Normen
BEinstG §14 Abs2;
BEinstG §2 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BEinstG §14 Abs2;
BEinstG §2 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Antrag vom 20. Jänner 2006 begehrte die Beschwerdeführerin die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 und § 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG).
Das Bundessozialamt, Landesstelle Wien, holte daraufhin ärztliche Sachverständigengutachten ein.
Im Gutachten der Fachärztin für Nervenkrankheiten Dr. M. vom 6. April 2006 heißt es unter anderen:
"Objektiv neurologisch:
Caput: Rotation nach links 40 Grad , rechts 30 Grad , Seitneigung deutlich schmerzhaft eingeschränkt, Anteflexion mit Kinn/Jugulum-Abstand von 7 cm, Retroflexion nur minimal möglich, deutliche Myogelosen paravertebral im Bereich der HWS, kein Meningismus, HNAP frei.
HN: kein pathologischer Befund erhebbar, kein Nystagmus
OE: Kraft in allen Muskelgruppen KG 5plus, Sensibilität
seitengleich intankt, Tonus bds. normal, Reflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar, VdA keine Absink- oder Pronationstendenz, FNV bds. zielsicher, Py-Zeichen negativ, Frontalzeichen nicht nachweisbar.
Rumpf: Bauchhaut- u. Bauchdeckenreflexe seitengleich auslösbar, gerade u. quere Bauchmuskulatur intakt, Rumpf stabil, Urogenitalanamnese unauffällig
UE: Kraft in allen Muskelgruppen KG 5plus, Sensibilität seitengleich intakt, Tonus bds. normal, Reflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar, VdB keine Absinktendenz, KHV bds.
zielsicher, Py-Zeichen negativ
Stand/Gang: Romberg unauffällig, Unterberger ohne
Drehtendenz, Zehenspitzen- u. Fersenstand wie -gang gut durchführbar.
Psychisch:
Klar, wach, in allen Qualitäten orientiert, Ductus kohärent,
Denkziel wird erreicht, Stimmung subdepressiv getönt, Antrieb leicht gesteigert, Affekt etwas starr, insgesamt gespannt, wenig mitschwingend, Ein- oder Durchschlafstörungen erhebbar, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen erhebbar, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen fassbar, keine Störung der Aufmerksamkeit und Konzentration, keine mnestischen Defizite, keine produktive Symptomatik erhebbar.
Diagnose:
1., Oberes Cervikalsyndrom mit deutlicher Einschränkung des Atlanta occipital Gelenkes und rezidivierende Spannungskopfschmerzen
g.z. 534....30%
Die depressive Begleitsymptomatik fließt in der gewählten Richtsatzposition mit ein."
Im Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. K. vom 18. Mai 2006 wird unter anderem angeführt:
"...
Beurteilung und Begründung:
Gesundheitsschädigungen, die für die Gesamteinschätzung des Grades der Behinderung berücksichtigt werden:
LLfd. Nr. | Art der Gesundheitsschädigung | Position in den Richtsätzen | Grad der Behinderung |
1) | Oberes Cervicalsyndrom mit deutlicher Einschränkung des Atlanta occipital Gelenkes und rezidivierende Spannungskopfschmerzen | 534 g.Z. | 30 % |
2) | Chondropathia patellae beidseits unterer Rahmensatz, da lediglich endlagige Funktionseinschränkung | 418 | 20% |
Bezüglich des angegebenen Rheumas sind keine Gelenksveränderungen und keine funktionellen Einschränkungen objektivierbar, daher kein Grad der Behinderung
Die in Zusammenwirken der oben angeführten Gesundheitsschädigungen verursachte Funktionsbeeinträchtigung beträgt dreißig vom Hundert (30v.H.) Der führende Grad der Behinderung unter laufender Nr. 1 wird
nicht erhöht da: keine ungünstige wechselseitige
Leidensbeeinflussung besteht.
...
Gesundheitsschädigungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 20 vH., die auch im Zusammenwirken mit anderen Gesundheitsschädigungen keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursachen:
Lfd.Nr. Art der Gesundheitsschädigung Position in
Grad der Be-
Richtsätzen hinderung
1) Dyscardie
eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da
Sinustachycardie, subjektive Beschwerden und
erforderliche medikamentöse Therapie 333 g.Z. 10%
2) Struma nodosa
unterer Rahmensatz, da durch Schilddrüsenhormon-
substitution kompensierbar
380 g.Z. 10%"
Nachdem die Beschwerdeführerin, zur Stellungnahme
aufgefordert, mitgeteilt hatte, mit dem Ergebnis des
Beweisverfahrens nicht einverstanden zu sein und auf die von ihr
mit ihrem Antrag vorgelegten ärztlichen Befunde verweise, äußerten
sich beide Sachverständige hiezu ergänzend wie folgt:
Dr. M.:
"Die AW erklärte sich mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden (Abl. 36) und gab an, dass die Leiden Depression und Fibromyalgiesyndrom nicht berücksichtigt wurden.
Im nervenfachärztlichen Gutachten, dessen Grundlage ein ausführlicher Status ist, wird ein funktionelles Defizit, auf einer objektivierbaren Anomalie beruhend, beurteilt. Dieses wurde im vorliegenden Fall, wie dem neurologischen Status entnehmend (Abl. 25-26) einem oberen Cervicalsyndrom entsprechend, beurteilt.
Bei fehlenden motorischen Defiziten wurde unter Einbeziehung der Kopfschmerzsymptomatik und depressiven Begleitsymptomatik eine entsprechend hohe Einstufung vorgenommen (siehe Diagnosebegründung auf Abl. 25).
Es fanden sich keine Hinweise auf ein Fibromyalgiesyndrom, muskuläre Triggerpunkte (Tender points) waren einzig paravertebral an der HWS im Zuge des Cervicalsyndroms auslösbar."
Dr. K.:
"Erklärt sich mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden. Depression und Fibromyalgiesyndrom wurden nicht berücksichtigt. Dem Fibromyalgiesyndrom liegen keine pathologisch-anatomischen Veränderungen zugrunde. Die Beurteilung richtet sich ausschließlich nach der funktionellen Einschränkung. Es konnten keine diesbezüglichen Funktionseinbußen, keine Gelenksveränderungen und keine schmerzhaften Bewegungseinschränkungen festgestellt werden. Somit ergibt sich keine geänderte Beurteilung."
Im Bescheid vom 11. September 2006 führte das Bundessozialamt, Landesstelle Wien, im Wesentlichen aus, dass sich aus den Gutachten ergebe, dass bei der Beschwerdeführerin eine Behinderung von unter 50 v.H. bestehe, stellte fest, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 30 vH. betrage, und wies ihren Antrag ab.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie im Wesentlichen vorbrachte, es seien ihre Beschwerden und das bei ihr bestehende Fibromyalgiesyndrom nicht berücksichtigt worden. Sie legte - wie schon ihrem Antrag - Befunde bei, in denen ua. auf das Vorliegen eines Fibromyalgiesyndroms hingewiesen wurde.
Von der belangten Behörde wurde daraufhin das Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. H. vom 6. Dezember 2006 eingeholt.
Darin heißt es u.a.:
"Objektiv neurologisch:
HN-Bereich: unauffällig, keine Störung d. Optomotorik, kein Nystagmus jedoch schmerzhafte Einschränkungen der HWS-Bewegungen und der Kopf-Dreh-Bewegungen, kein Meningismus.
OE: unauffällige Kraft, Tonus und Motilitätsverhältnisse, Reflexe seitengleich lebhaft auslösbar, keine Py-Zeichen.
UE: keine sensomotorischen Defizite, keine cerebellare und keine extrapyramidale Symptomatik, unauffälliger Gang.
Psychisch:
Orientiert, bewusstseinklar, Gedankenablauf zielführend, Stimmung deutlich depressiv, vorwiegend im negativen Skalenbereich affizierbar, ausgeprägte Durchschlafstörungen, keine produktiven psychotischen Symptome, keine Störung d. Aufmerksamkeit - Konzentration und Gedächtnisleistung.
