VwGH 2008/08/0025

VwGH2008/08/002518.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des Ing. W in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 12. Dezember 2007, Zl. 2007-0566-9- 000108, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem in Bezug von Notstandshilfe stehenden Beschwerdeführer wurde vom Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle Hietzinger Kai (in der Folge: AMS Hietzinger Kai), am 25. April 2007 eine Beschäftigung als Heizungstechniker zugewiesen. Die im Akt befindliche Stellenbeschreibung lautet auszugsweise wie folgt (Rechtschreibfehler im Original):

"T(...)GMBH - Grundsatz- und Projektstudien, Projektleitung, Montageaufsicht, Stellungnahmen und Gutachten, sind einige unserer Diesnstleistungsangebote im In- und Ausland.

Nun stellen wir ab sofort und zu guten Bedingungen eine/n einsatzbereite/n HKLS-PROJEKTANT/IN // TECHNIKER/IN oder 1 Heizungstechniker/in (Ing) zur Projektplanung- und überwachung an Objekten im In- und Ausland ein.

Anforderungen: fundiere technische Ausbildung (HTL/FH), mindestens 3-jährige Berufserfahrung, Kenntnisse in Auto-CAD, MS-Office, perfekte Deutschkenntnisse in Wort und Schrift sind Voraussetzung.

Englischkenntnisse in Wort und Schrift sind ebenso erforderlich.

Vollzeitbeschäftigung: 38.5 Stunden/Woche. Entlohnung: nach Vereinbarung

Dienstgeber: T(...), Technisches Büro,

..."

Am 11. Mai 2007 wurde vom AMS Hietzinger Kai mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift über die Nichtannahme bzw. das Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung als Heizungstechniker bei der T GmbH aufgenommen, derzufolge der Beschwerdeführer angegeben hat, dass er der T GmbH telefonisch seine Gehaltsvorstellung von EUR 4.500,-- mitgeteilt habe. Beim Vorstellungsgespräch am 7. Mai 2007 habe er eine Entlohnung von EUR 3.800.- vorgeschlagen. Man habe sich auf eine Entlohnung von EUR 3.500.-- brutto und eine zusätzliche Überstundenpauschale geeinigt. Der Niederschrift ist auch eine telefonisch eingeholte Stellungnahme der T GmbH angeschlossen, wonach der Beschwerdeführer für die Stelle geeignet, die Einstellung aber an der Gehaltsforderung des Beschwerdeführers von EUR 4.500.-- gescheitert sei. Die Angaben der T GmbH zur Entlohnung wurden vom Beschwerdeführer bestritten.

Mit Bescheid des AMS Hietzinger Kai vom 29. Mai 2007 wurde der Bezug der Notstandshilfe des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 12. Juli 2007 eingestellt. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich geweigert, eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene, zumutbare Beschäftigung bei der T-GmbH anzunehmen.

Berücksichtigungswürdige Gründe lägen nicht vor.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, im Rahmen des Vorstellungsgespräches habe er seine Gehaltsvorstellungen auf EUR 3.800,-- reduziert, woraufhin von Seiten der T GmbH angemerkt worden sei, dass ihr höchstbezahlter Angestellter EUR 3.500,-- verdiene. Der Beschwerdeführer habe dann ein Gehalt von EUR 3.500,-- sowie eine Überstundenpauschale in Höhe der Differenz zu EUR 3.800,-- vorgeschlagen. Diese Gehaltsvariante sei von den Vertretern der T GmbH nicht rundweg abgelehnt worden. Laut Auskunft der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien sei der Kollektivvertragslohn für die angeführte Tätigkeit EUR 3.585,--.

In einer schriftlichen Stellungnahme vom 5. November 2007 gab die T GmbH über Vorhalt des Berufungsvorbringens durch die belangte Behörde im Wesentlichen an, dass die vom Beschwerdeführer genannte kollektivvertragsgemäße Entlohnung von EUR 3.585,-- nicht nachvollziehbar sei und dass das ursprünglich geforderte Gehalt das nach 15 Verwendungsgruppenjahren in der Verwendungsgruppe III des anwendbaren Kollektivvertrags zustehende Mindestgehalt um mehr als 100% übersteige. Man sei bereit gewesen, dem Beschwerdeführer bis zu EUR 3.000,-- zu zahlen, was weit über dem Kollektivvertrag liege. Im Gespräch mit dem Beschwerdeführer sei der Kollektivvertrag gar nicht erwähnt worden.

