VwGH 2008/17/0081

VwGH2008/17/008128.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerden der B AG in Wien, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 17. März 2008, Zl. FMA-VU160.040/0001-VPR/2007, in der Fassung des Bescheides vom 31. März 2008, Zl. FMA-VU160.040/0001-VPR/2008, betreffend Aufträge nach Versicherungsaufsichtsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

VAG 1978 §1;
VAG 1978 §3 Abs3;
VAG 1978 §1;
VAG 1978 §3 Abs3;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.392,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. März 2008 wurde der beschwerdeführenden Partei, die die Konzession gemäß § 4 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) u.a. für den Zweig 19 (Leben) und Zweig 21 (fondsgebundene und indexgebundene Lebensversicherung) nach Anlage A (zu § 4 Abs. 2) zum VAG besitzt, gemäß § 104 Abs. 1 VAG der Auftrag erteilt, den Abschluss von Verträgen zu drei konkret genannten Tarifen "sowie gleichartigen Tarifen" ab 15. April 2008 zu unterlassen. Mit dem ebenfalls in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 31. März 2008 wurde der genannte angefochtene Bescheid vom 17. März 2008 hinsichtlich des Zeitpunkts, ab dem die behördliche Anordnung zu befolgen ist, abgeändert.

1.2. Die Aufträge beziehen sich auf zwei fondsgebundene Lebensversicherungen und eine Mischform zwischen klassischer und fondsgebundener Lebensversicherung, wobei sowohl Verträge für Versicherungen gegen Einmalerlag als auch gegen laufende Prämienzahlung vorgesehen waren.

Die für den Ablebensfall vorgesehene Leistung wurde im Allgemeinen Teil der Vertragsbedingungen (im Beschwerdefall Geschäftspläne genannt) übereinstimmend wie folgt umschrieben:

"Im Ablebensfall wird die Deckungsrückstellung zuzüglich des Mindestrisikokapitals fällig, mindestens jedoch die Mindesttodesfallsumme. Das Mindestrisikokapital beträgt 5 % der Mindesttodesfallsumme."

Die Geschäftspläne der drei Tarife sahen jeweils unter Punkt "3. Summenbegrenzungen, Punkt 3.3. Mindestleistungen" vor, dass die Mindesttodesfallsumme bei Verträgen mit laufender Prämienzahlung 10 % der Prämiensumme und bei Einmalprämie 100 % der Prämiensumme betrage.

Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass die beschwerdeführende Partei zwar zum Vertrieb der Vertragsversicherungen der Sparten, für die sie die Konzession besitze, berechtigt sei, aber keine versicherungsfremden Geschäfte betreiben dürfe (§ 3 Abs. 3 VAG).

Der Begriff des Versicherungsgeschäfts sei nicht gesetzlich definiert. Nach deutscher Rechtsprechung (Hinweis auf zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts) liege ein Versicherungsgeschäft vor, wenn gegen Entgelt für den Fall eines ungewissen Ereignisses bestimmte Leistungen übernommen würden, wobei das übernommene Risiko auf eine Vielzahl durch die gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt werde, der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahl beruhende Kalkulation zu Grunde liege und diese Vereinbarung nicht einen unselbstständigen Bestandteil eines anderen Geschäfts darstelle. Auch in der Literatur werde der Begriff des Versicherungsgeschäfts ähnlich definiert. Jabornegg (in FS Frotz) definiere Versicherung als eine "wirtschaftliche Organisation, die den durch ungewisse und nicht oder schwer vermeidbare Ereignisse verursachten, in Störungen der Wirtschaftspläne Einzelner bestehenden (schutzwürdigen) Bedarf nach dem Gesetz der großen Zahl unter Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeitsregeln ganz oder teilweise dadurch deckt, dass den Betroffenen gegen Entgelt selbstständige Rechtsansprüche auf Bedarf deckende Leistungen eingeräumt werden". Es entspreche daher dem Begriff und dem Wesen einer Versicherung, dass ihr ein Element der Gefahr (Risikos, ungewissen Ereignisses) immanent sei. Für dieses gelte es einen Risikoausgleich nach dem Prinzip der großen Zahl zu finden. Das Risiko liege darin, dass das Versicherungsunternehmen bei Eintritt des Versicherungsfalles zur Erbringung einer bestimmten Leistung verpflichtet sei. Der Versicherungsfall könne beispielsweise im Ableben des Versicherten liegen (Hinweis auf Baran, VAG3, Anm 1 zu § 1).

Auch im Fall einer Lebensversicherung bzw. einer fondsgebundenen Lebensversicherung sei es zwingend erforderlich, dass ein von der Versichertengemeinschaft (über den Tarif) zu tragendes Risiko vorliege. Das Betreiben von Geschäften, die kein ausreichendes Risiko aufwiesen und daher nicht als Versicherung qualifiziert werden könnten, sei Versicherungsunternehmen - mit zwei Ausnahmen, nämlich dem Tontinengeschäft und dem Kapitalisierungsgeschäft - grundsätzlich untersagt.

Mit näherer Begründung wird das Vorliegen dieser beiden Ausnahmen bei den in Rede stehenden Vertragsmodellen verneint.

Bei fondsgebundenen Versicherungsprodukten handle es sich um Versicherungsprodukte, bei denen das Veranlagungsrisiko den Versicherungsnehmer und nicht das Versicherungsunternehmen treffe. Der Versicherungsnehmer erwerbe durch seine Prämie eine bestimmte Zahl von Anteilen an einem Sondervermögen, also einem oder mehreren Fonds, das aus Wertpapieren bestehe. Je nach Wertentwicklung der Summe der im Fonds enthaltenen Papiere schwanke der Wert der Fondsanteile.