Diagnose:
1., Somatoforme Störung
585.......30%
3 Stufen über unterem Rahmensatz, da ausgeprägte Chronifizierungstendenzen und polyradikuläre Schmerzen unter hoher Analgetikamedikation. Wahl d. Pos., da bei der Untersuchung im Vordergrund doch die psychische Symptomatik stand, im Gegensatz zum VGA - damals doch die radikuläre Schmerzen akzentiuiert.
Einschätzung mit 30 % GdB unverändert."
Ferner wurde das Gutachten des Facharztes für Innere Medizin
Dr. R. vom 6. Dezember 2006 eingeholt, der u.a. Folgendes ausführte:
"Subjektiv berichtet die BW über diffuse Muskelschmerzen in
beiden Ober- und Unterschenkeln, Verspannungen im Hals- und Nackenbereich, Knieschmerzen bds., links mehr als rechts, aber auch wandernde Schmerzen in den übrigen Gelenken. Medik. Therapie:
Thyrex, Sotacor b.B., Praxiten Saroten
Ergebnis:
1. Dyscardie
g.Z. 333 10%
1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Sinustachycardie, subjektive Beschwerden und erforderliche medik. Therapie.
2. Euthyreote Struma nodosa
g.Z. 380 10%
Unterer Rahmensatz, da Schilddrüsenhormone im Normbereich.
Weder bezüglich Leiden 1 noch Leiden 2 ergibt sich eine Änderung verglichen zum erstinstanzlichen Gutachten.
Weder durch die vorgelegten Befunde noch durch die aktuelle Anamnese und klinische Untersuchung sind Umstände evident, die eine höhere Einschätzung bezüglich der eingestuften Leiden gerechtfertigt macht.
Spätfolgen des anamnestisch durchgemachten rheumatischen Fiebers sind auszuschließen. Die Schmerzen von Seiten des Bewegungsapparates werden durch die FA.f.Orthopädie eingeschätzt."
Die belangte Behörde holte ferner das Gutachten der Fachärztin für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. K-D. vom 6. Dezember 2006 ein, in welchem es ua. heißt:
" .... Einschätzung:
1. Chondropathia patellae beidseits.
418...20%
Unterer Rahmensatz dieser Position, da lediglich endlagige Funktionseinschränkung.
2. Somatoforme Störung:
585....30 %
3 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da ausgeprägte Chronifizierungstendenzen und polyradikuläre Schmerzen unter hoher Analgetikamedikation.
Wahl der Position, da bei der Untersuchung im Vordergrund doch die psychische Symptomatik stand, im Gegensatz zum Vorgutachten - damals doch die radikuläre Schmerzen akzentuiert.
3. Dyscardie.
g.Z. 333...10 %
1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Sinustachycardie, subjektive Beschwerden und erforderliche medikamentöse Therapie.
4. Euthyreote Struma nodosa.
g.Z. 280....10 %
Unterer Rahmensatz, da Schilddrüsenhormone im Normbereich.
Gesamt-GdB: 30 %, da das führende Leiden 2 durch die übrigen Leiden nicht erhöht wird, da diese jeweils nur eine geringe eigenständige Beeinträchtigung darstellen.
Gesamt-GdB gilt ab 26. Jänner 2006.
Dauerzustand.
Aus Sicht des FA f. Innere Medizin sind Spätfolgen des anamnestisch durchgemachten rheumatischen Fiebers auszuschließen.
Aus orthopädischer Sicht keine Änderungen zum Vorgutachten.
Da bei der heutigen Untersuchung keine Compliance bezüglich der Beweglichkeit der Halswirbelsäule und des linken Arms vorliegt, diese aber beim An- und Auskleiden frei bewegt werden, wird dieses Bewegungsausmaß ins Kalkül gezogen.
Im Gegensatz zu den subjektiven Angaben der BW liegt keine Atrophie der Beinmuskulatur vor. Das Gangbild ist frei.
Bei freier Gelenksbeweglichkeit ist die Einschätzung eines Fibromyalgiesyndroms aus orthopädischer Sicht nicht gerechtfertigt. Die BW nimmt derzeit wieder Analgetika noch eine Basismedikation ein. Ebenso derzeit keine Cortisonmedikation.
