Normen
AHG 1949 §11;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §59 Abs1;
FrPolG 2005 §73 Abs1;
FrPolG 2005 §73;
EMRK Art13;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42;
AHG 1949 §11;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §59 Abs1;
FrPolG 2005 §73 Abs1;
FrPolG 2005 §73;
EMRK Art13;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42;
Spruch:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der aus dem Kosovo stammende Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 13. Juli 2007 (u.a.) in Anwendung des § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 19. November 2007 keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 29. September 2008, B 59/08-6, abgetretene und ergänzte Beschwerde.
Nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten wurde der Beschwerdeführer am 16. Dezember 2008 auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben. Im Hinblick darauf stellt sich die Frage, ob die Beschwerde gegenstandslos geworden ist. Darüber hat der Verwaltungsgerichtshof - nach einer dazu erstatteten Stellungnahme des Beschwerdeführers - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid - im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes - in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (siehe aus der letzten Zeit beispielsweise den Beschluss vom 23. April 2009, Zl. 2006/07/0078, mwN). Besteht die Rechtsverletzungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde nicht (mehr), dann ist die Beschwerde zurückzuweisen; fällt diese Voraussetzung nachträglich weg, wird die Beschwerde gegenstandslos und das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass durch die Ausreise eines Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet das Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Entscheidung über die Beschwerde gegen eine gemäß § 53 Abs. 1 FPG erlassene Ausweisung nachträglich weggefallen ist (vgl. etwa aus der letzten Zeit den Beschluss vom 22. Jänner 2009, Zl. 2008/21/0294, mit dem Hinweis auf den Beschluss vom 10. April 2003, Zl. 99/18/0455; siehe auch die Beschlüsse vom heutigen Tag, Zl. 2009/21/0128 und Zl. 2009/21/0151). Durch die Ausreise ist nämlich der mit der Ausweisung verfolgte Zweck erfüllt; der Ausweisungsbescheid wird gegenstands- und wirkungslos (siehe beispielsweise den hg. Beschluss vom 19. Oktober 1999, Zl. 94/18/0819). In diesem Sinn wurde im ersten Satz des § 59 Abs. 1 FPG nunmehr ausdrücklich angeordnet, dass eine Ausweisung - vorbehaltlich der Wirkungen nach § 73 FPG - gegenstandslos wird, wenn der Betroffene seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen ist. Auch nach neuerlicher Einreise könnte der Fremde somit auf der Grundlage dieser Ausweisung nicht mehr abgeschoben werden. Wird demnach der Aufenthalt eines Fremden in Österreich nach Erlassung einer Ausweisung und nach Einbringung der Beschwerde - sei es durch Zurückschiebung, Abschiebung oder durch freiwillige Ausreise - beendet, so käme einer Entscheidung über die gegen den Ausweisungsbescheid erhobene Beschwerde nur mehr abstrakttheoretische Bedeutung zu. In diesem Fall wird daher das verwaltungsgerichtliche Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde eingestellt (siehe etwa die schon erwähnten Beschlüsse Zl. 2008/21/0294 und Zl. 2009/21/0128), es sei denn der Beschwerdeführer kann eine durch die Ausweisung sonst mögliche Rechtsverletzung, wie etwa den Eintritt der in § 73 Abs. 1 FPG angeordneten einjährigen "Sperrwirkung", aufzeigen (vgl. den schon genannten Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2009/21/0151).
Dieser Rechtsprechungslinie tritt der Beschwerdeführer in seiner Äußerung vom 3. März 2009 entgegen. Er meint, die Ausweisung gehöre, auch wenn sie kein zweites Mal vollstreckt werden könne, nach wie vor dem Rechtsbestand an. Er habe ein Interesse daran, deren Rechtswidrigkeit durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes festgestellt zu erhalten. Verwaltungshandeln unterliege mit wenigen Ausnahmen stets der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, die dem Beschwerdeführer durch die angeführte Judikatur verweigert werde. Die Rechtsschutzverweigerung verstärke sich dadurch, dass es nach einer anderen Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes bei der Überprüfung von Abschiebungen nur auf die Tatsachenlage zum Zeitpunkt der Abschiebung ankomme. Es werde in diesen Verfahren demnach nur geprüft, ob die Abschiebung aufgrund eines damals aufrechten Titels erfolgt sei; auf dessen Rechtmäßigkeit komme es nicht an. Im Beschwerdeverfahren betreffend die Ausweisung werde aber nach Durchführung der Abschiebung die Frage der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsentscheidung vom Verwaltungsgerichtshof auch nicht mehr geprüft. Die Kombination dieser beiden Entscheidungslinien zeige daher die Rechtsschutzverweigerung auf.
