VwGH 2007/15/0303

VwGH2007/15/03034.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der gemeinde O, vertreten durch Dr. Josef Kaiblinger, Rechtsanwalt in 4623 Gunskirchen, Pichler Straße 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 13. November 2007, GZ. RV/0192-L/07, betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für 2004, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §108e;
EStG 1988 §3 Abs1 Z6;
EStG 1988 §4;
EStG 1988 §6 Z10;
EStG 1988 §6;
FAG 2001 §12 Abs1;
FAG 2001;
EStG 1988 §108e;
EStG 1988 §3 Abs1 Z6;
EStG 1988 §4;
EStG 1988 §6 Z10;
EStG 1988 §6;
FAG 2001 §12 Abs1;
FAG 2001;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides unterhält die beschwerdeführende Gemeinde ein Schwimmbad als Betrieb gewerblicher Art. Für das Jahr 2004 machte sie im Zusammenhang mit der Sanierung des Freibades eine Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 iHv 60.559,41 EUR geltend, welche am 12. Mai 2006 am Abgabenkonto der beschwerdeführenden Gemeinde antragsgemäß gutgeschrieben wurde.

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung der Jahre 2003 - 2005 vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Berechnung der Investitionszuwachsprämie zu berichtigen sei. Einerseits seien - im weiteren Verfahren unstrittig - im Einzelnen angeführte Investitionen auf das nicht prämienbegünstigte Wirtschaftsgut "Gebäude umzuschichten", andererseits seien die Herstellungskosten der begünstigten Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 1 Z. 10 EStG 1988 um weitere vom Land Oberösterreich erhaltene "Subventionen (Bedarfszuweisungen)" zu kürzen.

Das Finanzamt setzte - entsprechend den Prüfungsfeststellungen - die Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004 mit Bescheid gemäß § 201 BAO iHv (lediglich) 25.361,79 EUR fest.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde ausgeführt, dass ein Teilbetrag der nicht anerkannten Investitionszuwachsprämie darauf beruhe, dass Bedarfszuweisungsmittel vom Finanzamt zu Unrecht als steuerfreie öffentliche Zuwendungen iSd § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 eingestuft worden seien. Das Land Oberösterreich habe das Freibad durch Landeszuschüsse aus Sport und Gewerbe iHv 441.000 EUR für das Gesamtprojekt (inklusive Gebäude) subventioniert. Diese Subventionen seien gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (in Verbindung mit § 6 Z 10 EStG 1988) von der Bemessungsgrundlage abgezogen worden. Die restlichen vom Land Oberösterreich ausgezahlten Beträge (Bedarfszuweisungen) seien jedoch dem "Ertragsanteilen-Topf" entnommen worden. Bei den Bedarfszuweisungen handle es sich nicht um Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln (Subventionen) gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988, sondern um Eigenmittel der Gemeinden. Der Grund liege im Charakter der Bedarfszuweisungen als Mittel des Finanzausgleichs, auch wenn die Ausbezahlung erst im Rahmen eines bestimmten Projekts erfolge.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus:

"Schon dem Wortlaut des § 1 Bedarfszuweisungsgesetz nach sind Bedarfszuweisungen unzweifelhaft 'Mittel des Bundes', die nur über einen entsprechenden Antrag gewährt werden können. § 12 Abs. 1 FAG 2001 spricht von den Bedarfszuweisungen als 'zweckgebunden Landesmitteln', die eben nur für ein bestimmtes Projekt - also 'anlass- und zweckbezogen' - zustehen können. Von 'ungebundenen, zweckfreien' 'Eigenmitteln', die der (beschwerdeführenden Gemeinde) jedenfalls zustehen würden, kann hier nicht mehr die Rede sein.

Wie bereits ausgeführt, konnte der Betrieb gewerblicher Art nur durch die Antragstellung der (beschwerdeführenden Gemeinde) zu den Bedarfszuweisungen kommen. Die Marktgemeinde wollte die Bedarfszuweisungen für das Schwimmbad haben und verwendete diese auch widmungsgemäß. Warum hiedurch der Charakter einer 'Zuwendung aus öffentlichen Mitteln' verloren gehen und das Geld sozusagen zu Eigenmitteln 'werden' sollte, ist für den Unabhängigen Finanzsenat nicht nachvollziehbar und auch nicht einsichtig, zumal der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Z 6 EStG die Steuerfreiheit für die hier vorliegende Konstellation nicht ausschließt."

Gegen diese Entscheidung wendet sich die gegenständliche Beschwerde. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich in ihrem Recht auf "Beantragung einer Investitionszuwachsprämie für Eigenmittel - Bedarfszuweisungen - die gemäß § 12 Finanzausgleichsgesetz 2001 der Gemeinde aus den Ertragsanteilen-Topf gesetzlich zur Verfügung stehen", verletzt.

Nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Für die Berechnung der Bemessungsgrundlage der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 kommt es ausschließlich auf die steuerlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2006, 2005/14/0113; sowie Hofstätter/Reichel, § 108e EStG 1988, Tz. 5).

Herstellungskosten sind Aufwendungen, die getätigt werden, um ein Wirtschaftsgut neuer Art hervorzubringen. Die Aktivierung der Herstellungskosten hält den Herstellungsvorgang gewinnneutral (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2006, 2003/14/0107).

