VwGH 2008/11/0158

VwGH2008/11/015818.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des E B in S, vertreten durch Dr. Josef Lechner, Dr. Ewald Wirleitner, Mag. Claudia Oberlindober und Mag. Dr. Hubert Niedermayr, Rechtsanwälte in 4400 Steyr, Grünmarkt 8, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- u. Behindertenangelegenheiten vom 21. August 2008, Zl. 41.550/397- 9/08, betreffend Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
BEinstG §14 Abs1;
BEinstG §14 Abs2;
BEinstG §14 Abs3;
BEinstG §2 Abs1;
BEinstG §27 Abs1;
BEinstG §3;
KOVG 1957 §4;
KOVG 1957 §7 Abs2;
KOVG RichtsatzV 1965 §3;
AVG §66 Abs4;
BEinstG §14 Abs1;
BEinstG §14 Abs2;
BEinstG §14 Abs3;
BEinstG §2 Abs1;
BEinstG §27 Abs1;
BEinstG §3;
KOVG 1957 §4;
KOVG 1957 §7 Abs2;
KOVG RichtsatzV 1965 §3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundessozialamtes, Landesstelle Oberösterreich, vom 25. Feber 2008 wurde über Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten vom 5. November 2007, bei der Behörde eingelangt am 14. November 2007, gemäß §§ 2, 3, 14 und 27 Abs. 1 BEinstG festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab 14. November 2007 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehöre. Der Grad seiner Behinderung betrage 60 v.H.

Im Gutachten vom 29. Jänner 2008 heißt es unter anderem:

"...

Beurteilung nach § 14 Abs. 2 BEinstG, § 41 Abs. 1 BBG:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der tatsächlich bestehenden Gesundheitsschädigung, die voraussichtlich länger als 6 Monate andauern

ICD-Code

Pos.Nr. der RS

GdB

1

Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule, Bandscheibenvorfälle

 

191

40 %

2

Höhergradige Gonarthrose bds., Totaleendoprothese des li. Kniegelenkes

 

418

50 %

Gesamtgrad der Behinderung

60 v.H.

Begründung

Begründung der Einzeleinschätzung bei Rahmensätzen und abgestuften Richtsätzen, der Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung unter Außerachtlassung jener Gesundheitsschädigung mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H., sofern diese im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursachen.

Ad 1) Aufgrund der doch deutlichen Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule, der Bandscheibenvorfälle und der entsprechenden Klinik

Ad 2) Aufgrund der hochgradigen Gonarthrose bds.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 60 %. Hauptleiden ist das Leiden in Pkt. 2. Das Leiden in Pkt. 1 stellt eine wesentliche Erkrankung dar, hat eine ungünstige Auswirkung auf das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht und erhöht um 1 Stufe.

..."

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, dass "die Festlegung auf eine 60 %ige Behinderung zu wenig" sei und sich sein Gesundheitszustand seit 29. Jänner 2008 verschlechtert habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung - unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 1, § 3, § 10a Abs. 2, § 14 Abs.1 und 2 sowie § 27 Abs. 1 BEinstG - nicht Folge und wies (erkennbar) den Antrag des Beschwerdeführers vom 5. November 2007 mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG ab.

Die belangte Behörde stützte sich dabei auf das - nach Untersuchung des Beschwerdeführers am 18. Juni 2008 erstattete - Gutachten des Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. S. vom 7. Juli 2008, welches auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"...

Fortbewegung - Gangbild:

Ein hinkendes Gangbild mit 2 Unterarmstützkrücken wird demonstriert. Nach dem Verlassen der Ordination auf dem Weg zum Auto kein Hinken mehr und keine Gewichtsverlagerung auf die Krücken. Beurteilung nach § 14 Abs. 2 BEinstG, § 41 Abs. 1 BBG:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der tatsächlich bestehenden Gesundheitsschädigungen, die voraussichtlich länger als 6 Monate andauern

ICD-Code

Pos.Nr. der RS

GdB

01

Gonarthrose re. mit Bewegungseinschränkung, gute Belastbarkeit, geringer Reizzustand

 

418

40 %

02

Zust. n. Knieprothesenimplantation li., sehr gutes Operationsergebnis

 

418

20 %

03

Bekannte degenerative Lendenwirbelsäulenerkrankung, kein neurologisches Defizit, kein Reizzustand

 

190

20 %

Gesamtgrad der Behinderung

40 v.H.

Begründung

Begründung der Einzeleinschätzung bei Rahmensätzen und abgestuften Richtsätzen, der Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung unter Außerachtlassung jener Gesundheitsschädigung mit einem Ausmaß von weniger als 20 v. H., sofern diese im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigen verursachen.

