VwGH 2007/06/0295

VwGH2007/06/029531.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Anträge des DS, auf 1. Wiederaufnahme der mit Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2003/06/0133, mit Beschluss vom 28. November 2006, Zl. 2006/06/0225, und mit Beschluss vom 13. September 2007, Zl. VH 2007/06/0021, abgeschlossenen Verfahren (protokolliert zur Zl. 2007/06/0295 WA) und 2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die unter Punkt 1. genannten Verfahren (protokolliert zur Zl. 2007/06/0296 WE), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §39 Abs1 Z1;
VwGG §45 Abs1 Z4;
VwGG §45 Abs5;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §39 Abs1 Z1;
VwGG §45 Abs1 Z4;
VwGG §45 Abs5;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiederaufnahme, soweit er das Verfahren zur Zl. VH 2007/06/0021 betrifft, wird zurückgewiesen, im Übrigen wird den Anträgen auf Wiederaufnahme nicht stattgegeben.

2. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

Begründung

1. Mit Bescheid der Datenschutzkommission vom 25. März 2003 wurde das Begehren des Antragstellers, die Bundesministerin für Inneres (die mitbeteiligte Partei im hg. Verfahren zur Zl. 2003/06/0133) zur Löschung der rechtswidrigerweise verarbeiteten, falschen Daten aus einer näher genannten Datenanwendung zu verpflichten, gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 iVm § 31 Abs. 2 Datenschutzgesetz (DSG) 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 136/2001 (DSG 2000), abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die Datenschutzkommission u.a. aus, auch aus der Zurücklegung der Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer durch die Staatsanwaltschaft Wien gemäß § 90 StPO könne nicht abgeleitet werden, dass keine gefälschten Unterlagen eingebracht worden seien. Die Zurücklegung der Strafanzeige gebe lediglich an, dass die Staatsanwaltschaft keinen Grund zu einer weiteren Verfolgung sehe. So bedeute ein Einstellungsbeschluss nach § 90 StPO - wenn der Verdächtige noch nicht gemäß § 38 StPO vernommen worden sei - nur das Unterbleiben weiterer Vorerhebungen. Eine Verfahrenseinstellung gemäß § 90 StPO habe nur dann die Wirkung einer rechtskräftigen Beendigung eines Strafverfahrens, wenn während der Vorerhebungen eine bestimmte Person vom Gericht als einer strafbaren Handlung verdächtig vernommen oder zur Vernehmung geladen oder in Verwahrung oder Haft genommen worden sei.

Die dagegen vom Antragsteller erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2003/06/0133, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde (soweit für den vorliegenden Wiederaufnahmeantrag von Belang) Folgendes ausgeführt:

"Die belangte Behörde ist zur Frage der Richtigkeit der verarbeiteten Daten der von ihr als schlüssig und glaubwürdig erkannten Stellungnahme der mitbeteiligten Partei gefolgt. Diese Beurteilung begegnet auch aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken, hat doch der Beschwerdeführer nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten (Aktenvermerk vom 24. Juli 2002) jedenfalls die (nur auf deren Briefpapier verfassten) Unterstützungserklärungen der Ö. AG direkt an die Österreichische Botschaft Bangkok weitergeleitet, und nicht nur - wie er dies sachverhaltsbezogen in der Beschwerde vorbringt -

an T. zu dessen Verwendung weitergegeben. Ob diesem Verhalten aus strafrechtlicher Sicht Bedeutung derart zukommt, dass es auch tatsächlich zu einer strafgerichtlichen Verfolgung (und Verurteilung) führt, ist hingegen nicht von Bedeutung."

Dieses Erkenntnis wurde dem Rechtsvertreter des Antragstellers am 12. Mai 2006 zugestellt.

2. Mit Antrag vom 16. August 2006 (protokolliert zur hg. Zl. 2006/06/0225) begehrte der Antragsteller die Wiederaufnahme dieses Verfahrens. Diesen Antrag hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. November 2006 wegen Verspätung zurückgewiesen.

3. Mit Antrag vom 14. März 2007 (protokolliert zur hg. Zl. VH 2007/06/0021) stellte der Antragsteller einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Wiederaufnahme der Verfahren zu den Zlen. 2003/06/0133 sowie 2006/06/0225. Diesem Antrag wurde mit Beschluss vom 13. September 2007 nicht stattgegeben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos erscheine.

4. In den nunmehr verfahrensgegenständlichen Anträgen vom 21. November 2007 heißt es - soweit für das vorliegende Verfahren wesentlich - wörtlich (auszugsweise; Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Ich ersuche Sie, den beiliegenden Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zu gewähren, da das Verfahren zur Zl. 2003/06/0133- 8 mangelhaft war und das Erkenntnis nicht den Fakten entspricht. So wurde keine mündliche Verhandlung abgehalten, in der Unklarheiten ausgeräumt werden konnten.

Auch der Akt der St.A. Wien und der Akt (...) vom LG. f. Strafsachen Wien - Vernehmung nach § 38 Abs 4 ZPO (gemeint offenbar: StPO) - wurden nicht angefordert usw.

...

Bei den beiden Fax der Österreichischen Automobilfabrik (X) AG handelt es sich um keine Fälschungen, da ich damals gar nichts nachgemacht habe.

Weitere Informationen habe ich am Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe angebracht.

