VwGH 2008/13/0064

VwGH2008/13/006427.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der V AG in W, vertreten durch die ICON Wirtschaftstreuhand GmbH in 4030 Linz, Voest-Alpine Straße 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 7. Februar 2008, Zl. RV/3271- W/07, betreffend Körperschaftsteuer 2000 und 2001, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §9;
EStG 1988 §9;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin, einer im Bereich Realitätenwesen, Vermögensverwaltung sowie Wohnungs- und Siedlungswesen tätigen Aktiengesellschaft, wurde eine Außenprüfung betreffend die Jahre 2000 und 2001 durchgeführt. Im Rahmen der Prüfung stellte die Prüferin u.a. fest, dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 2000 (591.308 S) und 2001 (836.157 S) eine Rückstellung für Nachschussverpflichtungen gegenüber einer Pensionskasse gebildet habe, und vertrat die Auffassung, dass die Bildung der Rückstellung mangels Nachschussverpflichtungen unzulässig sei.

Das Finanzamt folgte der Prüferin und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren entsprechende Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen die im Gefolge der Betriebsprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheide 2000 und 2001 Berufung und brachte vor, dass sie ihren Führungskräften leistungsorientierte Pensionen zugesagt und die daraus resultierende Verpflichtung an eine Pensionskasse übertragen habe. In der Übertragungsvereinbarung sei vorgesehen, dass sich die Beschwerdeführerin zur Bereitstellung eines Deckungskapitals verpflichte, das einem Deckungserfordernis zu einem Zinssatz von 6% entspreche. Das mit einem Zinssatz von 6% versicherungsmathematisch berechnete Deckungserfordernis reiche jedoch nicht aus, um die leistungsorientierten und wertgesicherten Zusagen an die Dienstnehmer zu befriedigen. Da die Beschwerdeführerin die direkte Leistungszusage nicht in eine beitragsorientierte Zusage umgewandelt habe, treffe sie eine unbeschränkte Nachschussverpflichtung gegenüber der Pensionskasse. Bei Pensionsantritt der Führungskräfte sei daher vom Versicherungsmathematiker eine Unterdeckung ermittelt und für die Nachschussverpflichtung gegenüber der Pensionskasse verteilt über 10 Jahre Vorsorge getroffen worden. Das vom Versicherungsmathematiker berechnete Nachschusserfordernis sei von der Pensionskasse bestätigt worden.

Es bestehe kein Zweifel daran, dass für eine wertgesicherte Pension ein Zinssatz von maximal 4% der Berechnung des Deckungskapitals zugrunde gelegt werden müsse. Die Beschwerdeführerin habe (nunmehr) einen Zinssatz von 3,5% in Ansatz gebracht. Nach dem Fachgutachten der Wirtschaftstreuhänder sei ein derartiger Zinssatz vorgeschrieben bzw. werde ein Zinssatz von 6% nicht mehr akzeptiert.

§ 14 Abs. 7 EStG 1988 regle ausschließlich direkte Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern und sei im konkreten Fall nicht anwendbar. Bei der Nachschussverpflichtung handle es sich um eine Verpflichtung, "die nach der Kenntnis zum Abschlussstichtag sicher eintritt, deren Höhe bzw. der Zeitpunkt des Eintritts jedoch unbestimmt sind." Für derartige Verpflichtungen sei nach § 198 Abs. 8 Z 1 UGB eine Rückstellung zu bilden. § 9 Abs. 1 EStG 1988 führe Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten explizit an, weshalb die handelsrechtlich gebildete Rückstellung auch für das Steuerrecht maßgeblich sei.

Auch gemäß § 124 EStG 1988 sei bei der Übertragung von Anwartschaften und Leistungsverpflichtungen aus Pensionskassen und direkten Leistungszusagen der Unterschiedsbetrag zwischen der steuerwirksam gebildeten Pensionsrückstellung und dem Deckungserfordernis zu aktivieren und gleichmäßig auf zehn Jahre verteilt abzusetzen.

Die Beschwerdeführerin habe den Unterschiedsbetrag zwischen Pensionsrückstellung und tatsächlichem Deckungserfordernis im Unternehmen zurückbehalten. Dieser entspreche der voraussichtlichen Nachschussverpflichtung. Es sei nicht sachgerecht, die Nachschussverpflichtung der Beschwerdeführerin abweichend zu behandeln, weil die Liquidität zunächst im Unternehmen verbleibe. Der in vielen Perioden angesammelte Aufwand betreffend Leistung des Nachschusses dürfe nicht erst im Jahr der Auszahlung (zusammengeballt) zu einem steuerlichen Aufwand führen.

