VwGH 2006/18/0507

VwGH2006/18/050731.3.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde der D R, geboren am 19. Juni 1976, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Dezember 2006, Zl. SD 2310/05, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. Dezember 2006 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom 12. Juli 2005 auf Aufhebung des gegen sie mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 8. Juni 2005 für die Dauer von fünf Jahren erlassenen Aufenthaltsverbots gemäß § 65 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin habe am 13. September 2001 in Serbien einen österreichischen Staatsangehörigen geheiratet. Sie sei sie mit einem von 16. November 2001 bis 15. März 2002 gültigen Visum D in das Bundesgebiet eingereist. In der Folge habe sie ab 21. Jänner 2002 Aufenthaltstitel zum Zweck der Familiengemeinschaft mit ihrem österreichischen Gatten erhalten.

Mit dem seit 1. September 2004 rechtskräftigen Urteil vom 26. März 2004 sei die Ehe der Beschwerdeführerin für nichtig erklärt worden.

Nach der Begründung dieses Nichtigkeitsurteils hätten sich die Ehegatten vor der Eheschließung nur drei- bis viermal jeweils zur Erledigung von Behördenangelegenheiten gesehen. Für die Eheschließung sei eine Bezahlung von ATS 25.000,-- vereinbart und auch tatsächlich bezahlt worden. Die Ehegatten hätten zwar zeitweise zusammen gewohnt, eine eheliche Lebensgemeinschaft sei jedoch nie beabsichtigt und auch nie geführt worden. Vereinbarungsgemäß habe die Ehe ein Jahr dauern sollen. Die Beschwerdeführerin habe die Ehe ausschließlich deswegen geschlossen, um eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung und in weiterer Folge die österreichische Staatsangehörigkeit zu erhalten.

Etwa zwei Monate nach der Rechtskraft des Ehenichtigkeitsurteils habe die Beschwerdeführerin am 20. November 2004 den selben österreichischen Staatsangehörigen neuerlich geheiratet.

Der Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 8. Juni 2005, mit dem gegen die Beschwerdeführerin wegen des Eingehens einer Scheinehe "völlig zutreffend" ein Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, sei in Rechtskraft erwachsen.

Bereits am 13. Juli 2005 habe die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots gestellt. Dazu habe sie im Wesentlichen vorgebracht, es wäre nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass sie bereits vor der Nichtigerklärung der Ehe mit ihrem Gatten teilweise zusammen gewohnt hätte. Im Zeitpunkt der zweiten Eheschließung hätte die Absicht bestanden, ein gemeinsames Familienleben zu führen. In der Berufung habe die Beschwerdeführerin erstmals mitgeteilt, dass die zweite Ehe am 12. Oktober 2005 einvernehmlich geschieden worden sei.

Aus der Aktenlage ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin nur einen Tag nach Zustellung des Bescheides der Behörde erster Instanz beim AMS eine Arbeitserlaubnis beantragt und in der Folge für den Zeitraum vom 9. Dezember 2005 bis 8. Dezember 2007 auch erhalten habe.

Die Beschwerdeführerin halte sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbots rechtswidrig in Österreich auf. Trotz der gültigen Arbeitserlaubnis sei sie auf Grund der Rechtswidrigkeit des Aufenthalts aus fremdenrechtlicher Sicht zur Arbeitsaufnahme nicht berechtigt. Es könne daher keine Rede davon sein, dass sie sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbots wohlverhalten habe. Die familiäre Bindung zum österreichischen Gatten sei jedenfalls durch die Scheidung weggefallen.

Die Beschwerdeführerin habe nach Abweisung des gegenständlichen Antrages in erster Instanz beim AMS um eine Arbeitsberechtigung angesucht und dabei den Scheidungsbeschluss vorgelegt. Es liege die Vermutung nahe, dass die zweite Eheschließung nicht zur Führung eines gemeinsamen Familienlebens, sondern zur Verschaffung von fremden- und arbeitsmarktrechtlichen Vorteilen eingegangen worden sei. Wäre das AMS von der Nichtigerklärung der ersten Ehe in Kenntnis gesetzt worden, hätte es die Arbeitserlaubnis zweifellos nicht verlängert.

Das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin liege noch nicht so lange zurück, dass die von ihr ausgehende Gefahr als verringert anzusehen wäre. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots sei auch zum jetzigen Zeitpunkt dringend geboten und daher im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig.

In den privaten, familiären und beruflichen Lebensumständen der Beschwerdeführerin sei seit Erlassung des Aufenthaltsverbots keine maßgebliche Änderung eingetreten. Die beiden (angeblich) leiblichen Kinder der Beschwerdeführerin hätten bereits damals im Bundesgebiet die Schule besucht. Dass der Aufenthalt dieser Kinder rechtmäßig sei, sei weder aktenkundig noch behauptet worden. Der Beschwerdeführerin sei es erst durch die rechtsmissbräuchliche Eheschließung gelungen, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erlangen. In Anbetracht all dieser Umstände wögen die privaten, familiären und beruflichen Interessen der Beschwerdeführerin keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots sei daher auch im Grund des § 66 Abs. 2 FPG zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist das Aufenthaltsverbot oder das Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Der Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbots kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist; der Bescheid, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, kann anlässlich eines derartigen Antrages nicht mehr überprüft werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0314).

2. Das überwiegende Beschwerdevorbringen richtet sich gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbots und ist nach der dargestellten Judikatur daher nicht zielführend.

Bei der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbots mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 8. Juni 2005 wurde nach dem Akteninhalt bereits berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin nach Nichtigerklärung ihrer Ehe neuerlich denselben österreichischen Staatsangehörigen geheiratet hat. Die Behörde hat allerdings festgestellt, dass auch auf Grund dieser zweiten Ehe kein gemeinsames Familienleben geführt wurde. Weiters wurde bei Erlassung des Aufenthaltsverbots berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin "bisher immer einer Beschäftigung" nachgegangen sei und sich ihre beiden leiblichen Kinder im Bundesgebiet aufhalten.

In den etwa eineinhalb Jahren zwischen der Erlassung des Aufenthaltsverbots und dem für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat sich die Beschwerdeführerin weiterhin mit ihren beiden Kindern im Bundesgebiet aufgehalten und ist einer Beschäftigung nachgegangen. Im Hinblick darauf, dass sich die Beschwerdeführerin trotz des bestehenden Aufenthaltsverbots illegal im Bundesgebiet aufhält, resultiert daraus keine relevante Verstärkung der persönlichen Interessen. Die zweite Ehe mit dem österreichischen Staatsangehörigen ist unstrittig wieder geschieden und kann schon deshalb zu keiner Verstärkung der familiären Interessen führen.

Demgegenüber führt der illegale Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu einer Verstärkung der öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbots. Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen ihrer Aufhebung (§ 66 Abs. 2 leg. cit.), kann vor diesem Hintergrund nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 31. März 2008

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