Bei Eintritt des Versicherungsfalles hänge es vom Wert der bestehenden Anteilsrechte an der Vermögensmasse ab, welche Auszahlung vom Versicherungsunternehmen an den Versicherungsnehmer erbracht werden könne. Denn die Fondsentwicklung sei dafür maßgeblich, wie sich die Deckungsrückstellung jedes Versicherungsnehmers entwickle, die dem Versicherungsnehmer im Ablebensfall zu erstatten sei. Bei der Deckungsrückstellung handle es sich um die veranlagten Prämien der Versicherungsnehmer, aus denen im Leistungsfall die Leistungen an die Versicherungsnehmer finanziert würden. Im Falle laufender Prämienzahlung baue sich die Deckungsrückstellung laufend aus den Prämien der einzelnen Versicherungsnehmer auf, im Fall von Einmalerlagprodukten sei die Deckungsrückstellung gleich von Vertragsbeginn an sehr hoch, da hier die Prämien zu Beginn entrichtet würden und vom Einmalerlag bloß die zu Beginn des Vertrages anfallenden Kosten abzuziehen seien. Träfe das Versicherungsunternehmen im Ablebensfall außer der Pflicht zur Rückerstattung des für das Ausmaß der Deckungsrückstellung maßgeblichen Werts der Fondsanteile im Zeitpunkt des Ablebens keine darüber hinaus gehende Verpflichtung zur Erbringung einer (Mindest-)Leistung, hätte der Versicherungsnehmer wie bei einer reinen Veranlagung in Fonds das volle Risiko der Wertentwicklung des Fonds zu tragen; das Versicherungsunternehmen übernähme kein Risiko. Die Versicherungsunternehmen seien daher bei fondsgebundenen Lebensversicherungen dazu verpflichtet, eine garantierte Mindestleistung zu erbringen. Hierin liege der Unterschied zu einem bloßen Kapitalanlagefonds. Bei dem vom Versicherungsunternehmen zu tragenden Risiko müsse es sich um ein maßgebliches Risiko handeln. Ein Risiko sei dann maßgeblich, wenn in einem Versicherungsprodukt ein Mindestrisikokapital zumindest in Höhe von 5 % der Deckungsrückstellung enthalten sei. Hiezu wird auf das Rundschreiben der FMA vom 12. Dezember 2006 verwiesen. Dies wäre beispielsweise erfüllt, wenn 105 % des aktuellen Werts des der fondgebundenen Lebensversicherung zu Grunde liegenden Vermögenswertes zur Auszahlung kämen.

Ein maßgebliches Risiko sei nach Ansicht der belangten Behörde daher dann gegeben, wenn über die gesamte Laufzeit zusätzlich zur Deckungsrückstellung ein Prozentsatz von 5 % der Deckungsrückstellung zur Auszahlung komme. Dies gelte sowohl für Verträge mit laufender Prämienzahlung als auch für Einmalerlagsverträge. In diesem Fall sei über die gesamte Laufzeit des einzelnen Versicherungsvertrages bis zum Eintritt des Ablebensfalles hinweg ein maßgebliches Risiko vorhanden.

Alternativ zu dem genannten Mindestrisikokapital könne das Mindestrisikokapital aber auch als ein Prozentsatz von der Einmalprämie oder der Prämiensumme berechnet werden. In diesem Fall müsse aber gewährleistet sein, dass (wenigstens im Durchschnitt über die zu Vergleichszwecken betrachtete Vertragslaufzeit und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit) der Versicherungsvertrag mindestens ein Risikokapital von 5 % der Deckungsrückstellung enthalte.

Das Ausmaß des Mindestrisikokapitals bei Berechnung anhand des Einmalerlags bzw. der Prämiensumme müsse daher im Durchschnitt über die betrachtete Laufzeit eines Vertrags bis zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles zumindest gleich sein wie es bei Betrachtung derselben Laufzeit, aber bei Berechnung an Hand der Deckungsrückstellung, gegeben wäre. Eine derartige Gleichwertigkeit sei nach den Berechnungen der belangten Behörde dann gegeben, wenn es sich um einen Prozentsatz von 10 % des Einmalerlags bzw. einen Prozentsatz von 5 % der Prämiensumme bei laufenden Prämien handle.

Die belangte Behörde legt sodann ihre Berechnung, wann eine Äquivalenz des verschieden berechneten Mindestrisikokapitals gegeben sei, detailliert dar (Nr. 25 ff des erstangefochtenen Bescheids). Demnach ist die belangte Behörde insbesondere davon ausgegangen, dass der "heutige Wert des vom Versicherungsunternehmen getragenen einzelvertraglichen Risikos" zu berechnen sei, und hat hiebei Laufzeiten von 15, 25 und 35 Jahren zu Grunde gelegt. Weiters hat sie angenommen, dass Investitionen in Fonds durch Kauf eines fiktiven Underlyings geschähen, dessen Wertentwicklung durch eine geometrische Brown'sche Bewegung (mit einer jährlichen Volatilität von 0,1 und einer Drift von 0,04) gegeben sei, und die ermittelten Risikokapitalien gewichtet (mit der Sterbewahrscheinlichkeit multipliziert). Bei der Drift handle es sich um den durchschnittlich erwarteten Wert der Fondsperformance, der mit einem Zinssatz von 4 % angenommen werde. In diesem Zusammenhang entgegnet die belangte Behörde auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie schließe fondsgebundene Lebensversicherungsverträge mit Einmalerlag nur mit einer Laufzeit von 10 Jahren ab, dass der Geschäftsplan eine solche Einschränkung nicht enthalte und die belangte Behörde die Geschäftspläne im Hinblick auf alle zulässigen Ausgestaltungsvarianten zu prüfen habe.

