VwGH 2007/20/0093

VwGH2007/20/00939.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Händschke sowie die Hofrätin Dr. Pollak und den Hofrat Mag. Dr. Wurdinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hahnl, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 71/10, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. Dezember 2006, Zl. 252.829/0-XI/33/04, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),

Normen

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt III. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste mit seiner Familie am 14. Dezember 2003 in das Bundesgebiet ein und stellte am folgenden Tag einen Asylantrag. Seine Ehefrau, sein 1992 geborener Sohn und seine 1995 geborene Tochter stellten ebenfalls am 15. Dezember 2003 Asylanträge, die das Bundesasylamt mit Bescheiden vom 18. November 2004 jeweils gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) abwies; mit diesen Bescheiden wurde auch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Familienangehörigen des Beschwerdeführers in die Russische Föderation für zulässig erklärt und gemäß § 8 Abs. 2 AsylG deren Ausweisung verfügt. Die Asylverfahren sind seit Dezember 2004 im Stadium offener Rechtsmittelverfahren bei der belangten Behörde anhängig.

Den Asylantrag des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde im Instanzenzug mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.); gleichzeitig erklärte sie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 AsylG dorthin aus (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Zu I.:

Die belangte Behörde sieht in der von ihr verfügten Ausweisung des Beschwerdeführers keine Verletzung in dessen Recht auf Familienleben, da kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vorliege; sei von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, so greife diese Maßnahme nicht in das Familienleben der einzelnen Familienmitglieder ein.

Zwar enthielten die erstinstanzlichen Bescheide über die Asylanträge der Familienangehörigen des Beschwerdeführers bereits Ausweisungen; über die dagegen erhobenen Berufungen hat die belangte Behörde aber noch nicht entschieden. Es erscheint daher möglich, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner asylrechtlichen Ausweisung das Bundesgebiet ohne seine Ehefrau und seine Kinder zu verlassen hat. Die vorliegende Ausweisung greift somit in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben des Beschwerdeführers ein. Eine Rechtfertigung für diesen Eingriff ist nicht zu erkennen, zumal die belangte Behörde nicht dargelegt hat, warum öffentliche Interessen es erfordern würden, dass der Beschwerdeführer Österreich schon vor einer allfälligen Entscheidung über die Ausweisung der übrigen Mitglieder seiner Familie verlassen muss (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Jänner 2008, Zl. 2007/19/0851, und vom 11. Juni 2008, Zl. 2006/19/1276).

Der angefochtene Bescheid war daher in seinem die Ausweisung betreffenden Spruchpunkt III. gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft - soweit sie sich auf die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides richtet, abzulehnen.

Wien, am 9. September 2010

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