Es besteht eine Arthrose des re. Kniegelenks, diese jedoch gut belastbar und ohne wesentliche Reizzeichen, dbzgl. Pos. 418 und 40 %.

Am li. Kniegelenk besteht ein Zust.n.

Knieprothesenimplantation - perfektes Operationsergebnis -

Pos. 418 und 20 %.

An der Lendenwirbelsäule besteht eine bekannte degenerative Lendenwirbelsäulenerkrankung, kein Reizzustand, gute Beweglichkeit, keine Funktionseinschränkung, dbzgl. Pos. 190 und 20 %.

Da das li. Kniegelenk und die Lendenwirbelsäule jeweils ohne relevanten Reizzustand sind, kommt es zu keiner Steigerung. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 %.

Zum Berufungsschreiben des Berufungswerbers ist zu sagen, dass eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nicht nachvollziehbar ist. Die beigelegten Befunde Abl. 14/2-65 werden zur Kenntnis genommen und in das Gutachten miteinbezogen.

Die Fußsohlenbenützungszeichen sind beim Berufungswerber völlig seitengleich, an beiden Handflächen hat er keine typischen Schwielen, wie dies beim Gehen mit Unterarmstützekrücken zwingend notwendig wäre. Die Gummistoppeln beider Krücken zeigen keine Abnützungszeichen, obwohl sie der Berufungswerber angeblich seit Jahren verwendet.

Beide Unter- und Oberschenkel zeigen identische Umfangmasse und eine kräftig ausgeprägte Muskulatur. Dies dürfte bei starken Schmerzen, so wie sie der Kläger schildert, nicht so sein. Dann käme es zu Muskelrückbildung an den Beinen.

Das Vorgutachten vom 29.01.2008 Dr. A beurteilte die Kniegelenke mit Pos. 418 und obersten Rahmensatz von 50 %. Dies ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt, da der Reizzustand und die Bewegungseinschränkung an beiden Kniegelenken gering sind. Daher Pos. 418 und 40 %.

Das Vorgutachten beurteilte die Wirbelsäule mit Pos. 191 und 40 %. Dies ist nicht gerechtfertigt, da kein relevanter Reizzustand vorhanden ist, keinerlei neurologische Ausfälle und eine gute Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule. Daher Pos. 190 und 20 %.

..."

Mit Schreiben vom 16. Juli 2008 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter Anschluss des Gutachtens das Ergebnis der Beweisaufnahme mit und forderte ihn zur Stellungnahme auf. Der Beschwerdeführer ließ dieses Schreiben unbeantwortet.

Die belangte Behörde erließ in der Folge den angefochtenen Bescheid. Nach Darstellung der maßgebenden Rechtsvorschriften und nach einem Hinweis auf die gemäß § 7 Abs. 2 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 ergangene Richtsatzverordnung vom 9. Juni 1965 über die Einschätzung des Grades der Behinderung sowie nach Bezugnahme auf die hg. Rechtsprechung gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass auf Grundlage des ihr vorliegenden schlüssigen Sachverständigengutachten Dris. S. von einem Grad der Behinderung des Beschwerdeführers von 40 v.H. auszugehen sei. Dem Beschwerdeführer sei das Gutachten zur Kenntnis gebracht worden, er habe dagegen keine Einwendungen erhoben. Da ein Grad der Behinderung von 50 v. H. - entgegen dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten - nicht erreicht werde, sei die belangte Behörde gemäß §§ 60 und 66 Abs. 4 AVG verpflichtet, in der Sache selbst zu entscheiden und ihre Anschauung an die Stelle jener der erstinstanzlichen Behörde zu setzen. Dementsprechend sei dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes - BEinstG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2005 lauten (auszugsweise):

"Begünstigte Behinderte

§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. Österreichischen Staatsbürgern sind Flüchtlinge mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H., denen Asyl gewährt worden ist, gleichgestellt, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind. ...

Behinderung

§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

...

Feststellung der Begünstigung

§ 14. (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 v.H.

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z. 2 Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Bescheides bzw. Urteiles folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen.

(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Behinderten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung (Abs. 3) festzustellen. ...

(3) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen. Diese Bestimmungen haben die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf das allgemeine Erwerbsleben zu berücksichtigen und auf den Stand der medizinischen Wissenschaft Bedacht zu nehmen.

(4) ...

Übergangsbestimmungen

§ 27. (1) Bis zum Inkrafttreten der Verordnung gemäß § 14 Abs. 3 sind für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

(2) ..."

Da eine Verordnung gemäß § 14 Abs. 3 BEinstG noch nicht erlassen wurde, hatte die belangte Behörde zu Recht (§ 27 Abs. 1 BEinstG) die auf Grund des § 7 Abs. 2 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 ergangene Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150, über die Richtsätze für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Vorschriften des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 und die in der Anlage zu dieser Verordnung genannten Richtsätze heranzuziehen. Die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände hat nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach § 3 der oben genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Gesamtleidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller gemäß § 4 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 2009, Zl. 2007/11/0017, mit weiteren Nachweisen).

