VwGH 2008/02/0035

VwGH2008/02/003520.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des A K in H, vertreten durch die Advokaturbüro Jelenik & Partner AG, FL-9490 Vaduz, Landstraße 60, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 2. Jänner 2008, Zl. UVS-1-742/E4-2007, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich, obwohl er im Verdacht gestanden sei, kurz vor dem unten angeführten Zeitpunkt ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, insbesondere auch auf der B.straße in Höchst, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Die Verweigerung sei am 23. September 2007 um 21:50 Uhr in Höchst, B.straße 14a erfolgt. Wegen einer Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 1.162,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 336 Stunden) verhängt.

In der Begründung gab die belangte Behörde den Inhalt des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 22. Oktober 2007 sowie den Inhalt der Berufung des Beschwerdeführers und den Gang der mündlichen Berufungsverhandlung wieder. Danach stellte die belangte Behörde - vermischt mit Beweiswürdigungselementen - fest,

"dass der die Aufforderung zur Alkoholuntersuchung aussprechende Polizeibeamte den Verdacht hatte, dass der (Beschwerdeführer) kurz vor der Aufforderung in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt

hat. Der genannte Polizeibeamte, AI ... , hat nämlich bei der

mündlichen Verhandlung glaubwürdig und nachvollziehbar angegeben, dass ihn zwischen 21:30 Uhr und 21:45 Uhr des 23.09.2007 ein Anruf einer namentlich angeführten Frau erreicht habe, welche angegeben habe, dass sie gerade in der 'Schanz' zu Fuß unterwegs gewesen sei, dass ein Fahrzeug 'ziemlich schnell herausgefahren' sei und sie auf die Seite gehen hätte müssen. Sie habe bei diesem Anruf die Vermutung geäußert, dass die Person, die das Fahrzeug lenkte, alkoholisiert sein dürfte. Sie seien dann zuerst in das Gebiet 'Schanz' gefahren, hätten dort aber das ihnen bekannt gegebene Fahrzeug nicht feststellen können. Anschließend seien sie dann zum

Haus ... 14a nach Höchst gefahren, wo sie das ihnen durchgegebene

Fahrzeug vor diesem Haus feststellen hätten können. Nach dem Läuten an der Haustüre sei ihnen vermutlich von der Mutter des (Beschwerdeführers) die Türe geöffnet worden. Er habe dann diese Person sogleich nach dem Zulassungsbesitzer (Beschwerdeführer) gefragt. Nachdem es geheißen habe, dass dieser anwesend sei, habe er gebeten, dass (der Beschwerdeführer) zur Haustüre kommt. Es habe dann sicher zwei bis drei Minuten gedauert, bis der (Beschwerdeführer) zur Haustüre gekommen sei. Über eine Glastüre habe er feststellen können, dass eine Person in der Luft Bewegungen gemacht habe, wie wenn sie ein Lenkrad halten würde, und dass dann auch mit dem Finger auf eine bestimmte Person gezeigt worden sei. Er sei davon ausgegangen, dass sie (gemeint die Polizeibeamten) deswegen so lange auf den (Beschwerdeführer) warten hätten müssen, weil hinter dieser Türe noch entsprechend gestikuliert worden sei. Er habe vermutet, dass sich diese Personen abgesprochen haben, wer das Fahrzeug gelenkt hat. Beim (Beschwerdeführer), welcher in der Folge zur Haustüre gekommen sei, habe er einen deutlichen Alkoholgeruch der Atemluft feststellen können. Auf die an ihn gerichtete Frage, wer mit dem betreffenden Auto gefahren sei, habe der (Beschwerdeführer) gesagt, dass seine Mutter mit diesem Fahrzeug gefahren sei. Sie habe ihn vom Wurststand 'Wippel' abgeholt. Er habe dann zum (Beschwerdeführer) gesagt, dass das etwas seltsam sei, weil sein Fahrzeug auf der anderen Seite, nämlich auf Fußacher Gebiet, gesehen worden sei. Daraufhin habe der (Beschwerdeführer) gesagt, dass ihn seine Mutter vom Gasthaus 'Mövenblick' in Fußach abgeholt habe. Er habe zum (Beschwerdeführer) gesagt, dass er für ihn im Verdacht stehe, in alkoholisiertem Zustand sein Fahrzeug gelenkt zu haben und habe diesen auch auf die rechtliche Situation hingewiesen. Er habe den (Beschwerdeführer) dann zur Durchführung eines Alkotests aufgefordert. Der (Beschwerdeführer) habe gesagt, dass er den Alkotest nicht durchführen werde und habe diesen somit verweigert. Für ihn sei der (Beschwerdeführer) aus nachstehenden Gründen im Verdacht gestanden, kurz vor der Aufforderung zur Alkoholuntersuchung ein Fahrzeug gelenkt zu haben:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 erster Satz StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind nach § 5 Abs. 2 zweiter Satz Z. 1 StVO außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO, dass der bloße "Verdacht", der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt, ausreicht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Oktober 2005, Zl. 2004/02/0086, mwN).

