Normen
BAO §235;
BAO §236 Abs1;
BAO §236;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
BAO §235;
BAO §236 Abs1;
BAO §236;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Vom Beschwerdeführer wurde ein Antrag auf "Abschreibung" seiner Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 Abs. 1 BAO gestellt, der vom Finanzamt mit Bescheid abgewiesen wurde.
Dagegen berief der Beschwerdeführer und brachte vor, die Einziehung der Abgabenschuldigkeit sei unbillig, da ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis vorliege. Der Grundsatz von Treu und Glauben sei auch im Steuerrecht zu beachten. Der Beschwerdeführer habe "die Idee der Vermietung im Zuge einer Betriebsprüfung vom Prüfungsorgan" erhalten. Im Einvernehmen mit dem Finanzamt sei die Vorsteuer erst 1993 geltend gemacht worden, obwohl er mit dem Bau schon 1976 begonnen habe. "Steuermäßig begann die Bauphase erst 1993, nach der bereits erwähnten Betriebsprüfung, eben auf Anregung vom Prüfer". Auch die Kleinunternehmerregelung hätte keine Anwendung finden dürfen, weil ein Regelbesteuerungsantrag vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer könne dies aber nicht nachweisen, da ihm seine damalige Referentin keine Kopie des Antrages ausgehändigt habe. Der seinerzeit zuständige Abteilungsleiter und die damalige Referentin hätten die Geltendmachung der Vorsteuer von 1993 bis 1998 gebilligt, "obwohl" der Beschwerdeführer öfter um entsprechende Auskünfte und Hilfestellung ersucht habe. Wieso sei die Liebhaberei so lange geduldet worden? Der Beschwerdeführer habe im guten Glauben und im Einverständnis mit dem Finanzamt vom Vorsteuerabzug Gebrauch gemacht, und auf Anraten des Abteilungsleiters. Wenn die Besteuerung entgegen der Auskunft vorgenommen werde, entstehe ihm ein Vertrauensschaden.
Zudem sei im vorliegenden Fall sowohl von einer sachlichen als auch von einer persönlichen Unbilligkeit auszugehen.
Die Berufung wurde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen.
Generell verkenne die Berufung, dass die Behauptungs- und Beweislast beim Beschwerdeführer liege.
Die zur Feststellung von Liebhaberei erforderlichen langen Beobachtungszeiträume brächten es mit sich, dass bei abschließender Bejahung gehäufte Rückforderungsansprüche anfielen. Diese stellten keine "atypische Vermögenseingriffe" oder "anormale Belastungswirkungen" dar. Darüber hinaus stünden dem Rückforderungsanspruch Steuergutschriften in gleicher Höhe gegenüber, woraus sich saldiert ein Zins- und Geldwertgewinn (Inflation) des Beschwerdeführers ergebe.
Zum Wesen der Liebhaberei gehöre ebenso, dass sich die Beurteilung des Einzelfalles ändern könne, sodass aus der (vorläufigen) Anerkennung von Aufwendungen oder Vorsteuern nicht auf die Unbilligkeit der Rückforderung geschlossen werden dürfe. Der gute Glaube des Beschwerdeführers sei hierbei nicht maßgeblich. Konkrete Angaben zu angeblich unrichtigen Auskünften, auf welche der Beschwerdeführer vertraut habe, fehlten. Die Berufung bleibe auch jede Begründung für die behauptete Unbilligkeit der Einhebung der in Frage stehenden Abgaben schuldig und begnüge sich mit längeren Rechtsausführungen, "deren Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt nur durch nebenbei eingestreute Verweise ('wie im gegenständlichen Fall', 'wie zb. im vorliegenden Fall') hergestellt wird".
Die Darlegung des Vorliegens der Nachsichtsvoraussetzungen durch die antragstellende Partei sei ein Inhaltserfordernis des Nachsichtsantrages. Fehlten entsprechende Gründe und Hinweise (zumindest konkretisierte und substantiierte Behauptungen), so liege eine Fehlerhaftigkeit des Antrages vor, was ohne näheres Verbesserungsverfahren zur Ablehnung des Antrages von vornherein führe.
Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte ergänzend aus, § 235 Abs. 1 BAO sehe die amtswegige Löschung fälliger Abgabenschuldigkeiten vor. Bei einem monatlichen Einkommen von 496 EUR, Sorgepflichten, einem Alter von 70 Jahren und dem Finanzamt bekannten Schulden von 150.000 EUR, gehe der Beschwerdeführer davon aus, dass die §§ 235, 236 BAO zur Anwendung kommen sollten und eine persönliche wie sachliche Unbilligkeit vorliege.
