VwGH 2008/07/0132

VwGH2008/07/013219.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde der A K in H, vertreten durch Dr. Oswin Hochstöger, Rechtsanwalt in 3950 Gmünd, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 1. April 2008, Zl. WA1-W-42573/001-2007, betreffend Ausschluss aus einer Wassergenossenschaft (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft Abwasser H, vertreten durch den Obmann H P in H, dieser vertreten durch Dr. Edmund Kitzler, Rechtsanwalt in 3950 Gmünd, Stadtplatz 43), zu Recht erkannt:

Normen

VVG §2;
WRG 1959 §82 Abs5;
WRG 1959 §84 idF 1997/I/074;
WRG 1959 §85;
VVG §2;
WRG 1959 §82 Abs5;
WRG 1959 §84 idF 1997/I/074;
WRG 1959 §85;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen .

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution

zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird

abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft Gst. Nr. 712/8, KG H., und somit Mitglied der Wassergenossenschaft H. (mitbeteiligte Partei).

Zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Wassergenossenschaft sind hinsichtlich vorgeschriebener Mitgliedsbeiträge Differenzen aufgetreten. Ein Mediationsversuch der Bezirkshauptmannschaft G. (BH) zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Wassergenossenschaft führte am 23. Mai 2006 zur Vereinbarung einer Ratenzahlung ab Juni 2006 hinsichtlich bislang aufgelaufener Kosten sowie zur Verpflichtung einer monatlichen Zahlung der laufenden Kosten ab Jänner 2007 durch die Beschwerdeführerin.

In der am 17. Juni 2006 durchgeführten Mitgliederversammlung der mitbeteiligten Wassergenossenschaft wurde einstimmig beschlossen, dass die vereinbarten Ratenzahlungen genehmigt werden und dass bei Verzug der Ratenzahlung von mehr als vier Wochen das Ausscheiden der Beschwerdeführerin in Kraft trete.

Mit Schreiben vom 5. April 2007 teilte die mitbeteiligte Wassergenossenschaft der Beschwerdeführerin mit, dass diese mit den vereinbarten Raten bereits mehr als vier Wochen im Rückstand sei.

Mit Schreiben vom 5. Juni 2007 beantragte die mitbeteiligte Partei bei der BH die Ausscheidung der Liegenschaft der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf den Beschluss der Mitgliederversammlung vom 17. Juni 2006 und legte unter einem das Sitzungsprotokoll dieser Mitgliederversammlung sowie das Protokoll über die Sitzung der Schlichtungsstelle vom 4. Juni 2006 vor; das dem Ausschlussantrag vorangegangene Schlichtungsstellenverfahren gemäß der Satzung der Wassergenossenschaft war erfolglos geblieben.

Mit Bescheid der BH vom 27. August 2007 wurde der in der Mitgliederversammlung der mitbeteiligten Wassergenossenschaft am 17. Juni 2006 gefasste Beschluss auf Ausschluss der Beschwerdeführerin als Mitglied dieser Wassergenossenschaft gemäß den §§ 85, 82 Abs. 5 und 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959 genehmigt (Spruchpunkt I). Ferner wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. April 2007 betreffend Befreiung von der Zahlung eines zweiten Teils des Mitgliedsbeitrages an die mitbeteiligte Partei gemäß § 6 Abs. 1 AVG zurückgewiesen (Spruchpunkt II).

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, welche mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. April 2008 abgewiesen wurde. Der erstinstanzliche Bescheid wurde mit der Maßgabe bestätigt, dass Spruchpunkt I zu lauten habe:

"Die Bezirkshauptmannschaft G. scheidet die Liegenschaft Grdst.Nr. 712/8, KG H. (Eigentümerin: (Beschwerdeführerin)) aus der Wassergenossenschaft H. aus."

sowie, dass die - für das gegenständliche Beschwerdeverfahren nicht weiter relevanten - näher bezeichneten Anträge der Beschwerdeführerin vom 11. April 2007 und vom 13. Juni 2007 wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen werden.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin vorerst Zahlungen geleistet (Einmündungsabgabe, halber Mitgliedsbeitrag, kurzfristig auch die laufenden Gebühren), diese dann ausgesetzt und nach dem Mediationsversuch für die Dauer von mehr als einem halben Jahr wieder regelmäßig Ratenzahlungen geleistet habe. Es seien bis zum 2. Mai 2007 Forderungen in der Höhe von insgesamt ca. EUR 4.885,-- entstanden, wovon ca. EUR 3.519,-- bezahlt worden seien, wodurch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung ein Rückstand von ca. EUR 1.366,-- bestanden habe. Die zum Teil widersprüchlichen Aussagen der Beschwerdeführerin, einerseits "bereits mehr als genug für die Kanalisation bezahlt" zu haben, andererseits die behauptete Bereitschaft zur Ratenzahlung ließen (für sich allein) keinen eindeutigen Rückschluss auf eine generelle Zahlungsunwilligkeit zu.

