VwGH 2007/17/0165

VwGH2007/17/016528.8.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des GP in F, vertreten durch Mag. Sigrun Teufer-Peyrl, Rechtsanwältin in 4240 Freistadt, Pfarrgasse 20, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 5. Februar 2007, Zlen. Jv 1742-33/06 und Rev 49/06, betreffend Gerichtskosten, zu Recht erkannt:

Normen

GEG §2 Abs2;
GEG §7 Abs1;
VwRallg;
GEG §2 Abs2;
GEG §7 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Aus der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde, die bereits die für den Fall der Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof erforderlichen Ausführungen enthält, und der mit ihr vorgelegten Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

1.1. In einem zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Landesgericht Linz, in dem der Beschwerdeführer beklagte Partei war, erstattete der Buchsachverständige V ein Gutachten zur Frage der Ursachen der Insolvenz der Kläger und zu Fragen im Zusammenhang mit der Betriebsschließung in einem Konkursverfahren durch den Beschwerdeführer als Masseverwalter (im angefochtenen Bescheid ist von der "Insolvenz der Kläger" die Rede). Mit Beschlüssen des Landesgerichtes Linz vom 15. März 2000 und vom 19. Dezember 2000 wurden die Gebühren des Sachverständigen bestimmt und in beiden Beschlüssen ausgesprochen, dass für die Bezahlung der aus Amtsgeldern auszuzahlenden Gebühren die Parteien zur ungeteilten Hand hafteten, die klagenden Parteien mit der Maßgabe, dass sie Verfahrenshilfe genössen.

Die Beschlüsse wurden den Parteien zugestellt. Es wurde kein Rekurs eingebracht, sodass die Beschlüsse in Rechtskraft erwachsen sind.

1.2. Nachdem auf Grund von Erhebungen hinsichtlich der Vermögenslage der Verfahrenshilfe genießenden klagenden Parteien des zivilgerichtlichen Verfahrens nach einem Amtsvermerk vom 15. Mai 2006 von einer Einhebung der Gebühren bei den klagenden Parteien Abstand genommen worden war, erging am 29. Mai 2006 eine Zahlungsaufforderung an den Beschwerdeführer und sodann ein Zahlungsauftrag vom 28. Juni 2006. Gegen diesen Zahlungsauftrag brachte der Beschwerdeführer einen Berichtigungsantrag, in eventu Rekurs, in eventu auch den Antrag auf Vorlage des Aktes an das Bundesministerium für Justiz, ein.

1.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag sowie dem Eventualantrag auf Vorlage des Aktes an das Bundesministerium für Justiz nicht stattgegeben und der in eventu gestellte Rekurs zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der "für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gemäß § 144 Abs. 3 VfGG an den Verwaltungsgerichtshof abtritt", auch die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ausgeführt wurde.

1.4. Nachdem der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Juni 2007, B 467/07-8, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hatte, jedoch im Hinblick darauf, dass kein ausdrücklicher Antrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof gestellt worden war, keine derartige Abtretung vornahm, stellte der Beschwerdeführer den nachträglichen Antrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 9. August 2007, B 467/07- 10, wurde die Beschwerde im Sinne des § 87 Abs. 3 VfGG gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 1 Z 5 lit. c des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962 (GEG 1962), BGBl. Nr. 288/1962 idF BGBl. Nr. 501/1984, lautet (auszugsweise):

"§ 1. Das Gericht hat nachstehende Beträge von Amts wegen einzubringen:

...

5. in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus

Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu

ersetzen sind. Solche Kosten sind insbesondere:

...

c) die Gebühren der Zeugen, Sachverständigen,

Dolmetsche und Beisitzer,

..."

§ 2 GEG idF BGBl. Nr. 501/1984 (Abs. 2 idF BGBl. I Nr. 131/2001) lautet:

"§ 2. (1) Die im § 1 Z 5 genannten Kosten sind, sofern hiefür kein Kostenvorschuss (§ 3) erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese und die im § 1 Z 7 genannten Kosten sind dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Hiebei ist, wenn über die Kostenersatzpflicht der Parteien schon rechtskräftig entschieden worden ist, von dieser Entscheidung auszugehen. Mangels einer Vorschrift oder Entscheidung sind diese Beträge von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlasst haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, haften zur ungeteilten Hand.

