VwGH 2006/18/0290

VwGH2006/18/029011.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des N, geboren am 21. Jänner 1977, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Juli 2006, Zl. SD 524/06, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §61;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §61;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Juli 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 24. Februar 2005 erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, abgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Feststellungen zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 12. Jänner 2004 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und mit ihr ein am 28. Februar 2003 geborenes gemeinsames Kind habe, welches ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besitze. Auch die Schwiegereltern hielten sich mit einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung im Bundesgebiet auf.

Zum Vorwurf der mehrfachen Verwendung von sogenannten "Aliasidentitäten" habe sich der Beschwerdeführer damit gerechtfertigt, dass er die Namensänderungen im Ausland rechtmäßig vornehmen habe lassen und stets den jeweils korrekten, geänderten Namen verwendet habe. Unter Zugrundelegung der starken familiären Bindungen und der Tatsache des langjährigen Aufenthaltes in Österreich, während dessen er keine strafbaren Handlungen begangen habe, hätte zu seinen Gunsten entschieden werden müssen.

(Gegen den Beschwerdeführer wurde bereits vor dem gegenständlichen Aufenthaltsverbot im Jahr 2001 wegen der Fälschung besonders geschützter Urkunden, des Verdachts der Urkundenfälschung, des Verdachts der Urkundenunterdrückung, des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs und des Verstoßes gegen das Meldegesetz ein Aufenthaltsverbot erlassen. Am 27. Juni 2001 wurde er abgeschoben. Im Jänner 2002 wurde der Beschwerdeführer, der eine Aliasidentität verwendete, wieder im Bundesgebiet angehalten und wegen seines illegalen Aufenthalts zur Anzeige gebracht.)

In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 65 Abs. 1 FPG, dass sowohl im Spruch als auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei und mit ihr ein gemeinsames Kind habe, ausreichend Bedacht genommen worden sei. Es könne daher nicht gesagt werden, dass sich durch die im Aufenthaltsverbot ohnehin bereits verwertete Verehelichung mit einer österreichischen Staatsbürgerin im Jänner 2004 und die Geburt einer gemeinsamen Tochter im Jahr 2003 seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Februar 2005 die Umstände maßgeblich zu Gunsten des Beschwerdeführers geändert hätten.

Die Gründe, die seinerzeit zur Erlassung des rechtskräftigen unbefristeten Aufenthaltsverbotes geführt hätten, könnten mit einem Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht neuerlich aufgerollt werden. Vom Berufungsvorbringen bleibe im Wesentlichen nichts übrig, was als "seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu Gunsten des (Beschwerdeführers) geänderte maßgebliche Umstände" gewertet werden könnte. Im Übrigen müsste sich der Beschwerdeführer derzeit - nach der am 3. März 2005 erfolgten Abschiebung und auf Grund des bestehenden Aufenthaltsverbotes - außerhalb des Bundesgebietes aufhalten.

Nebenbei werde festgestellt, dass die der Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 20. Jänner 2005 zu Grunde liegenden Handlungen, welche den Tatbestand des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs im Jahr 2000 bzw. in den Jahren 2003 und 2004 mit einem EUR 50.000,-- übersteigenden Schaden erfüllt hätten, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellten, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich den Schutz von Firmen und Privatpersonen vor schweren Straftaten und den damit verbundenen hohen finanziellen Schäden, berührten. Von daher gesehen müsse die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers als nach wie vor gefährdet angesehen werden, ohne dass (nach wie vor) eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden könne.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist das Aufenthaltsverbot oder das Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach der hg. Judikatur kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Weiters kann bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr geprüft werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2006/18/0164).

Bei der Beurteilung nach § 65 Abs. 1 FPG kommt es darauf an, dass eine Gefährlichkeitsprognose auf Grund des - wegen der Heirat des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin maßgeblichen - § 87 iVm § 86 Abs. 1 FPG dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, weil auf Grund des persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Bei dieser Beurteilung kann auf den Katalog des § 60 Abs. 2 FPG als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne Weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Ferner ist für die Begründung nach § 65 Abs. 1 FPG maßgeblich, ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 60 Abs. 6 iVm § 66 sowie § 61 FPG zulässig ist. Darüber hinaus hat die Behörde auch bei einer Entscheidung über einen Aufhebungsantrag das ihr in § 60 Abs. 1 iVm § 86 Abs. 1 FPG eingeräumte Ermessen zu üben (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, mwN).

2. Soweit die Beschwerde vorbringt, der Beschwerdeführer sei mit einer Österreicherin verheiratet und Vater einer Tochter, die ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, ist ihm - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - entgegenzuhalten, dass diese Umstände bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Jahr 2005 - das im Jahr 2001 erlassene Aufenthaltsverbot ist entgegen den Beschwerdeausführungen nicht Gegenstand dieses Verfahrens - berücksichtigt wurden. Bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes wird die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr geprüft.

Als Änderung der Umstände seit Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, er habe das Haftübel gespürt und die Strafe habe ihre spezialpräventive Wirkung gezeigt. Die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Gefährdungsprognose liege nicht mehr vor, der Beschwerdeführer habe das Unrecht seiner Taten eingesehen.

Demgegenüber hat die belangte Behörde auf die der Verurteilung vom 20. Jänner 2005 zu Grunde liegenden Straftaten des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs mit einem EUR 50.000,-- übersteigenden Schaden hingewiesen. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass diese Taten teils im Jahr 2000, teils in den Jahren 2003 und 2004 verübt wurden. Gegen den Beschwerdeführer wurde bereits im Jahr 2001 ein Aufenthaltsverbot verhängt und er wurde im Juni 2001 in sein Heimatland abgeschoben. Dennoch ist er in das Bundesgebiet zurückgekehrt, hat sich hier unrechtmäßig aufgehalten und neuerlich Straftaten begangen. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass der Umstand, dass ein Fremder trotz Erlassung eines Aufenthaltsverbotes neuerlich straffällig geworden ist, ein besonders starkes Indiz dafür ist anzunehmen, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet (vgl. dazu wiederum das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009). Weiters ist der seit Entlassung aus der Haft im Februar 2005 bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Juli 2006 vergangene Zeitraum noch zu kurz, um auf einen Wegfall oder eine ausschlaggebende Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr schließen zu können. Ein bloß behaupteter Gesinnungswandel, der noch nicht über einen längeren Zeitraum unter Beweis gestellt wurde, reicht nicht aus, um die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers als in einem relevanten Ausmaß gemindert anzusehen.

Die belangte Behörde hat ausgehend von der der strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde liegenden Straftat und dessen beharrlicher Missachtung der österreichischen Rechtsordnung völlig zutreffend die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers bejaht. Das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers stellt eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar und berührt damit ein Grundinteresse der Gesellschaft im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG ist die belangte Behörde ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände nicht in einem entscheidungsrelevanten Ausmaß zu Gunsten des Beschwerdeführers geändert haben, sodass die Beibehaltung dieser Maßnahme als dringend geboten und zulässig im Licht dieser Gesetzesbestimmung anzusehen ist.

4. Ferner sind - entgegen der Beschwerdeansicht - keine besonderen Umstände erkennbar, die die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr gemäß § 65 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 iVm § 86 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 11. Mai 2009

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