VwGH 2007/09/0296

VwGH2007/09/029623.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des Ing. R B in W, vertreten durch Mag. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 8/1/1-3, gegen den Bescheid des Dienstrechtssenats der Stadt Wien vom 21. September 2007, Zl. DS-D - 496/2007, betreffend Suspendierung, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §112 Abs1 impl;
DO Wr 1994 §94 Abs1;
DO Wr 1994 §94 Abs2;
DO Wr 1994 §94 Abs8;
DO Wr 1994 §94 Abs9;
EMRK Art6;
VwGG §39 Abs2 Z6;
BDG 1979 §112 Abs1 impl;
DO Wr 1994 §94 Abs1;
DO Wr 1994 §94 Abs2;
DO Wr 1994 §94 Abs8;
DO Wr 1994 §94 Abs9;
EMRK Art6;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1960 geborene Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien und war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides Fachbeamter des technischen Dienstes im Bereich des Magistrats der Stadt Wien.

Mit Bescheid der Disziplinarkommission vom 20. Juli 2007 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 94 Abs. 1 und 2 der Wiener Dienstordnung, LGBl. für Wien Nr. 56 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 42/2006, vom Dienst suspendiert, nachdem er bereits mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 14. Juni 2007 vorläufig vom Dienst suspendiert worden war, weil er im Verdacht stehe, nachstehende Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"1. (Der Beschwerdeführer) hat es als Referatsleiter für das Auftragswesen in der Direktion XX unterlassen, im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte sowie dem Verbot, sich und sonstigen Dritten Geschenke, die mit seiner dienstlichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, zuwenden zu lassen, zuwidergehandelt, indem er

a) sich zumindest von 2005 bis 2007 jährlich von der Firma R Tischlerei KG, einer Kontrahentenfirma von W W, Jahreskarten für das Fitnessstudio M. S., zuwenden hat lassen;

b) sich und eine Begleitperson von der Firma P Hochbau AG, einer Kontrahentenfirma von W W, von 27. April 2007 bis 1. Mai 2007 zu einem Hotelaufenthalt im Brauhotel W., inklusive Speisen, Getränke sowie der Platzreifeprüfung und Turnierreifeprüfung für den Golfsport einladen hat lassen;

c) im November/Anfang Dezember 2006 von der Firma R. F., sowie der Firma S-T-Bau GmbH, die beide Kontrahentenfirmen von W W sind, Renovierungsarbeiten für die Wohnung in W, kostenlos vornehmen hat lassen;

d) sich in der Zeit von Juni 2005 bis Mai 2007 von mehreren Unternehmen Gutscheine für die Kaufhäuser M, S und I sowie in der Zeit von Oktober 2006 bis 23. Dezember 2006 von der Firma S-T-Bau GmBH, einer Kontrahentenfirma von W W, einen Gutschein für eine Urlaubsreise auf die Kap Verden zuwenden hat lassen.

2. Er hat als Referatsleiter für das Auftragswesen in der Direktion XX seiner Verpflichtung zur Verschwiegenheit über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder zur Vorbereitung einer Entscheidung geboten ist, zuwidergehandelt, und im Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem er zwischen 12. März 2007 und 14. Juni 2007 Herrn R. S. von der Firma S-T-Bau GmbH, über eine Weisung der Direktorin von XX vom 12. März 2007, künftig keine Aufträge mehr an dieses Unternehmen zu erteilen, informiert hat.

3. Er hat es als Referatsleiter für das Auftragswesen in der Direktion XX unterlassen, die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt und Unparteilichkeit zu besorgen, und im Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem er die Firma S-T-Bau GmbH zwischen 10. März 2005 und 5. Dezember 2005 für verschiedene Gewerke und unterschiedliche örtliche Zuständigkeiten in die Kontrahentendatenbank von XX aufgenommen hat, obwohl dieses Unternehmen auf Grund der Feststellungen in dem Rohbericht Gruppe Interne Revision ... vom März 2007 mangels Voraussetzungen nicht eingetragen hätte werden dürfen."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. September 2007 gemäß § 90 Z. 1 der Dienstordnung 1994 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG und § 94 Abs. 7 DO 1994 mit der Maßgabe abgewiesen wurde, dass der Einleitungssatz zu Spruchpunkt 1. zu lauten habe:

"1. (Der Beschwerdeführer) hat als Referatsleiter für das Auftragswesen in der Direktion XX dem Verbot, sich oder sonstigen Dritten Geschenke, die mit seiner dienstlichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, zuwenden zu lassen, zuwidergehandelt, indem er".