Ich hoffe ich habe Ihnen Gründe aufgezeigt, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. eine Bewilligung der Verfahrenshilfe rechtfertigen.

..."

Im beiliegenden Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vom 21. November 2007 begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme der Verfahren zu den Zlen. 2003/06/0133, 2006/06/0225, sowie VH 2007/06/0021. Darin heißt es wörtlich.

"Jedem Juristen ist bekannt, daß ein Anwalt ohne Rücksprache mit seinem Mandanten keine weiteren Schritte unternimmt, somit wurde wegen meiner gemeldeten Ortsabwesenheit d. Erkenntnis v. 25.4.2006 nicht ordnungsgemäß zugestellt. Ebenso habe ich beim Postamt 1222 Wien die Ortsabwesenheit von 31.5.2007 - 20.8.2007 gemeldet, weil ich nachweislich vom 31.5. - 20.8.2007 im Ausland (Fernost) war, somit habe ich bis heute den Beschluss v. 31.5.07 nicht erhalten. Und Ortsabwesenheitsmeldung beim Postamt 1222 v.

22.8 - 12.9.2007 wegen Kur in Bad Gastein bzw als Begleitsperson meiner Mutter

...

Der VwGH müßte Bedenken wegen der Stellungnahme d. mitbeteiligten Partei haben, weil sich diese in der Hauptsache rechtswidrig verhalten hat u. zwar insgesamt viermal (Zl. 1999/21/0226-8 Rechtswidrigkeit d. Inhaltes, 2001/21/0187-8 Rechtswidrigkeit s. Inhaltes, 2002/21/0208-6 Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit u. Verletzung d. Entscheidungspflicht). Außerdem habe ich den Aktenvermerk v. 24.7.2002 im Jahr 2002 in Wien gar nicht unterschrieben, auch deshalb kann keine Rede sein, von einer schlüssig u. glaubwürdig erkannten Stellungnahme der mitbeteiligten Partei - BMI.

Außerdem wurde ich am 8.8.1997 nach § 38 Abs 4 SPO (gemeint offenbar: StPO) v. LG f. Strafsachen Wien, Mag. (E), einvernommen. Dies wurde im Erkenntnis Zl. 2003/06/0133-8 nicht berücksichtigt."

Mit ergänzendem Schriftsatz vom 27. November 2007 hat der Antragsteller diverse Ortsabwesenheitserklärungen vorgelegt.

5. Soweit der Antragsteller die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Zl. VH 2007/06/0021 begehrt, ist ihm entgegenzuhalten, dass gemäß § 45 Abs. 5 VwGG eine Wiederaufnahme des Verfahrens in Angelegenheiten der Verfahrenshilfe nicht zulässig ist, weshalb der darauf lautende Antrag zurückzuweisen ist.

6. Zu den Anträgen auf Wiederaufnahme der übrigen Verfahren:

§ 45 Abs. 1 VwGG lautet:

"§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn

1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder

3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder

4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder

5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlassten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde."

Der Antragsteller macht in seinen eingangs - soweit für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung - wiedergegebenen Anträgen keinen der genannten Wiederaufnahmegründe geltend. Soweit er mit seinem Vorbringen, es sei im Verfahren zur Zl. 2003/06/0133 keine mündliche Verhandlung anberaumt worden, den Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG ansprechen sollte, ist ihm zu entgegnen, dass er die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde nicht beantragt hat (§ 39 Abs. 1 Z. 1 VwGG). Dass der Verwaltungsgerichtshof die Durchführung einer Verhandlung nicht beschlossen hat, stellt keine Verletzung der Vorschriften über das Parteiengehör dar. Im Übrigen ist weder ersichtlich noch wird vom Antragsteller konkret dargetan, inwiefern die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu einem anders lautenden Erkenntnis geführt hätte.

Den Anträgen auf Wiederaufnahme war daher nicht stattzugeben.

7. Zu den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, dass ihm das Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2003/06/0133, nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei, ist ihm zu entgegnen, dass die Zustellung an seinen ausgewiesenen Vertreter vorgenommen wurde. Eine Ortsabwesenheit des Antragstellers selbst im Zeitpunkt der Zustellung hat keinen Einfluss auf die Rechtswirksamkeit dieser Zustellung.

Aus den verfahrensgegenständlichen Anträgen ist nicht ersichtlich, welche Frist der Antragsteller versäumt und welchen Rechtsnachteil er dadurch erlitten haben könnte. Insbesondere sind keinerlei Ausführungen enthalten, die die Versäumung der Frist zur Stellung des mit Beschluss vom 28. November 2006, Zl. 2006/06/0225, erledigten Wiederaufnahmeantrages thematisieren, die - soweit ersichtlich - die einzige wiedereinsetzungstaugliche Frist im gegebenen Zusammenhang darstellte. Die vorgelegten Ortsabwesenheitserklärungen - deren rechtliche Relevanz im Zusammenhang mit der Frist zur Stellung dieses Wiederaufnahmeantrages an dieser Stelle dahingestellt sei - beziehen sich allesamt auf Zeiträume nach Einbringung des Wiederaufnahmeantrages zur Zl. 2006/06/0225.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 46 VwGG gleichfalls nicht Folge zu geben.

8. Bei diesem Sachverhalt war der keinem Rechtsschutzinteresse des Antragstellers dienende Auftrag zur Behebung der den Anträgen anhaftenden Mängel entbehrlich.

Wien, am 31. März 2009

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