VwGH 2008/21/0031

VwGH2008/21/003118.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des E, vertreten durch Mag. Bernd Wurnig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Raubergasse 27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 4. September 2007, Zl. 2 F 193-2007, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen ägyptischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Sie stellte fest, dass der Beschwerdeführer im Mai 2004 einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung gem. § 7 (4) Ziff. 1 FrG 1997" gestellt habe, dem stattgegeben worden sei. In der Folge sei die Aufenthaltserlaubnis verlängert worden. Am 22. April 2006 habe der Beschwerdeführer die österreichische Staatsangehörige B. geheiratet und - unter Berufung darauf - die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Familienangehöriger" beantragt. Am 21. November 2006 sei ihm ein entsprechender Aufenthaltstitel, gültig bis zum 21. November 2007, erteilt worden. Allerdings sei ein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8 EMRK mit B., die sich nur gegen Entgelt zum formellen Abschluss einer Ehe bereit erklärt habe, weder beabsichtigt noch geführt worden.

Der Beschwerdeführer habe sich zur Eheschließung, was aus der letztlich geständigen Verantwortung der B. hervorgehe, überdies eines gewerbsmäßigen Vermittlers von Scheinehen bedient. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 18. April 2007 seien deshalb der erwähnte Vermittler (nach § 106 Abs. 1 und § 117 Abs. 3 FPG) sowie B. (nach § 117 Abs. 2 FPG) bestraft worden. B. sei mit einem anderen Mann liiert, von dem sie ein Kind erwarte. Die Ehe mit dem Beschwerdeführer sei mit Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-West vom 12. April 2007 (rechtskräftig seit 15. Juni 2007) geschieden worden. Im Hinblick auf diese Lebensumstände sowie die geständige Verantwortung der B. im erwähnten Strafverfahren, die mit ihrer Aussage im vorliegenden Verfahren übereinstimme, sei die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers, der eine Liebesheirat behaupte, widerlegt.

Damit sei der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG verwirklicht. Das Eingehen einer Ehe lediglich zur Erlangung eines Aufenthaltstitels und zur Ermöglichung einer unselbständigen Berufstätigkeit in Österreich stelle einen Rechtsmissbrauch dar, der die öffentliche Ordnung (das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen) erheblich beeinträchtige. Auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers sei die Annahme gerechtfertigt, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, also diesen öffentlichen Interessen zuwiderlaufe.

Dem Beschwerdeführer sei infolge seines Aufenthaltes, der bis zum Jahr 2006 jedoch nur Ausbildungszwecken und damit einer zeitlich begrenzten Zielsetzung gedient habe, sowie durch Berufstätigkeiten in Graz und Wien ein gewisses Maß an Integration zuzubilligen. Dem stehe jedoch die dargestellte Gefährdung des öffentlichen Interesses auf dem Gebiet des Fremdenrechts gegenüber, dem ein hoher Stellenwert zukomme. Das Aufenthaltsverbot sei daher iSd § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten und nach Abwägung der gegenläufigen Interessen nach § 66 Abs. 2 FPG zulässig. Mangels besonderer zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe auch keine Veranlassung bestanden, von dem der Behörde eingeräumten Ermessen zu seinen Gunsten Gebrauch zu machen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt die Beschwerde darin, dass die belangte Behörde die Einvernahme der beiden vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 23. Juli 2007 genannten Zeugen unterlassen habe.

Dem ist zu entgegnen, dass der genannte Beweisantrag nur allgemein "eine reine Liebesheirat" behauptet, als Beweisthema aber keine konkreten Tatsachen anführt, deren Vorliegen durch die Einvernahme der genannten Zeugen erwiesen werden sollte. Dementsprechend wird auch in der Beschwerde nicht dargelegt, welche Feststellungen ergänzende Beweisaufnahme konkret ermöglicht hätten. Es fehlt daher jedenfalls die Dartuung einer Relevanz des Unterbleibens der Zeugenbefragung für den Ausgang des Verfahrens.

Weiters wendet sich der Beschwerdeführer gegen die das Vorliegen einer Scheinehe bejahende Beweiswürdigung der belangten Behörde. Er argumentiert mit seiner eigenen Aussage als Partei und damit, dass er bereits vor der Eheschließung mit B. über Aufenthaltstitel verfügt habe. Weiters verweist er darauf, dass auch B. bei ihrer ersten Befragung eine Liebesheirat mit ihm eingeräumt und dass sie sich erst in der Folge von ihm getrennt habe.

Damit gelingt es der Beschwerde jedoch nicht, eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen. Der Verwaltungsgerichtshof hegt - im Rahmen der ihm insoweit zukommenden (eingeschränkten) Prüfungsbefugnis - nämlich keine Bedenken dagegen, dass die belangte Behörde mit ausführlicher Begründung, insbesondere der Aussage der B. vom 18. Dezember 2006, gefolgt ist, während sie seine eigene Verantwortung als unglaubwürdig erachtet hat. Soweit der Beschwerdeführer auf früher erteilte Aufenthaltstitel zu Studienzwecken verweist, ergibt sich nämlich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten, dass er weder den Nachweis von Deutschkenntnissen erbringen, noch irgendwelche universitären Prüfungen ablegen konnte. Er musste daher, allein gestützt auf diesen Rechtsgrund, von einem baldigen Ende seines zulässigen Aufenthaltes im Bundesgebiet ausgehen.

Der Umstand der Inanspruchnahme eines gewerbsmäßigen Vermittlers von Aufenthaltstehen ergibt sich aus dem Inhalt des erwähnten Verfahrens des Landesgerichtes für Strafsachen Graz. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang kein plausibler Grund ersichtlich, der B. dazu hätte veranlassen sollen, unrichtige Angaben zu machen, die schließlich zu ihrer eigenen rechtskräftigen Verurteilung im genannten Strafverfahren führten.

Auf Basis der getroffenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides bestehen keine Zweifel an der Verwirklichung des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG. Hieraus folgt eine schwere Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, sodass die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Prognosebeurteilung gerechtfertigt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2008/21/0148, mwN).

Gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) genannten Ziele dringend geboten ist. Ein Aufenthaltsverbot darf gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Integration in Österreich nicht als so maßgeblich zu werten, dass die Beurteilung der belangten Behörde nach § 66 iVm § 60 Abs. 6 FPG rechtswidrig wäre. Der - nur zuletzt auf Dauer angelegte - inländische Aufenthalt des Beschwerdeführers, seine mittlerweile begonnene Berufstätigkeit und seine sozialen Bindungen fallen nämlich nicht entscheidend ins Gewicht, beruhen diese Umstände letztlich doch gerade auf der (missbilligten) Berufung auf die Scheinehe (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2008, Zl. 2008/21/0437, mwN).

Auch unter dem Gesichtspunkt der Ermessensübung ist keine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 18. Februar 2009

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