Die belangte Behörde führte nach Wiederholung des Verwaltungsgeschehens und Darstellung der Rechtslage aus, der die Suspendierung tragende Verdacht gegen den Beschwerdeführer gründe sich vor allem auf die Aussagen der Zeugin M. M. anlässlich ihrer Einvernahme vom 12. Juni 2007, welche sie unter Wahrheitserinnerung und Belehrung über den strafrechtlichen Tatbestand der Verleumdung am 13. Juni 2007 vor dem Landespolizeikommando Wien, Kriminaldirektion xx, Referat xy, wiederholt habe. Der Beschwerdeführer habe hinsichtlich des Vorwurfs der Geschenkannahme eine Bestätigung des Fitnesscenters M. S., wonach ein "Ing. B" zu keiner Zeit Mitglied gewesen sei, sowie eine Rechnung samt Zahlungsbestätigung der Golf- und Freizeitzentrum W. GmbH und Rechnungen im Zusammenhang mit der Wohnung in der W.gasse vorgelegt. Diese im Disziplinarverfahren zu würdigenden Beweise könnten (im Rahmen des Suspendierungsverfahrens) den Verdacht, dass sich der Beschwerdeführer Zuwendungen von Kontrahentenfirmen habe machen lassen, nicht völlig entkräften, da es durchaus im Rahmen der allgemeinen Lebenserfahrung liege, dass in Bestechungsfällen die Rechnungen auf den Namen der oder des Begünstigten ausgestellt würden und der entsprechende Geldbetrag bar übergeben werde. So habe auch die Belastungszeugin am 12. Juni 2007 zur Bezahlung des Fitnesscenters ausgesagt, es sei ihr nicht bekannt, ob "die Firma das persönlich macht oder auf ihren Namen oder den beiden das Geld gibt". Sie wisse nur deshalb davon, weil der Beschwerdeführer gewollt habe, dass sie "auch dort hingehe". Es könne sowohl Irrtum als auch Absicht sein, dass die Bestätigung über die Nichtmitgliedschaft des Beschwerdeführers im Fitnesscenter auf "Ing. B" (Anm.: auf einen ähnlichen Namen) laute. Unabhängig davon sei aber auch denkmöglich, dass die unter einem ganz anderen Namen gelaufen sei.

Auch zu Spruchpunkt 2. stehe die Aussage des Beschwerdeführers der Aussage der Zeugin M. M. gegenüber, da einerseits auf Grund des engen Kontaktes des Beschwerdeführers zum Geschäftsführer der Firma S-T-Bau GmbH und anderseits angesichts des sich bietenden Gesamtbildes unter Berücksichtigung des Verdachtes der Geschenkannahme von der Firma S-T-Bau GmbH, für welche Herr S. arbeite, ausreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Beschwerdeführer die Dienstpflichtverletzung begangen haben könnte.

