Normen
AsylG 2005 §27 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §27 Abs4;
AsylG 2005 §28 Abs1;
AVG §66 Abs4 impl;
AVG §66 Abs4;
AVG §67c Abs3;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §76;
FrPolG 2005 §83 Abs2;
FrPolG 2005 §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 2005 §27 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §27 Abs4;
AsylG 2005 §28 Abs1;
AVG §66 Abs4 impl;
AVG §66 Abs4;
AVG §67c Abs3;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §76;
FrPolG 2005 §83 Abs2;
FrPolG 2005 §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40, insgesamt sohin EUR 2.212,80, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin, einer mongolischen Staatsangehörigen, eingebrachte Schubhaftbeschwerde vom 8. Mai 2006 gemäß § 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) als unbegründet ab. Die später eingebrachte Schubhaftbeschwerde vom 17. Mai 2006 wurde von der belangten Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid gemäß "§ 66 Abs. 4" Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) als unzulässig zurückgewiesen. Weiters wurde die Beschwerdeführerin in beiden Verfahren zum Kostenersatz verpflichtet.
Begründend führte die belangte Behörde im erstangefochtenen Bescheid aus, es sei bereits zuvor von ihr mit Bescheid vom 7. März 2006 eine Schubhaftbeschwerde der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen worden. Die mit Schriftsatz vom 8. Mai 2006 erhobene (zweite) Schubhaftbeschwerde sei nun ebenfalls abzuweisen, weil sich "mittlerweile" aus den "ergänzend vorgelegten Verfahrensakten" keinerlei relevante Änderung in der Sach- und Rechtslage ergebe. Es werde auf die "diesbezüglichen Feststellungen des Vorbescheides verwiesen". Im zweitangefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe mit Schriftsatz vom 17. Mai 2006 neuerlich eine (dritte) Schubhaftbeschwerde erhoben. Im Hinblick auf das bisherige Verfahrensgeschehen sei diese Beschwerde wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die belangte Behörde stellte im Bescheid vom 7. März 2006, auf den sie sich in ihren nachfolgenden Entscheidungen bezog und womit über die am 6. März 2006 von der Beschwerdeführerin eingebrachte Schubhaftbeschwerde entschieden wurde, fest, die Beschwerdeführerin sei am 19. Februar 2006 nach unbefugtem Grenzübertritt in der Wartehalle des Bahnhofes Gmünd von Polizeibeamten angetroffen und festgenommen worden. Im Rahmen der Ersterhebungen habe sich herausgestellt, dass die Beschwerdeführerin über kein gültiges Reisedokument verfügt und nunmehr (gemeint: am 19. Februar 2006) bereits zum zweiten Mal einen Asylantrag gestellt habe, um einer sofortigen Abschiebung in die Slowakei zu entgehen. Die erkennungsdienstliche Behandlung habe einen "Eurodac-Treffer" ergeben, wonach die Beschwerdeführerin bereits im Jahr 2004 unter einem anderen Namen einen Asylantrag (in Österreich) gestellt habe. Nach für sie negativem Ausgang des Asylverfahrens sei sie freiwillig in die Mongolei zurückgekehrt, nachdem ihr zuvor von der mongolischen Botschaft ein Ersatzreisedokument ausgestellt worden wäre.
Rechtlich führte die belangte Behörde in diesem Bescheid aus, dass "im Hinblick auf die in § 76 (1 und 2) FPG 2005 umschriebene Schubhaftzwecke im Zeitpunkt der Haftverhängung durch die Behörde nicht abschließend zu beurteilen" sei, ob die im Gesetz durch die Haft zu sichernden Maßnahmen, wie Aufenthaltsverbot, Ausweisung oder Abschiebung auch tatsächlich erlassen oder durchgeführt würden. Es genüge vielmehr, wenn die Behörde auf Grund der ihr bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Umstände miteinander logisch verknüpften Sachverhaltselemente berechtigten Grund zur Annahme haben könne, dass diese Maßnahmen, Verfahrensschritte oder Vollzugshandlungen möglich sein würden.
Allerdings legte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang nicht dar, welche der im Gesetz festgelegten Tatbestände, die zur Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft berechtigt hätten, erfüllt gewesen wären. Im Bescheid vom 7. März 2006 wurde lediglich darauf verwiesen, es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Heimatstaat keinerlei Verfolgung oder Gefährdung zu gewärtigen habe. Dies ergebe sich daraus, dass sie im März 2005 freiwillig in ihr Heimatland zurückgekehrt sei. Darüber hinaus habe sie mindestens zwei Aliasnamen gebraucht und versucht, durch Verschleierung ihrer Identität und wiederholtes Stellen von Asylanträgen sich einen Aufenthalt im "Schengengebiet" zu erschleichen. Es sei daher zu erwarten, dass auch über den nunmehr gestellten Asylantrag "negativ beschieden" werde.
