VwGH 2007/04/0043

VwGH2007/04/004311.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerden der N GmbH in W, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 29/9, gegen die Bescheide des Bundeskommunikationssenates 1. vom 23. Juni 2006, Zl. 611.009/0010- BKS/2006, betreffend Verletzung des ORF-Gesetzes (protokolliert zur hg. Zahl 2006/04/0141), und 2. vom 15. November 2006, Zl. 611.009-0016-BKS/2006, betreffend Parteistellung in einem Verfahren gemäß § 13 Abs. 8 ORF-Gesetz (protokolliert zur hg. Zahl 2007/04/0043),

Normen

AVG §8;
B-VG Art140;
ORF-G 2001 §13 Abs8;
ORF-G 2001 §36 Abs1 Z1 litd;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §8;
B-VG Art140;
ORF-G 2001 §13 Abs8;
ORF-G 2001 §36 Abs1 Z1 litd;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

zu 1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe

von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu

ersetzen; und

zu 2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zur Zl. 2006/04/0141 protokollierten Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 23. Juni 2006 wurde festgestellt, dass der Österreichische Rundfunk (ORF) durch die am 10. Februar 2006 im Fernesehprogramm ORF 1 vorgenommene Ausstrahlung eines Werbespots für die Zeitschrift "T" gegen § 13 Abs. 8 ORF-G verstoßen habe (vgl. zum selben Bescheid das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/04/0140). Gegen diesen Bescheid richtet sich die erste der beiden vorliegenden Beschwerden der beschwerdeführenden Partei.

Mit Schriftsatz vom 11. August 2006 stellte die beschwerdeführende Partei bei der belangten Behörde den Antrag, ihr unter gleichzeitiger Gewährung der Akteneinsicht die Parteistellung im zuvor genannten Verwaltungsverfahren zuzuerkennen und ihr den genannten Bescheid vom 23. Juni 2006 zuzustellen. Mit dem zur Zl. 2007/04/0043 protokollierten Bescheid vom 15. November 2006 wies die belangte Behörde den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung ab und die Anträge auf Gewährung der Akteneinsicht und auf Zustellung des Bescheides vom 23. Juni 2006 mangels Parteistellung der beschwerdeführenden Partei zurück. In der Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, die beschwerdeführende Partei (als Medieninhaberin der Zeitschrift "T") sei durch die Feststellung, dass der ORF das Gesetz verletzt habe, nicht in rechtlichen, sondern allenfalls in wirtschaftlichen Interessen berührt, sodass der beschwerdeführenden Partei im genannten Verfahren betreffend § 13 Abs. 8 ORF-G keine Parteistellung zukomme.

Gegen den Bescheid vom 15. November 2006 erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und ergänzte diese, nachdem sie vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Februar 2007, B 2181/06-3, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten worden war.

Die belangte Behörde hat zu der gegen den Bescheid vom 23. Juni 2006 erhobenen Beschwerde unter Hinweis auf die (bereits zur hg. Zl. 2006/04/0140 vorgelegten) Verwaltungsakten eine Gegenschrift erstattet. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres rechtlichen und sachlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden erwogen:

Ausgangspunkt beider Beschwerden ist der bereits wiederholt genannte Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 2006, mit dem, wie erwähnt, eine dem ORF zuzurechnende Gesetzesverletzung festgestellt wurde, weil er einen Werbespot für die Zeitschrift der beschwerdeführenden Partei im Fernsehen gesendet habe, in dem unzulässiger Weise auf den Inhalt des periodischen Druckwerkes hingewiesen wurde. Der Erfolg der beiden dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Beschwerden hängt davon ab, ob die beschwerdeführende Partei durch den gegenüber dem ORF im Grunde des § 13 Abs. 8 ORF-G ergangenen Bescheid vom 23. Juni 2006 in subjektiven Rechten berührt ist, weil andernfalls die Beschwerde gegen den Bescheid vom 23. Juni 2006 unzulässig und die Beschwerde gegen den Bescheid vom 15. November 2006 unbegründet wäre.

