VwGH 2006/18/0443

VwGH2006/18/044314.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des P R, (geboren 1978), in W, vertreten durch Dr. Gustav Eckharter, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumsstraße 5/15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. Oktober 2006, Zl. SD 1087/06, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Feststellung gemäß § 51 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §8 Abs1 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §75 Abs4;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
VwRallg;
AsylG 1997 §8 Abs1 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §75 Abs4;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 18. Oktober 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, vom 7. August 2006 auf Feststellung, dass er in Indien gemäß § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 (richtig: iVm § 50 Abs. 4) des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, bedroht sei, gemäß § 51 Abs. 1 letzter Satz FPG als unzulässig zurückgewiesen.

Der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 26. April 2000 sei mit Bescheid des Bundesasylamtes - Außenstelle Wien vom 6. September 2000 unter gleichzeitiger Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 AsylG 1997 zulässig sei, abgewiesen worden. Da der Beschwerdeführer seine Berufung gegen diesen abweisenden Asylbescheid im Zug einer am 21. September 2004 beim unabhängigen Bundesasylsenat durchgeführten Berufungsverhandlung zurückgezogen habe, sei dieser erstinstanzliche Bescheid in Rechtskraft erwachsen.

Die rechtskräftige Feststellung der Asylbehörde, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Gambia (richtig wohl: nach Indien) zulässig sei, stehe einer erneuten Entscheidung der Fremdenbehörde gemäß § 51 Abs. 1 letzter Satz FPG zwingend entgegen.

Wie bereits der Verwaltungsgerichtshof zu der inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 75 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 festgestellt habe, komme dem Bescheid der Asylbehörde Tatbestandswirkung hinsichtlich der Unzulässigkeit des Antrags auf Feststellung gemäß § 51 Abs. 1 FPG zu. Dass die Rechtskraft des Asylbescheids nicht oder nicht mehr gegeben wäre, sei vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht worden und sei auch nicht aktenkundig. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers habe als Erstbehörde auch nicht die Sicherheitsdirektion über den gegenständlichen Antrag in erster Instanz abzusprechen gehabt, zumal eine Asylbehörde rechtskräftig einen Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen habe. Die genannte Tatbestandswirkung sei sohin weiter gegeben, weshalb auf das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht weiter einzugehen gewesen sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 51 Abs. 1 FPG lautet:

"§ 51. (1) Auf Antrag eines Fremden hat die Fremdenpolizeibehörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 50 Abs. 1 oder 2 bedroht ist. Dies gilt nicht, insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht."

2.1. Unstrittig ist, dass das Bundesasylamt mit Bescheid vom 6. September 2000 den Asylantrag des Beschwerdeführers abwies und gleichzeitig feststellte, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 des Asylgesetzes 1997 zulässig sei. Angesichts des Vorbringens in der Beschwerde und der Ausführungen im angefochtenen Bescheid besteht kein Zweifel daran, dass die belangte Behörde lediglich aus Versehen an einer Stelle der Bescheidbegründung festhielt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Gambia zulässig sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (wie im angefochtenen Bescheid angesprochen) zur wortgleichen Bestimmung des § 75 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 ausgeführt, dass ein Antrag nach dieser Regelung, der sich auf den selben Staat bezieht wie derjenige, der im Asylverfahren einer - wenn auch nicht rechtskräftigen - Refoulement-Entscheidung unterzogen worden ist, unzulässig sei, und dass eine solche Entscheidung dem Feststellungsantrag nach § 75 leg. cit. als Prozesshindernis des § 75 Abs. 1 zweiter Satz des Fremdengesetzes 1997 entgegen stehe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2003, Zl. 2003/18/0013).

Diese Beurteilung kommt auch für die Rechtslage nach § 51 Abs. 1 FPG zum Tragen. Dem vorliegenden Feststellungsantrag des Beschwerdeführers steht angesichts der besagten Refoulement-Entscheidung im Asylverfahren das Prozesshindernis des § 51 Abs. 1 zweiter Satz FPG entgegen.

2.2. Daran vermag das Vorbringen in der Beschwerde nichts zu ändern. Die Ausführungen, das dem in Rede stehenden Bescheid im Asylverfahren zugrunde liegende Verfahren sei (unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2004, Zl. 2001/20/0558) mangelhaft gewesen, betreffen das asylrechtliche Verfahren und vermögen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Der Einwand des Beschwerdeführers, ihm sei die im bekämpften Bescheid genannte Zurückziehung seiner Berufung gegen den Asylbescheid aufoktroyiert und diese Berufung daher gar nicht erledigt worden, weshalb der Asylbescheid keine Tatbestandswirkung entfalten könne, ändert nichts an der Erlassung des Bescheids des Bundesasylamts vom 6. September 2000. Dass diese Entscheidung des Bundesasylamtes bereits im September 2000 getroffen wurde, tut (entgegen der Beschwerde) dem Umstand keinen Abbruch, dass das besagte Prozesshindernis im Beschwerdefall gegeben ist.

Dem Einwand, die belangte Behörde habe sich auf § 51 Abs. 1 FPG gestützt, obwohl der Beschwerdeführer eine Bedrohung im Sinn des § 50 Abs. 2 leg. cit. geltend gemacht habe, ist entgegenzuhalten, dass sich § 51 Abs. 1 leg. cit. ausdrücklich auf Bedrohungen gemäß § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG bezieht. Entgegen der Beschwerde betraf auch § 8 AsylG 1997 nicht bloß Unzulässigkeitsgründe im Sinn des nunmehrigen § 50 Abs. 1 FPG, wurde doch in § 8 AsylG 1997 (nach der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101/2003: § 8 Abs. 1) auf den gesamten § 57 des Fremdengesetzes 1997 und damit auch auf die dem § 50 Abs. 2 FPG im Wesentlichen wortgleiche Regelung des § 57 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 verwiesen.

Das Vorbringen, nur ab- und zurückweisende Bescheide auf Grund früherer asylgesetzlicher Bestimmungen, nicht aber Feststellungsbescheide könnten nach § 75 Abs. 4 AsylG 2005 den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG) begründen, verkennt, dass sich § 75 Abs. 4 AsylG 2005 nach seinem klaren Wortlaut lediglich auf Verfahren nach dem AsylG 2005 bezieht und dass sich der bekämpfte Bescheid nicht auf § 68 AVG stützt.

Entgegen dem Beschwerdeführer hatte die belangte Behörde den Erstbescheid auch nicht im Grund des § 50 Abs. 5 FPG aufzuheben, weil es in seinem Fall nicht um eine nach § 50 Abs. 4 FPG (ausnahmsweise) gegebene Zulässigkeit der Abschiebung eines Fremden in einen Staat ging, in dem er zwar im Sinn des § 50 Abs. 2, nicht jedoch iSd § 50 Abs. 1 FPG bedroht ist, sondern darum, dass sein in Rede stehender Antrag gemäß § 50 Abs. 1 zweiter Satz FPG zurückzuweisen war. Im Übrigen bring der Beschwerdeführer nicht vor, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit der besagten Entscheidung des Bundesasylamts geändert habe (vgl. § 51 Abs. 5 FPG).

Vor diesem Hintergrund war die belangte Behörde entgegen der Beschwerde auch nicht gehalten, ein Ermittlungsverfahren iSd § 50 Abs. 3 FPG zu führen.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 14. Dezember 2006

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