Zum erstangefochtenen Bescheid:
Die Beschwerdeführerin rügt zutreffend, die belangte Behörde hätte sich im Hinblick auf das in der zweiten Schubhaftbeschwerde erstattete Vorbringen, ihr Asylverfahren sei zugelassen worden, nicht mit einem Verweis auf die Ausführungen in der Entscheidung über die erste Schubhaftbeschwerde begnügen dürfen. Die belangte Behörde wäre vielmehr gehalten gewesen, dieses Vorbringen einer Überprüfung zu unterziehen und entsprechende Feststellungen in ihre rechtliche Beurteilung miteinzubeziehen. Dies gilt umso mehr, als sich den vorgelegten Akten entnehmen lässt, dass das Bundesasylamt mit Schreiben vom 2. Mai 2006, das auch der belangten Behörde im Entscheidungszeitpunkt vorlag, der Bezirkshauptmannschaft Gmünd mitteilte, der Beschwerdeführerin sei eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 ausgehändigt worden. Auch enthält der der belangten Behörde von der Fremdenpolizeibehörde übermittelte Verwaltungsakt einen dieselbe Aussage enthaltenden handschriftlichen Vermerk der Bezirkshauptmannschaft Gmünd, der darüber hinaus mit dem Zusatz "Ausweisungsverfahren eingestellt" versehen war. Somit stehen die Ausführungen der belangten Behörde, es hätte sich die Sachlage seit ihrer Entscheidung vom 7. März 2006 nicht geändert, auch mit dem Inhalt der Verwaltungsakten in Widerspruch.
Diesen Sachverhaltsänderungen käme entscheidungsrelevante Bedeutung zu, weil die - gemäß § 28 Abs. 1 zweiter Satz AsylG 2005 durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte erfolgte - Zulassung des Asylverfahrens (und die damit nach § 27 Abs. 4 erster Satz AsylG 2005 verbundene Pflicht zur Einstellung eines allfällig gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 eingeleiteten Ausweisungsverfahrens) zur Folge hätte, dass die Schubhaft nicht mehr auf § 76 Abs. 2 FPG (andere Bestimmungen kamen hier von vornherein nicht in Betracht) gestützt hätte werden dürfen (vgl. dazu aus jüngerer Zeit unter ausführlichen Hinweisen auf die bisherige Rechtsprechung das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, 2008/21/0582, Pkte. 6.2.1. ff).
Sohin war der erstangefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Zum zweitangefochtenen Bescheid:
Abgesehen davon, dass auch hier das soeben Gesagte gilt (und im Übrigen der von der belangten Behörde für die Antragszurückweisung herangezogene § 66 Abs. 4 AVG, der für Berufungsverfahren gilt, hier nicht anwendbar war, sondern die Zurückweisung auf § 67c Abs. 3 AVG iVm § 83 Abs. 2 FPG gestützt hätte werden müssen), ist zum zweitangefochtenen Bescheid auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur mehrmaligen Erhebung von Schubhaftbeschwerden bereits ausgesprochen hat, nur dann könne von entschiedener Sache ausgegangen werden, wenn sich die spätere Beschwerde auf einen Zeitraum beziehe, über den schon durch einen Bescheid abgesprochen wurde (vgl. etwa aus neuerer Zeit das hg. Erkenntnis vom 10. November 2008, Zl. 2006/21/0047, mwH).
Der dem zweitangefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden (dritten) Schubhaftbeschwerde ist aber kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass sie sich auf einen Zeitraum beziehen würde, der vom erstangefochtenen Bescheid oder vom über die erste Schubhaftbeschwerde absprechenden Bescheid erfasst würde, was die belangte Behörde im Übrigen auch gar nicht ins Treffen führt. Indem die belangte Behörde dennoch eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Schubhaft für den nach dem erstangefochtenen Bescheid liegenden Zeitraum (unter bloßem Hinweis auf das "bisherige Verwaltungsgeschehen") verweigerte, belastete sie den zweitangefochtenen Bescheid schon allein deswegen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 18. Februar 2009
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