Wende der Beschwerdeführer zu Spruchpunkt 3 ein, dass er nach einer Dienstanweisung aus dem Jahre 2000 gehandelt habe, so sei auch diesbezüglich die Angabe der Zeugin M. M. zu berücksichtigen, die angegeben habe, dass ihr der Beschwerdeführer erzählt habe, dass er, um Herrn S. zu helfen, die Firma S-T-Bau GmbH in die Firmendatenbank von XX eingetragen habe, obwohl diese die Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Die Zeugin M. M. habe ihre äußerst detaillierten Aussagen auf Grund eigener Wahrnehmungen gemacht, die von ihr vorgebrachten Vorwürfe basierten somit nicht auf bloßen Gerüchten, sondern auf ihren Einblicken in die vom Beschwerdeführer gepflegten Kontakte mit den Kontrahentenfirmen, auf Angaben, die der Beschwerdeführer ihr als seiner damaligen Lebensgefährtin gegenüber gemacht habe, sowie auf ihren Wahrnehmungen als Kollegin des Beschwerdeführers. Die Zeugin sei durch die Referatsleiterin Controlling und Interne Revision von XX nach ihrer Darstellung des Sachverhaltes ausführlich und ganz gezielt zu einzelnen Details befragt worden. Dabei habe sich die Zeugin ebenso wenig in Widersprüche verstrickt wie bei der nachfolgenden Einvernahme nach ausdrücklicher Wahrheitserinnerung und Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage vor dem Landespolizeikommando Wien am 13. Juni 2007. Es sei dabei auch zu berücksichtigen gewesen, dass sich die Zeugin M. M. durch Aufdeckung des zwischen dem Beschwerdeführer, der Leiterin des Personalreferates und ihr selbst verwobenen Sachverhaltes der Gefahr einer disziplinären Verfolgung ausgesetzt habe, da sie von den Zuwendungen an den Beschwerdeführer auch profitiert habe. Auf Grund all dieser Überlegungen werde die Aussage der Zeugin M. M. als glaubwürdig erachtet, sodass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Gegenbeweise in diesem Stadium des Verfahrens den Verdacht nicht hätten ausräumen können. Es lägen somit ausreichend konkrete Anhaltspunkte vor, die die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der im Spruch genannten Umstände rechtfertigten. Da sich aus den Aussagen der Zeugin M. M. ein hinreichend konkreter Verdacht ergeben habe, sei dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einvernahme weiterer Zeugen nicht nachzukommen gewesen, da das Suspendierungsverfahren keinen Raum für ein weiteres Ermittlungsverfahren lasse und dieses dem Disziplinarverfahren vorbehalten bleibe. Für eine Suspendierung reiche bereits das Vorliegen auch nur eines der beiden in § 94 DO 1994 genannten Tatbestandselemente. Hinsichtlich der Gefährdung wesentlicher Interessen des Dienstes könnten nur schwer wiegende auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen.

Dienstpflichtverletzungen, die den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllten, seien jedenfalls als besonders relevant einzustufen, was auf die in Spruchpunkt 1. angelasteten Dienstpflichtverletzungen, welche den Verdacht der Geschenkannahme gemäß § 304 StGB begründeten, zutreffe. Das Vertrauen des Dienstgebers in die dienstliche Tätigkeit des Beschwerdeführers sei durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen jedenfalls massiv erschüttert. Es liege zweifellos im Interesse des Dienstes, dass sich Mitarbeiter der Stadt Wien keine Geschenke oder sonstige Vorteile im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit zuwenden ließen, da eine solche Geschenkzuwendung eines Dritten in der Regel nicht ohne Erwartung einer entsprechenden Gegenleistung erfolge. Die Annahme solcher Zuwendungen lasse den Bediensteten schnell in ein Abhängigkeitsverhältnis zum Schenker geraten und mache eine unbefangene und unparteiische Erfüllung seiner Aufgaben und damit eine korrekte Amtsausübung unmöglich. Eine Verletzung wesentlicher dienstlicher Interessen werde auch angenommen, wenn bei weiterer Dienstausübung eine besondere Gefahr von Beispielsfolgen und einer Disziplinunterhöhlung unter den anderen Bediensteten gegeben und das Betriebsklima gefährdet wäre. Würde der Beschwerdeführer nun weiterhin im Dienst belassen, könne dies eine negative Beispielswirkung auf alle anderen Kollegen haben, wobei gerade die mit Auftragsvergaben befassten Bediensteten nicht einmal ansatzweise mit einem derartigen Verdacht in Verbindung gebracht werden dürften. Von den Mitarbeitern des Verwaltungsdienstes werde im Allgemeinen erwartet, dass sie ihre Tätigkeit mit Sorgfalt, Fleiß und vor allem uneigennützig und unparteiisch ausübten und so für einen reibungslosen Ablauf sämtlicher Amtsgeschäfte sorgten. Durch ein Verhalten wie jenes, das dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde, werde das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität und Zuverlässigkeit der öffentlichen Verwaltung massiv erschüttert und der Eindruck einer bestechlichen Verwaltung hervorgerufen, der mitunter sogar in generalisierender Art und Weise auch auf andere Vollzugsorgane übertragen werde. Da sowohl wesentliche Interessen des Dienstes als auch das Ansehen des Amtes durch die dem Beschwerdeführer angelasteten Taten gefährdet worden seien, sei die Suspendierung zu bestätigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994, LGBl. Nr. 56 idF LGBl. Nr. 42/2006) lauten:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 18. (1) Der Beamte hat die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen. Er hat sich hiebei von den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