In einer Stellungnahme vom 26. November 2007 führte der Beschwerdeführer zu diesen Angaben im Wesentlichen aus, dass die Entlohnung nach Vereinbarung erfolgen sollte und dass zu keinem Zeitpunkt vom Kollektivvertrag die Rede gewesen sei. Zur Beurteilung der Verwendungsgruppe sei festzuhalten, dass zumindest die Verwendungsgruppe IV, realistischerweise jedoch die Verwendungsgruppe V heranzuziehen gewesen wäre.

Verwendungsgruppe III werde "standardmäßig" für technische Zeichner angewendet und stehe im Gegensatz zu den Qualifikationen des Beschwerdeführers und der Stellenausschreibung. Es sei von der T GmbH eine Projektleitung vorgesehen und selbständiges Arbeiten mit Englischkenntnissen gefordert gewesen. Von EUR 3.000,-- sei nie die Rede gewesen. Die T GmbH gehe darüber hinaus von einem falschen Kollektivvertrag aus, da sie ein Planungsunternehmen sei und daher nicht der Kollektivvertrag für "Handel und Gewerbe", sondern der Kollektivvertrag für "Planungsunternehmen" anwendbar sei. Die Mitarbeiter der T GmbH würden daher offensichtlich kollektivvertragswidrig entlohnt. Auch aus diesem Grund sei die T GmbH kein zumutbarer Arbeitgeber.

Aus einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 4. Dezember 2007 über ein Telefonat mit einem Vertreter der "Sparte Information und Consulting" der Wirtschaftskammer Wien ergibt sich, dass dieser angab, für die angebotene Stelle eines Heizungstechnikers (Ing.) zur Projektplanung und -überwachung bei der T GmbH komme (als Ingenieurbüro) der Kollektivvertrag für Angestellte im Handwerk und Gewerbe in der Dienstleistung Information und Consulting und nicht der Kollektivvertrag für "Planungsunternehmen" (gemeint offenbar: Kollektivvertrag für Angestellte bei Architekten und Ingenieurkonsulenten) zur Anwendung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Begründend führte sie nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, laut Auskunft der Wirtschaftskammer Wien sei auf die zugewiesene Stelle der Kollektivvertrag für Angestellte im Handwerk und Gewerbe in der Dienstleistung Information und Consulting anzuwenden, da es sich bei der T GmbH um ein technisches Büro bzw. Ingenieurbüro und nicht um ein Planungsbüro handle. Nach § 17 dieses Kollektivvertrages werden alle Angestellte nach der Art ihrer vorwiegend ausgeübten Tätigkeit in die Verwendungsgruppen I bis VI eingereiht. Diese Einreihung werde von der Firmenleitung vorgenommen. Der potentielle Dienstgeber habe mitgeteilt, dass sich die kollektivvertragliche Entlohnung nach der Verwendungsgruppe III richte. Im Jahr 2007 betrage demnach das Mindestgrundgehalt nach 15 Verwendungsgruppenjahren EUR 2.144,13. Selbst in der Verwendungsgruppe IV, in die der Beschwerdeführer nach dessen Vorbringen zumindest einzuordnen gewesen wäre, betrage das höchste monatlichen Mindestgrundgehalt EUR 2.691,87. Die T GmbH habe dem AMS bekannt gegeben, dass für die zugewiesene Stelle eine Entlohnung über dem Kollektivvertrag zwischen EUR 2.500.-- und EUR 3.000.-- geplant gewesen sei. Die Einstellung des Beschwerdeführers sei deshalb nicht zu Stande gekommen, weil der potentielle Dienstgeber die Gehaltsvorstellungen des Beschwerdeführers als zu hoch, 90 % über dem Kollektivvertrag liegend, für das Unternehmen wirtschaftlich nicht vertretbar und branchenunüblich eingestuft habe. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten im Vorstellungsgespräch, insbesondere durch seinen weit über dem Kollektivvertrag liegenden Gehaltswunsch, in Kauf genommen, dass er nicht in die engere Wahl für das Dienstverhältnis gekommen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, das AlVG sehe zur Entscheidung über Ansprüche wie den gegenständlichen in § 44 AlVG die Zuständigkeit des Arbeitsmarktservice, sohin von Verwaltungsbehörden, und ein Verfahren nach dem AVG vor, was das Grundrecht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK auf eine Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches auf Gesetz beruhendes Gericht verletze, ist zunächst gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des Erkenntnisses vom 20. September 2006, Zl. 2003/08/0106, zu verweisen.

Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG in der zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 ist arbeitswillig, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG idF BGBl. I Nr. 77/2004 ist eine Beschäftigung (unter anderem) dann zumutbar, wenn sie angemessen entlohnt ist. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung.

§ 10 Abs. 1 AlVG idF BGBl. I Nr. 77/2004 lautet:

"(1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde."

Diese Bestimmungen sind gemäß § 38 AlVG sinngemäß auch auf die Notstandshilfe anzuwenden.

Der im Akt liegende Kollektivvertrag für Angestellte im Handwerk und Gewerbe in der Dienstleistung Information und Consulting, gültig ab 1. Jänner 2007, lautet auszugsweise:

"§ 1. KOLLEKTIVVERTRAGSPARTNER

Der Kollektivvertrag wird abgeschlossen zwischen der/dem

...

Fachverband Technische Büros, Ingenieurbüros

...

§ 2. GELTUNGSBEREICH

(1) Der Kollektivvertrag gilt

  1. a) räumlich: für das Gebiet der Republik Österreich;
  2. b) fachlich: für alle Betriebe, die einem der vertragsschließenden Arbeitgeberverbände angehören;

    ...

    c) persönlich: für alle dem Angestelltengesetz unterliegenden Dienstnehmer sowie für kaufmännische Lehrlinge und technische Zeichnerlehrlinge;

    ...

§ 17. VERWENDUNGSGRUPPEN UND MINDESTGRUNDGEHÄLTER

...

(3) Alle Angestellten werden nach der Art ihrer vorwiegend ausgeübten Tätigkeit in die Verwendungsgruppen I bis VI eingereiht. Berufserfahrung und höhere Qualifikation finden in den Biennal- und Triennalsprüngen ihren Niederschlag.

(4) Die Einreihung in die Verwendungsgruppen wird von der Firmenleitung vorgenommen.

..."

Im Anhang zu diesem Kollektivvertrag findet sich eine Tabelle

der Mindestgehälter nach Verwendungsgruppen, welche auszugsweise

lautet:

"...

Verwendungsgruppe III

Tätigkeitsmerkmale:

Angestellte, die nach allgemeinen Richtlinien und Weisungen

technische oder kaufmännische Arbeiten im Rahmen des ihnen

erteilten Auftrages selbständig erledigen.

...

Technische Angestellte:

z.B.: TechnikerIn mit besonderen Fachkenntnissen während der branchenspezifischen Einarbeitungszeit, technische ZeichnerIn (CAD) im Sinne obiger Tätigkeitsmerkmale, TechnikerIn im Sinne obiger Tätigkeitsmerkmale.

...

Verwendungsgruppe IV

Tätigkeitsmerkmale:

Angestellte, die schwierige Arbeiten verantwortlich selbständig ausführen, wozu besondere Fachkenntnisse und praktische Erfahrungen erforderlich sind. Ferner Angestellte, die regelmäßig und dauernd mit der Führung, Unterweisung und Beaufsichtigung von Angestelltengruppen (zwei bis fünf Angestellte, worunter sich Angestellte der Verwendungsgruppe III befinden müssen) beauftragt sind.

...

Technische Angestellte:

z.B.: Konstrukteure mit CAD,

TechnikerIn im Sinne der obigen Tätigkeitsmerkmale,

technische EinkäuferIn,

selbständige ArbeitsvorbereiterIn,

selbständige Ablauf-(Termin-)PlanerIn,

selbständige MaterialprüferIn mit einschlägigen besonderen

Fachkenntnissen und praktischer Erfahrung,

selbständige Vor- und Nachkalkulanten,

EntwicklungstechnikerIn,

Sicherheitsfachkräfte.

...

Verwendungsgruppe V

Tätigkeitsmerkmale:

Angestellte, die Arbeiten erledigen, die besonders verantwortungsvoll sind, selbständig ausgeführt werden müssen, wozu umfangreiche überdurchschnittliche Berufskenntnisse und mehrjährige praktische Erfahrungen erforderlich sind. Ferner Angestellte, die regelmäßig und dauernd mit der verantwortlichen Führung, Unterweisung und Beaufsichtigung von größeren Angestelltengruppen (über fünf Angestellte, von denen entweder einer der Verwendungsgruppe IV oder mehrere der Verwendungsgruppe III angehören müssen) beauftragt sind.

...

Technische Angestellte:

z.B.: Leitende KonstrukteurIn,

leitende BetriebsingenieurIn,

Angestellte mit Controllingaufgaben,

Beschäftigte in Forschung und Entwicklung im Sinne obiger

Tätigkeitsmerkmale,

regionale KundendienstleiterIn,

VertreterIn mit besonderen technischen Kenntnissen, technische EinkäuferIn mit besonderen Fachkenntnissen, Sicherheitsfachkräfte im Sinne obiger Tätigkeitsmerkmale."

Während nach 15 Verwendungsgruppenjahren in der Verwendungsgruppe III ein monatliches Mindestgrundgehalt von 2.144,13 Euro und in der Verwendungsgruppe IV ein solches von 2.691,87 Euro vorgesehen ist, besteht für die Verwendungsgruppe V folgende Tabelle:

"Monatliches Mindestgrundgehalt

Im 1. u. 2 Verwendungsgruppenjahr 2237,32

nach 2 Verwendungsgruppenjahren 2393,93

nach 4 Verwendungsgruppenjahren 2550,54

nach 6 Verwendungsgruppenjahren 2707,15

nach 8 Verwendungsgruppenjahren 2863,77

nach 10 Verwendungsgruppenjahren 3020,38

nach 12 Verwendungsgruppenjahren 3154,62

nach 15 Verwendungsgruppenjahren 3400,72"

Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2007/08/0187, mwN).

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde zunächst geltend, dass die belangte Behörde nicht dargestellt habe, welche Ziffer des § 10 Abs. 1 AlVG angewendet worden sei.

Begnügt sich der Spruch eines Bescheides mit der Angabe nur eines Absatzes eines Paragraphen ohne Nennung einer der in Frage kommenden Ziffern dieses Absatzes, so liegt nicht schlechthin eine Rechtswidrigkeit vor, sondern nur dann, wenn auch die Begründung des Bescheides den Zweifel über die angewendete Gesetzesstelle nicht beseitigt (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 1012, bei E 218 zu § 59 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall geht aus der Bescheidbegründung eindeutig hervor, dass sich die belangte Behörde auf § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG bezogen hat.

Eine Sanktion gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG kommt - unter anderem - nur dann in Frage, wenn die zugewiesene Stelle zumutbar gewesen ist. Die Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung setzt gemäß § 9 Abs. 2 AlVG - unter anderem - voraus, dass die Beschäftigung "angemessen entlohnt" ist. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hiezu in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine Entlohnung nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag jedenfalls angemessen ist. Maßgeblich ist die angemessene Entlohnung für die konkret zugewiesene Beschäftigung. Dabei ist insbesondere das Verhältnis zu dem vom Arbeitslosen in seiner bisherigen Berufstätigkeit erzielten Einkommen ebenso wenig von Bedeutung wie dessen individuelle Bedarfssituation. Kein Maßstab ist - gegenüber einem niedrigeren Kollektivvertragslohn - auch der branchenübliche Durchschnittslohn (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 2000, Zl. 98/08/0392, und vom 19. September 2007, Zl. 2006/08/0252, mwN).