Nach diesen Ausführungen zum Vergleich eines Mindestrisikokapitals bei Berechnung anhand der Deckungsrückstellung mit jenem bei Berechnung anhand der Prämiensumme bzw. des Einmalerlags wird ausgeführt, dass dem Einwand der Beschwerdeführerin, dass in der vorgenommenen Berechnung nicht die durchschnittlichen Risikokapitalien miteinander verglichen worden seien, sondern die Risikoprämien, nicht gefolgt werden könne. Die Beschwerdeführerin scheine bei ihren Annahmen davon auszugehen, dass nur bei "Risikoprämien" die Sterbewahrscheinlichkeiten berücksichtigt würden, nicht hingegen beim "durchschnittlichen Risikokapital". Dies sei jedoch nicht der Fall. Nur wenn bei der Berechnung des durchschnittlichen Risikokapitals die Sterbewahrscheinlichkeiten berücksichtigt würden, erfolge eine versicherungsmathematisch korrekte Berechnung. Würden in weiterer Folge aus dem anhand der Sterbewahrscheinlichkeiten ermittelten Mindestrisikokapital die Risikoprämien, die die Versicherungsnehmer zur Finanzierung des Mindestrisikokapitals erbringen müssten, ermittelt, so sei auch in dieser Berechnung der Risikoprämien die Sterbewahrscheinlichkeit mitberücksichtigt.

Aus den Berechnungen der belangten Behörde ergebe sich nicht, dass - wie dies die Beschwerdeführerin vorbringe - das Risiko am Ende der Laufzeit zwingend am höchsten sei. Dies gelte nur für den Fall, dass das Mindestrisikokapital als Prozentsatz der Deckungsrückstellung berechnet werde und zur Deckungsrückstellung hinzugezählt werde.

Vielmehr könne, da die belangte Behörde auch ein äquivalentes Mindestrisikokapital für zulässig erachte, das Risiko in der Tarifgestaltung so über die gesamte Laufzeit verteilt werden, dass das Risiko am Ende der Laufzeit nicht am höchsten sei. Bei Heranziehen der Berechnungsgrundlage der Prämiensumme bzw. des Einmalerlags werde von einer gleich bleibenden Bemessungsgrundlage ausgegangen, die auch der Höhe nach nicht schwanke, sodass der Ablebensschutz zu jedem möglichen Zeitpunkt der Auszahlung gleich hoch sei.

Es seien nach Ansicht der belangten Behörde Konstellationen denkbar, in denen auch eine über die gesamte Laufzeit garantierte Mindesttodesfallsumme einem Prozentsatz von 5 % der Deckungsrückstellung äquivalent sein könne. Auch in diesem Fall könne es sich bei dem vom Versicherungsunternehmen zu tragenden Risiko um ein von der belangten Behörde verlangtes maßgebliches Risiko handeln. Dies ändere aber an der Beurteilung der gegenständlichen Geschäftspläne nichts, denn auch dieses Kriterium sei nicht als erfüllt anzusehen.

Für die vorliegende Rechtsfrage, ob das angebotene Produkt alle für eine Lebensversicherung erforderlichen Merkmale enthalte, sei es irrelevant, ob - wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht - ein Bedarf des Kunden an zusätzlicher Risikodeckung bei positiver Wertentwicklung des Fonds bestehe oder nicht (die Beschwerdeführerin hatte im Verfahren vorgebracht, dass bei einer Berechnung des Mindestrisikokapitals in einem Prozentsatz der dem Versicherungsvertrag zugeordneten Vermögenswerte (in Höhe von 5 %) bei niedrigem Wertstand des Deckungsstockes die zusätzliche Ablebensrisikosumme unerheblich sei und nicht ausreiche, den Kapitalverlust zu verhindern, bei hohem Wertstand des Deckungsstockes aber eine ungewollte zusätzliche Ablebensdeckung bedeute, die in diesem erheblichen Ausmaß mitversichert werden müsse). Für die Qualifikation als Versicherungsprodukt genüge es nicht, dass dem Kunden allein gewährleistet werde, dass er keinen Kapitalverlust erleide. Denn ein fondsgebundenes Lebensversicherungsprodukt diene nicht allein dazu, dem Versicherungsnehmer eine bloße Absicherung für sein Kapital zu bieten. Vielmehr müsse das Versicherungsunternehmen ein vom Veranlagungsrisiko - weitgehend - unabhängiges Risiko tragen, um zulässiges Versicherungsgeschäft zu betreiben.

Eine bloße Kapitalabsicherung könne unter dem Zweig 23 der Anlage A zum VAG als Kapitalisierungsgeschäft angeboten werden; für dieses nach dem VAG zulässige Nicht-Versicherungsgeschäft fehle der Beschwerdeführerin jedoch (ebenso wie für das Tontinengeschäft) die Konzession.

Zu dem Argument der Beschwerdeführerin, die Anforderung der belangten Behörde an das Mindestrisikokapital führe zu höheren Prämien für die Versicherungsnehmer, entgegnet die belangte Behörde, dass das von ihr aufgestellte Erfordernis nur zu einer geringfügigen Anhebung der Prämien führe. Aus der herrschenden Meinung zur Frage, wann eine Versicherung vorliege, ergebe sich jedoch, dass "darin ein Risiko enthalten sein muss". Dieses könne aber nur finanziert werden, wenn von den Kunden eine dem Risiko entsprechende Risikoprämie eingehoben werde.