(2) Sind in bürgerlichen Rechtssachen die Kosten einer Amtshandlung, die den Betrag von 300 Euro übersteigen, aus Amtsgeldern zu berichtigen oder berichtigt worden, so hat das erkennende Gericht (der Vorsitzende) mit der Auszahlungsanweisung oder, wenn die Auszahlung nicht vom Richter angeordnet wird, unverzüglich nach dieser Anweisung mit gesondertem Beschluss dem Grunde nach zu bestimmen, welche Partei in welchem Umfang diese Kosten nach Abs. 1 zu ersetzen hat. Gegen diesen Beschluss ist der Rekurs zulässig.

(3) In den Fällen des § 70 ZPO ist der Gegner der zur Verfahrenshilfe zugelassenen Partei zum Ersatz der im § 1 Z 5 genannten Kosten, die die Verfahrenshilfe genießende Partei zu entrichten gehabt hätte, nur verpflichtet, soweit ihm die Kosten des Rechtsstreites auferlegt sind oder soweit er die Kosten durch Vergleich übernommen hat. Im Zweifel ist die Hälfte der Kosten einzuheben."

§ 6 Abs. 1 GEG idF BGBl. I Nr. 131/2001 lautet:

"§ 6. (1) Wenn der Zahlungspflichtige die geschuldeten Beträge nicht sogleich erlegt oder diese nicht aus einem Kostenvorschuss berichtigt werden können, wird die Einbringung dieser Beträge von dem hiezu bestimmten Beamten des Gerichtes erster Instanz (Kostenbeamter) veranlasst (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei Zwangsfolge einzuzahlen (Einhebung). Für die Einhebung ist vom Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr von 7 Euro zu entrichten. Der Zahlungsauftrag ist ein Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung."

§ 7 Abs. 1 GEG idF BGBl. Nr. 646/1987 lautet:

"§ 7. (1) Der Zahlungspflichtige kann, wenn er sich durch den Inhalt des Zahlungsauftrages beschwert erachtet, binnen 14 Tagen dessen Berichtigung verlangen. Der Berichtigungsantrag ist bei dem Gericht einzubringen, dessen Kostenbeamter den Zahlungsauftrag erlassen hat. In Ansehung von Beträgen, die in Durchführung einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes in den Zahlungsauftrag aufgenommen wurden, gilt dies jedoch nur dann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder wenn der Zahlungsauftrag der ihm zu Grunde liegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht."

2.2. Der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Zahlungsauftrag stützt sich auf die oben genannten, rechtskräftig gewordenen Gerichtsbeschlüsse, denen zufolge die Parteien für die aus Amtsgeldern auszuzahlenden Gebühren zur ungeteilten Hand hafteten, die klagenden Parteien mit der Maßgabe, dass sie Verfahrenshilfe genössen.

Der Beschwerdeführer bringt gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass es sich bei den genannten Beschlüssen um Beschlüsse im Sinne des § 2 Abs. 2 GEG handle, vor, dass in den genannten Beschlüssen nicht auf § 2 Abs. 2 GEG Bezug genommen worden sei. Es sei auch inhaltlich verfehlt, dem Gegner einer Verfahrenshilfe genießenden Partei den Ersatz von Sachverständigengebühren vorzuschreiben, da dieser nur zu deren Ersatz verpflichtet sei, wenn ihm die Kosten des Rechtsstreites auferlegt würden. Eine Solidarhaftung von klagenden Parteien und Beklagten sei daher denkunmöglich. Die genannten Beschlüsse seien auch unklar, da daraus nicht hervorgehe, welche Parteien (nur die klagenden Parteien oder klagende Partei und Beklagter) verpflichtet seien. Bei der Erlassung des Zahlungsauftrags hätte auf die Kostenentscheidung im Zivilprozess Bedacht genommen werden müssen.