Es sei nämlich davon auszugehen, dass Beitragsrückstände eines Mitgliedes allein nicht den Ausschließungstatbestand des § 82 Abs. 5 WRG 1959 erfüllen würden, sondern nur eine nachgewiesene - in die Zukunft wirkende - Zahlungsunwilligkeit.

Obwohl gemäß § 84 WRG 1959 rückständige Genossenschaftsbeiträge (§ 78) auf Ansuchen der Wassergenossenschaft nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes einzutreiben seien und die Wassergenossenschaft Rückstandsausweise erstellen könne, sei im gegenständlichen Verfahren von Anfang an auf das Ausscheiden der Beschwerdeführerin abgezielt worden. Rückstandsausweise - wie in § 42 der Statuten der Wassergenossenschaft vorgesehen - seien keine ausgestellt worden, weshalb in weiterer Folge auch nicht über die Einwendungen der Beschwerdeführerin mit Bescheid abgesprochen worden sei.

Die mitbeteiligte Wassergenossenschaft habe über mehrere Jahre hinweg versucht, die Beschwerdeführerin zur Bezahlung der Rückstände und laufenden Kosten zu bewegen und es sei auch das in den Statuten vorgesehene Schlichtungsstellenverfahren durchgeführt worden.

Bereits entstandene Beitragsrückstände, noch dazu wenn dagegen Einwände erhoben worden seien, würden nicht zum Ausscheiden einer Liegenschaft berechtigen, sondern es müsse der einen Ausschließungsgrund darstellende wesentliche Nachteil aus der weiteren Teilnahme erwachsen und es müssten durch den Ausschluss weitere Nachteile der Wassergenossenschaft abgewendet werden können. Dies sei aber hinsichtlich bereits aufgelaufener Beitragsrückstände nicht denkbar.

Zur Verifizierung, ob bei der Beschwerdeführerin trotz widersprüchlicher Fakten tatsächlich eine in die Zukunft wirkende Zahlungsunwilligkeit gegeben sei, habe die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Jänner 2008 nochmals Gelegenheit gegeben, das drohende Ausscheiden abzuwenden. Dieses Schreiben der belangten Behörde enthalte im Wesentlichen die Aufforderung, die behauptete Zahlungsbereitschaft unter Beweis zu stellen. Ausdrücklich sei darin auch darauf hingewiesen worden, dass sich aus den nicht bezahlten Beiträgen ein wesentlicher Nachteil für die Wassergenossenschaft ergeben könne, weil die finanziellen Mittel der Mitglieder für die Erfüllung der in den Statuten festgelegten Aufgaben der Wassergenossenschaft erforderlich seien. Weiters sei die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen worden, dass für die Frage der Rechtmäßigkeit des Ausscheidens der im Eigentum der Beschwerdeführerin befindlichen Liegenschaft maßgebend sei, ob die Beschwerdeführerin in Zukunft ihrer Beitragspflicht nachkommen werde.

Diese Möglichkeit (des Beweises der Zahlungsbereitschaft) habe die Beschwerdeführerin in der Folge aber nicht wahrgenommen und entgegen der Aufforderung der belangten Behörde keine Nachweise über erfolgte Einzahlungen vorgelegt. Die belangte Behörde habe deshalb als erwiesen angenommen, dass die Beschwerdeführerin auch in Hinkunft ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der mitbeteiligten Partei nicht ordnungsgemäß nachkommen werde und dies als erheblichen Nachteil im Sinne des § 82 Abs. 5 WRG 1959 angesehen.

Die Änderung der Formulierung des Spruchpunktes I habe dem Umstand Rechnung getragen, dass nicht Personen sondern lediglich Liegenschaften aus Wassergenossenschaften ausscheiden könnten.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich erkennbar nur gegen Spruchpunkt I dieses Bescheides; es werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 82 Abs. 5 WRG 1959 kann die Wasserrechtsbehörde auf Antrag der Genossenschaft, soweit öffentliche Interessen nicht entgegenstehen, einzelne Liegenschaften oder Anlagen, aus deren weiterer Teilnahme der Genossenschaft wesentliche Nachteile erwachsen, ausscheiden. Den ausscheidenden Mitgliedern stehen die im Abs. 4 bezeichneten Ansprüche gegen die Genossenschaft zu.

Gemäß § 84 WRG 1959 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 74/1997 sind rückständige Genossenschaftsbeiträge (§ 78) auf Ansuchen der Genossenschaft nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes einzutreiben.

Die Beschwerdeführerin rügt in der Beschwerde u.a. den Umstand, dass die mitbeteiligte Wassergenossenschaft nicht im Sinne des § 84 WRG 1959 rückständige Genossenschaftsbeiträge nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VVG) eingetrieben habe. Dadurch habe sie gegen den Grundsatz, das gelindest mögliche Mittel anzuwenden, sowie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

Die Beschwerdeführerin verkennt mit diesem Vorbringen, dass die von ihr ins Treffen geführten Grundsätze zwar im Verwaltungsvollstreckungsverfahren zu berücksichtigen sind, nicht aber für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses aus einer Wassergenossenschaft Anwendung finden.