Nach den Einkommensteuerrichtlinien sei eine konkret drohende Unterdeckung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr (auf Grundlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens) rückstellbar, wenn sie weder aus der Schwankungsrückstellung der Pensionskasse bedient noch über höhere laufende Beiträge ausgeglichen werden könne. Somit würden auch die Richtlinien im vorliegenden Fall eine Rückstellung für zulässig erachten.

Die Prüferin führte in einer Stellungnahme zur Berufung im Wesentlichen aus, dass keine Rückstellung gebildet werden könne, weil die Nachschussverpflichtung zum Bilanzstichtag nicht ausreichend konkretisiert gewesen sei. Den Abrechnungen der Pensionskasse sei zu entnehmen, dass die erforderlichen Beträge für Erhöhungen und Leistungsanpassungen etc. der Jahre 2000 und 2001 aus Arbeitgeberguthaben bzw. aus der Schwankungsrückstellung der Vorjahre hätte gedeckt werden können. Erst die Abrechnung 2002 ergebe eine Nachschusspflicht aufgrund fehlender Deckung. Eine Nachschussverpflichtung habe somit konkret erst 2002 gedroht.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, woraufhin die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und führte nach Anführung der Bezug habenden Gesetzesstellen aus, dass bei wertgesicherten Pensionsverpflichtungen auch in der Leistungsphase zur Berechnung des anzuwendenden Zinssatzes zwei Verfahren in Betracht kämen:

a) Eine Erhöhung der künftigen Pensionszahlungen um die erwartete Geldentwertungsrate und anschließende Diskontierung mit dem Nominalzinssatz für Industrieanleihen mittlerer Laufzeiten. Die Geldentwertungsrate betrage derzeit 1,5%, der Nominalzinssatz für Industrieanleihen etwa 5%. Im Falle einer künftigen Erhöhung des Nominalzinssatzes müsse die der Berechnung zugrundeliegende Geldentwertungsrate im gleichen Ausmaß angehoben werden.

b) Sofern die Geldwertanpassung nicht berücksichtigt werde, habe die Diskontierung der erwarteten künftigen Zahlungen mit dem Realzinssatz zu erfolgen. Der langfristige Realzinssatz liegt zwischen 3 bis 4% pro Jahr.

Die Beschwerdeführerin als Trägerunternehmen habe mit der Pensionskasse die nachstehend auszugsweise wiedergegebene Zusatzvereinbarung zum Pensionskassenvertrag abgeschlossen:

"I. Übertragung von Leistungsverpflichtungen

§ 1 Umfang der Pensionsverpflichtung

Das Trägerunternehmen überträgt der (Pensionskasse) und diese übernimmt die gegenüber den ehemaligen Dienstnehmern bzw. deren Hinterbliebenen bestehenden Pensionsverpflichtungen aufgrund von Einzelvertragszusagen. Die Daten der Berechtigten werden der Anlage 1 festgehalten und bei jeder neuen Übertragung auf den jeweils letzten Stand ergänzt.

§ 2 Umfang der Schuldübernahme

Die (Pensionskasse) verpflichtet sich, diese übernommenen und zu übernehmende Verpflichtungen nach Maßgabe des § 9 unbedingt zu erfüllen, erteilt jedoch hinsichtlich der Erfüllung der aus den in den Pensionszusagen enthaltenen Wertsteigerungsklauseln nur eine bedingte Zusage. Diese zusätzliche Zusage erfüllt sie insoweit voll, als das Trägerunternehmen bzw. deren Rechtsnachfolger der in § 6 vereinbarten Nachschußverpflichtung voll nachkommen.

