Normen
FamLAG 1967 §2;
GrundsicherungG Tir 2006;
GrundsicherungV Tir 2006 §5 Abs1 lita Z4;
RehabilitationsG Tir 1983 §13 Abs1;
VwRallg;
FamLAG 1967 §2;
GrundsicherungG Tir 2006;
GrundsicherungV Tir 2006 §5 Abs1 lita Z4;
RehabilitationsG Tir 1983 §13 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. April 2008 wurden dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom 31. Jänner 2008 gemäß § 13 Tiroler Rehabilitationsgesetz (TRG) iVm den Bestimmungen des Tiroler Grundsicherungsgesetzes (TGSG) und der Tiroler Grundsicherungsverordnung (TGSV) für den Zeitraum vom 1. April 2008 bis 31. März 2009 eine monatliche Unterstützung für die Hilfe zum Lebensunterhalt in der Höhe von EUR 240,62 sowie in den Monaten März, Juni, September und Dezember je eine Sonderauszahlung im Ausmaß von 50 v.H. des ungekürzten Richtsatzes für sonstige Mitunterstützte sowie für Bezieher der erhöhten Familienbeihilfe gewährt.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt sei der Richtsatz für sonstige Mitunterstützte sowie für Bezieher der erhöhten Familienbeihilfe herangezogen worden. Als Einkommen des Beschwerdeführers seien der (von seiner Mutter bezahlte monatliche) Unterhalt in der Höhe von EUR 231,20 und die Mietzinsbeihilfe in Höhe von EUR 178,-- herangezogen worden. Als Ausgaben seien die Miete in der Höhe von EUR 365,-- und die Betriebskosten in der Höhe von EUR 137,12 berücksichtigt worden. Daraus ergebe sich eine monatliche Hilfe zum Lebensunterhalt in der Höhe von EUR 240,62.
Die gegen diesen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde von diesem mit Beschluss vom 23. September 2008, B 1025/08-7, abgelehnt und mit Beschluss vom 17. Dezember 2008, B 1025/08-9, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Rehabilitationsgesetzes, LGBl. Nr. 58/1983 idF LGBl. Nr. 22/2006 (TRG), lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 13
Hilfe zum Lebensunterhalt
(1) Gerät ein Behinderter in eine Notlage im Sinne des § 1 Abs. 2 des Tiroler Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 105/1973, in der jeweils geltenden Fassung, so sind ihm und seinen mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden gesetzlich unterhaltsberechtigten Angehörigen für die Dauer der Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen nach diesem Gesetz Leistungen in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Tiroler Sozialhilfegesetzes zu gewähren.
…"
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler
Grundsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 20/2006 (TGSG), lauten
auszugsweise wie folgt:
"§ 1
Allgemeines
(1) Die Grundsicherung ist die öffentliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens.
(2) Die Grundsicherung ist nach diesem Gesetz Personen zu gewähren, die sich in einer Notlage befinden.
(3) In einer Notlage im Sinne dieses Gesetzes befindet sich, wer
a) den Lebensunterhalt für sich nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von Dritten erhält oder
b) außergewöhnliche Schwierigkeiten in seinen persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnissen - im Folgenden besondere Lebenslage genannt - nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß selbst oder mit Hilfe Dritter bewältigen kann.
…
§ 3
Formen und Ausmaß der Grundsicherung
(1) Die Grundsicherung wird in Form von Geldleistungen oder Sachleistungen gewährt.
…
(6) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über Arten, Formen und Ausmaß der Grundsicherung zu erlassen. Hierbei sind unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Tirol für die Bemessung des Lebensunterhaltes Richtsätze festzusetzen. …
…
§ 6
Lebensunterhalt
(1) Der Lebensunterhalt umfasst den Aufwand für die allgemeinen Grundbedürfnisse, wie Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege und Hausrat, sowie den Aufwand für die besonderen persönlichen Bedürfnisse. Zu den besonderen persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zum sozialen Umfeld und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.
(2) Bei der Unterkunft besteht die Grundsicherung in der Übernahme der Miet-, Betriebs- und Heizkosten, sofern sie den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechen, …
…
§ 40
In-Kraft-Treten
(1) Dieses Gesetz tritt mit 1. März 2006 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Tiroler Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 105/1973, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 27/2004, außer Kraft.
…"
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Tiroler
Grundsicherungsverordnung, LGBl. Nr. 28/2006 idF LGBl. Nr. 96/2007
(TGSV), lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 1
Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes
Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasst
Maßnahmen zur Deckung des Aufwandes für:
a) Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege, Instandhaltung der Bekleidung, Kleinhausrat, Reinigung, Bildung und Erholung in einem für den Hilfesuchenden angemessenen Ausmaß, Benützung von Verkehrsmitteln und sonstige kleinere Bedürfnisse des täglichen Lebens,
b) Unterkunft (insbesondere Mietkosten einschließlich Kautionen, unabdingbarer Kosten für die Errichtung von Bestandverträgen, der Kosten einer allfälligen Grundausstattung mit Möbeln und erforderlichem Hausrat; Betriebs- und Heizkosten),
c) Bekleidung.
