VwGH 2008/13/0125

VwGH2008/13/012520.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Johannes Sääf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 7. Mai 2008, Zl. RV/0551- W/06, betreffend Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2004, zu Recht erkannt:

Normen

31987R2658 Kombinierte Nomenklatur;
61995CJ0330 Goldsmiths VORAB;
62004CJ0292 Meilicke VORAB;
62006CJ0486 Van Landeghem VORAB;
NoVAG 1991 §2 Z2;
UStG 1994 Kleinlastkraftwagen Kleinbusse 2002/II/193;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2010:2008130125.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt einen Einzelhandel mit Kfz. Im Gefolge abgabenbehördlicher Prüfungen wurde im Zusammenhang mit der Lieferung importierter Fahrzeuge die Normverbrauchsabgabepflicht hinsichtlich verschiedener Kfz strittig.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, als der Normverbrauchsabgabe nach § 1 Z 1 NoVAG unterliegende Kraftfahrzeuge seien gemäß § 2 Z 2 NoVAG u. a. Personenkraftwagen und andere hauptsächlich zur Personenbeförderung gebaute Kraftfahrzeuge (ausgenommen solche der Position 8702), einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen (Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur) anzusehen. Diese gesetzlichen Bestimmungen stellten auf die zolltarifarische Einstufung der Fahrzeuge ab, für die nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union die Kombinierte Nomenklatur maßgeblich sei (Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 ).

Für die Abgrenzung zwischen "NoVA - pflichtigem PKW" und nicht "NoVA - pflichtigem LKW" sei demnach ausschließlich die zolltarifarische Einordnung im Zeitpunkt der Lieferung entscheidend. Keine Rolle spielten hingegen die Einordnung nach der Verordnung über die steuerliche Einstufung von Fahrzeugen als Kleinlastkraftwagen oder Kleinbusse (BGBl. II Nr. 193/2002) sowie die kraftfahrrechtliche Zulassung.

Bei der Einstufung komme den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur wesentliche Bedeutung zu, zumal diese, wenn auch keine normative Kraft besitzend, ein wichtiges Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1992, 91/16/0026).

Im Einzelnen führte dazu die belangte Behörde aus wie folgt:

"Nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System 'Lastkraftwagen' (Zolltarifnummer: 8704) wird die Einreihung bestimmter Kraftfahrzeuge in diese Position durch besondere Merkmale bestimmt, die darauf hinweisen, dass die Fahrzeuge ihrer Beschaffenheit nach eher zur Güter - denn zur Personenbeförderung bestimmt sind (Position 8703).

Gemäß den Erläuterungen zum Harmonisierten System zur Zolltarifnummer 8703 'Personenkraftwagen und andere Kraftfahrzeuge, ihrer Beschaffenheit nach hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmt (ausgenommen solche der Position 8702), einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen' zählen zu dieser Position insbesondere:

1. Personenkraftwagen (zB Tourenwagen, Taxis, Sportwagen und Rennwagen)

2. Spezialfahrzeuge zur Personenbeförderung wie Krankenwagen Gefangenenwagen und Leichenwagen

3. Campingwagen (sog. Wohnmobile, Motorcaravans usw.), die zum Befördern von Personen dienen und speziell zum Wohnen eingerichtet sind (mit Schlaf- und Kochgelegenheit, Toilette usw.)

  1. 4. Spezialfahrzeuge zum Fahren auf Schnee (zB Motorschlitten)
  2. 5. Spezialfahrzeuge zur Personenbeförderung auf Golfplätzen und ähnliche Fahrzeuge

    6. Vierradkraftfahrzeuge mit Röhrenchassis, mit Kraftwagenlenkvorrichtung (zB ein Lenksystem nach dem Ackermann - Prinzip)

    Als 'Kombinationskraftwagen' im Sinne dieser Position gelten Fahrzeuge mit maximal neun Sitzplätzen (einschließlich Fahrersitz), deren Innenraum ohne Umbau sowohl für die Beförderung von Personen als auch von Gütern verwendet werden kann.

    Die Einreihung bestimmter Kraftfahrzeuge in diese Position wird durch besondere Merkmale bestimmt, die darauf hinweisen, dass die Fahrzeuge ihrer Beschaffenheit nach eher hauptsächlich zur Personen- denn zur Güterbeförderung bestimmt sind. Diese Merkmale sind besonders bei der Einreihung von Kraftfahrzeugen hilfreich, die im Allgemeinen ein zulässiges Gesamtgewicht von weniger als 5 Tonnen aufweisen und über einen einzigen umschlossenen Innenraum verfügen, der einen Bereich für den Fahrer und die Passagiere und einen anderen Bereich umfasst, der wiederum sowohl für die Personen- als auch die Güterbeförderung verwendet werden kann. In diese Gruppe fallen die so genannten Mehrzweckfahrzeuge' (zB Van - artige Fahrzeuge, Freizeit ('Sports Utility') fahrzeuge, bestimmte Pick - ups).