(2) Der Beamte hat gegenüber den Vorgesetzten, den Mitarbeitern, den Parteien und Kunden ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu legen. Er hat im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.

(3) Dem Beamten ist es verboten, sich, seinen Angehörigen oder sonstigen Dritten Geschenke oder sonstige Vorteile, die mit der dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen, zuwenden oder zusichern zu lassen. Zuwendungen von geringem Wert, wie sie insbesondere aus Anlass von Festen üblich sind, dürfen angenommen werden.

...

Dienstliche Verschwiegenheit

§ 21. (1) Der Beamte ist zur Verschwiegenheit über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist. Die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit besteht nicht gegenüber dem Vorgesetzten, den Organen, gegenüber denen eine gesetzliche Mitteilungspflicht besteht, für den Beschuldigten und den Disziplinaranwalt im Disziplinarverfahren und in den Fällen, in denen der Beamte vom Magistrat von der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit entbunden wurde.

(2) Die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit besteht auch für Beamte des Ruhestandes.

(3) Die Pflicht der dienstlichen Verschwiegenheit besteht auch nach Auflösung des Dienstverhältnisses fort.

...

Suspendierung

§ 94. (1) Würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung(en) das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, hat der Magistrat die vorläufige Suspendierung zu verfügen. Gegen die vorläufige Suspendierung ist kein Rechtsmittel zulässig.

(2) Jede vorläufige Suspendierung ist unter Anschluss einer Sachverhaltsdarstellung unverzüglich der Disziplinarkommission im Wege des Vorsitzenden der Disziplinarkommission und dem Disziplinaranwalt schriftlich mitzuteilen. Bis zur Entscheidung der Disziplinarkommission kann der Magistrat die vorläufige Suspendierung wegen Wegfalls der Umstände, durch die sie veranlasst worden ist, aufheben. Gegen diese Aufhebung ist kein Rechtsmittel zulässig. Wurde die vorläufige Suspendierung nicht bereits vom Magistrat aufgehoben, hat die Disziplinarkommission zu entscheiden, ob sie aufzuheben oder ob die Suspendierung zu verfügen ist. ... Mit der Suspendierung endet die vorläufige Suspendierung."

Bereits die belangte Behörde hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Suspendierung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme ist, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Es braucht dabei nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten (objektiv) ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte auf das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung hindeuten. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die sachliche Rechtfertigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern. Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung dürfen an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, muss im Suspendierungsbescheid nur in groben Umrissen, nicht aber einzeln in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist nur darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (vgl. zum Ganzen mit ausführlichen Verweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das hg. Erkenntnis vom 29. November 2002, Zl. 95/09/0039).

