dass zwar die Herstellung der Familieneinheit erreicht werden soll, der Beschwerdeführer seinen Unterhalt aber durch eigene Erwerbstätigkeit zu bestreiten beabsichtigt.

Der Beschwerdeführer bestreitet darüber hinaus auch nicht, die Erledigung des Antrages entgegen § 21 Abs. 1 NAG im Inland abgewartet zu haben.

Der Beschwerdeführer wendet sich allein gegen die Annahme der belangten Behörde, es lägen keine humanitären Gründe vor, die es geboten hätten, auf Grund der §§ 72, 74 NAG von einer Antragsabweisung abzusehen.

Das Recht, die Entscheidung über den Antrag in Österreich abwarten zu dürfen, kommt im vorliegenden Fall nur gemäß § 74 NAG in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG vor, so ist ungeachtet des Wortlautes des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen, wobei diese Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen einen Aufenthaltstitel zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch besteht (vgl. aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2009, 2008/22/0338, mwN).

Dazu bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe in keiner Weise berücksichtigt, dass die zuständige Fremdenpolizeibehörde aus der gegen ihn ergangenen Verurteilung "keine Folgen abgeleitet" habe. Er sei von dieser lediglich schriftlich verwarnt worden.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellt aber allein der Umstand, dass die Fremdenpolizeibehörde die Verurteilung des Beschwerdeführers, die von ihm nicht bestritten wird, nicht zum Anlass genommen hat, weitergehende fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu setzen, für sich genommen keinen Grund dar, aus dem hervorginge, es läge ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall iSd § 72 NAG vor. Dass Gründe vorhanden wären, die zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft mit jenen Angehörigen des Beschwerdeführers, die in Österreich leben, nach Art. 8 EMRK es gebieten würden, das Abwarten der Antragserledigung im Inland zuzulassen, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Solche Gründe sind auch den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. September 2009

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