Normen
EStG 1988 §24 Abs6;
EStG 1988 §24 Abs6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beiden miteinander verheirateten Beschwerdeführer führten bis zum Jahr 2002 gemeinsam ein Hotel, das sie im zweiten Obergeschoss und im Dachgeschoss eines von ihnen in den 70er Jahren errichteten Gebäudes betrieben. Im ersten Obergeschoss befanden sich seit jeher die private Wohnung der Ehegatten und der Frühstücksraum des Hotels.
Für das Jahr der Betriebsaufgabe erklärten sie negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.215,56 EUR, die zunächst mit Bescheid vom 25. Juli 2003 gemäß § 188 BAO erklärungsgemäß festgestellt wurden.
Im Jahr 2006 fand bei den Beschwerdeführern eine abgabenbehördliche Prüfung statt, die Anlass zur Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens gab. Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an, dass der Gewinn aus der Entnahme der betrieblichen Gebäudeteile zu versteuern sei, weil die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß § 24 Abs. 6 EStG 1988 gegenständlich nicht erfüllt seien. Die Vermietung des Erdgeschosses an einen Drogeriemarkt (rund 254 m2) und an eine Eisdiele (80 m2) stelle eine begünstigungsschädliche Verwendung des Gebäudes dar. Der Prüfer ermittelte die stillen Reserven des betrieblich genutzten Gebäudeteiles mit 217.712 EUR und den Entnahmewert der übrigen Wirtschaftsgüter mit 1.089,15 EUR.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung sowohl gegen die Verfügung der Wiederaufnahme als auch gegen den Bescheid gemäß § 188 BAO, mit dem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb den Prüfungsfeststellungen entsprechend neu festgestellt worden waren. Das Gebäude weise eine Gesamtnutzfläche von rund 1.218 m2 auf, wovon lediglich rund 28 % betrieblich genutzt worden seien. Die Gewinnermittlung des Hotelbetriebes sei nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 erfolgt. Ende 2002 hätten die Ehegatten beschlossen, den Hotelbetrieb aufzugeben. Beide Gesellschafter bezögen "Alterspensionen in Form einer Berufsunfähigkeitspension bzw. einer Invaliditätspension". Seit 2003 würden die ehemaligen betrieblichen Räumlichkeiten lediglich zur Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte genutzt (Vermietung von zehn Fremdenbetten). Da das Erdgeschoss bereits zu Zeiten des Hotelbetriebes Dritten zur gewerblichen Nutzung überlassen worden sei, stehe die unveränderte Fortführung dieser Vermietung der beantragten Steuerbegünstigung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 nach Ansicht der Beschwerdeführer nicht entgegen. Als Gebäude, das nicht veräußert oder sonst zur Erzielung von Einkünften verwendet werden dürfe, sei "eindeutig das bisher betrieblich genutzte Gebäude zu verstehen". Sei - von der Wohnung abgesehen - bisher nicht das ganze Gebäude betrieblich genutzt, sondern vermietet worden, könnten sich "die Voraussetzungen für die Begünstigung sinngemäß nur auf die bisher betrieblich genutzten Gebäudeteile beziehen". Die Berufung richte sich somit gegen die Auslegung des Begriffes "Gebäude" dahingehend, dass der Prüfer das gesamte Gebäude als solches zur Beurteilung des Vorliegens einer steuerschädlichen Verwendung herangezogen habe. Die einschränkenden Bestimmungen (keine Überlassung des Gebäudes an andere zur Erzielung betrieblicher Einkünfte) könne sich nur auf die aus dem Betriebsvermögen entnommenen Gebäudeteile beziehen. Eine von Anfang an daneben bestehende Vermietung und Verpachtung sei für die Beurteilung einer begünstigten Betriebsaufgabe nach § 24 Abs. 6 EStG 1988 nicht heranzuziehen.
