VwGH 2008/15/0131

VwGH2008/15/013119.3.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über den Antrag des M in L, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl Kommandit-Partnerschaft, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Ebendorferstraße 7, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung der Mängel der unter der hg. Zl. 2007/15/0295 anhängigen Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 20. März 2007, GZ. RV/0280- L/06, betreffend Familienbeihilfe, und in der Beschwerdesache derselben Partei gegen den genannten Bescheid, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Begründung

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 29. November 2007, B 724/07-3, die Behandlung einer gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 20. März 2007, GZ. RV/0280-L/06, erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit Berichterverfügung vom 27. Dezember 2007, zugestellt am 14. Jänner 2008, hat der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 2 VwGG aufgefordert, binnen einer Frist von sechs Wochen verschiedene der Beschwerde anhaftende Mängel zu beheben. Die Versäumung der Frist gelte als Zurückziehung der Beschwerde.

Mit dem am 26. Februar 2008 zur Post gegebenen Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Frist zur Verbesserung der Beschwerde. Die versäumte Handlung (Beschwerdeergänzung) wurde unter einem nachgeholt.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags wird ausgeführt, die Ergänzung der Beschwerde hätte fristgerecht am Montag, dem 25. Februar 2008, eingeschrieben zur Post gegeben werden sollen. Auf Grund einer Verkettung unglücklicher Umstände und der besonderen Arbeitsbelastung in der Kanzlei der Beschwerdevertreter habe die zuständige Sekretärin Frau D. den bereits fertig gestellten Schriftsatz irrtümlich nicht am Abend des 25. Februar 2008 mit den sonstigen Briefsendungen der Kanzlei zur Post gebracht. Dies sei darauf zurückzuführen, dass Frau D. am 25. Februar 2008 nach einem 14-tägigen Krankenstand ihren ersten Arbeitstag gehabt habe, während sich die zweite Sekretärin Frau R. ab 25. Februar 2008 auf einem bereits länger geplanten Urlaub befunden habe. Daraus habe sich eine außergewöhnliche Arbeitssituation ergeben. Bei Frau D., die seit dem Jahr 2000 in der Kanzlei der Beschwerdevertreter beschäftigt sei, handle es sich um eine äußerst genaue Mitarbeiterin, die ihre Aufgaben stets äußerst sorgfältig verrichtet habe. Der Fehler sei am Vormittag des 26. Februar 2008 entdeckt und der Ergänzungsschriftsatz zur Post gebracht worden.

In einer angeschlossenen "eidesstättigen Erklärung" wird die Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdevertreter durch Frau D. bestätigt.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Für die Beachtung von Fristen ist in einer Rechtsanwaltskanzlei stets der Rechtsanwalt selbst verantwortlich. Er muss seine Kanzlei so organisieren, dass die richtige und fristgerechte Erledigung von gerichtlichen Aufträgen sichergestellt ist. Dabei wird auch durch entsprechende Kontrolle dafür vorzusorgen sein, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Der Rechtsanwalt verstößt demnach auch dann gegen die ihn treffende Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens einer Kanzleikraft Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind (vgl. beispielsweise die hg. Beschlüsse vom 26. Februar 2004, 2003/15/0145 und 0146, sowie vom 30. Oktober 2003, 2003/15/0042 und 0071).

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Antragstellers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgegeben wird (vgl. für viele den hg. Beschluss vom 22. März 2006, 2005/13/0177 und 2006/13/0027).

Der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag enthält keine Ausführungen darüber, ob und in welcher Weise seitens der Beschwerdevertreter durch entsprechende Weisungs- und Kontrollmaßnahmen organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen worden wären, dass zur Abfertigung an einem bestimmten Tag vorgesehene Schriftstücke von Kanzleibediensteten an demselben Tag zur Post gebracht werden. Das Vorliegen einer konkreten Weisung, die verfahrensgegenständlich ergänzte Beschwerde noch am Montag, dem 25. Februar 2008, "mit den sonstigen Briefsendungen" zur Post zu bringen, weil nur mit einer Postaufgabe an diesem Tag die Verbesserungsfrist gewahrt werden konnte, ist nicht einmal behauptet worden. Ebenso wenig kann dem Wiedereinsetzungsantrag entnommen werden, auf welche Weise mit der rechtzeitigen Fertigstellung des Schriftsatzes durch die Beschwerdevertreter dafür gesorgt worden wäre, dass der Schriftsatz für die Kanzleikräfte als fristgebunden und zur Postaufgabe an demselben Tag bestimmt erkennbar war. Auch Angaben über einen etwa beigeschlossenen Postaufgabeschein für rekommandierte Sendungen oder die Behandlung (Austragung) des Schriftstückes in der Fristenvormerkführung der Kanzlei fehlen.

Der Verwaltungsgerichtshof muss daher davon ausgehen, dass die verspätete Einbringung der ergänzten Beschwerde nicht nur auf den im Wiedereinsetzungsantrag geschilderten Irrtum der Kanzleikraft D. zurückzuführen ist, sondern auch das Fehlen einer entsprechenden Kanzleiorganisation hinzukommt, die hätte sicherstellen können, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach ausgeschlossen sind.

Damit liegt aber im Ergebnis eine den Beschwerdevertretern zuzurechnende Verletzung der ihnen obliegenden Sorgfaltspflicht vor, die über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht.

Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher ein Erfolg zu versagen und das unter der hg. Zl. 2007/15/0295 anhängige Beschwerdeverfahren gemäß § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 VwGG wegen nicht fristgerechter Mängelbehebung - die sechswöchige Mängelbehebungsfrist endete am 25. Februar 2008 - einzustellen.

Wien, am 19. März 2008

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