Normen
32004L0038 Unionsbürger-RL Art35;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
62001CJ0109 Hacene Akrich VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art7;
EheG §23;
EURallg;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art35;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
62001CJ0109 Hacene Akrich VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art7;
EheG §23;
EURallg;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 21. März 2007 wurde der vom Beschwerdeführer, laut dem Beschwerdevorbringen einem türkischen Staatsangehörigen, am 30. Juli 2002 gestellte Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 und Abs. 2 Z. 1 sowie § 30 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.
Dieser Antrag sei - im zweiten Rechtsgang - mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (Erstbehörde) vom 19. September 2006 abgewiesen worden, wogegen der Beschwerdeführer am 3. Oktober 2006 Berufung erhoben habe. Darin habe er im Wesentlichen vorgebracht, dass er bereits seit fünf Jahren in Österreich lebte und seit mehreren Jahren einer geregelten und legalen Beschäftigung nachginge. In der Türkei hätte er keine Lebensgrundlage, und seine Ehe wäre nach wie vor aufrecht.
Auf Grund der nunmehr geltenden Rechtslage (des NAG) sei der Antrag des Beschwerdeführers als solcher auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit dem Aufenthaltszweck "Familienangehöriger" zu werten gewesen, zumal er sich bei seiner Antragstellung auf die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin A. berufen habe.
Der Beschwerdeführer sei mit einem von der deutschen Botschaft in Ankara ausgestellten, vom 13. Mai 2002 bis 31. Juli 2002 gültigen Visum C zunächst nach Deutschland und im Mai 2002 nach Österreich eingereist. Am 11. Juli 2002 habe er A. geehelicht. Seit Ablauf seines Visums mit 31. Juli 2002 halte er sich illegal im Bundesgebiet auf.
Erhebungen durch die Erstbehörde bzw. die Staatsanwaltschaft St. Pölten hätten ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers eine Aufenthaltsehe vorliege. Es habe festgestellt werden können, dass zu den Zeiten, in denen er gemeinsam mit seiner Ehegattin an derselben Adresse in St. Valentin gemeldet gewesen sei, auch der Vater des Kindes seiner Ehegattin dort gemeldet (die Meldung habe schon vor der Anmeldung des Beschwerdeführers dort bestanden) und die Meldung des Beschwerdeführers dort lediglich eine Scheinanmeldung gewesen sei. Er habe sich, seinem tatsächlichen Aufenthalt entsprechend, am 29. Oktober 2002 in Sattledt mit Nebenwohnsitz angemeldet.
Den Angaben seiner Ehegattin vom 14. Juni 2005 beim Bezirksgericht Haag zufolge habe sie die Ehe mit dem Beschwerdeführer unter Zusage eines Geldbetrages in der Höhe von EUR 4.000,-- geschlossen, um ihm die österreichische Staatsbürgerschaft bzw. eine Aufenthaltsgenehmigung zu verschaffen. Eine eheliche Gemeinschaft habe nie begründet werden sollen, und sie hätte mit ihm nicht einen Tag zusammengelebt.
Diesen Angaben habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft entgegentreten können, und es habe ein gemeinsames Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner Ehegattin auf Grund des vorliegenden familiären Umfeldes, der evidenten Meldedaten und der freiwillig abgegebenen Erklärung seiner Ehegattin nicht festgestellt werden können.
Angesichts dieser Fakten, die der Beschwerdeführer in keiner Weise habe widerlegen können, komme auch die belangte Behörde zur Ansicht, dass er sich für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels auf eine Ehe berufen habe, obwohl er kein gemeinsames Familienleben führe, und die Ehe somit ausschließlich dem Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gedient habe, weshalb vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe auszugehen sei.
Damit habe der Beschwerdeführer den absoluten Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG verwirklicht.
Gemäß § 30 Abs. 1 leg. cit. dürften Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht führten, sich für die Erteilung und Beibehaltung eines Aufenthaltstitels nicht auf die Ehe berufen.
