Normen
AsylG 2005 §10 Abs1 Z2;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1;
AVG §58 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 2005 §10 Abs1 Z2;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1;
AVG §58 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers nach Serbien) wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien und stellte am 4. Mai 2007 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den diesen Antrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Mai 2007 gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Serbien nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Die belangte Behörde traf zur Person des Beschwerdeführers - soweit hier von Relevanz - folgende Feststellungen (Fehler hier und im Folgenden im Original):
"Der Berufungswerber trägt den im Spruch angeführten Namen und ist Staatsangehöriger von Serbien.
Der Berufungswerber wurde am 5.1.1969 in Pozarevac (Serbien) geboren. Eigenen Angaben nach reiste dieser am 1.8.1994 legal über Ungarn in Österreich ein. Der Fremdenakt des Berufungswerbers zeigt folgende Eintragungen auf:
- befristete Aufenthaltsbewilligung von 11.7.1995 bis 9.5.1996;
- befristete Aufenthaltsbewilligung von 10.5.1996 bis 10.5.1998;
- Niederlassungsbewilligung vom 1.4.1998 bis 1.4.2003 (Aufhebungsdatum: 23.12.1999);
- Aufenthaltsverbot mit Bescheid vom 24.11.1998 wegen rechtskräftiger Verurteilung;
- Niederlassungsbewilligung von 23.1.2001 bis 2.4.2003;
- Befreiungsschein von 28.5.2002 bis 27.5.2007;
- Rechtskräftiges Aufenthaltsverbot seit 21.9.2006.
Der Berufungswerber wurde mehrmals rechtskräftig verurteilt:
- am 6.8.1998 zu acht Monaten Freiheitsstrafe bedingt auf drei Jahre Probezeit wegen §§127, 128/1/4, 130, 15 StGB;
- am 5.5.2003 zu einem Jahr Freiheitsstrafe bedingt auf drei Jahre Probezeit wegen §§107 Abs.1, 105 Abs.1, 83 Abs.2, 84 Abs.1 StGB und
- am 30.5.2006 zu einem Jahr Freiheitsstrafe wegen §§83 Abs.1 StGB, 84 Abs.1, 125 StGB samt Widerruf."
Zur Ausweisung des Beschwerdeführers (Spruchpunkt III.) führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe des Gesetzeswortlautes und höchstgerichtlicher Judikatur - Folgendes aus:
"Das Bundesasylamt hat die durch Art. 8 Abs. 2 MRK vorgeschriebene Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen. Daran ändert es auch nichts, dass der Berufungswerber bis zu seinem Haftantritt am 28.10.2006 mit seiner Ehefrau S D (Verehelichung am 6.7.2002) und seinen drei in Österreich geborenen Kindern im gemeinsamen Haushalt lebte.
Die Ansicht, ein Fremder, dessen engste Familienangehörige in Österreich lebten, dürfe nicht nach § 10 AsylG ausgewiesen werden, entspricht nicht den Intentionen des Gesetzes, zumal eine Ausweisung nach dieser Bestimmung stets nur dann unzulässig ist, wenn eine Verletzung des Art. 8 MRK vorliegt. Die Existenz von Familienangehörigen bedeutet zwar unbestritten einen Eingriff in Art. 8 MRK, eine Verletzung, die zur Unzulässigkeit der Ausweisung führen würde, ist aber nur dann gegeben, wenn die Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK ein Überwiegen der privaten Interessen ergibt.
Davon kann im Fall des ?erufungswerbers keinesfalls ausgegangen.
Er ist mehrmals über einen längeren Zeitraum (1998 bis 2006) trotz Verhängung einer Probezeit straffällig geworden und stellt daher eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der österreichischen Gesellschaft dar. Zudem ist zu bemerken, dass bereits im Jahr 1998 ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde und die Eheschließung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem sich der Berufungswerber nicht rechtmäßig hier aufhielt. Es musste daher auch der Ehefrau und dem Berufungswerber bewusst sein, dass infolge des illegalen Aufenthalts und der auch nach der Eheschließung fortgesetzten Straffälligkeit des Berufungswerbers ein Verbleib in Österreich unzulässig ist.
