Normen
BAO §209 Abs3;
BAO §209a;
BAO §238 Abs1;
BAO §238 Abs2;
BAO §248;
BAO §80;
BAO §9;
BAO §209 Abs3;
BAO §209a;
BAO §238 Abs1;
BAO §238 Abs2;
BAO §248;
BAO §80;
BAO §9;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der I. GmbH, deren amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit am 6. Dezember 2006 im Firmenbuch eingetragen wurde.
Gegenüber der I. GmbH waren auf der Grundlage eines Betriebsprüfungsberichtes vom 9. Dezember 1992 mit Bescheiden vom 23. Dezember 1992 und infolge der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. November 2000 u.a. die Körperschaftsteuer 1989 sowie die Umsatzsteuer 1989 und 1990 festgesetzt worden. Die gegen den Berufungsbescheid erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 2. Juni 2004, Zl. 2001/13/0011, teils zurück- und im Übrigen abgewiesen.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2005 hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, es erwäge, seine Haftung für die Abgabenschuldigkeiten der I. GmbH in der Höhe von insgesamt EUR 436.988,30 laut beiliegender Rückstandsaufgliederung geltend zu machen.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2006 zog es den Beschwerdeführer gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für die von der I. GmbH nicht entrichtete Körperschaftsteuer 1989 (EUR 119.986,47), Umsatzsteuer 1989 (EUR 61.678,09) und Umsatzsteuer 1990 (EUR 36.954,06) heran.
Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung als unbegründet abgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdeführer macht Verjährung geltend und führt dazu aus:
"Nach der Bestimmung in § 238 Abs 1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist. Wenn somit - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid selbst ausführt - am 23.12.1992 die entsprechenden Festsetzungsbescheide ergangen sind, hat die Einhebungsverjährungsfrist am 01.01.1993 zu laufen begonnen. Diese wäre ohne Eintritt eines Hemmungstatbestandes, am 13.12.1998 und ist tatsächlich - unter der Berücksichtigung der durch die Aussetzung eingetretenen Zwischenzeitigen Hemmung am 31.12.2005 abgelaufen.
Davon zu unterscheiden ist allerdings die absolut geltende Bemessungsverjährung. Auf Grund der Erhebung der Berufung gegen die Grundlagenbescheide im Hinblick auf die Umsatzsteuer 1989 sowie der Umsatzsteuer 1990 und der Körperschaftssteuer 1990 ist das Verfahren noch offen, sodass diese Abgaben auch gegenüber der Abgabenschuldnerin nicht rechtskräftig bemessen worden ist. Die Bemessungsverjährung ist absolut und endet gemäß § 209 Abs 3 ZPO spätestens nach zehn (hier wegen der alten Rechtslage) nach fünf Jahren nach Entstehung des Abgabenanspruches. Deshalb ist im vorliegenden Sachverhalt für die Abgabenansprüche aus dem Jahr 1989 und 1990 bereits die Bemessungsverjährung abgelaufen.
Die Erlassung eines Haftungsbescheides ist eine Einhebungsmaßnahme. Als solche ist diese nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist zulässig. Wenn jedoch bereits die Bemessungsverjährung eingetreten ist, muss auch die Einhebungsverjährung eingetreten sein."
Mit den zuletzt erwähnten Ausführungen - die sich offenbar auf § 209 Abs. 3 BAO und die dort bis zur Novelle BGBl. I Nr. 57/2004 vorgesehene Frist von fünfzehn Jahren beziehen sollen -
wird schon angesichts der im Jahr 1992 erlassenen Abgabenbescheide nicht aufgezeigt, dass der Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung ein Verjährungshindernis entgegenstünde. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die Bekämpfung der Abgabenbescheide (gemeint: ihre nunmehrige Bekämpfung durch ihn gemäß § 248 BAO) verweist, so ist dies schon deshalb nicht zielführend, weil einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, auch die Verjährung gemäß § 209 Abs. 3 BAO nicht entgegensteht (vgl. dazu etwa Ritz, BAO3, § 209a Tz 5). Was die Einhebungsverjährungsfrist des § 238 Abs. 1 BAO anlangt, so wäre sie wegen des Vorhalts vom 6. Juni 2005 gewahrt (vgl. dazu etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, Zlen. 91/13/0037, 0038), doch tritt der Beschwerdeführer auch den Ausführungen der belangten Behörde über Unterbrechungshandlungen im Jahr 2001 - wonach es auf die Unterbrechungswirkung des Vorhaltes nicht mehr ankäme - nicht konkret entgegen. Seine im Verwaltungsverfahren vertretene Auffassung, die in Frage kommenden Unterbrechungshandlungen seien in § 238 Abs. 2 BAO taxativ und nicht beispielhaft aufgezählt, widerspricht dem klaren Gesetzeswortlaut ("jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie ...").
Die Uneinbringlichkeit der Abgaben bestreitet der Beschwerdeführer mit dem Argument, es sei "geradezu denkunmöglich", dass die von der belangten Behörde erwähnte Löschung wegen Vermögenslosigkeit im Dezember 2006 schon für den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Haftungsbescheides im Februar 2006 die Uneinbringlichkeit begründe. Zu diesem Zeitpunkt sei "noch keine objektive Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld festgestanden", weshalb die Rechtsauffassung der belangten Behörde "mit der Bestimmung in § 9 BAO ... offenkundig in Widerspruch" stehe.
Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer selbst den Vorhalt vom 6. Juni 2005 in Bezug auf die Frage nach Einbringungsmöglichkeiten bei der Gesellschaft in einem Schreiben vom 21. Juli 2005 schon damit beantwortet hatte, es bestünden "keine Möglichkeiten; die Gesellschaft verfügt über kein Vermögen". In der Berufung und im Vorlageantrag brachte er vor, die Gesellschaft habe im Jahr 2000 "keine Einnahmen, keine Bankguthaben und nur eine Verbindlichkeit an das Finanzamt" gehabt
und "auch in den Folgejahren bis zum heutigen Tag ... keine
geschäftliche Tätigkeit entfaltet, die zu Einnahmen geführt" hätte. Davon abgesehen bezog sich die belangte Behörde mit ihren Ausführungen zur Uneinbringlichkeit aber auf die rechtlich maßgebliche Sachlage im Zeitpunkt ihrer eigenen Entscheidung.
Unter dem Gesichtspunkt mangelnder Kausalität der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen für den Eintritt der Uneinbringlichkeit und zugleich einer "zumindest indirekt ... immer" gegebenen Einbringlichkeit (gemeint wohl nur: der Umsatzsteuer) macht der Beschwerdeführer auch geltend, die im Zuge der Betriebsprüfung als umsatzsteuerpflichtig eingestuften Vorgänge hätten bei der Unternehmerin, von der die Zahlungen an die I. GmbH geleistet worden seien, zu Vorsteuerabzügen führen können, sodass "die nunmehr angeblich aushaftende Steuerschuld in voller Höhe" an diese Unternehmerin "zurückzuerstatten" gewesen wäre. Auf dieses zur Bestreitung der Haftung nicht zielführende Vorbringen muss schon im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot nicht weiter eingegangen werden.
Gegen das Neuerungsverbot verstößt auch die in der Beschwerde wiederholt - aber jeweils ohne Angabe eines Zeitpunktes - vorgetragene Behauptung, der Beschwerdeführer sei in Bezug auf die Umsatzsteuer einem entschuldbaren Rechtsirrtum unterlegen, weil ihm der Steuerberater der I. GmbH "eine konkrete Rechtsauskunft" erteilt habe, die "in der Folge mit der Rechtsmeinung der Behörden divergiert" habe. Dem Beschwerdeführer ist nicht zu folgen, wenn er in diesem Zusammenhang rügt, die belangte Behörde habe gegen das Überraschungsverbot verstoßen, weil sie eine solche Rechtsauskunft bloß deshalb, weil sie der Beschwerdeführer nicht "ungefragt" behauptet habe, nicht angenommen habe, und es sei "völlig unverständlich" bzw. "nicht nachvollziehbar", warum der Steuerberater seine Rechtsansicht gegenüber dem Beschwerdeführer nicht geäußert und sich erst im Jahr der Steuerprüfung mit der relevanten Steuerfrage befasst haben sollte. Die belangte Behörde hat die Frage, wann der Beschwerdeführer über die steuerliche Problematik der strittigen Zahlungen mit dem Steuerberater gesprochen habe, mit dem Beschwerdeführer in der Berufungsverhandlung mehrfach und ausführlich erörtert und sich bei der Annahme, dies sei erst in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsprüfung und somit nach Verletzung der Verpflichtung zur Abfuhr der monatlichen Umsatzsteuervorauszahlungen der Fall gewesen, auf die Antworten des Beschwerdeführers gestützt.
Davon ausgehend wurde der Beschwerdeführer auch dadurch, dass die belangte Behörde von einer Einvernahme des Steuerberaters abgesehen hat, nicht in Rechten verletzt. Der Beschwerdeführer hatte diese Einvernahme gegen Ende der Berufungsverhandlung nach dem Hinweis, "vielleicht" könne der Steuerberater "Auskunft über die geführten Gespräche geben", zum Beweis dafür beantragt, "dass er selber diese Zahlungen als nicht umsatzsteuerpflichtig angesehen hat". Der Ansicht der belangten Behörde, dies sei kein relevantes Beweisthema und der Beschwerdeführer habe kein ausreichendes Vorbringen über einen sein Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum erstattet, ist auch ungeachtet des von ihr festgestellten, die Vereinbarung eines monatlichen Bruttobetrages betreffenden Aktenvermerkes beizupflichten.
Wenn der Beschwerdeführer meint, die BAO sehe "generell keine allgemeinen Mitwirkungspflichten der Parteien vor" und die belangte Behörde hätte "von Amts wegen entsprechende Ermittlungen darüber durchzuführen" gehabt, "warum" er die strittigen Zahlungen nicht als umsatzsteuerpflichtig angesehen habe und "warum" sie nicht als Erlöse in die Buchhaltung aufgenommen worden seien, so verkennt er seine qualifizierte Mitwirkungspflicht im Haftungsverfahren, zu der gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden kann (vgl. etwa die Nachweise bei Ritz, a.a.O., § 9 Tz 22). Die von ihm darüber hinaus noch vermissten Ermittlungen und Feststellungen im Zusammenhang mit der Frage, ob die strittigen Vorgänge in den Abgabenbescheiden richtig beurteilt wurden, betreffen nicht den Gegenstand des Haftungsverfahrens, sondern die vom Beschwerdeführer gemäß § 248 BAO erhobene Berufung gegen die Abgabenbescheide, sodass der Beschwerdeführer auch mit seinem diesbezüglichen Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 24. Februar 2010
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