Zum Argument des Wettbewerbsnachteils der Beschwerdeführerin gegenüber ausländischen Unternehmen, die Lebensversicherungsprodukte ohne Mindestrisikokapital in der von der belangten Behörde geforderten Form in Österreich anbieten und verkaufen dürften, wird darauf hingewiesen, dass keine europarechtliche Vorschrift es den Mitgliedstaaten untersage, Kriterien für die einzelnen Versicherungsprodukte aufzustellen, deren Erfüllung sie für die Qualifikation eines Produkts als Produkt der fondsgebundenen Lebensversicherung für erforderlich hielten. Die belangte Behörde verstehe die Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen nicht so, dass es einem Mitgliedstaat untersagt wäre, von Versicherungsunternehmen bei Versicherungsprodukten die Übernahme eines (Versicherungs-)Risikos zu verlangen. Dies würde im Übrigen schon dem Begriff Versicherung nicht gerecht. Die konkrete Ausgestaltung der tariflichen Anforderungen über Inhalt und Gliederung der versicherungsmathematischen Grundlagen sei als Teil der Finanzaufsicht allein Kompetenz der Herkunftslandbehörde.

Bei Verträgen mit laufender Prämienzahlung betrage das mit 5 % der Mindesttodesfallsumme festgelegte Mindestrisikokapital, wobei die Mindesttodesfallsumme mit 10 % der Prämiensumme festgelegt sei, nur 0,05 der Prämiensumme, statt 5 % der Prämiensumme bzw. 5 % der Deckungsrückstellung. Bei Einmalerlägen betrage das mit 5 % der Mindesttodesfallsumme festgelegte Mindestrisikokapital, wobei die Mindesttodesfallsumme mit 100 % der Prämiensumme festgelegt sei, 5 % des Einmalerlags statt 10 % des Einmalerlags bzw. statt 5 % der Deckungsrückstellung.

Dass das von der Beschwerdeführerin vorgesehene Mindestrisikokapital nicht den Vorgaben der belangten Behörde entspreche, ergebe sich aus den dem Bescheid beigelegten und einen integrierenden Bestandteil des Bescheids bildenden versicherungsmathematischen Gutachten "Berechnung 1" und "Berechnung 2".

Die von der belangten Behörde vorgegebene Höhe des Mindestrisikokapitals gelte als Vorgabe für die Ausgestaltung aller Geschäftspläne sämtlicher Versicherungsunternehmen und nicht nur für die Tarife der Beschwerdeführerin. Die Vorgabe gelte überdies für alle nach den eingereichten Geschäftsplänen zulässigen Ausgestaltungsvarianten, unabhängig von der tatsächlichen Ausgestaltung der einzelnen Verträge. Es sei daher irrelevant, wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, fondsgebundene Lebensversicherungsverträge mit Einmalerlag nur mit 10jähriger Laufzeit abzuschließen.

Hinsichtlich der "Kosten in den von der FMA angestellten Berechnungen" sei es "für das Erreichen einer konsistenten Handhabung der Erfordernisse im Hinblick auf das Mindestrisikokapital für die FMA notwendig, von einer vereinfachten Kostenannahme auszugehen". Die belangte Behörde sei bemüht gewesen, durch das Rundschreiben eine einheitliche Mindestanforderung hinsichtlich des Mindestrisikokapitals zu formulieren.

Der Überlegung der Beschwerdeführerin, dass bei dem von der belangten Behörde verlangten Mindestrisikokapital die fondsgebundene Lebensversicherung einen deutlich höheren Ablebensschutz aufweise als eine klassische Lebensversicherung, könne nicht gefolgt werden.

Es werde dabei übersehen, dass die sogenannte klassische Lebensversicherung "bereits andere Risikoelemente" enthalte, die der fondsgebundenen Lebensversicherung fehlten. Die Versicherungsnehmer treffe bei der klassischen Lebensversicherung einerseits das Veranlagungsrisiko, andererseits werde ihnen ein garantierter Zinssatz gewährt. Es liege daher schon auf Grund dieser Elemente ein ausreichendes Versicherungsrisiko vor.

Die belangte Behörde bestreite nicht, dass - wie die Beschwerdeführerin vorbringe - eine nach versicherungsmathematischen, fundierten Grundsätzen ermittelte Risikoprämie kalkuliert werde, in der jeder Versicherte seinen Beitrag für eine Leistung aufbringe, die nach den der Lebensversicherung eigenen Regeln des Solidaritätsprinzips finanziert werde. Sie ordne den Begriff der Solidarität aber eher der Sozialversicherung zu. Denn nur mit einer versicherungsmathematisch korrekten Kalkulation von Risikoprämien sei sichergestellt, dass das von einem Versicherungsunternehmen für den Fall des Ablebens zu tragende Risiko - und damit die im Ablebensfall zu erbringenden (Mindest-)Leistungen an die Versicherungsnehmer - auch finanziert werden könnten.

Die belangte Behörde stellte des weiteren zu einer Reihe von Beweisanträgen der Beschwerdeführerin, denen keine Folge gegeben worden war, fest, dass diese zur Feststellung des relevanten Sachverhalts nichts hätten beitragen können. Rechtlich ausschlaggebend sei einzig, dass das von der Beschwerdeführerin vorgesehene Mindestrisikokapital nicht den Vorgaben der belangten Behörde entspreche.

Zu weiteren Einwänden der beschwerdeführenden Partei sowie zum geltend gemachten Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Anbietern entgegnet die belangte Behörde, dass sie der beschwerdeführenden Partei den Abschluss von Verträgen zu den in Rede stehenden Tarifen untersagen müsse, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu gewährleisten.

1.3. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 18. Oktober 1978 über den Betrieb und die Beaufsichtigung der Vertragsversicherung (Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG), BGBl. Nr. 569/1978, lauteten auszugsweise (§ 1 in der Fassung BGBl. I Nr. 107/2007, § 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2007, § 20 in der Fassung BGBl. I Nr. 93/2005 und § 104 in der Fassung BGBl. Nr. 70/2004):

"§ 1. (1) Unternehmen, die ihren Sitz im Inland und den Betrieb der Vertragsversicherung zum Gegenstand haben (inländische Versicherungsunternehmen) unterliegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Soweit sich aus den einzelnen Bestimmungen nicht ausdrücklich anderes ergibt, gelten sie für das gesamte von diesen Unternehmen betriebene Geschäft.

