VwGH 2007/19/1081

VwGH2007/19/108115.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Händschke sowie die Hofrätin Mag. Rehak und den Hofrat Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des G, vertreten durch Dr. Robert Fluck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 6 - Wallnerstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. September 2007, Zl. 312.590-1/4E-XVI/48/07, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),

I. zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheids (Ausweisung des Beschwerdeführers) bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss

gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, beantragte am 24. November 2005 Asyl.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies diesen gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien aus (Spruchpunkt III.).

Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid "in allen Spruchpunkten" ab.

Zur Begründung der Ausweisung des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde nach Wiedergabe einschlägiger Rechtsprechung des Verwaltungs- und des Verfassungsgerichtshofes fallbezogen zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer am 25. Mai 2007 Vater eines Sohnes geworden sei, dessen Mutter eine österreichische Staatsbürgerin sei, die er am 14. August 2007 geheiratet habe, sodass ein vom Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasstes Familienleben vorliege, in welches eine Ausweisung eingreife. Der Beschwerdeführer müsse sich bei Antragstellung jedoch klar gewesen sein, dass sein Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrags nur ein vorübergehender sei und er sich bei rechtskräftig negativem Abschluss des Asylverfahrens nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten könne. Trotz Wissens um seinen ungesicherten Aufenthalt habe er in Österreich eine Familie gegründet. Dem Beschwerdeführer und seiner Gattin habe klar sein müssen, dass die durch das Asylverfahren bedingte vorläufige Aufenthaltsberechtigung mit dessen rechtskräftigem Abschluss jederzeit zu Ende gehen könne. Eine Legalisierung des Aufenthalts vom Inland aus sei für den Beschwerdeführer nicht möglich, weshalb sein mit dem rechtskräftig negativen Abschluss des Asylverfahrens einhergehender unrechtmäßiger Aufenthalt in Österreich durch einen weiteren Verbleib im Bundesgebiet prolongiert würde. Der Beschwerdeführer habe daher in seinen Herkunftsstaat auszureisen, dort bei einer österreichischen Vertretungsbehörde einen entsprechenden Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu stellen und das Ergebnis des Verfahrens im Ausland abzuwarten. Diese gesetzlich normierte Vorgangsweise sei dem Beschwerdeführer trotz seiner in Österreich lebenden Kernfamilie zuzumuten, zumal eine etwaige Trennung von diesen Personen nur eine vorübergehende und keine nachhaltige sei und der Gattin des Beschwerdeführers darüber hinaus "an sich" die Möglichkeit offen stehe, den Beschwerdeführer nach Indien - zumindest nach visarechtlichen Bestimmungen - nachzufolgen, um dort das gemeinsame Familienleben interimistisch fortzusetzen. Im Rahmen einer gesamthaften Abwägung scheine eine Ausweisung des Beschwerdeführers im Hinblick auf dessen Familienleben ein sowohl notwendiger als auch verhältnismäßiger und somit nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässiger Eingriff zu sein.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde, die auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtete und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zu I.:

Der vorliegende Fall gleicht insoweit, als der angefochtene Bescheid keine Prüfung der näheren Umstände der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Familienlebens im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers enthält, demjenigen, der mit hg. Erkenntnis vom 15. März 2010, Zl. 2007/01/0537, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Das Bestehen eines unsicheren Aufenthalts des Asylwerbers bei Eheschließung stellt nämlich nur eines der bei der Interessenabwägung zu beachtenden Kriterien dar (ebenso das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 2009, U 1104/08).

Auch der angefochtene Bescheid war daher aus den im zitierten hg. Erkenntnis genannten Gründen in dem im Spruch angeführten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft - soweit sie sich nicht auf die Ausweisung bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung in diesem Umfang sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde im Übrigen abzulehnen.

Wien, am 15. Dezember 2010

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