Überdies sei das Eingehen der Ehe nur zum Schein, um sich eine fremden- bzw. aufenthaltsrechtlich bedeutsame Bewilligung zu verschaffen, ein Verhalten, das - ebenso wie der seit dem Ablauf des Visums C andauernde unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich - eine gravierende Missachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften darstelle und die Annahme rechtfertige, der weitere Aufenthalt des Fremden würde die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden. Damit widerstreite der Aufenthalt des Beschwerdeführers dem öffentlichen Interesse gemäß § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG, weshalb er auch die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht erfülle.
Die belangte Behörde habe - obwohl sie dazu auf Grund des absoluten Versagungsgrundes nach § 11 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. nicht dazu angehalten gewesen sei - dennoch eine Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK durchgeführt. Diese habe ergeben, dass zwar durch die mehrjährige berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich durchaus private Interessen an einem inländischen Aufenthalt bestünden, es habe jedoch den öffentlichen Interessen gegenüber seinen privaten Interessen "absolute Priorität" eingeräumt werden müssen, weil auf Grund seines unrechtmäßigen Verhaltens - sowohl des Vorliegens einer Aufenthaltsehe als auch des mehrjährigen illegalen Aufenthaltes - keine Bereitschaft von ihm zu erkennen gewesen sei, die Rechtsordnung seines Aufenthaltsstaates zu respektieren.
Ergänzend sei auszuführen, dass auch eine allfällige Prüfung eines Aufenthaltsrechtes auf Grund des Gemeinschaftsrechtes nicht zum vom Beschwerdeführer gewünschten Erfolg habe führen können, weil er - in Bezug auf die Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie) - die dort festgelegten Voraussetzungen nicht erfülle und daher auch kein Recht auf Freizügigkeit gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Anspruch nehmen könnte. Im Übrigen sei die Freizügigkeitsrichtlinie durch das NAG umgesetzt worden. Es sei aus dem gesamten Akteninhalt nicht ersichtlich, dass seine Ehegattin das Recht auf (gemeinschaftsrechtliche) Freizügigkeit in Anspruch genommen hätte.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn (u.a.) eine Aufenthaltsehe vorliegt.
Gemäß § 30 Abs. 1 leg. cit. dürfen Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht führen, sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen.
2.1. Die Beschwerde bringt vor, es möge zwar richtig sein, dass der Beschwerdeführer derzeit mit seiner Ehegattin A. nicht mehr in einer Ehewohnung zusammenlebe und auch keine Lebensgemeinschaft mehr habe. Die Ehe sei jedoch nach wie vor aufrecht, und es weigere sich seine Gattin, sich scheiden zu lassen. Dies weise eindeutig darauf hin, dass es sich um keine Scheinehe handle. Die im angefochtenen Bescheid genannten Angaben seiner Ehegattin vor dem Bezirksgericht Haag lägen bereits nahezu zwei Jahre zurück und hätten an "Aktualitätswert" eingebüßt. Zum damaligen Zeitpunkt hätten sie einen Ehestreit gehabt und habe seine Ehegattin diese Angaben nur getätigt, um sich an ihm zu rächen. Es hätte daher nicht vom Vorliegen einer Scheinehe ausgegangen werden dürfen, weshalb der absolute Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG nicht verwirklicht sei.
2.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid (u.a.) die Angaben der Ehegattin des Beschwerdeführers, A., vor dem Bezirksgericht Haag, denen sie Glauben schenkte, festgestellt und darüber hinaus (u.a.) die Feststellung getroffen, dass zu den Zeiten, in denen der Beschwerdeführer an derselben Adresse mit seiner Ehegattin in St. Valentin polizeilich gemeldet gewesen sei, auch der Vater des Kindes seiner Ehegattin dort gemeldet gewesen sei und die Meldung des Beschwerdeführers dort lediglich eine Scheinanmeldung gewesen sei. Dieser habe sich, seinem tatsächlichen Aufenthalt entsprechend, am 29. Oktober 2002 in Sattledt mit Nebenwohnsitz angemeldet. Diese Feststellungen werden von der Beschwerde weder bestritten, noch geht sie in sonstiger Weise darauf ein. Insbesondere enthält die Beschwerde keine Ausführungen, aus welchen Gründen sich der Beschwerdeführer in Sattledt polizeilich angemeldet und dort seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte.