Jene Behörde, die über die Suspendierung entscheidet, hat zu beurteilen, ob dem Beamten ausreichend schwere Dienstpflichtverletzungen zur Last liegen, um ihn vorläufig an der Ausübung seines weiteren Dienstes hindern zu dürfen. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen ihrer "Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwer wiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwer wiegend zu vermuten ist. Auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, etwa bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0163, und vom 10. März 1999, Zl. 97/09/0093). Dagegen liegt das dienstliche Interesse, und zwar sowohl vor wie auch nach Aufklärung, bei Verfehlungen auf der Hand, die - in objektiver Hinsicht - zur Disziplinarstrafe der Entlassung führen können. Denn darin kommen eine so erhebliche Unzuverlässigkeit und ein so schwerer Vertrauensbruch zum Ausdruck, dass der Verwaltung und der Allgemeinheit bis zur Klärung und zum Abschluss des Falles eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

Eine Suspendierung ist nur dann unzulässig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen oder lediglich bloße Gerüchte und vage Vermutungen vorliegen. Es müssen vielmehr greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die für eine Suspendierung geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2008, Zl. 2007/09/0298, jeweils mit weiteren Nachweisen, welches dieselben auch im Beschwerdefall relevanten Geschehnisse betraf und auf welches im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren wurde von der Behörde erster Instanz die Suspendierung des Beschwerdeführers nach zwei Einvernahmen der Zeugin M. M. (am 12. und 13. Juni 2007) und seiner Vernehmung zu den daraus resultierenden Vorwürfen (am 14. Juni 2007) verfügt. Die belangte Behörde hat in Entsprechung von § 94 Abs. 7 DO 1994 ohne mündliche Verhandlung binnen einem Monat ab Einlangen der gegen den Suspendierungsbescheid erster Instanz erhobenen Berufung den (nunmehr) angefochtenen Bescheid erlassen.

Die Beschwerdeausführungen lassen sich auch im vorliegenden Verfahren dahingehend zusammenfassen, die belangte Behörde habe sich auf unzureichende Beweisergebnisse gestützt, die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unterlassen und ihren Bescheid mangelhaft begründet.

Die belangte Behörde hat sich aber entgegen den Behauptungen in der Beschwerde mit den Erhebungsergebnissen im Hinblick auf die nur im Verdachtsbereich zu prüfenden Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers ausreichend auseinandergesetzt und nachvollziehbar begründet, warum sie auf Grund der vorliegenden detaillierten und widerspruchsfreien Aussagen der Zeugin M. M., die den Beschwerdeführer massiv belastete und sich dadurch auch selbst der Gefahr einer disziplinären Verfolgung aussetzte, von einer ausreichenden Konkretisierung der gegen den Beschwerdeführer bestehenden Verdachtsmomente, die im Falle ihres Nachweises Dienstpflichtverletzungen gemäß § 18 Abs. 3 und § 21 Abs. 1 DO 1994 darstellen, ausging und den im Zuge der Bestreitung der Vorwürfe vorgebrachten Gegenargumenten des Beschwerdeführers nicht zu folgen vermochte. Erst im folgenden Disziplinarverfahren wird es aber um den Nachweis gehen, ob der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen in dieser Form tatsächlich begangen hat. An der solcherart begründeten Einschätzung der belangten Behörde, es liege damit ein ausreichend konkreter Tatverdacht vor, kann eine Rechtswidrigkeit nicht erkannt werden. Aus diesem Grunde war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Auch der vom Beschwerdeführer herangezogene Art. 6 EMRK steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Suspendierung nur um eine einen Teil des Disziplinarverfahrens darstellende bloß vorläufige auf die Dauer des Disziplinarverfahrens beschränkte Maßnahme handelt, mit der nicht abschließend über eine "Streitigkeit" über ein Recht entschieden wird. Ob die Suspendierung dauernde Rechtsfolgen nach sich zieht, hängt vom Ausgang des Disziplinarverfahrens ab (vgl. § 94 Abs. 8 und 9 DO 1994). Demnach kommen die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK im Verfahren über die Suspendierung schon deshalb nicht zur Anwendung, wobei dahingestellt bleiben kann, ob das Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer überhaupt in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fällt (vgl. die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR im Fall Rabus vom 9. Februar 2006, Appl. 43.371/02).

Wien, am 23. April 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte