Normen
BAO §209 Abs1;
LAO Tir 1984 §156 Abs1;
BAO §209 Abs1;
LAO Tir 1984 §156 Abs1;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 3.264,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2005 teilte die Landeshauptstadt Innsbruck der Beschwerdeführerin Folgendes mit:
"Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 19.05.2000, Zl. ..., wurde die Baubewilligung für den Abbruch von Bestandsgebäuden und die Errichtung eines Wohn- und Geschäftsgebäudes mit Studentenheim im Anwesen A-Straße 44 erteilt.
Nach Baubeginn sind hiefür gem. den Bestimmungen des Tiroler Verkehrsaufschließungs-Abgabengesetzes LGBl. Nr. 22/1998 i.d.g.F. ein Erschließungs- und ein Gehsteigbeitrag, sowie nach der Kanalanschlussgebührenordnung, Gemeinderatsbeschluss v. 07.07.1960 i. d.g.F., eine Kanalanschlussgebühr vorzuschreiben.
Da das Ermittlungsverfahren zur Feststellung der relevanten Bemessungsgrundlagen seitens der Magistratsabteilung III/Bau- und Feuerpolizei, Umwelt noch nicht abgeschlossen ist, werden die oa Abgaben voraussichtlich im Jahre 2006 zur Vorschreibung gelangen.
Für den Stadtmagistrat:
..."
Mit drei Bescheiden jeweils vom 25. Jänner 2006 wurden der Beschwerdeführerin für die genannte Liegenschaft ein Erschließungsbeitrag in Höhe von EUR 119.190,79, ein Gehsteigbeitrag in Höhe von EUR 24.123,02 und eine Kanalanschlussgebühr in Höhe von EUR 37.184,63 zur Zahlung vorgeschrieben.
Die Beschwerdeführerin erhob jeweils Berufung, in welcher sie übereinstimmend vorbrachte, dass das Recht zur Abgabenvorschreibung bereits verjährt sei.
Nach Ergehen abweisender Berufungsvorentscheidungen wurden mit den angefochtenen Bescheiden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde jeweils übereinstimmend ausgeführt, der Abgabenvorschreibung liege der Baubescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 19. Mai 2000, welcher noch im selben Jahr in Rechtskraft erwachsen sei, zu Grunde. Die Verjährungsfrist beginne daher mit 1. Jänner 2001 zu laufen und ende mit 31. Dezember 2005.
Aus dem Schreiben vom 5. Dezember 2005 gehe jedoch deutlich die Absicht hervor, einen bestimmten Abgabenanspruch, nämlich die Einhebung des Erschließungs- und Gehsteigbeitrags sowie der Kanalanschlussgebühr für das mit diesem Bescheid vom 19. Mai 2000 bewilligte Bauvorhaben, durchzusetzen. Das Schreiben sei dem Empfänger nachweislich zugestellt worden. Auch wenn die Festsetzung der Abgaben bloß angekündigt werde, sei das Verwaltungsziel der Feststellung des Abgabepflichtigen sowie der Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches deutlich erkennbar. Konkrete Handlungen zur Festsetzung und Durchsetzung des Abgabenanspruches bzw. zur Feststellung des Abgabenschuldners seien zwar in dem im Schreiben erwähnten Ermittlungsverfahren getätigt worden, die Tätigkeiten des Ermittlungsverfahrens, welche intern abgelaufen seien, seien durch das Schreiben des Stadtmagistrates Innsbruck vom 5. Dezember 2005 nach außen wirksam geworden. Das Schreiben sei als Verwaltungsmaßnahme mit dem Ziel der Durchsetzung des Abgabenanspruches der Stadt Innsbruck gegen die Abgabenschuldner zu verstehen und mit der klaren Absicht verfasst worden, die Abgabenschuldner vom laufenden Ermittlungsverfahren in Kenntnis zu setzen und so die Verjährung zu unterbrechen. Es stelle somit zweifelsfrei eine die Verjährung unterbrechende Amtshandlung dar.
Gegen diese Bescheide richten sich die Beschwerden, mit welchen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - erwogen:
Gemäß § 156 Abs. 1 der Tiroler Landesabgabenordnung, TLAO, LGBl. Nr. 34/1984, wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Unbestritten ist, dass die schriftliche Erledigung vom 5. Dezember 2005 der Beschwerdeführerin wirksam zugestellt wurde. Strittig ist ausschließlich, ob dieses Schreiben eine Unterbrechungshandlung iSd § 156 Abs. 1 TLAO darstellt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 209 BAO (in der Fassung vor BGBl. I Nr. 180/2004) ausgeführt hat, setzt eine Unterbrechungshandlung voraus, dass die Abgabenbehörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung des Steueranspruches unternimmt (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1987, Zl. 85/16/0111). Die bloße Ankündigung einer Unterbrechungshandlung genügt allerdings noch nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1991, Zl. 89/17/0183).
Bei der Abgrenzung einer Unterbrechungshandlung von der bloßen Ankündigung einer Unterbrechungshandlung kommt es entscheidend darauf an, ob dem Schritt der Abgabenbehörde - über den bloßen Selbstzweck der angestrebten Unterbrechung der Verjährungsfrist hinausgehend - eine Funktion im Hinblick auf die Geltendmachung des Steueranspruches zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2006, Zl. 2006/15/0046, mwN).
In den Beschwerdefällen ist allerdings nicht zu erkennen, dass dem Schreiben vom 5. Dezember 2005 eine Funktion im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Abgabenansprüche zugekommen wäre, welche über die beabsichtigte Unterbrechung der Verjährung hinausgeht. Das Schreiben enthält nämlich im Wesentlichen die Ankündigung, dass die Abgaben voraussichtlich im Jahre 2006 zur Vorschreibung gelangen werden. Damit wurden mit diesem Schreiben keine Schritte zur Geltendmachung des Abgabenanspruches gesetzt, sondern solche Schritte erst angekündigt. Das Schreiben war somit nicht geeignet, eine im Lauf befindliche Verjährungsfrist zu unterbrechen. Dass in dem im Schreiben vom 5. Dezember 2005 erwähnten Ermittlungsverfahren entsprechende Unterbrechungshandlungen gesetzt worden wären, wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt.
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. April 2007
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