§ 3 Umfang der Gegenleistung für die Schuldübernahme

Das Trägerunternehmen verpflichtet sich, den Gegenwert der von der (Pensionskasse) übernommenen Pensionsverpflichtungen bzw. in Zukunft zu übernehmenden Pensionsverpflichtungen zuzüglich allfälliger Zinsen gemäß § 9 der (Pensionskasse) zu überweisen. Darüberhinaus verpflichtet sich das Trägerunternehmen gegenüber der (Pensionskasse), den vom Aktuar ermittelten Wert aus der Nachschußpflicht gemäß der dafür vereinbarten Zahlungsbedingungen zu überweisen. Der Gegenwert entspricht dem Deckungserfordernis gemäß § 7 zum Übertragungsstichtag. Dabei wird von den in die Jahresabschlüsse einzustellenden Pensionsrückstellungen zum jeweiligen Abschlußstichtag ausgegangen. Für die in diesem Leistungsumfang nicht enthaltene Vorsorge für die Verwaltung des Bestandes gilt eine gesonderte Entgeltvereinbarung (siehe § 8).

§ 4 Leistungsvoraussetzung für strittige Wertsicherungsansprüche

Die (Pensionskasse) übernimmt die Leistungsverpflichtung aus den Verträgen in dem Umfang, wie diese vom Trägerunternehmen zu erfüllen sind. Sollten allfällige Nachzahlungsverpflichtungen aus allfälligen Rechtsstreitigkeiten zu erfüllen sein, wird die (Pensionskasse) diesen zusätzlichen Leistungsumfang nur unter der Bedingung und in dem Ausmaß erfüllen, als das Trägerunternehmen der daraus resultierenden Nachschußpflicht nachkommt. …

§ 6 Nachschußverpflichtung

Das Trägerunternehmen übernimmt gegenüber der (Pensionskasse) die im folgenden dargestellte Nachschußverpflichtung aus der Ergebnispoolingvereinbarung insbesondere zur Abdeckung der Wertsicherung: …

§ 7 Deckungserfordernisse

Das Deckungserfordernis der unbedingt zu übernehmenden Verpflichtungen wird für Zwecke der Ermittlung der Nachschußverpflichtung zum Übertragungsstichtag (jeweiliger Abschlußstichtag) und für alle Folgestichtage mit einem Rechnungszinsfuß von 6% und nach dem Teilwertverfahren errechnet. Das gleiche Berechnungsverfahren wird für die mit bedingter Zusage übernommene Wertsicherungszusage angewendet. Diese Deckungserfordernisse umfassen nicht die Verwaltungskostenrückstellung für die Verwaltung des übernommenen Vertragsbestandes. Diese Kostenverrechnung erfolgt gesondert. …"

Der von der Beschwerdeführerin für notwendig erachtete, für die Abzinsung des Deckungsstocks anzuwendende Zinssatz von 3,5% (Realzinssatz) ergebe sich daraus, dass sich das erforderliche Deckungskapital in der Anwartschaftsphase aufgrund erwarteter (künftiger) Lohnerhöhungen bzw. in der Leistungsphase um vereinbarte Wertsicherungsklauseln (erwartete Geldentwertung) erhöhe.

Eine Diskontierung mit dem Realzinssatz von 3,5% habe zu erfolgen, wenn die Geldwertanpassung bei Berechnung des erforderlichen Deckungskapitals nicht berücksichtigt werde. "Wird die Geldwertanpassung berücksichtigt (und das Deckungskapital somit a priori erhöht) ist der anzuwendende Zinssatz nicht mit dem Realzinssatz gleichzusetzen (sondern einem vergleichsweise höheren Zinssatz vgl. oben z.B. dem Zinssatz für Industrieanleihen). Beide Methoden sollten zum gleichen Ergebnis führen."

Gemäß § 7 des Zusatzes zum Pensionskassenvertrag würden in das von der Pensionskasse ermittelte Deckungserfordernis "nicht nur die übernommenen unbedingten Verpflichtungen in den Deckungsstock einbezogen, es finden auch die aufgrund der bedingten Zusage übernommenen Wertsicherungsbeträge in die Berechnung desselben Eingang. Da die Geldwertanpassung im Deckungskapital (mit)berücksichtigt wurde, kann der Realzinssatz schon aus diesem Grund nicht zur Anwendung gelangen."

Es verwundere in diesem Zusammenhang, wenn die Pensionskasse in einem Schreiben an die Beschwerdeführerin das Deckungskapital für nicht ausreichend erachte und eine Rückstellung in Höhe der Differenz zwischen dem Deckungserfordernis auf Basis eines Rechnungszinssatzes von 3,5% und (ihrem) Deckungskapital als aus versicherungsmathematischer Sicht für erforderlich halte.