Auf ausführliche Anbringen betreffend Behauptungs- und Beweislast habe der Beschwerdeführer nicht Bedacht genommen, weil ihm das Finanzamt die erforderliche Manuduktion versagt habe. Abgesehen davon sei das Finanzamt über die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers bestens informiert und wisse, dass er die Abgaben niemals werde leisten können. Im Beobachtungszeitraum sei für den Beschwerdeführer noch nicht absehbar gewesen, dass er in solche finanzielle Bedrängnis geraten werde. In diesem Zeitraum sei für den Beschwerdeführer festgestanden, dass er die beanspruchten Vorsteuerbeträge zurückerstatten werde, wenn etwas schief laufen würde.
Dass keine ausreichenden konkreten Hinweise betreffend unrichtige Auskünfte angeführt worden seien, stimme nicht. Der Beschwerdeführer habe sogar Namen genannt. Im Übrigen seien seine Aussagen anhand der entsprechenden Akten nachzuvollziehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des § 236 Abs. 1 BAO und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe laut seinem Vorbringen die Anregung bzw. Idee der Vermietung im Zuge einer Betriebsprüfung von einem Prüfungsorgan erhalten. Obwohl ihm bereits in der Berufungsvorentscheidung vorgehalten worden sei, dass konkrete Angaben zu angeblich unrichtigen Auskünften und zu den auf Grund der unrichtigen Auskünfte erfolgten Dispositionen fehlten, habe der Beschwerdeführer auch im Vorlageantrag nur auf die Nennung des Namens hingewiesen und nicht dargelegt, welche unrichtigen Auskünfte ihm das Prüfungsorgan erteilt habe. Auch die "Rechtsverbindlichkeit" der Auskünfte sei im Vorlageantrag relativiert worden, indem ausgeführt werde, im Beobachtungszeitraum sei für den Beschwerdeführer festgestanden, dass er die beanspruchten Vorsteuerbeträge zurückerstatten werde, wenn etwas schief laufen würde. Die Behörde sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verpflichtet, von einer als unrichtig erkannten Beurteilung noch nicht rechtskräftig veranlagter Jahre abzugehen, wobei auch der Umstand, dass eine abgabenbehördliche Prüfung eine bestimmte Vorgangsweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen habe, die Behörde nicht hindere, diese Vorgangsweise für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen.
Der Beschwerdeführer habe keinerlei Auswirkungen der Abgabeneinhebung auf seine Einkommens- und Vermögenslage dargestellt. Die monatliche Pension des Beschwerdeführers betrage 496 EUR und sei somit geringer als der unpfändbare Freibetrag des § 291a Abs. 1 EO. Die im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Liegenschaft sei laut Berufungsvorbringen mit 150.000 EUR belastet. Daher sei derzeit von der Uneinbringlichkeit des Abgabenrückstandes auszugehen, weshalb nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine persönliche Unbilligkeit (Existenzgefährdung durch eine drohende Abgabeneinhebung) im Sinne des § 236 BAO vorliege. Bei dauernder Uneinbringlichkeit fälliger Abgabenschuldigkeiten sehe die Bundesabgabenordnung nicht die Abgabennachsicht gemäß § 236 BAO, sondern die Abschreibung gemäß § 235 BAO vor.
Die Rechtsbelehrungspflicht des § 113 BAO beziehe sich nur auf Verfahrensangelegenheiten. Die Behörde sei daher nicht verhalten, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten sei, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte.
Mangels Darlegung des Vorliegens der Voraussetzung der Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles des § 236 BAO könne die beantragte Nachsicht nicht gewährt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist dabei tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde - wie im Beschwerdefall - die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2007, 2007/13/0086, mwN).
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, liegt persönliche Unbilligkeit dann vor, wenn gerade die Einhebung der Abgaben die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet oder die Abstattung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten (so insbesondere einer Vermögensverschleuderung) verbunden wäre. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend ("auch") mitverursacht sein. Eine Unbilligkeit ist dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation eines Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht an der Existenzgefährdung nichts ändert (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 21. November 2007, 2007/13/0086, mwN).
Die Beschwerde trägt vor, der Beschwerdeführer sei 70 Jahre alt und für ein Kind sorgepflichtig, sein Einkommen liege unter dem Existenzminimum und könne nicht gepfändet werden, "dem Verkauf seiner Liegenschaft stehe ein Verkaufsverbot entgegen". Außerdem sei das Grundstück mit hohen Verbindlichkeiten belastet, "sodass ein Verkauf auch nicht garantieren könnte, wäre es überhaupt möglich, die Abgabenschuldigkeiten zu decken". Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, "eine Nachsicht der Abgabenpflicht schon allein aus den angeführten Gründen gemäß § 236 BAO zu bewilligen".