(2) Unternehmen, die ihren Sitz im Ausland und den Betrieb der Vertragsversicherung zum Gegenstand haben (ausländische Versicherungsunternehmen), unterliegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, soweit Versicherungsverträge im Inland abgeschlossen werden oder für sie im Inland geworben wird (Betrieb im Inland). Ein Versicherungsvertrag gilt als im Inland abgeschlossen, wenn die Willenserklärung, die für das Zustandekommen des Versicherungsvertrages den Ausschlag gibt, im Inland abgegeben wird. Ein Versicherungsvertrag mit Personen, die im Inland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, gilt jedenfalls als im Inland abgeschlossen, wenn der Vertrag mit in welcher Form auch immer erfolgter Beteiligung eines beruflichen Vermittlers oder Beraters abgeschlossen worden ist. Dies gilt nicht für Rückversicherungsverträge oder wenn das Risiko nicht gemäß § 2 Z 2 des Bundesgesetzes über internationales Versicherungsvertragsrecht für den Europäischen Wirtschaftsraum, BGBl. Nr. 89/1993, im Inland belegen ist.

…"

"§ 3. …

(3) Versicherungsunternehmen dürfen außer der Vertragsversicherung nur solche Geschäfte betreiben, die mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Dies können insbesondere die Vermittlung von Bausparverträgen, von Leasingverträgen, von Investmentfondsanteilen und die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der automatischen Datenverarbeitung sowie der Vertrieb von Kreditkarten sein. Bei Versicherungsunternehmen, die ausschließlich das Rückversicherungsgeschäft betreiben, kann das Halten und Verwalten von Beteiligungen an einem untergeordneten Unternehmen der Finanzbranche im Sinn des Art. 2 Abs. 8 der Richtlinie 2002/87/EG (ABl. Nr. L 35 vom 11. Februar 2003, Seite 1) in unmittelbarem Zusammenhang mit der Vertragsversicherung stehen."

"§ 20. (1) In der Höhe des Deckungserfordernisses mit Ausnahme des in Rückversicherung übernommenen Geschäfts ist ein Deckungsstock zu bilden, der gesondert vom übrigen Vermögen zu verwalten ist.

(2) Je eine gesonderte Abteilung des Deckungsstocks, auf die

die Bestimmungen über den Deckungsstock gesondert anzuwenden sind,

ist einzurichten

1. für die Lebensversicherung, soweit sie nicht unter

Z 2 bis 5 fällt,

2. für die betriebliche Kollektivversicherung (§ 18f),

3. für die fondsgebundene Lebensversicherung mit

Ausnahme der Prämienüberträge, der Rückstellung für noch nicht

abgewickelte Versicherungsfälle und der zusätzlichen

versicherungstechnischen Rückstellungen für garantierte

Mindestleistungen,

4. für die indexgebundene Lebensversicherung mit

Ausnahme der Prämienüberträge, der Rückstellung für noch nicht

abgewickelte Versicherungsfälle und der zusätzlichen

versicherungstechnischen Rückstellungen für garantierte

Mindestleistungen,

5. für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge gemäß

§§ 108g bis 108i EStG 1988, soweit sie nicht einer anderen

Deckungsstockabteilung zuzuordnen ist,

6. für die Krankenversicherung,

7. für die übrigen Versicherungszweige, für die eine

Deckungsrückstellung zu bilden ist.

…"

"Deckungsrückstellung

81k. (1) Die Deckungsrückstellung ist in der Lebensversicherung, in der Krankenversicherung und in allen anderen Versicherungszweigen, soweit diese nach Art der Lebensversicherung betrieben werden, für jeden Versicherungsvertrag einzeln zu berechnen. Die Anwendung von anerkannten statistischen oder mathematischen Methoden ist zulässig, wenn davon auszugehen ist, dass diese zu annähernd den gleichen Ergebnissen führen wie die Einzelberechnungen.

(2) Die Deckungsrückstellung umfasst in der Lebensversicherung und in der Unfallversicherung, die nach Art der Lebensversicherung betrieben wird, den versicherungsmathematisch errechneten Wert der Verpflichtungen des Versicherungsunternehmens einschließlich der bereits zugeteilten und der zugesagten Gewinnanteile und einer Verwaltungskostenrückstellung abzüglich der Summe der Barwerte der künftig eingehenden Prämien. Bei der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge gemäß §§ 108g bis 108i EStG 1988 umfasst die Deckungsrückstellung auch Rückstellungen für Kapitalanlagerisiken, soweit diese über die Kapitalanlagerisiken der Lebensversicherung, deren versicherungstechnische Rückstellungen im Deckungsstock gemäß § 20 Abs. 2 Z 1 bedeckt sind, hinausgehen. Die FMA kann mit Verordnung die Voraussetzungen, unter denen solche zusätzliche Rückstellungen zu bilden sind, sowie die erforderliche Höhe dieser Rückstellungen festsetzen; dabei können insbesondere die Mindestbindefrist, die Höhe des Rechnungszinssatzes, die Ertragserwartung der Vermögenswerte, die Volatilität der Vermögenswerte und die Art der Gewinnzuteilung herangezogen werden.

(3) Versicherungstechnisch entstehende negative Deckungskapitalien sind auf Null zu setzen.

(4) Die Berechnung der Deckungsrückstellung ist nach anerkannten versicherungsmathematischen Methoden vorzunehmen."