Gemäß § 6 Z 10 EStG 1988 gelten bei Wirtschaftsgütern, die unter Verwendung von entsprechend gewidmeten steuerfreien Subventionen aus öffentlichen Mitteln angeschafft oder hergestellt werden, als Anschaffungs- oder Herstellungskosten nur die vom Empfänger der Zuwendung aus anderen Mitteln geleisteten Aufwendungen.

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die gegenständlichen Bedarfszuweisungen des Landes Oberösterreich die Herstellungskosten des Freibades mindernde Subventionen iSd § 6 Z 10 iVm § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 darstellen.

Vorauszuschicken ist zunächst, dass die belangte Behörde die zu beurteilenden Bedarfszuweisungen an die beschwerdeführende Gemeinde trotz zutreffender Sachverhaltsfeststellungen, wonach der fragliche Geldfluss über das Land Oberösterreich erfolgte, zu Unrecht dem Bedarfszuweisungsgesetz (BGBl. Nr. 346/1982) subsumierte und somit explizit als Bundesmittel qualifizierte. In ihrer Gegenschrift zieht sich die belangte Behörde - ohne auf den diesbezüglichen Beschwerdevorwurf einzugehen - auf den Standpunkt zurück, dass auch für die gegenständlichen Bedarfszuweisungen des Landes nichts anderes gelten könnte, als für Transfers des Bundes nach dem Bedarfszuweisungsgesetz.

Zu diesen Ausführungen in der Gegenschrift ist Folgendes zu sagen:

Die Verteilung des Abgabenertrages auf die einzelnen Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) und zwischen den verschiedenen Untereinheiten der jeweiligen Ebene (also zwischen den Bundesländern einerseits sowie länderweise zwischen den Gemeinden und im Anschluss daran gemeindeweise andererseits) ist Gegenstand des jeweiligen Finanzausgleiches (hinsichtlich der gemeinschaftlichen Bundesabgaben vgl. die §§ 9ff des für den Beschwerdefall maßgebenden Finanzausgleichsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 3/2001, im Folgenden: FAG 2001). Der die gemeindeweise Unterverteilung normierende § 12 FAG 2001 lautete auszugsweise:

"§ 12. (1) Zur Ermittlung der Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben mit Ausnahme der Spielbankabgabe werden zunächst die Ertragsanteile auf die Gemeinden länderweise unter Beachtung der im § 10 Abs. 7 angeführten Schlüssel rechnungsmäßig aufgeteilt (ungekürzte Ertragsanteile). Von den so länderweise errechneten Beträgen mit Ausnahme der Anteile an der Werbeabgabe sind 12,7 vH auszuscheiden und den Ländern (Wien als Land) zu überweisen; sie sind - außer in Wien - für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt (zweckgebundene Landesmittel)."

Nach dem vertikalen Finanzausgleich, somit der Oberverteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf Bund, Länder und Gemeinden, erfolgt auf einer zweiten Stufe der horizontale Finanzausgleich, somit die länderweise Unterverteilung auf die Gemeinden. Hiebei werden jedoch nicht 100% der ermittelten Gemeindeertragsanteile (die so genannten ungekürzten Gemeindeertragsanteile) an die einzelnen Gemeinden weitergeleitet, sondern zunächst 12,7% ausgeschieden. Diese Mittel sind für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt und werden von den Ländern autonom, ohne nähere Vorgaben durch das Finanzausgleichsgesetz, verteilt. Sie dienen einem Ausgleich innerhalb der Gemeinden, insbesondere zur Wiederherstellung des Gleichgewichtes im ordentlichen Haushalt oder zur Finanzierung bestimmter Investitionsvorhaben der Gemeinden (vgl. Matzinger, Finanzausgleich, in Steger (Hrsg) Öffentliche Haushalte in Österreich, 63; Pilz, Von den Bundessteuern zu den Gemeindeertragsanteilen, RFG 2007, 162ff; Lehner, Finanzwirtschaftliche Verflechtungen zwischen Ländern und Gemeinden, in Bauer ua (Hrsg), Finanzausgleich 2001, 207).

Bedarfszuweisungen iSd § 12 Abs. 1 FAG 2001 sind - wie ausgeführt - ein Instrument zur Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben; sie sind Teil der den Gemeinden zustehenden Abgabenerträge. Anders als im Falle von Subventionen der in § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 genannten Art kommt derartigen Zuweisungen der Charakter von (eigenen) Mitteln der Gemeinde zu. Es handelt sich dabei nicht um gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 steuerfreie Einnahmen, sondern um Einlagen der Gemeinde in ihren Betrieb gewerblicher Art. Ertragsanteile der Gemeinde an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben stellen daher, auch wenn sie in Form von Bedarfszuweisungen für eine bestimmte Investition zugewiesen werden, keine die Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes mindernde Zuwendungen im Sinne des § 6 Z 10 EStG 1988 dar.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich unter Abweisung des Mehrbegehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Die geltend gemachte Umsatzsteuer ist in den zuerkannten Pauschalkosten bereits enthalten. Eine Eingabegebühr war von der beschwerdeführenden Gemeinde nicht zu entrichten.

Wien, am 4. März 2009

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