VwGH 2007/05/0220

VwGH2007/05/022014.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des ES in Wien, vertreten durch Ebert Huber Liebmann Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Tuchlauben 11, gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom 10. August 2007, Zl. K095.040/0004- DSK/2007, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach dem Datenschutzgesetz 2000, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §56;
DSG §17;
AVG §38;
AVG §56;
DSG §17;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Schreiben vom 18. Juni 2007 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, dass er auf der öffentlichen Verkehrsfläche Anzengruberstrasse in Wien vor seiner Liegenschaft gelegentlich Videoaufzeichnungen der dort auf der öffentlichen Straße mit überhöhter Geschwindigkeit vorbei fahrenden Fahrzeuge durchführen wolle, um dort begangene Verwaltungsübertretungen (Überschreitung des in der 30er-Zone geltenden Tempolimits) zum Zwecke einer Anzeige an die zuständige Behörde und Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens durch diese zu dokumentieren und nachzuweisen. Er vertrat die Auffassung, dass mit der von ihm beabsichtigten Vorgangsweise keine Datenanwendung vorliege und nur indirekt personenbezogene Daten erhoben würden und somit keine Meldepflicht gegeben sei. Der Beschwerdeführer beantragte, die belangte Behörde

"möge feststellen, dass das gegenständliche Vorhaben, nämlich die gelegentliche Aufzeichnung von Fahrzeugen vor der Liegenschaft des Antragstellers mittels von Hand geführter und auf Band sequentiell aufzeichnender Videokamera zwecks Dokumentation von Überschreitungen des geltenden Geschwindigkeitslimits und Anzeige an die Verwaltungsstrafbehörde bzw. Beweisführung in einem zivilrechtlichen Verfahren gegen den Straßeneigentümer, wobei die Kennzeichen der zu schnell fahrenden Fahrzeuge auf der Videoaufzeichnung visuell nicht zu erkennen sind sondern zusätzlich festgehalten werden, keine meldepflichtige Datenanwendung iSd DSG darstellt".

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag "auf Feststellung des Nichtvorliegens einer meldepflichtigen Datenanwendung" "im Grunde des § 17 Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000) BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, zurückgewiesen".

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Antrag des Beschwerdeführers ziele auf die Feststellung ab, ob ein bestimmter Sachverhalt meldepflichtig im Sinne der §§ 17 DSG 2000 sei bzw. ob auf die Handlungen (Videoaufzeichnungen) des Beschwerdeführers diese gesetzlichen Bestimmungen Anwendung fänden. Weder die Qualifikation eines Sachverhaltes noch die Anwendbarkeit und die Auslegung gesetzlicher Bestimmungen könnten jedoch Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein. Für die Erlassung eines vom Beschwerdeführer begehrten Feststellungsbescheides fehle es im Übrigen an einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, die die Erlassung eines Feststellungsbescheides erlauben würde. Der Beschwerdeführer mache zwar ein rechtliches Interesse geltend ("…besteht darin, mich bei Aufnahme dieser Datenerfassung keinem Vorwurf eines Verstoßes gegen Meldepflichten auszusetzen."), er übersehe jedoch, dass im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage, nämlich ob die konkrete Datenverwendung eine meldepflichtige Datenanwendung (§ 4 Z. 7 DSG 2000) darstelle, in einem anderen durchaus zumutbaren gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahren (Meldeverfahren nach den §§ 17 ff DSG 2000) abzusprechen sei. Zur Abklärung der Meldepflichtigkeit sei also ein Meldeantrag an das Datenverarbeitungsregister zu stellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Er führt aus, die belangte Behörde gehe fälschlicher Weise davon aus, dass ein anderes "für die Feststellung der maßgeblichen Rechtsfrage gesetzlich vorgezeichnetes Verwaltungsverfahren gegeben" sei. Dabei übersehe die belangte Behörde aber, dass der Beschwerdeführer zur Einleitung eines Meldeverfahrens einen Antrag stellen müsste, welcher sich zu der von ihm begehrten und in seinem rechtlichen Interesse liegenden Feststellung völlig konträr verhalten würde. Sein Interesse sei ja gerade darauf gerichtet, dass festgestellt werde, dass sein Vorhaben keine meldepflichtige Datenanwendung sei. Die Meldung und der Antrag auf Registrierung einer meldepflichtigen Datenanwendung sei kein "zumutbares anderes Verwaltungsverfahren". Ein solches läge nur vor, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage mit einem das rechtliche Interesse des Antragstellers abdeckenden Ergebnis zu entscheiden wäre. Der Beschwerdeführer hätte als Antragsteller in einem Meldeverfahren nach §§ 17 ff DSG keine rechtliche Möglichkeit, eine seinem Rechtsstandpunkt und seinem rechtlichen Interesse entsprechende Entscheidung (Abweisung der Meldung wegen Nichtvorliegens einer meldepflichtigen Datenanwendung) durchzusetzen; einem Rechtsmittel gegen die (rechtswidrige) Annahme der Meldung und Registrierung im DVR fehlte jedenfalls jegliche Beschwer. Der Beschwerdeführer wolle sein Vorhaben nur dann umsetzen, wenn dieses keine meldepflichtige Datenanwendung sei. Durch eine Registrierung einer solchen Datenanwendung würde der Beschwerdeführer nämlich jederzeit durch Einsicht in das DVR identifizierbares Zielobjekt jedes von den Polizeibehörden bestraften Schnellfahrers im gegenständlichen örtlichen Bereich, dies selbst dann, wenn er nicht einmal Anzeiger ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer begehrte mit seinem eingangs wiedergegebenen Antrag die Feststellung, dass die von ihm beabsichtigten Aufzeichnungen mit einer Videokamera keine meldepflichtige Datenanwendung im Sinne des § 17 Datenschutzgesetz 2000 darstelle.

§ 17 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000 (in der Folge: DSG) verpflichtet jeden Auftraggeber (vgl. hiezu die Definiton in § 4 Z. 4 DSG), soweit in den Abs. 2 und 3 nicht anderes bestimmt ist, vor Aufnahme einer Datenanwendung (vgl. hiezu die Definition in § 4 Z. 7 DSG) eine Meldung an die Datenschutzkommission mit dem in § 19 festgelegten Inhalt zum Zweck der Registrierung im Datenverarbeitungsregister zu erstatten. Diese Meldungspflicht gilt auch für Umstände, die nachträglich die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit einer Meldung bewirken.

Abs. 2 dieses Paragraphen zählt die nicht-meldepflichtigen Datenanwendungen auf. Abs. 3 regelt, unter welchen Voraussetzungen Datenanwendungen von der Meldepflicht ausgenommen sind.

Gemäß § 20 DSG hat die Datenschutzkommission alle Meldungen binnen zwei Monaten zu prüfen.

Gemäß § 23 Abs. 2 DSG sind nicht-meldepflichtige Datenanwendungen der Datenschutzkommission bei Ausübung ihrer Kontrollaufgaben gemäß § 30 offenzulegen.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z. 1 DSG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Daten ermittelt, verarbeitet oder übermittelt, ohne seine Meldepflicht gemäß § 17 erfüllt zu haben, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Jede Datenanwendung muss somit zur Eintragung in das Datenverarbeitungsregister gemeldet werden, soweit nicht eine ausdrückliche Ausnahme nach den Abs. 2 oder 3 des § 17 DSG besteht.

Ein Verfahren zur Feststellung, ob eine bestimmte Datenanwendung meldepflichtig ist oder nicht, ist im DSG nicht vorgesehen.

Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die begehrte Feststellung kommt im Beschwerdefall nur die Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheides in Betracht. Derartige Feststellungsbescheide können nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von Verwaltungsbehörden nur im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit und nur dann erlassen werden, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. November 1992, Zl. 86/17/0162, VwSlg. 13.732/A). Gegenstand eines derartigen Feststellungsbescheides kann grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein; darüber hinaus kann die Behörde weder über die Anwendbarkeit von gesetzlichen Vorschriften noch über ihre Auslegung und über das Vorliegen von Anspruchsvoraussetzungen in einem Feststellungsverfahren spruchmäßig entscheiden. Auch die rechtliche Qualifikation eines Sachverhaltes kann nicht Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 20. September 1993, Zl. 92/10/0457, und vom 24. September 1997, Zl. 96/12/0338, m. w.N.). Im letztgenannten hg. Erkenntnis wurde auch darauf hingewiesen, dass das Vorhandensein privater Interessen nicht ausreicht, im Verwaltungsverfahren die Erlassung eines Feststellungsbescheides zu begehren. Unzulässig ist ein Feststellungsbescheid insbesondere dann, wenn ein in anderer Richtung laufendes Verwaltungsverfahren den Rahmen für eine diesbezügliche Entscheidung bietet. Eine Vorfrage, die im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu lösen ist, kann nicht aus diesem Verfahren herausgegriffen werden und zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides gemacht werden (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 24. September 1997).

Die Rechtsprechung zum Feststellungsbescheid lässt somit den Grundsatz erkennen, dass diese Bescheidform lediglich ein subsidiärer Rechtsbehelf ist, der nur zur Anwendung kommen kann, wenn andere Möglichkeiten, die maßgebende Rechtsfrage zu klären, nicht vorhanden sind oder - worauf in dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 4. November 1992 abgestellt wird - nicht zumutbar sind. Die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides darüber, ob ein konkretes Vorhaben nach einem bestimmten Gesetz meldepflichtig ist oder nicht, ist daher ebenso wie die Frage, ob ein bestimmtes Vorhaben nach einem bestimmten Gesetz bewilligungs- oder anzeigepflichtig ist, zu verneinen, soweit nicht das betreffende Gesetz eine ausdrückliche Ermächtigung hiefür vorsieht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/05/0303, mit weiteren Nachweisen).

Die vom Beschwerdeführer begehrte Feststellung ist somit nicht zulässig, weil das DSG 2000 ein diesbezügliches Feststellungsverfahren nicht vorsieht und die begehrte Feststellung die rechtliche Qualifikation eines Sachverhaltes betrifft. Die mit der begehrten Feststellung zu klärende Rechtsfrage ist in dem hiefür vorgesehenen Meldeverfahren nach den §§ 17 ff DSG 2000 zu prüfen. Der Beschwerdeführer ist im Rahmen der von ihm erstatteten Meldung an die Datenschutzkommission nicht gehindert, seinen Rechtsstandpunkt darzulegen. Die Rechtslage bietet auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer rechtswidrige, ihn in seinen Rechten verletzende Eintragungen im Datenverarbeitungsregister hinnehmen müsste.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 2007

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