Die beschwerdeführende Partei führt dazu in ihren Beschwerden im Wesentlichen gleich lautend ins Treffen, ihre Parteistellung leite sich einerseits aus § 13 Abs. 8 ORF-G iVm § 8 AVG und andererseits aus § 36 Abs. 1 ORF-G ab. Die erstgenannte Bestimmung normiere nämlich nicht nur eine Beschränkung des Rechts auf kommerzielle Kommunikation, sondern "statuiere auch das Recht von Medieninhabern" wie der beschwerdeführenden Partei, den Titel und auch die Blattlinie von periodischen Druckwerken im ORF zu bewerben. Der Bescheid vom 23. Juni 2006 mache es der beschwerdeführenden Partei unmöglich, in Hinkunft Werbespots mit dem aktuellen Titelbild der zu bewerbenden Zeitschrift zu gestalten und im Fernsehprogramm des ORF auszustrahlen. Damit greife dieser Bescheid auch in subjektive Rechte der beschwerdeführenden Partei ein. Deren Parteistellung ergebe sich auch aus § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. d ORF-G, weil nach dieser Bestimmung Beschwerden betreffend die Verletzung des ORF-G an die belangte Behörde nicht nur von Unternehmen eingebracht werden könnten, deren rechtliche Interessen berührt würden, sondern auch von Unternehmen, deren wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Gesetzesverletzung betroffen seien.

Die gegenständlich maßgebenden Bestimmungen des ORF-G lauten:

"3. Abschnitt

Werbung und Patronanzsendungen

Definition der Werbung und Werbezeiten

§ 13. ...

(8) Werbung im Fernsehen für periodische Druckwerke darf auf den Titel (Namen des Druckwerks) und die Blattlinie, nicht aber auf deren Inhalte hinweisen. Die dafür eingeräumte Sendezeit darf nicht mehr als zwei Minuten der gesamten wöchentlichen Werbezeit betragen. Die Vergabe dieser Sendezeiten und der Tarife hat gegenüber allen Medieninhabern dieser Druckwerke zu gleichen und nichtdiskriminierenden Bedingungen zu erfolgen. Näheres regelt das Tarifwerk des Werbefunks (§ 21 Abs. 1 Z 7).

...

Beschwerden und Anträge

§ 36. (1) Der Bundeskommunikationssenat entscheidet neben den in § 11a KOG genannten Fällen gemäß § 35 Abs. 1 - soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist - über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes

1. auf Grund von Beschwerden

a) einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet,

...

d) eines Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Verletzung berührt werden.

..."

Wie sich aus der letztzitierten Bestimmung ergibt, kann ein Unternehmen, auch wenn es (bloß) in seinen wirtschaftlichen Interessen verletzt zu sein behauptet, Beschwerde an die belangte Behörde wegen einer Verletzung des ORF-G erheben. Damit hat der Gesetzgeber eine spezielle Antragslegitimation für betroffene Unternehmen geschaffen, die nicht unbedingt Mitbewerber des ORF sein müssen (vgl. Kogler/Kramler/Traimer, Österreichische Rundfunkgesetze, S. 99). In den vorliegenden Fällen ist daraus für die beschwerdeführende Partei aber nichts zu gewinnen, weil das in Rede stehende Verfahren gemäß § 13 Abs. 8 ORF-G nicht auf einer gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. d ORF-G erhobenen Beschwerde der beschwerdeführenden Partei beruht. Dass der beschwerdeführenden Partei (und dementsprechend auch anderen, zumindest in wirtschaftlichen Interessen betroffenen, Unternehmen) in einem Verfahren betreffend die Verletzung des ORF-G auch dann Parteistellung zukäme, wenn sie selbst keine Beschwerde im Sinne des § 36 ORF-G erhoben haben, kann dem Gesetz nicht entnommen werden.

Was den von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten § 13 Abs. 8 ORF-G betrifft, so beschränkt diese Bestimmung das Recht des ORF, im Fernsehen für periodische Druckwerke zu werben. Anders als die beschwerdeführende Partei meint, lässt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung kein Recht des Inhabers eines Printmediums auf bestimmte Werbeeinschaltungen ableiten.