"Indem die Ermittlung der Rückstellung auf der Gegenüberstellung der (vom Versicherungsmathematiker) mit Gutachten ermittelten Deckungserfordernisse, welcher seiner Berechnung wahlweise einen Zinssatz von 3,5% bzw. 6% unterstellt basiert, lässt die (Beschwerdeführerin) das von der Pensionskasse gebildete Deckungserfordernis außer Acht. Da das errechnete Deckungserfordernis lt. (Versicherungsmathematiker) wertmäßig über dem der (Pensionskasse) (bei gleichem Zinssatz und Stichtag (6%, 31.12.2000), (Versicherungsmathematiker) S 16.167.361,-

(Pensionskasse) S 15.185.937,-) liegt ist auch davon auszugehen, dass die vereinbarten Wertsicherungsbeträge in die Berechnung des von ihm erstellten Deckungserfordernisses Eingang gefunden haben.

Per 31.12.2001 wurde in das Gutachten (des Versicherungsmathematikers) eine weitere Führungskraft der (Beschwerdeführerin), (KR Adolf M) einbezogen. In den Abrechnungsunterlagen der (Pensionskasse) findet sich zu diesem Zeitpunkt noch kein Deckungserfordernis für (KR Adolf M), (sondern erst im Folgejahr), womit sich die für die Rückstellungsberechnung herangezogenen Grundlagen noch weiter von dem Deckungserfordernis laut (Pensionskasse) entfernt. Folgt man den Ausführungen lt. Berufungsbegehren, demzufolge eine Rückstellung für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 9 Abs. 1 EStG 1988 vorliegt, wäre die Rückstellung überdies infolge Einführung des § 9 Abs. 5 EStG 1988 ab 2001 mit 80% des Teilwertes zu bewerten gewesen."

Abgesehen von den dargestellten faktischen Bedenken sei festzuhalten, dass Pensionskassen bei Errechnung des erforderlichen Deckungskapitals nicht an die einschränkenden Bestimmungen des § 14 EStG 1988 (Rechnungszinsfuß 6%) gebunden seien. Werde - wie im Streitfall - der Übernahme der Verpflichtungen des Trägerunternehmens eine 6%ige Verzinsung zugrunde gelegt, sei davon auszugehen, dass die Pensionskasse die erforderliche Deckung bei diesem Zinssatz als gegeben angesehen habe.

Änderten sich die dem Geschäftsplan zugrundeliegenden Annahmen, wozu gemäß § 20 Abs. 2 Z 3 PKG auch der zugrunde gelegte Rechnungszinssatz zähle, hätten Pensionskassen bei drohender Unterdeckung Nachschüsse einzufordern.

Aus § 3 des Zusatzes zum Pensionskassenvertrag ergebe sich, dass der vom Aktuar ermittelte Wert der Nachschusspflicht der Beschwerdeführerin bekanntzugeben und von dieser zu überweisen sei. Rückstellbar werde die Nachschusspflicht dann, "wenn ein hinreichend konkretisierter Bedarf von Seiten der Pensionskasse kommuniziert wird." Der Verweis auf allgemeine, aus der Literatur abgeleitete Erfordernisse, wie er im Schreiben der Pensionskasse an die Beschwerdeführerin zum Ausdruck komme, stelle keine hinreichende Begründung zur Bildung einer Rückstellung für Nachschussverpflichtungen dar.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde - erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 EStG 1988 idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818/1993, können Rückstellungen nur gebildet werden für Anwartschaften auf Abfertigungen, laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen, sonstige ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

Rückstellungen für Anwartschaften auf Abfertigungen, laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen sind gemäß § 9 Abs. 2 EStG 1988 idF des Abgabenänderungsgesetzes 1998, BGBl. I Nr. 28/1999, nach § 14 leg. cit. zu bilden.