"Anordnungen der FMA

§ 104. (1) Die FMA hat zur Wahrung der Interessen der Versicherten alle Anordnungen zu treffen, die erforderlich und geeignet sind, um den Geschäftsbetrieb mit den für den Betrieb der Vertragsversicherung geltenden Vorschriften und den anerkannten Grundsätzen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes von Versicherungsunternehmen in Einklang zu halten.

(2) Anerkannte Grundsätze eines ordnungsgemäßen

Geschäftsbetriebes im Sinn des Abs. 1 können insbesondere dadurch

verletzt werden, dass

1. Versicherten neben den Leistungen auf Grund des

Versicherungsvertrages unmittelbar oder mittelbar Zuwendungen

gewährt werden,

2. Versicherte durch das Leistungsversprechen des

Versicherers oder das vereinbarte Versicherungsentgelt ohne sachlichen Grund begünstigt werden.

(3) Anordnungen nach Abs. 1 können, wenn ihr Zweck es verlangt, außer an das Versicherungsunternehmen selbst auch an die Mitglieder des Vorstands, des Verwaltungsrats, die geschäftsführenden Direktoren, die Mitglieder der Geschäftsleitung oder an die das Versicherungsunternehmen kontrollierenden Personen gerichtet werden, Anordnungen nach Abs. 1 auch an Unternehmen, denen Teile des Geschäftsbetriebes übertragen wurden, und zwar unabhängig davon, ob gemäß § 17a die Übertragung der Genehmigung bedarf."

2.2. Die belangte Behörde hat ihren Auftrag gemäß § 104 Abs. 1 VAG zentral auf das Gebot des § 3 Abs. 3 VAG gestützt, demzufolge Versicherungsunternehmen keine versicherungsfremden Leistungen erbringen dürfen.

Ausgehend von der Feststellung, dass das VAG keine Definition des Versicherungsgeschäftes enthalte, und der in der Lehre vertretenen allgemeinen Begriffsbildung für den Versicherungsvertrag geht die belangte Behörde nicht nur davon aus, dass das Versicherungsunternehmen ein bestimmtes Risiko tragen müsse, sondern konkret auch davon, dass ein solches Risiko ein maßgebliches sein müsse. Ein solches maßgebliches Risiko liege nur vor, wenn in einem Versicherungsprodukt entweder ein Mindestrisikokapital im Durchschnitt über die Laufzeit zumindest in Höhe von 5 % der Deckungsrückstellung oder aber - bei Berechnung des Risikokapitals als Prozentsatz des Einmalerlags oder der Prämiensumme - von 10 % des Einmalerlags bzw. einen Prozentsatz von 5 % der Prämiensumme enthalten sei.

2.3. Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, dass die auf dieser Annahme basierende Anordnung insoweit einer gesetzlichen Grundlage entbehre und darüber hinaus auch nicht erforderlich im Sinne des § 104 VAG sei.

Die belangte Behörde verlange, dass die Beschwerdeführerin eine garantierte Mindestleistung zu erbringen habe, und gehe davon aus, die Maßgeblichkeit (des Risikos) sei nur bei einem Mindestrisikokapital in Höhe von 5 % der Deckungsrückstellung gegeben. Für das Erfordernis eines solchen Mindestrisikokapitals fehle jedoch jede Rechtsgrundlage. Die Rundschreiben, auf welche sich die belangte Behörde berufe, seien keine Rechtsquelle, weder das VAG, noch das Versicherungsvertragsgesetz oder die Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen verlangten ein Mindestrisikokapital. Das Erfordernis eines solchen Mindestrisikokapitals könne auch nicht aus dem Begriff der Versicherung bzw. des Versicherungsvertrages abgeleitet werden.

Das Erfordernis eines Mindestrisikokapitals in dem von der belangten Behörde verstandenen Sinn sei auch nicht im Interesse der Versicherungsnehmer gelegen.

Die Produktgestaltung der Beschwerdeführerin sei absolut marktüblich und werde seit 1995 in dieser Form angeboten. Bei Einführung der fondsgebundenen Lebensversicherung auf dem österreichischen Markt im Jahre 1993 sei vom Versicherungsverband ein Mustergeschäftsplan entwickelt worden, der bereits die Definition der Ablebensleistung anhand von Mindesttodesfallsumme und Mindestrisikokapital vorgesehen habe und das Mindestrisikokapital in Höhe von 5 % der Mindesttodesfallsumme festgelegt habe.

Es sei nicht erkennbar, ob und wie das von der belangten Behörde geforderte Mindestrisikokapital den Interessen der Versicherungsnehmer dienlich sein könne. Die versicherte Gemeinschaft könne durch ein geringes versichertes Risikokapital im Einzelfall in keiner Weise gefährdet werden.

Überdies verweist die Beschwerdeführerin auf Wettbewerbsnachteile, die sie gegenüber Mitbewerbern aus anderen EU-Mitgliedstaaten erleide, da es in anderen Ländern vergleichbare Produkte gebe.

2.4. Strittig ist im Beschwerdefall, ob die auf Grund der drei in Rede stehenden Tarife abzuschließenden Versicherungsverträge (noch) als Versicherungsverträge im Sinne des Gesetzes einzustufen sind, oder ob es sich dabei infolge eines zu geringen Risikos für die Beschwerdeführerin um versicherungsfremde Leistungen handelt.

Darüber hinaus wirft die Beschwerdeführerin auch die Frage auf, ob - ungeachtet eines allfälligen Fehlens der Eigenschaft der Verträge als Versicherungsverträge - die Erteilung des Auftrags nach § 104 VAG insoferne unzulässig gewesen sei, als sie nicht "zur Wahrung der Interessen der Versicherten" erforderlich gewesen sei.