Der Verdacht muss sich demnach einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen.

Im vorliegenden Fall bestreitet der Beschwerdeführer nicht, anlässlich der Verweigerung der Atemluftuntersuchung Alkoholisierungsmerkmale aufgewiesen zu haben, er behauptet jedoch, es habe kein begründeter Verdacht bestanden, dass er den auf ihn zugelassenen PKW gelenkt habe.

Ausgehend von den Feststellungen des angefochtenen Bescheides, die der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich bekämpft, stellte sich - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - für den einschreitenden Beamten jedoch eine einschlägige Verdachtslage dar:

Auf Grund der beim Beschwerdeführer festgestellten Alkoholisierungsmerkmale im Zusammenhang mit seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer des angezeigten Fahrzeuges war es für den einschreitenden Beamten durchaus naheliegend, den Beschwerdeführer einer näheren Befragung zu unterziehen, ohne dass schon ein konkreter Verdacht des Lenkens durch den Beschwerdeführer gegeben gewesen sein musste. Einen solchen Verdacht durfte der einschreitende Beamte allerdings spätestens dann haben, als der Beschwerdeführer über den Umstand, von wo ihn seine Mutter abgeholt haben soll, widersprüchliche Angaben machte; dies auch im Zusammenhang mit der längeren Wartezeit an der Haustür unter Wahrnehmung von Handzeichen hinter einer Glastüre. Gegen die in der Beschwerde als Erklärung für die unterschiedlichen Angaben genannte Verwechslung der Lokale durch den Beschwerdeführer wegen seiner Schlaftrunkenheit spricht schon das diesen Angaben vorausgegangene Gespräch hinter der Glastüre und der Umstand, dass der Beschwerdeführer erst über Vorhalt, wo sein Fahrzeug gesehen worden sei, seine Verantwortung gewechselt hat. Diese Umstände reichten im Hinblick auf die offensichtliche Alkoholisierung des Beschwerdeführers aus, um für den einschreitenden Beamten eine Verdachtslage zu schaffen, die ihn berechtigte, davon auszugehen, der Beschwerdeführer habe seinen PKW in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt.

Bei Vorliegen einer solchen Verdachtslage war der einschreitende Beamte nicht verhalten, weitere Ermittlungsschritte, etwa durch Befragen der Mutter des Beschwerdeführers, durchzuführen. Ab dem Moment, in dem konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht gegeben sind, dass eine Person in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt hat, besteht die Berechtigung zur Atemluftuntersuchung. Weitere Erhebungsschritte in die eine oder andere Richtung sind dann nicht mehr geboten.

Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass im Beschwerdefall auf Grund des festgestellten Sachverhaltes eine konkrete Verdachtslage im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO vorlag.

An dieser Einschätzung vermögen auch die vom Beschwerdeführer zu Unrecht für die Richtigkeit seines Standpunktes ins Treffen geführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 2005, Zl. 2004/02/0086, vom 21. September 2006, Zl. 2006/02/0163 und vom 23. Mai 2002, Zl. 2002/03/0041, nichts zu ändern: Im Erkenntnis vom 21. September 2006 bestreitet der dortige Beschwerdeführer nicht, das Fahrzeug gelenkt zu haben; im Erkenntnis vom 23. Mai 2002 verweist der Verwaltungsgerichtshof nachdrücklich darauf, dass es im Fall des § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO nur darum gehe, ob zutreffend ein Verdacht angenommen worden sei, dass der Beschwerdeführer zu einer bestimmten Zeit sein Auto in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, worüber keine direkten Wahrnehmungen gemacht werden müssten; im Fall des Erkenntnisses vom 21. Oktober 2005 ist davon die Rede, dass der bloße Verdacht, der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt, ausreiche, die Bestreitung der tatsächlichen Lenkereigenschaft gehe daher ins Leere.

Der angefochtene Bescheid erweist sich insgesamt als frei von Rechtsirrtum, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. März 2009

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