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid von der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld aus. Dass die Abgabenschuld tatsächlich nicht einbringlich war, geht auch aus der Beschwerde hervor. Damit war aber im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine persönliche Unbilligkeit (Existenzgefährdung durch eine drohende Abgabeneinhebung) im Sinne des § 236 BAO gegeben, sodass nicht erkannt werden kann, dass die belangte Behörde die begehrte Nachsicht mit dem angefochtenen Bescheid, bei dem die Sachlage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu berücksichtigen war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2007, 2006/13/0103), zu Unrecht verwehrt hätte (vgl. beispielsweise auch die hg. Erkenntnisse vom 22. September 2000, 95/15/0090, 10. Mai 2001, 2001/15/0033, und vom 26. Juni 2002, 98/13/0035).
Die Beschwerde trägt weiters vor, der Beschwerdeführer habe im Vorlageantrag ausgeführt, dass § 235 BAO eine Abschreibung durch Löschung zum Teil oder zur Gänze von Amts wegen vorsehe, wenn alle Möglichkeiten der Einbringung erfolglos versucht worden seien oder Einbringungsmaßnahmen offenkundig aussichtslos seien und aufgrund der Sachlage nicht angenommen werden könne, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zum Erfolg führen würden. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall vor, weshalb das "Finanzamt" verpflichtet gewesen wäre, "eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen, dass die Abgabenschuldigkeit gelöscht wird". Die belangte Behörde habe allerdings die Meinung vertreten, dass der Beschwerdeführer seine Lage nicht in aller Deutlichkeit zweifelsfrei und einwandfrei dargestellt habe und daher eine Löschung nicht in Betracht komme.
Diesem Vorbringen ist zunächst zu entgegnen, dass der angefochtene Bescheid nur die Entscheidung über die Gewährung einer Nachsicht gemäß § 236 BAO zum Gegenstand hat. Im Übrigen besteht auf eine Löschung der fälligen Abgabenschuldigkeiten nach § 235 BAO kein Rechtsanspruch (vgl. Ritz, BAO3, § 235 Tz. 2, mwN), weshalb auch dieses Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen vermag.
Mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe den Auskünften des Prüfers, des für ihn zuständigen Abteilungsleiters und der für ihn zuständigen Referentin vertraut und im guten Glauben darauf Vorsteuern in Abzug gebracht, macht die Beschwerde die sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wegen Verletzung von Treu und Glauben (vgl. aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 19. März 2008, 2007/15/0082) und im Sinne von § 3 Z 2 lit. a der von der belangten Behörde bereits anzuwendenden Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005, geltend. Vom Vorliegen einer solchen musste die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aber schon allein deswegen nicht ausgehen, weil der vom Prüfer/Finanzamt zu beurteilende Sachverhalt und die Rechtsauskünfte des Prüfers/Finanzamtes weder in der Berufung noch im Vorlageantrag konkretisiert wurden. Auch die Beschwerde enthält keine diesbezüglich konkreten Ausführungen. Zudem wurde die behauptete "Rechtsverbindlichkeit" allfälliger Zusagen im Vorlageantrag relativiert. Dort wird nämlich - worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen hat - u. a. ausgeführt: "Zum Zeitpunkt der Beobachtungszeiträume war für mich auch noch nicht absehbar, dass ich in solche finanzielle Bedrängnis geraten werde. Zu diesen Zeiten stand für mich fest, dass ich für den Fall, dass etwas schief laufen würde, die beanspruchten Vorsteuerbeträge eben rückerstatte".
Soweit der Beschwerdeführer schließlich vermeint, er sei nicht ausreichend darüber belehrt worden, welche Formalerfordernisse sein Antrag aufweisen müsse, insbesondere, dass seine Behauptungen ausreichend und zweifelsfrei begründet sein müssten, ist er auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung zu verweisen. Dort wird ausgeführt, dass die Darlegung des Vorliegens der Nachsichtsvoraussetzungen durch die antragstellende Partei ein Inhaltserfordernis des Nachsichtsantrages sei und bei Fehlen entsprechender Gründe und Hinweise (zumindest konkretisierter und substantiierter Behauptungen), eine "Fehlerhaftigkeit" des Antrages in materieller Beziehung vorliege, was ohne näheres "Verbesserungsverfahren" zur Ablehnung des Antrages von vornherein führe. Auch dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 29. April 2010
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