2.5. Zum Erfordernis eines Mindestrisikokapitals und seiner Berechnung:

2.5.1. Der belangten Behörde ist zunächst dahin gehend zu folgen, dass das VAG zwar weder den Begriff des Versicherungsvertrages allgemein, noch jenen des Lebensversicherungsvertrages im Besonderen definiert, dass es aber - wie nicht zuletzt § 3 Abs. 3 VAG, der die Geschäftstätigkeit der Versicherungsunternehmen auf die "Vertragsversicherung" und "solche Geschäfte …, die mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehen" einschränkt, zeigt - gleichwohl eine Abgrenzung von Versicherungsverträgen von versicherungsfremden Geschäften erfordert. Wenn die belangte Behörde dabei in Übereinstimmung mit der Literatur (vgl. etwa Baran, VAG3 (2000), Anm. 1 zu § 1 VAG) davon ausgegangen ist, dass dem Versicherungsvertrag die Übernahme einer gewissen Risikoabsicherung inne wohnt, kann ihr grundsätzlich nicht entgegen getreten werden (vgl. für das deutsche Recht (§ 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen, Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG, in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992, BGBl. 1993 I S. 2) etwa Winter, Grenzlinien der Lebensversicherung: "insurable interest", biometrisches Risiko und Kapitalisierungsgeschäfte, Versicherungsrecht 2004, 8).

2.5.2. Auch die Beschwerdeführerin geht von einer solchen Begriffsbildung aus, bestreitet jedoch, dass sich daraus das Erfordernis eines Mindestrisikokapitals in der von der belangten Behörde angenommenen Weise ergebe.

Der belangten Behörde ist grundsätzlich zu folgen, wenn sie festgestellt hat, dass kein Versicherungsvertrag vorläge, träfe das Versicherungsunternehmen im Ablebensfall außer der Pflicht zur Rückerstattung des für das Ausmaß der Deckungsrückstellung maßgeblichen Werts der Fondsanteile im Zeitpunkt des Ablebens keine darüber hinaus gehende Verpflichtung zur Erbringung einer (Mindest-)Leistung.

Die hier gegenständlichen Tarife enthielten jedoch keine derartige Regelung, sondern sahen eine Ablebensleistung vor, die dem Versicherten jedenfalls die Auszahlung der eingezahlten Summe im Falle des Einmalerlags garantierten. Je nach Wertentwicklung des Deckungsstocks traf die beschwerdeführende Partei somit ein unterschiedlich hohes Risiko, welches im Verwaltungsverfahren auch näher rechnerisch dargestellt und insbesondere in Relation zu der (primär) von der belangten Behörde getroffenen Annahme eines Mindestrisikokapitals in Höhe von 5 % des Deckungsstocks gesetzt wurde. Trotz der umfangreichen und detaillierten Begründung des angefochtenen Bescheides geht die belangte Behörde auf diese Vergleichsrechnung im angefochtenen Bescheid letztlich nicht näher ein.

Dass die in Rede stehenden Geschäftspläne auf Grund der dem Bescheid angeschlossenen Berechnungen "Berechnung 1" und "Berechnung 2" nicht den Vorgaben der FMA entsprechen, mag zutreffen. Dass diese Nichtentsprechung rechtswidrig wäre, fußt jedoch auf den spezifischen Annahmen der belangten Behörde, die vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt werden.

2.5.3. Auf Grund der eingangs dargestellten Vertragsbedingungen waren jedenfalls der Wert des Anteils des Versicherten am Deckungsstock zuzüglich 5 % des Einmalerlags auszubezahlen, wobei bei ungünstiger Entwicklung des Deckungsstocks jedoch als Mindestsumme der Einmalerlag zu leisten war. Für das sich je nach Wertentwicklung des Deckungsstocks ergebende Risiko des Bestehens einer Differenz zwischen dem Wert des Anteils eines Versicherten im Ablebensfall und der Mindesttodesfallsumme war von der Beschwerdeführerin Vorsorge zu treffen.

Maßgebliche Rechtsfrage ist, ob die Annahme der belangten Behörde hinsichtlich der Höhe des von der Versicherung zu tragenden Risikos dem Gesetz entspricht.

2.5.4. Selbst wenn man der belangten Behörde dahin gehend folgen wollte, dass bei Berechnung des Mindestrisikokapitals an Hand der Deckungsrückstellung die von ihr angenommenen Prozentsätze die Maßgeblichkeitsgrenze im Sinne des VAG markieren, ergibt sich daraus noch nicht zwingend die von der belangten Behörde getroffene Zusatzannahme, wie bei einem Abstellen auf die Prämiensumme (bei laufender Zahlung) oder auf die Höhe des Einmalerlags die von ihr postulierte Äquivalenz zu berechnen sei.

Die Beschwerdeführerin hat der Annahme der belangten Behörde, das Mindestrisikokapital müsse "über die gesamte Laufzeit" oder "im Durchschnitt über die betrachtete Laufzeit eines Vertrags" vorliegen, die Definition eines Versicherungsvertrags nach IFRS Nr. 4, die gemäß § 80b VAG für Versicherungen relevant seien, entgegen gehalten. Aus diesen ergebe sich, dass ein versicherungstechnisches Risiko zu irgendeinem Zeitpunkt des Vertrages vorliegen müsse. Der angefochtene Bescheid lasse eine Begründung dafür vermissen, warum eine Verteilung über die gesamte Laufzeit oder ein bestimmtes Risiko bei einer Durchschnittsbetrachtung über die gesamte Laufzeit vorliegen müsse.

