Normen
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ZustG §11 Abs1;
ZustVwÜbk Eur;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ZustG §11 Abs1;
ZustVwÜbk Eur;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl (kurz: BH) vom 26. Juli 2006 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 29. Mai 2006 um 16.45 Uhr an einem näher genannten Ort als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Sattelkraftfahrzeuges
1. das Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall nicht sofort angehalten, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und
2. nicht die nächste Polizeiinspektion vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte.
Zu Spruchpunkt 1. wurde gemäß § 4 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 99 Abs. 2 lit. a StVO eine Geldstrafe von EUR 200.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) und zu Spruchpunkt 2. gemäß § 4 Abs. 5 i.V.m. § 99 Abs. 3 lit. b StVO eine Geldstrafe von EUR 150.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt.
Die Zustellung dieses Schriftstückes erfolgte laut internationalem Rückschein durch die tschechische Post am 7. August 2006 in Tschechien.
Mit Schriftsatz vom 31. August 2006 erhob der Beschwerdeführer gegen diese Strafverfügung Einspruch.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 wies die BH den Einspruch vom 31. August 2006 "als verspätet eingebracht" zurück.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. Juni 2007 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt u.a., die Zustellung sei im Lichte des § 11 ZustG nicht rechtmäßig gewesen.
Gemäß § 11 Abs. 1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.
Tschechien hat weder das Europäische Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland, BGBl. Nr. 67/1983, unterzeichnet, noch besteht ein bilaterales Rechtshilfeabkommen der Republik Österreich mit der Tschechischen Republik in Verwaltungssachen, insbesondere in Verwaltungsstrafangelegenheiten (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis 26. Februar 1999, Zl. 96/19/3573).
Bestehen - wie im vorliegenden Fall - keine internationalen Vereinbarungen über die Zustellung mit dem betreffenden ausländischen Staat, sind gemäß § 11 Abs. 1 ZustG - sofern in dem betreffenden ausländischen Staat Rechtsvorschriften über die Zustellung von Schriftstücken ausländischer (im Besonderen: österreichischer) Behörden gelten, - ausschließlich diese maßgebend. Wenn weder internationale Vereinbarungen (Staatsverträge) noch nationale Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, bestehen, bestimmt sich die Zulässigkeit und Form der Zustellung von Schriftstücken österreichischer Behörden im Ausland nach der internationalen Übung, d.h. danach, ob und gegebenenfalls welche Form der Zustellung der betreffende ausländische Staat auf seinem Gebiet üblicherweise ohne Protest zulässt und damit stillschweigend seine Zustimmung zu diesem Vorgehen zum Ausdruck bringt (vgl. das einen ähnlich gelagerten Fall Bulgarien betreffende hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2001/03/0045, m.w.N.).
Die belangte Behörde hätte im Sinne des § 11 Abs. 1 ZustG für die Annahme einer wirksamen Zustellung der in Rede stehenden Strafverfügung an den Beschwerdeführer in Tschechien am 7. August 2006 und für die daraus resultierende Verspätung des Einspruches klären müssen, welche zustellrechtlichen Regelungen für den Fall der Zustellung eines in deutscher Sprache abgefassten behördlichen Schriftstückes einer österreichischen Behörde in Tschechien gelten. Es wäre aber auch allenfalls zu erforschen gewesen, ob im Sinne dieser Bestimmung bei der Zustellung von Strafverfügungen von einer internationalen Übung ausgegangen werden kann.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher, ohne dass das für die Zustellung in Tschechien maßgebliche tschechische Recht ermittelt und herangezogen bzw. gegebenenfalls das Vorliegen einer internationalen Übung geklärt wurde, als inhaltlich rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 29. Februar 2008
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