§ 9 Abs. 3 EStG 1988 legt als Voraussetzung für die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung fest, dass im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen der Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen ist.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid zutreffend davon aus, dass Nachschussverpflichtungen an Pensionskassen aus leistungsorientierten Verträgen sonstige ungewisse Verbindlichkeiten darstellen, die nach § 9 EStG 1988 rückstellbar sind. Sie vertritt allerdings die Ansicht, dass im Streitfall keine Rückstellung zu bilden sei, weil die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Berechnung des voraussichtlichen Aufwandes aus den auf die Pensionskasse übertragenen Pensionsverpflichtungen nicht stimme. Außerdem hätten Pensionskassen Nachschüsse einzufordern, wenn sich die ihrem Geschäftsplan zugrundeliegenden Annahmen änderten, wozu gemäß § 20 Abs. 2 Z 3 Pensionskassengesetz (PKG) auch der zugrunde gelegte Rechnungszinssatz zähle. Wenn die Pensionskasse ihren Berechnungen eine 6%ige Verzinsung zugrunde gelegt habe, sei davon auszugehen, dass sie die Deckung des voraussichtlichen Aufwandes aus den Pensionsverpflichtungen bei diesem Zinssatz als gegeben angesehen habe. Rückstellbar wäre - so die belangte Behörde weiter - eine Nachschussverpflichtung erst dann, "wenn ein hinreichend konkretisierter Bedarf von Seiten der Pensionskasse kommuniziert wird."

Dagegen wird in der Beschwerde vorgebracht, dass die Ausführungen der belangten Behörde zur Berechnung der Rückstellung insofern unverständlich seien, "als der voraussichtliche Aufwand aus den Pensionsverpflichtungen in einem ersten Schritt von einem Versicherungsmathematiker nach einer anerkannten Methode ermittelt wurde. Dem auf Grund eines Gutachtens ermittelten Betrag wurde sodann das in der Pensionskasse zur Verfügung stehende Deckungskapital gegenüber gestellt und nur der Differenzbetrag einer Rückstellung zugeführt. Es ist somit für die Höhe der Differenzrückstellung nicht mehr von Bedeutung, wie es zum Deckungskapital in der Pensionskasse gekommen ist."

Diesem Vorbringen kommt insoweit Berechtigung zu, als sich die belangte Behörde mit dem in den Verwaltungsakten einliegenden Gutachten betreffend die "Nachschussverpflichtungen für Pensionisten" zu den Stichtagen 31. Dezember 2000 und 31. Dezember 2001 nicht im Detail auseinandergesetzt hat. Sie legte zunächst dar, dass zur Berechnung des anzuwendenden Zinssatzes bei wertgesicherten Pensionsverpflichtungen zwei Verfahren in Betracht kämen und ging in weiterer Folge von einer unzulässigen Vermengung dieser Verfahren durch den Gutachter aus, weil das in den Gutachten ausgewiesene Deckungserfordernis über jenem der Pensionskasse liege. In Bezug auf den Stichtag 31. Dezember 2001 wies sie zudem darauf hin, dass der Gutachter auch KR Adolf M in seine Berechnungen einbezogen habe, für den sich in den Abrechnungsunterlagen der Pensionskasse zum besagten Stichtag noch kein Deckungserfordernis finde. Mit der vom Gutachter konkret angewandten Berechnungsmethode hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt. Feststellungen dahingehend, dass für KR Adolf M zum 31. Dezember 2001 kein Deckungserfordernis bestand, hat sie ebenfalls nicht getroffen. Damit ist aber schon deshalb eine abschließende Beurteilung der Frage nicht möglich, ob die Berechnungen des Gutachters stimmen oder nicht. Diesem Umstand kommt auch Bedeutung zu, weil § 9 Abs. 3 EStG 1988 als Voraussetzung für die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung festlegt, dass im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen der Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen ist. Auf die Kommunikation eines hinreichend konkretisierten Bedarfs von Seiten der Pensionskasse kommt es dabei schon deswegen nicht an, weil die Pensionskasse (bei z.B. fehlerhaften Berechnungen) einen solchen nicht zwingend erkennen muss.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Wenn sich im fortgesetzten Verfahren erweisen sollte, dass das von der Pensionskasse errechnete Deckungskapital wegen des in Ansatz gebrachten 6%igen Rechnungszinsfußes für die Bedienung der auf sie übertragenen Pensionsverpflichtungen von vornherein nicht ausreichend war, war ab Übertragung der Pensionsverpflichtungen auf die Pensionskasse mit entsprechenden Nachschüssen zu rechnen, für die Rückstellungen zu bilden gewesen wären. Diesfalls wird darauf hingewiesen, dass zu Unrecht unterbliebene Rückstellungen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in einem späteren Jahr nachgeholt werden können (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1997, 97/14/0015).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Die Höhe des Ersatzes des Schriftsatzaufwandes ist in der Verordnung festgelegt.

Wien, am 27. Juni 2012

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