Vor dem Hintergrund der (unbestrittenen) Feststellung, dass es sich bei der polizeilichen Meldung des Beschwerdeführers in St. Valentin, an der Wohnanschrift seiner Ehegattin, lediglich um eine Scheinanmeldung handelte, er somit dort nie aufhältig war, begegnet die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wenn sie die Angaben seiner Ehegattin vom 14. Juni 2005 für glaubwürdig erachtete und diesen folgte, im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Kontrollbefugnis (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Wenn die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde die Ehegattin des Beschwerdeführers hätte vernehmen müssen, weil diese ihre Aussagen auf Grund eines Ehestreites getätigt habe, um sich an ihm zu rächen, so ist dieses Vorbringen bereits deshalb nicht zielführend, weil die Beschwerde nicht ausführt, zu welchen anderen konkreten Feststellungen die belangte Behörde auf Grund der Vernehmung der Ehegattin die belangte Behörde hätte kommen müssen.
Im Hinblick darauf begegnet auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe mit A. berufen habe, obwohl er ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geführt habe (vgl. § 30 Abs. 1 NAG), und wegen Vorliegens einer Aufenthaltsehe der absolute Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG erfüllt sei, keinem Einwand.
2.3. Bei Vorliegen eines solchen Versagungsgrundes darf ein Aufenthaltstitel - zwingend - nicht erteilt werden.
Im Hinblick darauf bestand für eine Bedachtnahme darauf, ob bei Vorliegen dieses Erteilungshindernisses allenfalls ein Eingriff in ein durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Recht des Beschwerdeführers aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen gerechtfertigt sei, kein Raum, zumal § 11 Abs. 3 NAG eine Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK bei Vorliegen des genannten zwingenden Versagungsgrundes nicht erforderlich macht (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 2006, Zl. 2006/18/0264). Angesichts dessen ist der Beschwerdehinweis, dass der Beschwerdeführer seit mehr als vier Jahren als Dachdecker beschäftigt sei und ausreichend für seinen Lebensunterhalt aufkommen könne, nicht zielführend.
3. Wenn die Beschwerde weiters auf das Assoziationsabkommen - gemeint das Assoziierungsübereinkommen EWG - Türkei vom 12. September 1963 und den darauf gründenden Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80 (ARB) - hinweist, so ist dem zu erwidern, dass einem Fremden selbst in dem Fall, dass er den Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten hat, eine Begünstigung nach dem ARB nicht zugute kommt, wenn er diesen Zugang rechtsmissbräuchlich im Weg einer Scheinehe (Aufenthaltsehe) erlangt hat (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 13. September 2006, Zl. 2006/18/0218, mwN).
Schließlich ist auch das Beschwerdevorbringen in Bezug auf die Richtlinie 2004/38/EG nicht zielführend, weil der Beschwerdeführer weder Unionsbürger ist noch ihm die Eigenschaft eines Familienangehörigen eines Unionsbürgers nach der genannten Richtlinie zugute kommt, und zwar bereits deshalb, weil er diese Eigenschaft rechtsmissbräuchlich - durch Eingehen einer Scheinehe -
begründet hat (vgl. dazu insbesondere Abs. 28 der Erwägungen und Art. 35 der genannten Richtlinie; ferner in diesem Zusammenhang etwa auch das Urteil des EuGH vom 23. September 2003, C-109/01 , Secretary of State for the Home Department gegen Hacene Akrich, RN 57 ff).
5. Im Hinblick darauf, dass der beantragte Aufenthaltstitel bereits auf Grund des § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG - zwingend - zu versagen war, erübrigte es sich, noch darauf einzugehen, ob auch das Erteilungshindernis nach § 11 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. besteht.
6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 3. Juli 2007
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