Insoweit die Beschwerdeführerin vermeint, die exekutionsrechtliche Eintreibung rückständiger Genossenschaftsbeiträge stelle im Vergleich zu einem Ausscheiden der Liegenschaft aus der Wassergenossenschaft ein gelinderes Mittel dar, verkennt sie, dass das Ausscheiden einer Liegenschaft aus der Wassergenossenschaft kein Mittel zur Eintreibung rückständiger Genossenschaftsbeiträge darstellt. Ziel des Ausscheidens ist nicht die Eintreibung rückständiger Genossenschaftsbeiträge, sondern die Vermeidung wesentlicher Nachteile, die der Wassergenossenschaft aus der weiteren Teilnahme einer Liegenschaft erwachsen. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird damit jedenfalls nicht dargelegt.

Fehl geht ferner das Beschwerdevorbringen, die Eintreibung wäre "offensichtlich erfolgversprechend" gewesen, wobei auf die Möglichkeit der Eintreibung offener Beiträge durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung (lastenfreie Liegenschaft) abgestellt werde. Die Beschwerdeführerin verkennt damit erneut den Verfahrensgegenstand, weil die Erfolgsaussichten einer zwangsweisen Eintreibung für das gegenständliche Verfahren unbeachtlich sind.

Es ist der Ansicht der belangten Behörde zu folgen, wenn sie im angefochtenen Bescheid ausführt, dass eine in der Zukunft gelegene Zahlungsunwilligkeit einen wesentlichen Nachteil im Sinne des § 82 Abs. 5 WRG 1959 darstellt, weil die finanziellen Mittel der Mitglieder für die Erfüllung der in den Statuten festgelegten Aufgaben der Wassergenossenschaft erforderlich sind. Die ordnungsgemäße Bezahlung der Genossenschaftsbeiträge stellt somit eine Vorraussetzung für das Funktionieren der Wassergenossenschaft dar.

Die belangte Behörde gelangte vor diesem Hintergrund - gestützt auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - zu Recht zu dem Schluss, dass in Zukunft davon auszugehen sei, dass die Beschwerdeführerin ihrer Beitragspflicht nicht ordnungsgemäß nachkommen werde:

Diesbezüglich ist dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin erstmals 2006 mit ihren Zahlungen in Rückstand geriet. Mit Schreiben vom 8. April 2006 erklärte die Beschwerdeführerin, bereits mehr als genug für die Kanalisation bezahlt zu haben. Nach einem Mediationsverfahren vor der BH im Mai 2006 nahm die Beschwerdeführerin für ein halbes Jahr ihre Zahlungstätigkeit aufgrund einer mit der mitbeteiligten Partei vereinbarten Ratenzahlung hinsichtlich ihres Rückstandes auf, stellte die Zahlungen aber im Jänner 2007 wieder ein. Zu den geleisteten Zahlungen ist auszuführen, dass nach Einstellung der Zahlungen im Jänner 2007 keine weiteren Zahlungen (bis auf die behauptete Zahlung im Juni 2008, die jedoch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtlich ist) erfolgte.

Die Beschwerdeführerin ließ auch die Aufforderung der belangten Behörde vom 29. Jänner 2008, ihre Zahlungsbereitschaft mit Einzahlungen zu belegen, unbeachtet. Der Schluss der belangten Behörde, dass eine Bereitschaft zur ordnungsgemäßen Zahlung der Genossenschaftsbeiträge der Beschwerdeführerin in Hinkunft nicht erwartet werden könne, wurde durch die Beschwerde nicht erschüttert. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt nicht vor.

Die belangte Behörde sah somit zu Recht den Ausschließungstatbestand des § 82 Abs. 5 WRG 1959 als erfüllt an.

Insoweit die Beschwerdeführerin allerdings meint, dass die von ihr behauptete erfolgversprechende exekutionsrechtliche Eintreibung der Zahlungswilligkeit der Beschwerdeführerin gleichzuhalten sei, kann ihr nicht gefolgt werden.

Unbeachtlich ist auch das Vorbringen, dass bisher ein (Groß-)Teil der aufgelaufenen Rückstände bezahlt worden sei und nur mehr ein geringer Teil davon ausständig sei, zumal die Beschwerdeführerin ihren fälligen Zahlungsverpflichtungen an die Wassergenossenschaft - wie bereits dargestellt- über einen längeren Zeitraum nicht nachgekommen ist und aufgrund der Feststellungen im angefochtenen Bescheid ihre Zahlungsunwilligkeit für die Zukunft anzunehmen ist.

Im Übrigen ist für das gegenständliche Verfahren unbeachtlich, ob die Beschwerdeführerin nach Erlassung des angefochtenen Bescheides weitere Einzahlungen getätigt hat; dies vermag an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Zeitpunkt seiner Erlassung nichts zu ändern.

Dahingestellt bleiben kann im gegenständlichen Verfahren ferner die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die Beschwerdeführerin im Falle der gänzlichen Bezahlung der Genossenschaftsbeiträge wieder aufgenommen werden müsse.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf die von der mitbeteiligten Partei geltend gemachte Umsatzsteuer, deren Ersatz im pauschalierten Kostenersatz bereits enthalten ist.

Wien, am 19. November 2009

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