Zu prüfen bleibt, ob der beschwerdeführenden Partei auf Grund des § 8 AVG die Parteistellung im Verfahren betreffend § 13 Abs. 8 ORF-G zukommt, was dann der Fall wäre, wenn ihr am Verfahren bzw. an einer Entscheidung betreffend § 13 Abs. 8 leg. cit. ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse zukäme. Um diese Frage zu beantworten, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Wege der Auslegung zu prüfen, ob durch die maßgeblichen Rechtsvorschriften nur eine Rechtspflicht der Behörde oder auch ein subjektives Recht des oder der Betroffenen begründet wird. Entscheidend ist dabei der Schutzzweck der Norm, weil ein subjektives Recht im Zweifel dann zu vermuten ist, wenn zumindest auch das Interesse einer - im Besonderen betroffenen und damit von der Allgemeinheit abgrenzbaren - Person für die gesetzliche Festlegung der verpflichtenden Norm maßgebend war. Das bloß faktische, insbesondere auch wirtschaftliche Interesse an der Einhaltung von Vorschriften des objektiven Rechts begründet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingegen keine Parteistellung gemäß § 8 AVG (vgl. zum Ganzen die bei Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, unter Rz 6 f zu § 8 AVG referierte hg. Judikatur).

Was den Schutzzweck des § 13 Abs. 8 ORF-G betrifft, so beschränkt diese Norm den ORF in seinen Möglichkeiten, aus Werbung Einnahmen zu lukrieren und zielt sohin darauf ab, private Fernsehbetreiber insofern zu begünstigen und ihnen Marktchancen zu eröffnen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 2003, G 304/01, sowie, darauf Bezug nehmend, das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2006/04/0204). Aus dem genannten Schutzzweck ist für die beschwerdeführende Partei schon deshalb nichts zu gewinnen, weil diese gar nicht behauptet, privater Fernsehbetreiber zu sein. Aber auch aus dem weiteren, aus den Gesetzesmaterialien (RV 634 BlgNR XXI. GP) abzuleitenden Zweck des § 13 Abs. 8 ORF-G, weniger finanzstarke Printmedien gegenüber finanzstarken, marktmächtigen Printmedien, denen genügend Werbemittel für Werbung im ORF-Fernsehen zur Verfügung steht, zu schützen, kann kein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei an einer Feststellung gemäß § 13 Abs. 8 ORF-G abgeleitet werden, weil sich dieser Schutzzweck nicht auf ein spezifisches Printmedium, sondern auf - sämtliche - weniger finanzstarke Printmedien erstreckt. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass - im Sinne der angesprochenen Judikatur - für die Bestimmung des § 13 Abs. 8 ORF-G das Interesse einer im Besonderen betroffenen und damit von der Allgemeinheit abgrenzbaren Person maßgebend war.

Das Interesse der beschwerdeführenden Partei erweist sich somit als bloß faktisches, insbesondere wirtschaftliches Interesse, weshalb ihr im gegenständlichen Feststellungsverfahren gemäß § 13 Abs. 8 ORF-G keine Parteistellung zukam. Dieses Ergebnis ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich, hat doch der Verfassungsgerichtshof schon mehrfach darauf hingewiesen, dass, von Ausnahmen abgesehen, keine Verfassungsbestimmung Parteirechte überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiert (vgl. den bereits oben zitierten Beschluss, B 2181/06-3, mwN).

Der zur hg. Zl. 2007/04/0043 angefochtene Bescheid vom 15. November 2006, mit der die Parteistellung der Beschwerdeführerin verneint wurde, ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen, sodass die diesbezügliche Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen war.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid vom 23. Juni 2006, mit dem eine vom ORF zu verantwortende Gesetzesverletzung festgestellt wurde, nicht in subjektiven Rechten verletzt sein kann, sodass die zur Zl. 2006/04/0141 protokollierte Beschwerde der beschwerdeführenden Partei in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 11. Oktober 2007

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