Die Befunde 1. und 2. Instanz (Spitalsaufenthalte, Röntgen, MRT) werden in der Einschätzung berücksichtigt und überschneiden sich teilweise - diese führen zu keinen neuen Erkenntnissen.
Neu vorgelegt wird ein Befund des Internisten Dr. S., der den Verdacht auf eine undifferenzierte Kollagenose ausspricht. Dieser Verdacht kann jedoch nicht verifiziert werden.
Aus interner Sicht wird daher keine Erkrankung des rheumatischen Formenkreises eingeschätzt, da diese nicht belegt ist. "
Nachdem der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt und sie zur Stellungnahme aufgefordert worden war, rügte sie erneut, dass das Fibromyalgiesyndrom nicht berücksichtigt worden sei, und verwies auf die vorgelegten Befunde. Insbesondere legte sie auch einen weiteren Befund des AKH Wien, Univ.-Klinik für Innere Medizin III, vom 6. Feber 2007 vor, in welchem ua. die Diagnose "Fibromyalgiesyndrom" gestellt und darauf hingewiesen wird, dass "18 von 18 Triggerpunkten positiv" gewesen seien.
Die belangte Behörde holte schließlich die Stellungnahme des medizinischen Sachverständigen Dr. St. vom 18. April 2007 ein, der unter Bezugnahme auf die Vorgutachten die an ihn gerichteten Fragen, "ob die Einwendungen zum Parteiengehör das Ergebnis der Beweisaufnahme entkräften, ob auf alle Leiden und vorgelegten Befunde in den SVG ausführliche und medizinisch schlüssig eingegangen wurde, ob der neue Befund eine Änderung der Beweisaufnahme herbeiführt (Vorschreibung an den/die bereits befassten med. SV bzw. Vorschlag zur Einholung eines weiteren SVGA ?)" wie folgt beantwortete:
"Der Berufungswerberin ist mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden und lässt durch ihren Vertreter (s. Abl. 43/43) einwenden, dass sie aufgrund des Fibromyalgiesyndroms maßgeblich beeinträchtigt sei. Auf Abl. 43/38 wird ebenfalls gerügt, dass das Fibromyalgiesyndrom nicht anerkannt wurde.
Als objektiver Befund kommt ein Patientenbrief vom 6.2.2007 (s. Abl. 43/36-37) zur Vorlage, in dem die Diagnosen Cervikalsyndrom, Fibromyalgiesyndrom aufgelistet werden. Als Therapievorschlag werden auswärtige physikalische Therapien empfohlen.
Im durch die BBK in Auftrag gegebenen GA Dris H. wurde das Fibromyalgiesyndrom unter dem Überbegriff summatroforme Störung Pos. 585 mit 30 % erfasst. Eine gesonderte Einschätzung des Fibromyalgiesyndroms ist nicht erforderlich.
Die Einwendungen der BW sind nicht geeignet, das Ergebnis der Beweisaufnahme zu entkräften.
Auf alle angeführten Leiden wurde in dem SVGA Dris. H. und Dris. K-D. ausführlich und medizinisch schlüssig eingegangen.
Die neuen Befunde führen zu keiner Änderung der Beweisaufnahme, daher ist die Vorschreibung an einen weiteren SV oder an die bereits befassten SV entbehrlich."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. Mai 2007 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab. In der Begründung führte sie nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und insbesondere der eingeholten Gutachten im Wesentlichen aus, die Gutachten seien schlüssig und nachvollziehbar. Sämtliche von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gesundheitsbeeinträchtigungen seien von den Gutachtern ausführlich berücksichtigt und beurteilt worden. Die im Rahmen des Parteiengehörs abgegebene Stellungnahme der Beschwerdeführerin bzw. der von ihr vorgelegte Befund seien nicht geeignet, das Ergebnis der Beweisaufnahme zu entkräften. Daraus ergebe sich ein Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin von 30 vH. und somit seien die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Hiezu hat die Beschwerdeführerin die Gegenäußerung vom 17. Oktober 2007 erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des BEinstG lauten (auszugsweise):
"§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. ...
