Normen
AlVG 1977 §10 Abs1 Z4;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs4;
AlVG 1977 §9;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AlVG 1977 §10 Abs1 Z4;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs4;
AlVG 1977 §9;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 9. Jänner 2008, mit dem der Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 9. Jänner bis 19. Februar 2008 ausgesprochen wurde, abgewiesen.
Die belangte Behörde ging davon aus, mit dem Beschwerdeführer sei anlässlich dessen persönlicher Vorsprache am 30. November 2007 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vereinbart worden, dem Arbeitsmarktservice Eigenbewerbungen vorzulegen; in der Niederschrift vom 30. November 2007 sei eine eigene Bewerbung oder Aufzeichnung pro Woche vorgesehen worden.
Bei der nächsten Vorsprache am 17. Dezember 2007 habe der Beschwerdeführer keine Nachweise über eine Eigeninitiative erbringen können. Dem Beschwerdeführer seien die gesetzlichen Bestimmungen nochmals erläutert worden; es sei neuerlich eine Vereinbarung betreffend Eigenbewerbungen getroffen worden (eine Bewerbung bzw. Aufzeichnung pro Woche).
Bei der nächsten Vorsprache am 9. Jänner 2008 habe der Beschwerdeführer wiederum keine Nachweise über eine Eigeninitiative erbringen können.
In einer Stellungnahme vom 12. Februar 2008 habe der Beschwerdeführer angegeben, vom 4. bis 14. Dezember 2007 im Krankenstand gewesen zu sein; er habe auch eine Therapiekarte beigelegt. Weiters habe er eine Liste betreffend Bewerbungsaktivitäten beigelegt, auf welcher sich die Stempel von drei Firmen befänden, bei denen sich der Beschwerdeführer vom
14. bis 30. Jänner 2008 beworben habe.
Der Arbeitslose verliere den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von sechs Wochen, wenn er auf Aufforderung durch das Arbeitsmarktservice nicht bereit oder in der Lage sei, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen. Das Ausmaß der vom Arbeitsmarktservice forderbaren Eigeninitiative hänge im Einzelfall vom Alter, dem Gesundheitszustand, der Bildung und Ausbildung des Arbeitslosen ab. In der Regel könne davon ausgegangen werden, dass eine Bewerbung pro Woche ein Minimum an zu erwartender Eigeninitiative sei.
Der Beschwerdeführer habe Berufserfahrung als Verputzer. Gesundheitliche Einschränkungen seien der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice nicht bekannt gegeben worden. Dem Beschwerdeführer stünden somit sämtliche offene Stellen, auch jene, die nicht dem Arbeitsmarktservice gemeldet würden, zur Bewerbung zur Verfügung. Gerade am Wiener Arbeitsmarkt, der sich durch seine besondere Dynamik auszeichne, erscheine im Zusammenhang mit der bisherigen Berufserfahrung des Beschwerdeführers eine Eigenbewerbung pro Woche als durchaus zumutbar.
Der Beschwerdeführer habe im relevanten Zeitraum (17. Dezember 2007 bis 9. Jänner 2008) keine Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung unternommen. Die im Berufungsverfahren nachgereichten Nachweise würden den Zeitraum nach dem 9. Jänner 2008 betreffen und seien daher für die Berufung nicht relevant. Der in der Stellungnahme angeführte Krankenstand sei vor dem 17. Dezember 2007 gelegen und finde daher auch keine Berücksichtigung.
Für die Glaubhaftmachung der eigenen Anstrengungen müssten nicht Bestätigungen von den Firmen erbracht werden, es genügten glaubwürdige Hinweise, wie etwa Kopien von Bewerbungsschreiben, Name, Adresse und Telefonnummer der Firma, oder die Angabe der Kontaktperson, mit der telefoniert worden sei oder ein Vorstellungsgespräch stattgefunden habe.
Der Zeitraum vom 17. Dezember 2007 bis 9. Jänner 2008 umfasse drei Wochen, es wären daher insgesamt drei Bewerbungen vorzulegen gewesen; der Beschwerdeführer habe aber keine Nachweise über Eigenbewerbungen erbracht.