Dabei übersieht der Beschwerdeführer zunächst, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides feststellende Entscheidung nicht vorgesehen ist. Mit einem Interesse an einer solchen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich daher ein (noch aufrechtes) Rechtsschutzbedürfnis nicht begründen. Vielmehr ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer durch die für den Fall der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im VwGG allein vorgesehene Aufhebung rechtlich besser gestellt wäre, sodass Entscheidungen von bloß abstrakt-theoretischer Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu treffen sind. Insoweit besteht daher eine Einschränkung der Kontrolle von Verwaltungshandeln durch den Verwaltungsgerichtshof. Art. 13 EMRK steht dem - anders als der Beschwerdeführer auch noch meint - nicht generell entgegen. Nur ein Verwaltungsakt, der (noch) in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreift, muss bekämpfbar und letztlich vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts überprüfbar sein.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer konkret hätte aufzeigen müssen, welche für ihn nachteiligen Wirkungen die - nach der gesetzlichen Anordnung des § 59 Abs. 1 FPG im Hinblick auf die Erfüllung der Ausreiseverpflichtung gegenstandslos gewordene - Ausweisung noch haben könnte, sodass ihre Aufhebung eine rechtliche Besserstellung des Beschwerdeführers bewirken könnte.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Äußerung im Ergebnis damit argumentiert, dass es der Aufhebung einer rechtswidrigen Ausweisung bedürfe, um eine darauf gegründete Abschiebung wirksam bekämpfen zu können, kann das Zutreffen dieser allgemeinen Rechtsschutzüberlegungen für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Der Beschwerdeführer behauptet nämlich nicht, dass er gegen seine bereits am 16. Dezember 2008 vorgenommene Abschiebung fristgerecht (Maßnahmen‑)Beschwerde geführt hätte. Er unterlässt es auch sonst konkret darzutun, dass seine Rechtsstellung in einem solchen Verfahren durch die Aufhebung des hier bekämpften Ausweisungsbescheides verbessert werden könnte.
Der Beschwerdeführer verweist auch noch darauf, dass er durch die auf der (angeblich) rechtswidrigen Ausweisung basierende Abschiebung seinen Arbeitsplatz in Österreich verloren und deshalb Verdienstentgang und immaterielle Schäden erlitten habe; außerdem sei er mit Abschiebungskosten belastet worden. Um gegebenenfalls Amtshaftungsansprüche geltend machen zu können, habe er ein Interesse "auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ausweisung".
Dem ist zu entgegnen, dass allfällige Amtshaftungsansprüche gegen den Bund nichts an der fehlenden Möglichkeit für den Beschwerdeführer ändern können, durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Das Unterbleiben einer Sachentscheidung im vorliegenden Beschwerdefall hindert nämlich das Amtshaftungsgericht nicht, einen Antrag auf Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Sinne des § 11 AHG zu stellen. Demnach zählen Rechtspositionen, die im Wege der Amtshaftung geltend gemacht werden können, nicht zu der rechtlich geschützten Interessenssphäre, die den Beschwerdeführer zur Beschwerdeerhebung bzw. zur Beschwerdefortführung im Bescheidbeschwerdeverfahren legitimiert (vgl. zum Ganzen den schon erwähnten Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2009/21/0151, mwN). Es lässt sich daher auch mit behaupteten Schadenersatzansprüchen gegen den Bund kein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers an einer Entscheidung über die vorliegende Beschwerde begründen.
Soweit der Beschwerdeführer meint, § 11 Abs. 1 Z 3 NAG sehe eine zwölfmonatige Sperre für einen Aufenthaltstitel nach Erlassung einer Ausweisung vor und in diesem Zusammenhang auch die einjährige Sperrfrist für eine visumsfreie Einreise und einen visumsfreien Aufenthalt nach § 73 Abs. 1 FPG anspricht, bedarf es keiner Erörterung, inwieweit die in diesen Bestimmungen an Ausweisungen geknüpften Wirkungen im vorliegenden Fall überhaupt zum Tragen kommen könnten. Eine diesbezüglich noch gegebene Rechtsverletzungsmöglichkeit des Beschwerdeführers scheidet nämlich schon deshalb aus, weil der genannte Zeitraum seit Erlassung der bekämpften Ausweisung längst verstrichen ist.
Vor diesem Hintergrund besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, von der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzugehen. Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 wGG für gegenstandslos geworden zu erklären und das verwaltungsgerichtliche Verfahren einzustellen.
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall wäre der Beschwerde des im August 2002 nach Österreich eingereisten Beschwerdeführers, dessen Asylantrag bereits im März 2003 rechtskräftig abgewiesen wurde und der anschließend - nach den nicht wirksam bekämpften Feststellungen im angefochtenen Bescheid - eine Scheinehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen eingegangen ist, im Hinblick auf die dadurch in entscheidender Weise bewirkte Relativierung der während des (bis zur Bescheiderlassung) etwas mehr als fünfjährigen Aufenthalts erlangten Integration kein Erfolg beschieden gewesen. Demnach hatte gemäß den §§ 47 ff VwGG ein Kostenzuspruch an den Bund zu erfolgen, wobei sich die Höhe nach der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 richtet.
Wien, am 29. September 2009
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