…
§ 5
Bemessung des Lebensunterhaltes
(1) Soweit die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form von Geldleistungen gegeben wird, sind unter Anrechnung der nach § 3 des Tiroler Grundsicherungsgesetzes einzusetzenden eigenen Kräfte und Mittel zu gewähren:
a) zur Deckung des Aufwandes im Sinne des § 1 lit. a monatliche Leistungen bis zu folgenden Höchstbeträgen (Richtsätze):
1. für Alleinstehende
EUR 444,10
- 2. für Hauptunterstützte
EUR 380,00
- 3. für Mitunterstützte ohne Anspruch auf Familienbeihilfe EUR 264,30
- 4. für sonstige Mitunterstützte sowie für Bezieher der
erhöhten Familienbeihilfe
EUR 147,70.
b) zur Deckung des Aufwandes für die Unterkunft im Sinne des § 1 lit. b nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 des Tiroler Grundsicherungsgesetzes eine Beihilfe in Höhe der tatsächlichen Kosten unter Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit;
…"
Da das TGSG mit seinem Inkrafttreten am 1. März 2006 das TSHG abgelöst hat, kommt es für die Frage, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 13 Abs. 1 TRG zusteht, darauf an, ob er einen Anspruch auf Leistungen nach dem TGSG hat. Dies wird auch von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, für den Beschwerdeführer als Bezieher der erhöhten Familienbeihilfe sei der Richtsatz gemäß § 5 Abs. 1 lit. a Z. 4 TGSV maßgeblich und nicht der Richtsatz gemäß § 5 Abs. 1 lit. a Z. 1 TGSV für Alleinstehende.
Dagegen wendet sich die beschwerdeführende Partei mit dem bereits in ihrer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof herangetragenen Vorbringen, die Heranziehung des Richtsatzes gemäß § 5 Abs. 1 lit. a Z. 4 TGSV habe zur Folge, dass dem Beschwerdeführer von seinem gesamten Familienbeihilfebezug in Höhe von EUR 341,90 monatlich gerade ein Betrag von EUR 2,62 verbleibe, um seine durch die Behinderung bedingten Mehraufwendungen abzudecken. Dadurch werde die Intention des § 12a FLAG unterlaufen, die Familienbeihilfe als Betreuungshilfe ausschließlich für jene Person, für die sie bezahlt werde, zu verwenden. Sie diene im gegenständlichen Fall vielmehr der Finanzierung von Sozialhilfemaßnahmen, die auch Personen, die nicht die erhöhte Familienbeihilfe bezögen und die keine durch eine Behinderung erhöhten Bedürfnisse hätten, im selben Ausmaß erhielten. Diese Vorgangsweise widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 2007, Zl. 2006/10/0200, und vom 28. Jänner 2008, Zl. 2007/10/0183), nach der dem Sozialhilfeempfänger zumindest der Erhöhungsbetrag der Familienbeihilfe für seine erhöhten Bedürfnisse zu verbleiben habe.
Die Behörde hätte daher prüfen müssen, welche erhöhten Bedürfnisse der Beschwerdeführer auf Grund seiner Behinderung habe, und in weiterer Folge bei der Berechnung der Sozialhilfe nicht den Richtsatz gemäß § 5 Abs. 1 lit. a Z. 4 TGSV, sondern wie bisher jenen der Z. 1 leg. cit. für Alleinstehende anwenden oder im Rahmen des ihr zukommenden Ermessens einen den behinderungsbedingten Bedürfnissen des Beschwerdeführers entsprechenden Wert ausmitteln müssen.
Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18. Februar 2010, Zl. 2008/10/0126, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat, sieht § 5 Abs. 1 lit. a Z. 4 TGSV speziell für Hilfsbedürftige, die Bezieher der erhöhten Familienbeihilfe sind, einen eigenen Richtsatz vor. Dieser Richtsatz ist auf Bezieher der erhöhten Familienbeihilfe ohne Rücksicht darauf anzuwenden, ob sie in Familiengemeinschaft wohnen oder alleinstehend sind (so auch die Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf der TGSV).
Gerade in dem in der Beschwerde zitierten Erkenntnis vom 14. Dezember 2007, Zl. 2006/10/0200, auf das im weiters zitierten Erkenntnis vom 28. Jänner 2008, Zl. 2007/10/0183, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass jene Fälle zu unterscheiden sind, in denen sich der Verfassungsgerichtshof mit der Zulässigkeit der Heranziehung der Familienbeihilfe zur Abdeckung der Kosten gewährter Sozialhilfemaßnahmen zu beschäftigen hatte (vgl. dazu die Darstellung im hg. Erkenntnis vom 15. September 2003, VwSlg. 16.163/A), und jene Fälle - wie den hier vorliegenden -, in denen es nicht um den Zugriff auf die Familienbeihilfe zur (teilweisen) Finanzierung von Maßnahmen der Sozial- und Behindertenhilfe geht, sondern darum, einem Hilfsbedürftigen zusätzlich zu den ihm bereits von anderer Seite zur Verfügung gestellten Mitteln und unter Berücksichtigung dieser Mittel Hilfe zur Sicherung seines Lebensunterhaltes zu gewähren.
Es besteht aber keinerlei Anhaltspunkt für die Annahme, die Berücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Bemessung der zustehenden Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes unterlaufe - so die Beschwerde - die dem Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) vom Bundesgesetzgeber zugedachte Zielsetzung. Die Länder sind aus verfassungsrechtlicher Sicht nämlich nicht gehindert, bundesgesetzlich vorgesehene Geldleistungen der Behindertenhilfe auf gleichartige landesgesetzlich vorgesehene Leistungen anzurechnen. Verwehrt ist es ihnen im Allgemeinen jedoch, eine Konstruktion zu wählen, die dazu führen kann, dass bundesgesetzlich gebührende Geldleistungen zur Deckung der Kosten anderer landesgesetzlich vorgesehener Hilfsmaßnahmen herangezogen werden (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2007). Eine solche Konstruktion liegt hier jedoch - wie gesagt - nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 14. Juni 2012
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