Nachsichtsgründe seien keine vorgebracht worden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer u.a. bereit ist, von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
Wenn die arbeitslose Person auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen, so verliert sie nach § 10 Abs. 1 Z 4 AlVG für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Das Arbeitsmarktservice kann einen Arbeitslosen nach § 10 Abs. 1 Z 4 AlVG auffordern, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen. Wird eine solche Aufforderung dahingehend konkretisiert, dass der Arbeitslose in bestimmter Zeit eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachweisen soll, kann dies aber nichts daran ändern, dass der Arbeitslose dennoch nur nachweisen muss, dass er ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung gemacht hat.
Es ist Aufgabe der Behörde zu beurteilen, ob die nachgewiesenen Anstrengungen unter den konkreten Verhältnissen vor dem Hintergrund des - ebenfalls darzustellenden - Umfeldes auf dem konkret in Frage kommenden Teil des Arbeitsmarktes nach den persönlichen Verhältnissen des Arbeitslosen ausreichend waren oder nicht. Kommt sie zum Ergebnis, die Anstrengungen seien nicht ausreichend, hat sie ihre diesbezüglichen Erwägungen in der Begründung des Bescheides darzulegen. Die Bescheidbegründung hat eine Würdigung der Anstrengungen zu enthalten. Hiebei ist das Gesamtverhalten des Arbeitslosen von der Aufforderung bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2006, Zl. 2005/08/0041, mwN).
Im hier zu beurteilenden Fall hatte die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Beschwerdeführer am 30. November 2007 und neuerlich am 17. Dezember 2007 aufgefordert, Nachweise über eine Eigenbewerbung pro Woche vorzulegen. Der Beschwerdeführer erbrachte keinen Nachweis über eigene Bewerbungen bis zum 9. Jänner 2008.
Zutreffend verweist die belangte Behörde darauf, dass - im Berufungsverfahren vorgelegte - Nachweise für Bewerbungen nach dem 9. Jänner 2008 hier nicht entscheidend sind, da das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers ab der Aufforderung lediglich bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu beurteilen ist.
Nicht gefolgt werden kann aber der Meinung der belangten Behörde, dass das Verhalten des Beschwerdeführers vor dem 17. Dezember 2007 - zur Gänze - ausgeblendet werden könne. Die Aufforderung zum Nachweis von Eigenbewerbungen erfolgte bereits mit 30. November 2007. Damit ist aber - im Sinne der Beurteilung des Gesamtverhaltens - zu berücksichtigen, dass (wie sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten ergibt und auch in der Gegenschrift zugestanden wird) sich der Beschwerdeführer am 6. Dezember 2007 bei einem Unternehmen vorstellte. Dabei handelte es sich zwar um keine Eigenbewerbung, sondern um eine von der regionalen Geschäftsstelle vermittelte Beschäftigung, die Vorstellung erfolgte aber zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Beschwerdeführer wegen Schmerzen und Beschwerden infolge eines Arbeitsunfalls aus dem Jahr 2005 im Krankenstand (vom 4. bis 14. Dezember 2007) befand. Dieser Umstand ist aber in die Gesamtbeurteilung, ob der Beschwerdeführer ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung gemacht hat, einzubeziehen.
Dass der Beschwerdeführer im Zeitraum ab dem 30. November 2007 bis zum 14. Dezember 2007 keine Eigenbewerbungen nachgewiesen hat, ist durch seinen Krankenstand gerechtfertigt.
In seiner Berufung hatte der Beschwerdeführer geltend gemacht, er sei jedes Jahr von etwa Mitte Dezember bis Februar/März des darauf folgenden Jahres, je nach Wetterbedingungen, arbeitslos gemeldet. Diese Arbeitslosigkeit beruhe darauf, dass er einen Beruf (Verputzer) ausübe, der vom Wetter abhängig sei und bei Minusgraden oder sehr niedrigen Temperaturen nicht ausgeübt werden dürfe. Dies sei auch der Grund, warum die meisten Firmen, bei denen er sich bewerben könnte, geschlossen hätten. Auch habe er eine Wiedereinstellungszusage seines bisherigen Unternehmens.