...
§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder psychischen Zustand beruht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
...
§ 14.
...
(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Behinderten das örtlich zuständige Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung einzuschätzen und bei Zutreffen der in § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung (Abs. 3) festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim örtlich zuständigen Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.
(3) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales (nunmehr: für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) ist ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen für die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen. Diese Bestimmungen haben die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf das allgemeine Erwerbsleben zu berücksichtigen und auf den Stand der medizinischen Wissenschaft Bedacht zu nehmen.
...
§ 27. (1) Bis zum Inkrafttreten der Verordnung gemäß § 14 Abs. 3 sind für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
..."
Die Beschwerdeführerin sieht sich in ihrem Recht auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach dem BEinstG sowie auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt und bekämpft die Einschätzung ihres Leidens und des Grades der Behinderung mit (lediglich) 30 vH. Sie bringt im Wesentlichen vor, sie habe im Verwaltungsverfahren vorgebracht und hiefür Befunde vorgelegt, dass bei ihr ein Cervikalsyndrom und ein Fibromyalgiesyndrom bestehe. Die belangte Behörde habe nunmehr im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf das Gutachten Dris. H. festgestellt, dass das Fibromyalgiesyndrom unter den Begriff einer somatoformen Störung zu subsumieren sei, hinsichtlich des Cervikalsyndroms würden keine Feststellungen getroffen. Dies stehe einerseits zu einem Großteil der von der belangten Behörde selbst eingeholten Gutachten im Widerspruch, weil in ihnen ein Cervikalsyndrom festgestellt worden sei, vor allem aber widerspreche die Beurteilung den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunden, insbesondere auch dem Befund des AKH Wien vom 6. Feber 2007. Auf diese sei nicht bzw. nicht hinreichend eingegangen worden. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei mangelhaft. Wären die Leiden der Beschwerdeführerin hinreichend berücksichtigt worden, hätte die belangte Behörde festgestellt, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zumindest 50 vH. erreiche. Im Übrigen habe die belangte Behörde die Beschwerdeführerin erst durch die Zustellung des angefochtenen Bescheides davon in Kenntnis gesetzt, dass sie die Auffassung vertrete, das Fibromyalgiesyndrom falle unter den Begriff einer somatoformen Störung; dazu sei der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren auch keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Das Beschwerdevorbringen ist zielführend:
Die Beschwerdeführerin hatte bereits mit ihrem Antrag vom 20. Jänner 2006 Befunde vorgelegt, in denen auf das Vorliegen eines Fibromyalgiesyndroms hingewiesen wurde, so etwa den Befund des Facharztes für Innere Medizin Dr. B. vom 3. Oktober 2005, der Fachärztin für Innere Medizin Dr. K. vom 27. Oktober 2005 - in welchem im Übrigen auf das Vorliegen auch eines Cervikalsyndroms hingewiesen wird - und der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. D. vom 31. Oktober 2005. Vor allem aber legte die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde einen aktuellen, dieselbe Diagnose enthaltenden Befund vor, nämlich den des AKH Wien, Univ.-Klinik für Innere Medizin III, vom 6. Feber 2007, in welchem unter Bezugnahme auf die am 21. Dezember 2006 in der rheumatologischen Ambulanz vorgenommene Untersuchung auch darauf verwiesen wird, dass "18 von 18 Triggerpunkten positiv" gewesen seien.
Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid aus, dass der "vorgelegte Befund" nicht im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen stehe und verwies auf die von ihr eingeholten Gutachten. Diese beantworten jedoch nicht konkret und nachvollziehbar, weshalb das Fibromyalgiesyndrom gegenständlich außer Betracht zu bleiben habe:
Das ua. ihrer Einschätzung zugrundegelegte nervenfachärztliche Gutachten des Dr. H. diagnostiziert bei der Beschwerdeführerin eine "somatoforme Störung" und bewertet den Grad der Einschränkung mit 30 vH. nach der Richtsatzposition 585. Mit den Befunden der Beschwerdeführerin und dem darin diagnostizierten Fibromyalgiesyndrom - das die Beschwerdeführerin stets ihrem Vorbringen zugrundelegte - setzt sich dieses Gutachten nicht auseinander. Der die abschließende Beurteilung abgebende Dr. St. führt in seinem Gutachten vom 18. April 2007 aus, dass im Gutachten Dris. H. "das Fibromyalgiesyndrom unter dem Überbegriff 'summatroforme' Störung Pos. 585 mit 30 % erfasst" sei und eine gesonderte Einschätzung des Fibromyalgiesyndroms nicht erforderlich sei. Abgesehen davon, dass Dr. St. diese Beurteilung nicht näher begründet, sondern sich seine diesbezüglichen Ausführungen auf den einen wiedergegebenen Satz beschränken, ist seine Äußerung auch anhand des Gutachtens Dris. H. in keiner Weise nachvollziehbar. Es werden darin nämlich weder die - komplexen - Ausprägungen eines Fibromyalgiesyndroms beschrieben noch begründet, aus welchen Erwägungen die bei der Beschwerdeführerin festgestellten Leidenszustände nicht unter dieses Krankheitsbild fielen, bzw. es mit der Subsumtion der Beschwerden unter eine "somatoforme Störung" nach der Richtsatzposition 585 mit einem Grad der Behinderung von 30 vH. sein Bewenden habe. Dass der Befund des AKH Wien vom 6. Feber 2007 nicht im Widerspruch zu den Ausführungen Dris. H. stehe, wie der Sachverständige Dr. St. und mit ihm im Einklang die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid vermeinen, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar.
Die Fachärztin für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. K-D. führt in ihrem Gutachten vom 6. Dezember 2006 aus, dass die Einschätzung eines Fibromyalgiesyndroms aus orthopädischer Sicht bei freier Gelenksbeweglichkeit nicht gerechtfertigt sei. Auch mit diesem Gutachten steht der Befund vom 6. Feber 2007 (auf Grund einer Untersuchung vom 21. Dezember 2006) nicht im Einklang. Die belangte Behörde hätte daher die Verpflichtung gehabt, diesen Befund der genannten Sachverständigen vorzuhalten und sie zur Ergänzung ihres Gutachtens aufzufordern.
Mit Recht bringt die Beschwerdeführerin auch vor, dass - entgegen den Beweisergebnissen im Verfahren erster Instanz - von der belangten Behörde ein Cervicalsyndrom nicht mehr erwähnt werde. Die belangte Behörde verweist in der Gegenschrift darauf, dass die "gesonderte Einschätzung des vorgebrachten Cervicalsyndroms" aufgrund der im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen Befunde nicht gerechtfertigt gewesen sei; im Gutachten Dris. H. werde dieses Syndrom zwar nicht explizit genannt, jedoch "auf das Vorgutachten Bezug genommen und die Abweichung begründet". Aus den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ist nicht zu erkennen, ob die belangte Behörde nun ein Cervicalsyndrom als gegeben annahm oder nicht, bzw. inwieweit sich dies auf die Beurteilung des Grades der Behinderung auswirkt. Die Hinweise in der Gegenschrift vermögen es jedoch nicht, die erforderliche Begründung des angefochtenen Bescheides zu ersetzen.
Wenn die belangte Behörde schließlich in ihrer Gegenschrift ausführt, Gegenstand des Verfahrens nach § 14 Abs. 2 BEinstG sei die Einschätzung des Grades der Behinderung, das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend "die Anerkennung bestimmter Diagnosen" sei hingegen nicht zielführend, ist dem zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht nur die von den sie untersuchenden Ärzten abgegebenen Diagnosen bekanntgegeben, sondern auch die diesen Diagnosen zugrundeliegenden Leidenszustände dargelegt hat. Aufgabe der belangten Behörde wäre es daher gewesen, die von ihr beauftragten Sachverständigen mit den in den Befunden der Beschwerdeführerin dargelegten Diagnosen zu konfrontieren und mithilfe der Sachverständigen festzustellen, ob - und aus welchen Gründen - diese Diagnosen zutreffen oder unrichtig sind.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensfehlers zu einem anderen Bescheid gelangt wäre, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 15. September 2009
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
