Normen
AsylG 1997 §6 Abs1 Z3;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §6 Abs1 Z3;
AsylG 1997 §8 Abs1;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Spruchpunktes
1. insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, sowie im Umfang seines Spruchpunktes 2. (ersatzlose Behebung des Spruchpunktes II. des erstinstanzlichen Bescheides) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein litauischer Staatsangehöriger, beantragte am 7. Juni 2005 Asyl. Anlässlich seiner Ersteinvernahme vor dem Bundesasylamt am 14. Juni 2005 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an:
"Ich habe zirka im Jahre 1996 mit meinem Freund Ruslan H in der KFZ-Werkstatt seines Vaters gearbeitet. Es wurde uns ein Fahrzeug zur Reparatur gebracht. Gemeinsam mit Ruslan reparierte ich das Fahrzeug und führte anschließend eine Probefahrt durch. Ich fuhr gegen eine Hauswand und beschädigte das Fahrzeug. Kurz danach erfuhr ich, dass der Besitzer des Fahrzeuges ein renommierter Geschäftsmann war. Er heißt Ijonas, Familienname unbekannt. Dieser Mann verlangte dann von mir 7000,00 Dollar Entschädigung. Nach zirka einem Monat verkaufte ich die Wohnung meiner Mutter und gab ihm eine Anzahlung von 2000,00 Dollar. Ich konnte aber nicht den gesamten Betrag auftreiben und musste mich einige Zeit vor diesem Mann verstecken. Ijonas hatte kräftige Männer beauftragt, mich zu suchen und den restlichen Geldbetrag einzufordern. Sie fanden mich neben einer Diskothek und schlugen mich zusammen. Ich war zwei Wochen im Spital. Ich traute mich nicht zur Polizei, weil sie bedroht hatten, dass sie mich töten würden, wenn ich die Polizei verständige. Ich bin dann nach Deutschland gereist und habe dort ein halbes Jahr gearbeitet. Ich schickte Geld nach Hause und mein Bruder zahlte dem Geschäftsmann Teilbeträge. Ich konnte aber nicht den gesamten Betrag zurückzahlen. Ich fuhr nach Litauen zurück. Das war 1997. Ich wurde dann neuerlich von den Leuten des Geschäftsmannes angegriffen und mit einem Messer am Hals verletzt. Ich war im Spital, wo die Wunde genäht wurde. Dann fuhr ich nach Österreich und suchte um Asyl an."
Der Beschwerdeführer brachte weiters vor, von den Bewohnern seiner Heimatstadt wegen seiner russischen Abstammung verfolgt worden zu sein; Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes habe er nicht gehabt.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 5. Juli 2005 gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Litauen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II.), und wies ihn gemäß § 6 Abs. 3 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.). Das Bundesasylamt traf die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden sei und diese zur Zeit verbüße. Wegen der dieser Haftstrafe zugrunde liegenden Straftat sei außerdem über den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. Mai 2004 ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot verhängt worden. Die Mutter des Beschwerdeführers sei mit einem Österreicher verheiratet und hier dauernd niedergelassen. Rechtlich führte des Bundesasylamt nach Darlegung der Beweiswürdigung und der maßgeblichen Rechtslage aus, dass der Beschwerdeführer aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 6 Abs. 2 AsylG stamme und sich keine begründeten Hinweise auf eine Flüchtlingseigenschaft oder das Vorliegen subsidiärer Schutzgründe gemäß § 8 AsylG ergeben hätten. Die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK vorzunehmende Interessenabwägung habe ergeben, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers, gegen den ein befristetes Aufenthaltsverbot bis 25. April 2014 verhängt worden sei, trotz des zu seiner in Österreich lebenden Mutter bestehenden Familienlebens unter Bedachtnahme auf die von ihm wiederholt verübten gerichtlich strafbaren Handlungen zulässig sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 und § 6 Abs. 3 ab (Spruchpunkt 1.) und behob Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides ersatzlos (Spruchpunkt 2.). Zur ersatzlosen Behebung des Spruchpunktes II. des erstinstanzlichen Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Frage, ob es einen begründeten Hinweis auf das Vorliegen subsidiärer Schutzgründe gemäß § 8 AsylG gebe, bereits nach § 6 Abs. 1 AsylG zu prüfen sei. Mit der spruchgemäßen Abweisung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet "werde also jedenfalls zum Ausdruck gebracht, dass (auch) keine subsidiären Schutzgründe vorliegen" würden. Das Bundesasylamt habe daher zu Unrecht einen Ausspruch nach § 8 Abs. 1 AsylG in seinen Bescheid aufgenommen, weshalb dieser zu beheben gewesen sei. Im Übrigen schloss sich die belangte Behörde den Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid an.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Zu I.:
Zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides führt die Beschwerde aus, die Ansicht der belangten Behörde, dass die Feststellung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG im Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides (Abweisung des Asylantrages) enthalten sei, sei rechtlich unrichtig. Damit zeigt sie im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit auf.
Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde verlangt § 8 Abs. 1 AsylG in jedem Fall einer Abweisung des Asylantrags die amtswegige Feststellung, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist. Dabei handelt es sich um eine - von der Prüfung des Asylantrags gesonderte - Verpflichtung der Asylbehörden, die im Spruch des Bescheides zum Ausdruck gebracht werden muss (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2005, Zl. 2005/20/0108) und die die Grundlage dafür bietet, dass der Asylwerber - mangels Ausweisungshindernissen - in diesen Staat ausgewiesen werden kann. Auch wenn die Asylbehörden bei der Abweisung des Antrags nach § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG das Vorliegen von subsidiären Schutzgründen verneinen, entbindet sie dies aus den zuvor genannten Gründen nicht von der Verpflichtung, eine Feststellung nach § 8 Abs. 1 AsylG zur treffen. Die von der belangten Behörde vorgenommene ersatzlose Behebung von Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides erweist sich somit als rechtswidrig.
Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde zudem verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2005 sowie auf jenes vom 13. Dezember 2005, 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.
Die ersatzlose Behebung des Spruchpunktes II. des erstinstanzlichen Bescheides sowie die Bestätigung von dessen Spruchpunkt III. waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Zu II.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerde wirft - soweit sie sich gegen die Bestätigung des Spruchpunktes I. des erstinstanzlichen Bescheides richtet - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde - soweit sie sich gegen die Bestätigung des Spruchpunktes I. des erstinstanzlichen Bescheides richtet - abzulehnen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 30. März 2010
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