Hiezu ist zunächst auszuführen, dass eine Wiedereinstellungszusage einer Vermittlung des Beschwerdeführers nicht entgegen steht (vgl. § 9 Abs. 4 AlVG); ebenso kann der Beschwerdeführer ungeachtet einer Wiedereinstellungszusage zu Eigenbewerbungen aufgefordert werden. Dass zur Frage einer Wiedereinstellungszusage keine Feststellungen getroffen wurden, begründet daher keinen relevanten Verfahrensmangel.
Im Rahmen der Gesamtbeurteilung hat die Behörde aber - wie bereits oben ausgeführt - auch auf das von ihr darzustellende Umfeld auf dem konkret in Frage kommenden Teil des Arbeitsmarktes Bedacht zu nehmen. Derartige Feststellungen - und damit eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen - fehlen aber. Von vornherein aussichtslose Bewerbungen zu verlangen, ist nicht zulässig (vgl. Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz Praxiskommentar, 4. Lfg., § 9 Rz 222). Im Hinblick auf den notorischen Umstand, dass im Zeitraum vom 17. Dezember 2007 bis 9. Jänner 2008 infolge der Weihnachtsfeiertage nur 12 Arbeitstage liegen und überdies (im Hinblick auf die regelmäßig gegebene Witterung in diesem Zeitraum) Bauarbeiten häufig unterbrochen (oder nicht begonnen) werden, wären aber diese Feststellungen zur Beurteilung der Frage notwendig gewesen, ob in diesem Zeitraum Bewerbungen - insbesondere auch persönliche Vorstellungen - überhaupt möglich und nicht von vornherein aussichtslos gewesen wären.
Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid - an sich zutreffend (vgl. etwa den im hg. Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 96/08/0241, zitierten Ausschussbericht, 1222 BlgNR 18. GP, 2) - aus, für die Glaubhaftmachung der eigenen Anstrengungen müssten nicht Bestätigungen der (potentiellen) Arbeitgeber erbracht werden, es genügten glaubwürdige Hinweise wie etwa Kopien von Bewerbungsschreiben, Name, Adresse und Telefonnummer des Arbeitgebers, Angabe der Kontaktperson, mit der telefoniert worden sei oder ein Vorstellungsgespräch stattgefunden habe. Den vorgelegten Verwaltungsakten kann aber eine Belehrung des Beschwerdeführers in diesem Sinne (bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides) nicht entnommen werden. In den Aufforderungen vom 30. November und 17. Dezember 2007 heißt es vielmehr, der Beschwerdeführer werde beauftragt, "wöchentlich Neukontakt mindestens 1 eigene Bewerbungen unter Angabe des Firmennamens, der Kontaktperson, sowie Zeitpunkt und Ort der Bewerbung" vorzulegen. Im Hinblick darauf, dass auch Zeitpunkt und Ort der Bewerbung anzugeben seien (wobei nicht anzunehmen ist, dass mit Ort der Bewerbung der Ort der Absendung einer schriftlichen Bewerbung gemeint sein könnte), konnte der Beschwerdeführer davon ausgehen, er solle persönliche Vorstellungen nachweisen. Wenn derartige persönliche Vorstellungen aber in diesem Zeitraum von vornherein nicht aussichtsreich waren, so könnte die Unterlassung derartiger Bewerbungen bei einer Gesamtbeurteilung des Verhaltens nicht dem Beschwerdeführer zur Last gelegt werden.
Die belangte Behörde hat eine entsprechende Begründung (zum Umfeld auf dem konkret in Frage kommenden Teil des Arbeitsmarktes im zu beurteilenden Zeitraum) im angefochtenen Bescheid offenbar in Verkennung der Rechtslage unterlassen und sich bei Erlassung des angefochtenen Bescheides tragend nur darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer die aufgetragenen Bewerbungsnachweise nicht vorgelegt hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Eine Kostenentscheidung hatte zu unterbleiben, da der Beschwerdeführer keinen Aufwandersatz beantragte (§ 59 Abs. 1 VwGG). Wien, am 7. September 2011
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