Das Verhalten des Beschwerdeführers, zuerst eine Forderung von EUR 4.500,-- gestellt zu haben und nach seinem "Nachlass" auf EUR 3.800,-- trotz eines eindeutig ablehnenden Vorhaltes des potentiellen Arbeitgebers, es beziehe nur ein einziger Angestellter des Unternehmens ein derartig hohes Gehalt, auf einer vergleichbaren Forderung von EUR 3.500,-- zuzüglich EUR 300,-- "Überstundenpauschale" bestanden zu haben, ist von der belangten Behörde frei von Rechtsirrtum als Vereitelungshandlung beurteilt worden. Auf Grund des der Aufrechterhaltung der (nur geringfügig modifizierten) Forderung vorangegangenen Vorhalts einer überhöhten Entgeltforderung muss auch davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass der potentielle Arbeitgeber dadurch von seiner Einstellung absehen werde. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die belangte Behörde dies unzutreffend mit einer "fahrlässigen Verletzung der Mitwirkungspflicht" umschrieben hat.

Danach kommt es nur mehr darauf an, ob die zugewiesene Tätigkeit zumutbar gewesen ist. Dies bestreitet der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit dem Argument, es stehe nicht fest, dass sie angemessen entlohnt gewesen wäre.

Soweit der Beschwerdeführer in Zweifel zieht, dass das kollektivvertraglich vorgesehene Entgelt "angemessen" ist, genügt es, auf den Gesetzestext der hier anzuwendenden Fassung des § 9 Abs. 2 AlVG zu verweisen.

Wenn aber ein Arbeitsloser die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Arbeitsstelle gegenüber dem AMS bestreitet, dann hat sich das AMS mit dieser Frage in der Begründung seines Bescheides auch dann auseinander zu setzen, wenn es die Einwände nicht für berechtigt hält. Das AMS hat dann insbesondere gegebenenfalls auch darzulegen, dass mit der in Aussicht genommenen Stelle auch eine konkret anzugebende, angemessene, insbesondere den Bestimmungen des in Betracht kommenden Kollektivvertrags entsprechende Entlohnung verbunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0059, mwN).

Der belangten Behörde kann angesichts der Bestimmungen über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Kollektivvertrages für Angestellte im Handwerk und Gewerbe in der Dienstleistung Information und Consulting nicht entgegengetreten werden, wenn sie von dessen Anwendbarkeit auf die zugewiesene Stelle ausging.

Hinsichtlich der Einstufung der zugewiesenen Tätigkeit in die darin vorgesehenen Verwendungsgruppen beschränkte sich die belangte Behörde jedoch darauf, den Angaben des potentiellen Dienstgebers, die Tätigkeit sei in die Verwendungsgruppe III einzuordnen, zu folgen. Sie ging in diesem Zusammenhang nicht näher auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Einordnung der Tätigkeit in eine höhere Verwendungsgruppe ein, wonach die Verwendungsgruppe III normalerweise auf technische Zeichner angewendet werde und daher im Gegensatz zur Stellenausschreibung (in welcher von Projektplanung und -überwachung die Rede gewesen sei) stehe, er mit Projektleitung beauftragt und folglich realistischerweise die Verwendungsgruppe V heranzuziehen gewesen wäre.

In ihrer Bescheidbegründung geht die belangte Behörde erkennbar von 15 Verwendungsgruppenjahren aus. Angesichts des Umstandes, dass bei einer Zuordnung der zugewiesenen Tätigkeit zur Verwendungsgruppe V, welche auf Grund des Inhaltes des Stelleninserates und des Vorbringens des Beschwerdeführers jedenfalls nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden kann, dann aber eine kollektivvertragliche Mindestentlohnung über der nach den Feststellungen der belangten Behörde für die T GmbH maximal vorstellbaren Entlohnung von EUR 3.000,- gefordert gewesen wäre, ist der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig, weil es sich dann nämlich um keine zumutbare Stelle gehandelt hätte.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher Feststellungen über den Inhalt der zugewiesenen Tätigkeit zu treffen haben und sich insbesondere mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Stelle wäre mit Leitungsaufgaben verbunden und daher der Verwendungsgruppe V des anwendbaren Kollektivvertrags zuzuordnen gewesen, auseinandersetzen müssen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung konnte im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. Februar 2009

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