    Folgende Merkmale können einer Einreihung in dieser Position als charakteristische Beschaffenheitshinweise dienen (siehe auch EuGH 6.12.2007, C-486/06 'Van Landeghem'):

    a) das Vorhandensein dauerhaft eingebauter Sitze mit Sicherheitsausrüstung (z.B. Sicherheitsgurte oder Verankerungspunkte zum Einbau von Sicherheitsgurten) für jede Person oder das Vorhandensein von ständigen Verankerungspunkten und Vorrichtungen zum Einbau von Sitzen und Sicherheitsausrüstung im Rückraum hinter dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere; solche Sitze können eingebaut, umklappbar, aus Verankerungspunkten herausnehmbar oder zusammenklappbar sein,

    b) das Vorhandensein von hinteren Fenstern an den zwei Seitenteilen,

    c) das Vorhandensein von Schiebe-, Ausschwing- oder nach oben klappbaren Türen, mit Fenstern, an den Seitenteilen oder im Rückteil,

    d) das Fehlen einer untrennbar verbundenen Trennwand oder Abgrenzung zwischen dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere und dem Rückraum, der sowohl für die Personen- als auch die Güterbeförderung verwendet werden kann,

    e) das Vorhandensein von Komfortmerkmalen und Vorrichtungen und Ausstattungen im gesamten Fahrzeuginnenraum, die dem Passagierbereich zugerechnet werden können (z.B. Bodenteppiche, Belüftung, Innenbeleuchtung, Aschenbecher).

    Demgegenüber können gemäß den Erläuterungen zum Harmonisierten System zur Zolltarifnummer 8704 (Lastkraftwagen) folgende Merkmale für eine Einreihung in diese Position als charakteristische Beschaffungshinweise dienen:

    a) das Vorhandensein von Sitzbänken ohne Sicherheitsausrüstung (z.B. Sicherheitsgurte oder Verankerungspunkte und Vorrichtungen zum Einbau von Sicherheitsgurten) oder Fahrkomforteinrichtungen im Rückraum hinter dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere; diese Sitze sind üblicherweise um- oder zusammenklappbar, um die volle Nutzung des Rückbodens (Van-artige Fahrzeuge) oder einer gesonderten Plattform (Pick-ups) für die Güterbeförderung zu ermöglichen,

    b) das Vorhandensein einer gesonderten Kabine für den Fahrer oder die Passagiere und einer gesonderten offenen Plattform mit Seitenwänden und herunterklappbarer Heckklappe (Pick-ups),

    c) das Fehlen von hinteren Fenstern an den zwei Seitenteilen; Vorhandensein von Schiebe-, Ausschwing- oder nach oben klappbaren Türen, ohne Fenster, an den Seitenteilen oder im Rückteil zur Güterbe- und entladung (bei Van-artigen Fahrzeugen),

    d) das Vorhandensein einer untrennbar verbundenen Trennwand oder Abgrenzung zwischen dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere und dem hinteren Bereich,

    e) das Fehlen von Komfortmerkmalen und Vorrichtungen und Ausstattungen im Güterladebereich, die dem Passagierbereich des Fahrzeuges zugerechnet werden können (z.B. Bodenteppiche, Belüftung, Innenbeleuchtung, Aschenbecher)."

    Durch einen geringfügigen Umbau im Innenraum - wie dem Einfügen eines Trenngitters hinter der zweiten Sitzreihe und weiterer Schutzgitter vor den hinteren seitlichen Fenstern im Inneren des Gepäckraumes - könne wegen eines nunmehr gewichtsmäßigen Überwiegens der Lastenbeförderung kraftfahrrechtlich die Zulassung als Lkw gegeben sein. Diese kraftfahrrechtliche Zulassung ändere aber nichts an der Tatsache, dass ein Kombinationskraftwagen aufgrund seines unverändert gebliebenen äußeren Erscheinungsbildes und der verbliebenen vorgenannten zusätzlichen charakteristischen Beschaffenheitsmerkmale weiterhin als Pkw in die Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen sei. Diese Voraussetzungen "gelten auch für alle übrigen Gelände- und Kombinationskraftfahrzeuge, Sport Utility, Freizeitfahrzeuge, Off-Road-Fahrzeuge, Pseudo-Pick-up Fahrzeuge und dergleichen wie beispielsweise Jeep Grand Cherokee".

    Fahrzeuge der oben angeführten Art mit zwei Sitzreihen und einem dahinter liegenden Laderaum könnten nur ausnahmsweise als Lastkraftwagen der Position 8704 der Kombinierten Nomenklatur eingestuft werden, wenn

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 2 Z. 2 NoVAG gelten als Kraftfahrzeuge "Personenkraftwagen und andere hauptsächlich zur Personenbeförderung gebaute Kraftfahrzeuge (ausgenommen solche der Position 8702), einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen (Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur)."