Der unabhängige Bundesasylsenat schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes an, dass im Fall des Berufungswerbers das öffentliche Interesse an einer geregelten Vollziehung des Fremdenrechts überwiegt und der Berufungswerber trotz Familienbezug auszuweisen ist."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:
Zu I.:
Die Beschwerde bringt zur Ausweisung des Beschwerdeführers vor, sowohl die Ehegattin als auch die drei Kinder des Beschwerdeführers lebten rechtmäßig und auf Dauer in Österreich. Es sei diesen auf Grund ihrer Integration in Österreich nicht zumutbar, mit dem Beschwerdeführer nach Serbien zu ziehen. Ein gemeinsames Familienleben sei in Serbien nicht möglich und auch nicht zumutbar.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde aus nachstehenden Erwägungen im Ergebnis einen relevanten Begründungsmangel auf.
Dem angefochtenen Bescheid ist keine Auseinandersetzung mit der Frage zu entnehmen, ob dem Beschwerdeführer eine Fortsetzung des Familienlebens mit seiner Ehefrau und seinen drei Kindern in seinem Herkunftsstaat möglich und zumutbar ist (vgl. zu diesem Kriterium und insgesamt zu den nach Art. 8 EMRK bei der individuellen Abwägung zu berücksichtigenden Kriterien jüngst die Urteile des EGMR vom 24. November 2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Randnr. 41, sowie vom 12. Jänner 2010, A. W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47.486/06, Randnr. 39 ff, beide mwH auf die maßgebliche Rechtsprechung des EGMR).
Dies ist im Beschwerdefall deshalb relevant, weil der angefochtene Bescheid auch keine Feststellungen enthält, welche Staatsangehörigkeit die genannten Familienangehörigen besitzen. Das Bundesasylamt ist - ohne Begründung - davon ausgegangen, die (1977 geborene) Ehefrau und die (in den Jahren 2000, 2004 und 2007 geborenen) Kinder seien in Österreich geboren worden, besäßen aber die serbische Staatsbürgerschaft. Letztere Annahme steht allerdings im Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers bei seinen Einvernahmen am 4. und 15. Mai 2007, wonach die Ehegattin in Österreich geboren, aber bosnische Staatsangehörige sei. Träfe Letzteres zu, bedürfte es neben einer fallbezogenen Beurteilung der Zumutbarkeit einer Übersiedlung in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (unter Einbeziehung u.a. des insoweit unstrittigen Umstandes, dass die Ehegattin in Österreich geboren wurde und seit rund 30 Jahren hier aufhältig ist) auch einer Prüfung der Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen dies überhaupt bewerkstelligbar wäre. Der angefochtene Bescheid kann in seinem Spruchpunkt III. daher schon aus diesen Gründen keinen Bestand haben.
Soweit die belangte Behörde damit argumentiert, die Eheschließung im Jahr 2002 sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, so steht diese Annahme in einem unaufgelösten Widerspruch zur Feststellung im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer habe laut Unterlagen der Fremdenpolizeibehörde u. a. von 23. Jänner 2001 bis 2. April 2003 über eine Niederlassungsbewilligung verfügt. Soweit die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf ein im Jahr 1998 (richtig: mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. September 1999) über den Beschwerdeführer verhängtes Aufenthaltsverbot verweist, lässt sie unberücksichtigt, dass dieses mit hg. Erkenntnis vom 15. November 2005, Zl. 2005/18/0239, (rückwirkend) aufgehoben worden war, und damit im hier fraglichen Zeitpunkt der Eheschließung im Jahr 2002 nicht dem Rechtsbestand angehörte.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf seinen Spruchpunkt III. schon aus diesen Gründen mit Begründungsmängeln behaftet, sodass er in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Zu II.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerde wirft - soweit sie sich auf die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerde sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde in diesem Umfang abzulehnen.
Wien, am 15. März 2010
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)