Der Beschwerdeführer behauptet in der Beschwerde nicht, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von der in der zitierten Rechtsprechung beschriebenen Vorgangsweise abgewichen wäre. Er macht jedoch geltend, dass die Behörde entgegen dem Grundsatz (offensichtlich gemeint: des Verbots) der "reformatio in peius" einen ihn begünstigenden Bescheid aufgehoben habe. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung vorgebracht, dass sich sein Zustand seit der letzten Untersuchung verschlechtert habe und die belangte Behörde komme im Gegenteil zu dem Ergebnis, dass sich der Zustand des Beschwerdeführers gebessert habe. Die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt, die gegebene Verschlechterung des Leidens nicht berücksichtigt und habe dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit zur Erörterung eingeräumt und so im Parteiengehör verletzt.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Aufgabe der Behörde nach § 14 Abs. 2 BEinstG ist es, auf Antrag unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung einzuschätzen. Erreicht der ermittelte Grad der Behinderung wenigstens 50 v.H., so ist er - sofern die in § 2 Abs. 1 leg. cit. vorgesehenen sonstigen Voraussetzungen zutreffen - festzustellen und unter einem - insofern untrennbar - auch die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten auszusprechen. Da § 2 Abs. 1 BEinstG für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten einen Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. verlangt, kann nämlich die Feststellung der Behörde, dass eine Person dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört, nicht alleine bestehen, sondern nur unter der Voraussetzung der (weiteren) behördlichen Feststellung, dass der Grad der Behinderung dieser Person mindestens 50 v.H. beträgt. Erreicht der ermittelte Grad der Behinderung nicht 50 v.H., so ist der Feststellungsantrag abzuweisen.

Ein erstinstanzlicher Bescheid, mit dem ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 v.H. festgestellt wurde, der den Ausspruch der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach sich zieht, kann folglich im Berufungsverfahren gemäß § 66 Abs. 4 AVG auch zu Lasten des Betreffenden abgeändert werden. Ergibt sich im Berufungsverfahren entgegen der Annahme der Erstbehörde, dass der Grad der Behinderung 50 v.H. nicht erreicht, ist der das Verfahren auslösende Feststellungsantrag abzuweisen.

Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers hat der von der belangten Behörde im Hinblick auf die Art der geltend gemachten Leiden beigezogene Facharzt für Orthopädie nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers sämtliche Funktionsbeeinträchtigungen des Bewegungsapparates des Beschwerdeführers berücksichtigt, er kam jedoch zu dem Ergebnis, dass nicht eine Verschlechterung des Leidens des Beschwerdeführers eingetreten ist, sondern dass schon die Beurteilung des im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen medizinischen Sachverständigen (eines Arztes für Allgemeinmedizin) unrichtig war, und hat dies in seinem Gutachten im Einzelnen begründet. Gegen die Auffassung der belangten Behörde, dieses Gutachten sei als schlüssig anzusehen, bringt der Beschwerdeführer nichts Stichhältiges vor und bestehen auch sonst keine Bedenken.

Der Beschwerdeführer behauptet ferner in aktenwidriger Weise, dass ihm nur das "Ergebnis" in groben Zügen mitgeteilt, jedoch keine Möglichkeit der Stellungnahme zu den Unterlagen eingeräumt und er im Parteiengehör verletzt worden sei. Dem gegenüber folgt aus dem Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens, dass dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 16. Juli 2008 die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens unter Beischluss des eingeholten Gutachtens zur Kenntnis gebracht wurden und er zur Stellungnahme binnen zwei Wochen aufgefordert wurde. Die Zustellung erfolgte nach dem im Akt erliegenden Zustellnachweis am 18. Juli 2008. Der Beschwerdeführer hatte somit hinreichend Gelegenheit, zu den Ausführungen des Sachverständigen Stellung zu nehmen. Dass er auf dieses Schreiben bzw. den Inhalt des Sachverständigengutachtens nicht reagierte, kann nicht der belangten Behörde als Verfahrensfehler zugerechnet werden. Im Übrigen zeigt der Beschwerdeführer - wie schon oben erwähnt - auch in seiner Beschwerde nicht durch konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen auf, auf Grund welcher Umstände sich das eingeholte orthopädische Fachgutachten als unschlüssig oder ergänzungsbedürftig erweisen würde.

Es kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangte, dass dem Begehren des Beschwerdeführers, anders als es die erstinstanzliche Behörde beurteilt hatte, mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG nicht stattgegeben werden könne.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 18. Mai 2010

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