Im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit liegt das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften, wie sie im Wortlaut der Positionen der Kombinierten Nomenklatur und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind. Auch kann der Verwendungszweck der Ware ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er der Ware innewohnt, was sich anhand ihrer objektiven Merkmale und Eigenschaften beurteilen lässt (vgl. das Urteil des EuGH vom 6. Dezember 2007, C-486/06 , BVBA Van Landeghem, Rn 23, 24). Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH tragen die zur Kombinierten Nomenklatur von der Kommission und zum Harmonisierten System von der Weltzollorganisation ausgearbeiteten Erläuterungen erheblich zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen bei, ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein (vgl. nochmals das Urteil des EuGH BVBA Van Landeghem, Rn 25, siehe etwa auch das hg Erkenntnis vom 25. November 2003, 2002/17/0301).

Die belangte Behörde hat im Wesentlichen gestützt auf die Erläuterungen zum Harmonisierten System über die Einreihung von Kfz in die Positionen 8703 und 8704 der Kombinierten Nomenklatur die Subsumtion der in Rede stehenden Fahrzeuge unter die Position 8703 vorgenommen. Diese auch in dem von der belangten Behörde zitierten Urteil des EuGH vom 6. Dezember 2007, C-486/06 , BVBA Van Landeghem, unter den Rn 7 und 8 wiedergegebenen Merkmale entsprachen dem Wortlaut dieser Erläuterungen in der Form, wie sie der gemeinschaftsrechtliche Ausschuss für das Harmonisierte System auf seiner im Jahr 2001 abgehaltenen

28. Sitzung beschlossen hatte (vgl. Rn 6 des genannten Urteils des EuGH vom 6. Dezember 2007).

Die belangte Behörde stellte fest, dass die strittigen Kfz zwei Sitzreihen und zwei verglaste hintere Seitenfenster aufwiesen, wobei in zwei Fällen auch nur eine Gitterwand zwischen dem Fahrgastraum und dem Laderaum bestanden habe. Auch weitere Merkmale ("wie sichtbare Sicherheitsgurte und andere Merkmale einer Komfortausstattung") hätten für eine Subsumtion unter die Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur gesprochen.

Diese Einstufung kann seitens des Verwaltungsgerichtshofes nicht als unrichtig erkannt werden (vgl. dazu insbesondere auch das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, 2008/15/0229) und wird in der Beschwerde der Sache nach auch nicht bekämpft.

Die Beschwerde macht als Rechtsverletzung allerdings geltend, dass die belangte Behörde die "Festlegung" durch den EuGH im Urteil vom 6. Dezember 2007, C-486/06 , BVBA Van Landeghem, herangezogen habe, "das erstmalig die Auslegung des NoVAG in der nun entschiedenen Form rechtlich ermöglicht". Der Beschwerdeführer erachte sich daher in seinem Recht "auf gesetzeskonforme Anwendung der NoVA Pflicht in der bis zum Dezember 2004 bestehenden Rechtslage verletzt".

Dazu ist festzuhalten, dass "zum Dezember 2004" weder Änderungen in der Bestimmung des § 2 Z 2 NoVAG noch aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts eingetreten sind. Es ist auch dem Beschwerdeführer nicht darin zu folgen, wonach das bereits mehrfach angesprochene Urteil des EuGH vom 6. Dezember 2007, das die Einreihung bestimmter Fahrzeuge des Typs "Pick-up" für die Jahre 1995 bis 1997 zum Gegenstand hatte, erstmals die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffene Beurteilung ermöglicht hätte. Abgesehen davon, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung - wie erwähnt - nicht aus den Ausführungen dieses Urteils, sondern aus den gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen (so insbesondere aus den Erläuterungen zum Harmonisierten System) selbst ableitete, weist die belangte Behörde in der Gegenschrift in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass Urteile des EuGH, mit denen eine Vorschrift ausgelegt wird, grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der ausgelegten Vorschrift zurückwirken (vgl. z.B. die Urteile des EuGH vom 3. Juli 1997, C- 330/95 , Goldsmiths, Rn 28, und vom 6. März 2007, C-292/04 , Meilicke, Rn 34).

Weshalb es vor dem Hintergrund der im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmenden Beurteilung wegen einer Mitteilung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2007 "(C 74/1)" über eine Änderung der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur zur Position 8703 (zu der angesprochenen Mitteilung der EU-Kommission vom 31. März 2007, C 74/1, siehe z.B. Grabner/Sarnthein, Praxishandbuch NoVA, Anm. 116 und 117) geboten sein sollte, "insbesondere das NoVAG und die Verordnung BGBl II Nr. 193/2002" wegen eines Widerspruches "zur europarechtlichen Rechtslage" zum Gegenstand einer Vorabentscheidungsanfrage an den EuGH zu machen, macht der Beschwerdeführer mit einer diesbezüglichen Anregung in einer Mitteilung an den Verwaltungsgerichtshof vom 18. Februar 2009 in keiner Weise plausibel (darauf, dass die genannte Verordnung im Rahmen der Normverbrauchsabgabe keinen Anwendungsbereich hat, hat auch die belangte Behörde zu Recht hingewiesen, vgl. weiters z.B. Grabner/Sarnthein, aaO, Anm. 82).

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. Jänner 2010

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