Normen
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und aus dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:
Der am 22. April 1969 geborene Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, reiste Anfang 2003 nach Österreich ein und heiratete am 27. März 2003 die österreichische Staatsangehörige Michaela M. Im Hinblick darauf wurde ihm eine bis 22. Februar 2004 gültige Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" erteilt. Am 13. Februar 2004 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung dieses Aufenthaltstitels.
Mit Bescheid vom 21. April 2004 erließ die Bundspolizeidirektion Linz - unter Zugrundelegung der Angaben von Michaela M., wonach es sich nur um eine sogenannte Scheinehe handle - ein auf die §§ 48, 49 Abs. 1 iVm § 36 Abs. 1 und 2 Z 6 und 9 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG gestütztes Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren.
Der dagegen erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) mit dem - im zweiten Rechtsgang erlassenen - angefochtenen Bescheid vom 11. Juli 2007 keine Folge und sie bestätigte das erstinstanzliche Aufenthaltsverbot mit der Maßgabe, dass es auf die §§ 87, 86 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 2 Z 9 des (am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen) Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG gestützt wurde.
Die belangte Behörde führte nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und der Rechtslage begründend aus, aufgrund der glaubwürdigen, in sich schlüssigen und hinsichtlich der Anbahnung und der Abwicklung der Ehe detaillierten niederschriftlichen Aussagen der Michaela M. vom 10. Oktober 2003 und vom 28. Jänner 2004 bestehe kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen nur zum Schein geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen habe, jedoch mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK (Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft) nie geführt habe, wobei für die Ehe (über Dritte) auch ein Vermögensvorteil geleistet worden sei. Es sei kein Grund zu ersehen, weshalb die Ehefrau des Beschwerdeführers ihn wahrheitswidrig belasten solle. Diesen Angaben sei - im Verhältnis zum gegenteiligen Vorbringen des Beschwerdeführers - schon deshalb mehr Gewicht beizumessen, weil es der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, dass derartige Eingeständnisse gegenüber Behörden nicht leichfertig gemacht würden. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass Michaela M. auch bei einer neuerlichen niederschriftlichen Einvernahme am 9. März 2004 ihre bisherigen Angaben vollinhaltlich aufrechterhalten habe.
Davon ausgehend kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, der Tatbestand des § 86 Abs. 1 in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Z 9 FPG sei erfüllt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei auch im Sinne des § 66 Abs. 1 FPG dringend erforderlich, weil das Eingehen einer Ehe lediglich zur Erlangung eines Aufenthaltstitels gesellschafts- und integrationspolitisch unerwünscht sei und einen krassen Rechtsmissbrauch darstelle. Daraus ergebe sich "nicht nur eine 'tatsächliche' und 'gegenwärtige', sondern auch eine 'erhebliche' Gefahr, die zweifelsohne ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt".
Die belangte Behörde berücksichtigte in den weiteren Überlegungen, dass dem Beschwerdeführer eine der Dauer seines Aufenthaltes entsprechende Integration zuzubilligen sei. Diese Integration sei jedoch insofern zu relativieren, als sie auf die Ehe mit Michaela M. zurückzuführen sei. Vor diesem Hintergrund erachtete die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot auch unter dem Gesichtspunkt des § 66 Abs. 2 FPG für zulässig. Auch das der Behörde eingeräumte Ermessen könne aus diesen Gründen nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgeübt werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2007, B 1597/07-4, ablehnte und sie mit weiterem Beschluss vom 21. November 2007 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer ist als Ehemann Familienangehöriger (§ 2 Abs. 4 Z 12 FPG) einer Österreicherin. Für diese Personengruppe gelten jedenfalls - und zwar gemäß § 87 zweiter Satz FPG auch dann, wenn der österreichische Angehörige sein (gemeinschaftsrechtlich begründetes) Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen hat - die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach § 86 FPG. Nach § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
Bei der Beurteilung, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf den Katalog des § 60 Abs. 2 FPG als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden. Gemäß § 60 Abs. 2 Z 9 FPG hat als bestimmte, eine Gefährdungsannahme im Sinn des Abs. 1 rechtfertigende Tatsache zu gelten, wenn ein Fremder eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt hat. Für die Erfüllung des zitierten Tatbestandes kommt es darauf an, dass eine Scheinehe bzw. Aufenthaltsehe missbräuchlich zur Erlangung von sonst nicht zustehenden Berechtigungen eingegangen wurde. So führen auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des FPG (952 BlgNR 22. GP 99) aus, dass dieses Aufenthaltsverbot Fremde betrifft, "die eine Ehe nur deshalb abgeschlossen haben, um sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf diese zu berufen, ohne ein Eheleben zu führen" (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2007/21/0106, mit dem Hinweis auf das Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/21/0391; siehe zuletzt daran anknüpfend auch die Erkenntnisse vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0246, und vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0352).