Die belangte Behörde hat (sowohl im ergänzenden Rundschreiben vom Dezember 2006 als auch, was im Beschwerdefall entscheidend ist, im angefochtenen Bescheid) auch die Möglichkeit einer von der im Rundschreiben vom 12. Dezember 2006 abweichenden Berechnung der Höhe des Mindestrisikokapitals eingeräumt. Dabei hat sie zwar in ihrer Begründung für ihre Auffassung auf Baran, VAG, § 20 Anm. 6, hingewiesen, zusätzlich aber angenommen, dass auch bei einer solchen abweichenden Berechnung ein maßgebliches Risiko nur dann vorliege, wenn dieses jenem entspreche, das gegeben sei, wenn bei Berechnung anhand der Deckungsrückstellung über die gesamte Laufzeit 5 % der Deckungsrückstellung als Mindestrisikokapital zur Auszahlung komme.

Dazu ist zunächst zu bemerken, dass nach Baran a.a.O. die "garantierte Mindestleistung, die auch dann zu erbringen ist, wenn im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls der Anteil des Versicherten ihren Betrag nicht erreicht", das wesentliche Merkmal, das die fondsgebundene Lebensversicherung von einem Kapitalanlagefonds unterscheide, ist. Darüber hinausgehende Erfordernisse (im Sinne einer bestimmten Höhe des Risikos der Versicherung) sind den Ausführungen Barans jedoch nicht zu entnehmen (ähnlich Winter, a.a.O., Punkt II.3, der davon spricht, dass bei einem "zu geringen Risikoanteil" ein versicherungsfremdes Geschäft vorliege, die Grenze zwischen Lebensversicherungsverträgen und Nichtversicherungsverträgen aber "nicht immer leicht festzulegen" sei). Die belangte Behörde kann sich insoweit somit nicht auf diese Literaturmeinungen stützen (auch Baran, Österreichisches Versicherungsaufsichtsrecht, 2007, 62, bietet keine Grundlage für die Annahme einer bestimmten Höhe des Mindestrisikokapitals). Dem von Baran formulierten Kriterium, dass eine "Mindestleistung, die auch dann zu erbringen ist, wenn im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls der Anteil des Versicherten ihren Betrag nicht erreicht", zu erbringen sei, entsprechen auch die hier gegenständlichen Tarife.

Die belangte Behörde hat nicht näher dargelegt, worauf sich ihre Annahme hinsichtlich der Maßgeblichkeit eines Risikos im Sinne des § 3 Abs. 3 VAG stützen könnte. Der Verweis auf ihr Rundschreiben vom 12. Dezember 2006 vermag eine derartige Begründung nicht zu ersetzen. Könnte man schon grundsätzlich die Annahme der konkreten Höhe des von der belangten Behörde für erforderlich erachteten Risikos bei Berechnung des Mindestrisikokapitals als Prozentsatz des Deckungsstocks hinterfragen, so ist es nach dem Vorgesagten unzutreffend, dass bei der (von ihr zwar im Sinne der Ergänzung des Rundschreibens vom 20. Dezember 2006 akzeptierten, aber mit weiteren Bedingungen verknüpften) Berechnung auf der Grundlage der Prämiensumme bzw. der Höhe des Einmalerlags dieses Risiko in dem von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Sinn "über die Laufzeit betrachtet" jenem, das bei der ersteren Berechnungsmethode besteht, gleichwertig sein müsse.

Auch die von der belangten Behörde angegebene Zielsetzung, "eine einheitliche Mindestanforderung hinsichtlich des Mindestrisikokapitals zu formulieren", lässt sich in dieser Form dem VAG nicht als zureichender Grund für die von der belangten Behörde getroffene Annahme entnehmen.

2.5.5. Daraus ergibt sich, dass die Grundannahme der belangten Behörde, auf der die erwähnten "Berechnungen 1 und 2" beruhen, nicht dem Gesetz entspricht.

Wie in der Beschwerde zutreffend festgehalten wird, erübrigen sich insofern weitere Überlegungen zu derartigen Äquivalenzberechnungen.

2.5.6. Nur ergänzend ist zur Argumentation der belangten Behörde auf Folgendes zu verweisen:

Wenn die belangte Behörde auch darauf hingewiesen hat, dass sie die Geschäftspläne im Hinblick auf alle zulässigen Ausgestaltungsvarianten zu prüfen habe und es daher irrelevant sei, ob die Beschwerdeführerin fondsgebundene Lebensversicherungen nur mit 10jähriger Laufzeit abschließe, ist diese Bemerkung nicht geeignet, die Rechtsauffassung der belangten Behörde zu erhärten, sondern relativiert diese. Aus dem Hinweis könnte auch abgeleitet werden, dass die Betrachtung der belangten Behörde nur für längere Laufzeiten der Verträge zutreffe und weckt insoweit Zweifel an der Konsistenz der von der belangten Behörde dem Bescheid zu Grunde gelegten Auffassung.

Darüber hinaus führte diese Argumentation dazu, dass der von der belangten Behörde erteilte Auftrag überschießend wäre, wenn man tatsächlich davon ausgehen müsste, dass sich die von der belangten Behörde angenommene Rechtswidrigkeit nur bei längeren Laufzeiten ergäbe. § 104 Abs. 1 VAG erlaubte in diesem Fall jedenfalls nur einen Auftrag, eine diesbezügliche Einschränkung der Geschäftspläne vorzunehmen, nicht aber die gänzliche Untersagung ihrer Anwendung.

2.6. Aus den vorstehenden Überlegungen folgt, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

2.7. Bei diesem Ergebnis war nicht auf die weiteren Beschwerdeausführungen, wie insbesondere zur Frage, ob § 104 Abs. 1 VAG im Falle einer Rechtswidrigkeit des Geschäftsplanes jedenfalls einen Auftrag nach dieser Bestimmung ermöglicht, oder ob ein solcher einer näheren Begründung im Hinblick auf die Erforderlichkeit zur Wahrung der Interessen der Versicherten bedürfte, oder zur Bestimmtheit des Spruches, einzugehen.

2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 28. Mai 2013

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