Der Gesetzgeber habe mit einer Gesetzesänderung im Jahr 2004 selbst erkannt, dass die ursprüngliche Regelung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 aus wirtschaftlicher Sicht nicht umsetzbar sei (z.B. Stilllegung für fünf Jahre), sodass die ursprünglichen einschränkenden Bestimmungen weitestgehend entfallen seien. Auch spreche der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich von "Gebäudeteilen". Dabei handle es sich um eine bloße Klarstellung, die die Intention des Gesetzgebers erkennen ließe, auch die seinerzeitige Formulierung im Sinne der von den Beschwerdeführern vertretenen Ansicht auszulegen.
Liege eine begünstigte Betriebsaufgabe vor, sei die verbleibende Prüfungsfeststellung (Entnahmewert der übrigen Wirtschaftsgüter) derart geringfügig, dass eine Wiederaufnahme nicht durchzuführen sei.
Die Berufung enthielt weiters Ausführungen, mit denen auch die Höhe des vom Prüfer ermittelten Gebäudewertes bekämpft wurde, sowie den Antrag, im Falle der Annahme einer begünstigungsschädlichen Verwendung den neu zu berechnenden Entnahmegewinn auf zehn Jahre zu verteilen und den begünstigten Steuersatz gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 anzuwenden.
Im weiteren Verfahren legten die Beschwerdeführer ein Gutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes der betrieblichen Gebäudeteile vor.
Nach Durchführung eines Erörterungsgespräches und einer mündlichen Berufungsverhandlung wies die belangte Behörde die Berufung betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften als unbegründet ab. Der Berufung gegen den Feststellungsbescheid gab die belangte Behörde insoweit Folge, als der Wert der ins Privatvermögen übernommenen Gebäudeteile im Schätzungswege mit 100.000 EUR ermittelt und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 95.125,59 EUR festgestellt wurden. Weiters entsprach die belangte Behörde dem Antrag auf Verteilung der zu versteuernden stillen Reserven auf zehn Jahre sowie auf Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 37 Abs. 5 EStG 1988 ("Hälftesteuersatz").
Begründend wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die Wiederaufnahme sei zu Recht erfolgt, weil dem Finanzamt bei Erlassung des Erstbescheides lediglich bekannt gewesen sei, dass die "Gesellschafter beschlossen (hätten), den Umfang ihrer betrieblichen Tätigkeit auf die Vermietung von zehn Fremdenbetten zu reduzieren". Weitere steuerlich relevante Tatsachen, insbesondere der Umstand, dass Teile der Bestandflächen an Unternehmen vermietet werden, die ihrerseits gewerbliche Einkünfte erzielen, seien erst im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung hervorgekommen. Da die belangte Behörde die rechtliche Beurteilung des Finanzamtes teile, sei dieser Umstand geeignet, einen anders lautenden Feststellungsbescheid herbeizuführen.
Die Bestimmung des § 24 Abs. 6 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung stelle unmissverständlich klar, dass die Gebäudebegünstigung nur eintreten könne, wenn (u.a.) das Gebäude - die zitierte Bestimmung spreche ausschließlich von Gebäuden und nicht etwa von Gebäudeteilen - nicht Dritten gänzlich oder zum Teil zur Erzielung betrieblicher Einkünfte überlassen werde. § 24 Abs. 6 leg. cit. stelle auf den Begriff des Gebäudes aus bautechnischer Sicht und nicht auf eine wirtschaftliche Einheit ab. Nach dem äußeren Erscheinungsbild sowie nach der baulichen Gestaltung des gegenständlichen Bauwerks handle es sich dabei unzweifelhaft um ein Gebäude.