Die Kritik an der behördlichen Beweiswürdigung beschränkt sich auf den Hinweis, der Beschwerdeführer habe während des gesamten Verfahrens den Vorwurf einer Scheinehe bestritten und sich letztlich gegen die Nichtigerklärung nicht zur Wehr gesetzt, weil seine Ehefrau nicht zur Fortsetzung der Ehe bereit gewesen sei. Abgesehen davon, dass Letzteres nicht nachvollziehbar ist, weil die belangte Behörde (ohnehin) vom aufrechten Bestand der Ehe ausgegangen ist, wird mit diesem nur allgemein gehaltenen Vorbringen keine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung aufgezeigt.
Auf Basis der getroffenen Feststellungen ist die belangte Behörde aber zutreffend davon ausgegangen, dass der - wie erwähnt als Orientierungsmaßstab maßgebliche - Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG vorliegend verwirklicht wurde. In der Beschwerde wird auch die von der belangten Behörde für gerechtfertigt angesehene Prognose im Sinne des § 86 Abs. 1 FPG (tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt) nicht konkret in Frage gestellt. Die Beschwerde führt jedoch - offenbar auch in diesem Zusammenhang - den seit der Eheschließung vergangenen Zeitraum ins Treffen, der bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides allerdings noch nicht fünf Jahre betragen hat. Schon deshalb kann nicht gesagt werden, der Aufenthaltsehe sei unter dem Gesichtspunkt einer negativen Zukunftsprognose keine Bedeutung mehr beizumessen (vgl. dazu das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0246, mit dem Hinweis auf das Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2005/21/0386, mwN).
Die Beschwerde bestreitet schwerpunktmäßig die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes unter dem Gesichtspunkt des § 66 (iVm § 60 Abs. 6) FPG.
Gemäß § 66 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot, mit dem in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Ein Aufenthaltsverbot darf nach § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen sowie auf die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.
Die Beschwerde verweist in diesem Zusammenhang auf die aktuelle Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und erwähnt die Erkenntnisse vom 29. September 2007, B 1150/07, und B 328/07, in denen der Verfassungsgerichtshof die in der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen relevanten Gesichtspunkte darstellte, die im Übrigen auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 FPG bzw. zum inhaltsgleichen § 37 FrG zugrunde liegen. Die in der Beschwerde geforderte umfassende Prüfung dieses Kriterienkataloges führt aber fallbezogen zu keinem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis. Vielmehr hat auch der Verfassungsgerichtshof in den beiden genannten Erkenntnissen betont, dass bei der Abwägung einzubeziehen sei, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das private Interesse eines Fremden an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemildert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich auszugehen (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 22. November 2007, Zlen, 2007/21/0317, 0318, mit dem Hinweis auf das Erkenntnis 24. Oktober 2007, Zl. 2007/21/0361). In diesem Sinne hat der Verfassungsgerichtshof auch in dem erwähnten Erkenntnis vom 29. September 2007, B 1150/07, trotz fast elfjährigem, aber weitgehend auch nur auf Scheinehen gegründetem Aufenthalt des dortigen Beschwerdeführers keinen unzulässigen Eingriff in das nach Art. 8 EMRK bestehende Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gesehen und auch im vorliegenden Fall eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung vorgenommen.
Wie sich aus der obigen Wiedergabe der Bescheidbegründung ergibt, hat die belangte Behörde bei der nach § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung ohnehin auf die bisherige Dauer des Aufenthalts und auf die daraus ableitbare Integration des Beschwerdeführers ausreichend Bedacht genommen. Ihr kann aber im Sinne der zitierten Judikatur nicht entgegen getreten werden, wenn sie die vom Beschwerdeführer dadurch erlangte Integration - in der Beschwerde werden die Beschäftigung des Beschwerdeführers, seine Deutschkenntnisse und sein Freundeskreis in den Vordergrund gestellt - deshalb für relativiert erachtete, weil sie letztlich nur auf eine Aufenthaltsehe zurückzuführen ist. Gleiches gilt aber auch hinsichtlich der in der Beschwerde behaupteten (erst) geplanten Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen, wobei allerdings auch eine Konkretisierung der insoweit aktuell bestehenden Lebensverhältnisse unterlassen wurde. Davon ausgehend ist es somit nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde dem privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich kein höheres Gewicht beimaß als dem vom Beschwerdeführer erheblich beeinträchtigten öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall das schon erwähnte Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0246, sowie zum Ganzen auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/21/0452). Der langjährige Aufenthalt des Bruders des Beschwerdeführers und seiner Familie in Österreich, mit dem der Beschwerdeführer aber offenbar nicht zusammenlebt, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern.
Soweit die Beschwerde im Übrigen ganz generell auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren verweist, ist dies schon deshalb unbeachtlich, weil damit keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe vorgenommen wird (vgl. etwa jüngst das Erkenntnis vom 13. November 2007, Zl. 2007/18/0568, mwN).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 20. Dezember 2007
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