2.3. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

§ 2 Abs. 2 GEG legt die Zuständigkeit des Gerichtes zur Entscheidung über den Ersatz amtswegig vorgestreckter Kosten fest, wenn diese - wie die hier in Rede stehenden Sachverständigengebühren - EUR 300,-- übersteigen. Diese Zuständigkeit bezieht sich sowohl auf Verfahren, in denen über die Kostenersatzpflicht der Streitteile untereinander noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, als auch auf solche, in denen dies der Fall ist. Als Folge dieser Zuweisung der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Frage des Rückersatzes aus Amtsgeldern bevorschusster Kosten an die Gerichte legt § 7 Abs. 1 letzter Satz GEG fest, dass die Justizverwaltungsbehörden bei Erlassung von Zahlungsaufträgen derartige Kosten betreffend an die gemäß § 2 Abs. 2 GEG vom Gericht getroffene Entscheidung (sog. "Grundsatzbeschluss") gebunden sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Juni 2001, Zl. 2001/17/0106, und vom 25. Mai 2005, Zl. 2003/17/0232). Eine Bestimmung, dass die Bindungswirkung eines Grundsatzbeschlusses nur eintrete, wenn in ihm ausdrücklich auf

§ 2 Abs. 2 GEG Bezug genommen werde, besteht nicht und kann auch nicht im Interpretationsweg etwa der ZPO entnommen werden (vgl. zu den Inhalts- und Formvorschriften für Beschlüsse M. Bydlinski in Fasching/Konecny2 III, Vor § 425 ZPO, Rz 13).

Auf die Frage, ob die Gerichtsentscheidung betreffend die Kostentragungspflicht der Rechtslage entspricht, ist im Verfahren zur Einbringung der Kosten nicht mehr einzugehen. Es ist daher im vorliegenden Fall auf die Argumentation des Beschwerdeführers betreffend die Zulässigkeit der Kostenvorschreibung an ihn als Beklagten noch vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens nicht näher einzugehen. Die Argumente des Beschwerdeführers wären in einem Rechtsmittel gegen diese Beschlüsse vorzutragen gewesen.

2.4. Der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, die zur Grundlage der Kostenvorschreibung herangezogenen Beschlüsse seien insoweit unklar, als nicht klar sei, welche Parteien gemeint seien, ist zu entgegnen, dass durch den Hinweis darauf, dass die klagenden Parteien mit der Maßgabe, dass sie Verfahrenshilfe genössen, hafteten, deutlich wird, dass mit den Beschlüssen jeweils sowohl die klagenden Parteien als auch der Beklagte gemeint waren. Die vermeintliche Unklarheit war somit nicht gegeben.

2.5. Auch der Umstand, dass die Prozessgegner des Beschwerdeführers Verfahrenshilfe genossen, ändert nichts an der Anwendbarkeit der von der belangten Behörde herangezogenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2003/17/0232).

2.6. Die in der Beschwerde vertretene Auffassung, dass aus § 7 Abs. 1 GEG nicht abgeleitet werden könne, dass dann, wenn bereits ein rechtskräftiges Endurteil mit Kostentragungsverpflichtung vorliege, ein von diesem rechtskräftigem Urteil abweichender Grundsatzbeschluss zu Grunde zu legen sei, ist ebenfalls verfehlt.

Zum Verhältnis eines Grundsatzbeschlusses gemäß § 2 Abs. 2 GEG und einer nachfolgenden Kostenentscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof - worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - ausgeführt, dass die spätere Kostenentscheidung im Prozess der Entscheidung über die grundsätzliche Kostentragungspflicht nicht derogiert habe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 1996, Zl. 95/17/0178, und vom 15. Dezember 2003, Zl. 2003/17/0299). Die beiden Entscheidungen stünden mangels Identität der Sache in keinem derogatorischen Verhältnis zueinander. Es habe daher im Zeitpunkt der Entscheidung der Justizverwaltungsbehörden die Entscheidung über die grundsätzliche Kostentragungspflicht aufrecht dem Rechtsbestand angehört und die in § 7 Abs. 1 GEG zum Ausdruck gebrachte Bindungswirkung für die Verwaltungsbehörde entfaltet.

An der Bindung an die Grundsatzentscheidungen des Landesgerichtes Linz hat somit auch die nachfolgende Kostenentscheidung in der Hauptsache nichts geändert.

2.7. Bezüglich der Entscheidungen im angefochtenen Bescheid über die Eventualanträge enthält die Beschwerde keinerlei Ausführungen. Es sind auch dem Verwaltungsgerichtshof keine Anhaltspunkte ersichtlich, inwieweit der angefochtene Bescheid insofern rechtswidrig sein sollte.

2.8. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

2.9. Es wird darauf hingewiesen, dass sich mit der Erledigung der Beschwerde eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, erübrigt (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 6. September 1978, Zlen. 1902, 1903/78).

Wien, am 28. August 2007

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