Das Berufungsvorbringen, wonach bei Anwendung der strittigen Bestimmung der Gebäudebegriff ausschließlich auf jene Gebäudeteile zu reduzieren sei, welche in das notwendige Betriebsvermögen aufgenommen worden seien, finde weder im Wortlaut des Gesetzes selbst noch in den dazu ergangenen Parlamentarischen Materialien Deckung. Hätte der Gesetzgeber den Eintritt der von den Beschwerdeführern ventilierten Rechtswirkung gewollt, so wäre er nicht gehindert gewesen, anstelle der Formulierung "Gebäude" etwa die Formulierung "bisher betrieblich genutzter Gebäudeteil" zu verwenden. Für die von den Beschwerdeführern relevierte Interpretationsweise fände sich auch keine einschlägige Fachliteratur. So hielten etwa Quantschnigg/Schuch in ihrem Einkommensteuer-Handbuch zu § 24 Tz. 134 ausdrücklich fest, dass "bereits jede noch so geringe Gebäudeüberlassung für betriebliche Zwecke die Nichtanwendbarkeit der Steuerbefreiung des § 24 Abs. 6 EStG zur Folge habe".
Erst auf Grund der durch das AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, geschaffenen Rechtslage sei die Verwendung des vor der Betriebsaufgabe betrieblich genutzten Gebäudes bzw. Gebäudeteils zur Erzielung von betrieblichen oder außerbetrieblichen Einkünften nicht mehr begünstigungsschädlich.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
§ 24 Abs. 6 EStG 1988 idF des BGBl. I Nr. 201/1996 lautet:
"Wird der Betrieb aufgegeben, weil der Steuerpflichtige
- gestorben ist,
- erwerbsunfähig ist oder
- das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt,
dann unterbleibt auf Antrag hinsichtlich der zum Betriebsvermögen gehörenden Gebäudeteile die Erfassung der stillen Reserven. Dazu müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
1. Das Gebäude muss bis zur Aufgabe des Betriebes der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen gewesen sein,
2. das Gebäude darf weder
- ganz oder zum Teil veräußert werden,
- ganz oder zum Teil einem anderen zur Erzielung betrieblicher Einkünfte
überlassen noch
- überwiegend selbst zur Einkunftserzielung verwendet werden und
3. auf das Gebäude dürfen keine stillen Reserven übertragen worden sein.
Wird das Gebäude innerhalb von fünf Jahren nach Aufgabe des Betriebes vom Steuerpflichtigen oder seinem Rechtsnachfolger veräußert, unter Lebenden unentgeltlich übertragen oder zur Einkunftserzielung im Sinne des zweiten Satzes verwendet oder überlassen, dann sind die nicht erfassten stillen Reserven in diesem Jahr unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 37 Abs. 1 zu versteuern. Sind die stillen Reserven deswegen zu versteuern (nachzuversteuern), weil das Gebäude im Sinne des zweiten Satzes verwendet oder überlassen wird, so sind die zu versteuernden (nachzuversteuernden) stillen Reserven über Antrag beginnend mit dem Kalenderjahr, in dem der Aufgabegewinn versteuert (nachversteuert) wird, auf zehn Jahre gleichmäßig verteilt als Einkünfte anzusetzen. § 37 ist auch in diesem Fall anzuwenden."
Die Beschwerde richtet sich gegen die Auslegung des Begriffs "Gebäude" durch die belangte Behörde. Nach Ansicht der Beschwerdeführer handle es sich bei einem Gebäude im steuerrechtlichen Sinn stets nur um den Gebäudeteil oder die Gebäudeteile, welche notwendiges Betriebsvermögen darstellen und daher notwendigerweise in die Bilanz als Anlagevermögen aufzunehmen seien.
Diesen Ausführungen kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil Z 1 des oben wiedergegebenen § 24 Abs. 6 EStG 1988 denselben Begriff in einem Zusammenhang verwendet, der eine Auslegung im Sinne der Beschwerdeausführungen ausschließt. Die Formulierung "das Gebäude muss bis zur Aufgabe des Betriebes der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen gewesen sein" bezieht sich gerade nicht auf einen bestimmten Gebäudeteil. Überdies verwendet der Gesetzgeber, soweit er den in der Bilanz aufgenommenen Gebäudeteil ansprechen will, ausdrücklich den Begriff des "Gebäudeteiles" (vgl. den ersten Satz des § 24 Abs. 6 leg. cit.).
Die Beschwerde beruft sich weiters auf den Gesetzeszweck. Die bezughabende Gesetzesbestimmung habe offenkundig nur den typischen Fall vor Augen, in dem ein Gebäude teils betrieblich, teils für private Zwecke genutzt werde. Für den hier vorliegenden Fall einer durchgehenden Vermietung eines Gebäudeteiles schließe das Gesetz die Begünstigung weder ausdrücklich aus noch ausdrücklich ein.
Der Verwaltungsgerichtshof beschreibt im Erkenntnis vom 24. Juni 2003, 2000/14/0178, Sinn und Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung nach § 24 Abs. 6 EStG 1988. Demnach sollen durch die Begünstigung des § 24 Abs. 6 leg. cit. soziale Härten vermieden werden, wenn der Unternehmer im Betriebsgebäude seinen Hauptwohnsitz hat und anlässlich der Betriebsaufgabe stille Reserven versteuern müsste, die er nicht realisieren kann, ohne gleichzeitig seinen Wohnsitz aufzugeben (ebenso das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, 2009/15/0168).
Die Bestimmung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 will somit gewährleisten, dass der Steuerpflichtige nicht durch die Versteuerung der stillen Reserven seines bisherigen Hauptwohnsitzes zur Aufgabe eben dieses Hauptwohnsitzes gezwungen wird.
Verwendet der bisherige Betriebsinhaber das Gebäude nach der Betriebsaufgabe überwiegend zur Einkunftserzielung oder überlässt er das Gebäude ganz oder zum Teil einem anderen zur Erzielung betrieblicher Einkünfte, so befindet er sich typisierend betrachtet nicht in einer solchen wirtschaftlichen Lage, dass es ihm nicht zugemutet werden könnte, die stillen Reserven des betrieblich genutzten Gebäudeteiles im Rahmen der Betriebsaufgabe zu versteuern. Steuerpflichtige, die die begünstigungsschädliche Nutzung des Gebäudes erst mit der Betriebsaufgabe aufnehmen, befinden sich insofern in keiner anderen Situation als Personen, die - wie im Beschwerdefall - das Gebäude schon seit jeher in der beschriebenen Weise zu anderen als Wohn- und Betriebszwecken verwenden.
Dem Umstand, dass bei einer bloßen Nutzungsüberlassung anders als bei einer Veräußerung des Gebäudes Liquidität nicht sofort in einem Ausmaß zufließt, welches eine Versteuerung der stillen Reserven erlaubt, trägt der Gesetzgeber seit der Änderung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 durch BGBl. Nr. 818/1993 dadurch Rechnung, dass die zu versteuernden stillen Reserven über Antrag auf zehn Jahre gleichmäßig verteilt angesetzt werden können. Damit wird dem telos der Regelung entsprochen, dass der Steuerpflichtige am Ende seines Erwerbslebens nicht gezwungen sein soll, seinen Wohnsitz zu veräußern, um seine Einkommensteuerschuld abzutragen, welche durch die steuerpflichtige Aufdeckung der stillen Reserven infolge Betriebsaufgabe ausgelöst wird (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, 2009/15/0168).
Soweit die Beschwerde auch vor dem Verwaltungsgerichtshof auf die mit dem AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, geänderte Rechtslage zurückkommt, ist daraus für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil aus einer späteren Gesetzesänderung, die abweichend von der bisherigen Regelung die Begünstigung nicht mehr an das Unterbleiben steuerschädlicher Verwendungen innerhalb einer bestimmten Frist bindet, keine Rückschlüsse auf die Auslegung der für den Beschwerdefall noch maßgebenden früheren Rechtslage gezogen werden können.
Die Beschwerde wendet sich zwar auch gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens, legt aber nicht dar, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen sei, erst im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung sei die begünstigungsschädliche Verwendung des Gebäudes hervorgekommen. Mit allgemeinen, auf den Beschwerdefall nicht eingehenden Ausführungen kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Ansehung der Verfahrenswiederaufnahme nicht zur Darstellung gebracht werden.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 24. Mai 2012
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)